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Messungen der Leistungsaufnahme auf neuem Level: Powenetic V2 PMD für alle Stromschienen im ersten Hands-On Test

Da ich gern alles messe, was nur irgendeinen Stecker (oder eine Buchse) hat und auch meinen Freund Aris bei seiner Arbeit unterstützen möchte, habe ich mir den neuesten PMD (Power Measurements Device) gleich aus Taipeh mitgebracht (neben etwas anderem, das dann leider weniger schön, dafür aber gratis war). Die ersten nagelneuen Powenetics-Kits wurden somit bereits während der Computex 2023 an ihre glücklichen Besitzer ausgeliefert (bei mir wegen der nötigen viralen Abstandswahrung an die Rezeption des Hotels) und ich werde Euch heute meine ersten Eindrücke schildern und auch erklären, warum man damit nicht nur hochaufgelöster messen kann als z.B. mit NVIDIAs PCAT bzw. dem PMD von Elmors Lab, sondern auch wirklich alle Stromzuführungen an Motherboard und Grafikkarte sauber erfassen kann.

Das Ganze ist natürlich kein Spielzeug mehr, sondern echte Laborhardware und hat somit auch einen entsprechenden Preis. Denn es handelt sich um eine spezielle Kleinserie, wo neben den Herstellungskosten natürlich auch die Software und die Entwicklung mit abgegolten werden muss. Die aufgerufenen 975 Euro sind allerdings aus meiner Sicht durchaus angemessen, denn es ist nichts für Gelegenheitsbastler und bestimmte, handauflegende YouTuber. Als Fertiger wurde CWT (Cannel Well Technologies) genutzt, die u.a. auch die Netzteile für Corsair und viele andere Brands fertigen. Die Qualität stimmt also.

Doch fangen wir einfach von vorne an: Was ist das Powenetics-System? Das Powenetics v2 ist ein Leistungsmessgerät (Power Measurements Device, PMD) mit insgesamt 13 Sensoren, mit denen man die Leistung von CPU, GPU und Mainboard in Echtzeit messen kann, und zwar mit bis zu 1000 Messwerten pro Sekunde für alle Sensoren, sowohl für Spannung als auch für Stromstärke. Die Auflösung beträgt 1 mV für Spannung und 5 mA für Stromstärke, was kaum genauer machbar ist. Der Powenetics v2 verfügt über die folgenden Anschlüsse/Kabel:

  • ATX 24pin
  • ATX 10polig (12VO)
  • 3x EPS
  • 3x PCIe 6+2
  • 2x PCIe 12+4
  • 1x Proprierty 4-pin für die Verbindung mit der PCIe-Erweiterungskarte

Die beiden 12VHPWR-Anschlüsse können bis zu 60A Dauerstrom und bis zu 150A Stromspitzen von bis zu 1 ms bewältigen, um auch die PCIe 5.0 Transient Response Szenarien abzudecken. Darüber hinaus kann die Powenetics-Karte Firmware-Upgrades erhalten, und – was am wichtigsten ist – man kann an allen Eingängen Strom- und Spannungskalibrierungen vornehmen, wenn man über die entsprechende Ausrüstung verfügt. Im direkten Vergleich zu NVIDIAs PCAT und meinem Messaufbau mit 2 Oszillografen liegt die Genauigkeit eher im Bereich der teuren Oszillografen und meiner Multimeter von Rohde & Schwarz und weit über dem, was NVIDIAs PCAT messen kann. Das kann man also schon so lassen. Das Gehirn der Karte ist übrigens eine 32-Bit-MCU in Form der PIC32MZ, die bis zu 48 Eingänge unterstützt.

Das Wichtigste ist, dass das PMD auch von einem PCI-Extender begleitet wird, so dass es die Leistung, die der PCIe-Steckplatz liefert, mühelos messen kann. Beim ursprünglichen Powenetics mussten einige einzigartige und sehr teure PCIe-Erweiterungskarten zugekauft werden und Aris wollte nicht, dass dies beim neuen System auch der Fall ist. Am Ende waren die Produktionskosten erst einmal sekundär und Aris wollte wollte einfach das Beste, was er bauen konnte. Man muss also immer beachten, dass es sich um ein Laborgerät und nicht um ein „Spielzeug“ handelt.

Brand Name: Cybenetics
Model Name: Powenetics V2
Manufacturer: CWT
Number of sensors: 13x
Maximum readings per sec  on all sensors: 1000 +- 50
Number of ATX12V/ATX12VO sockets: 1/ 1
Number of EPS sockets: 3
Number of PCie 6+2 sockets: 3
Number of 12VHPWR sockets: 2
Connection: USB Type-B
Dimensions (W x D): 335 mm x 80 mm
Price (excluding VAT): 975€
Warranty: only against DOA

Nur mal zur Erinnerung: das ist mein eigener PMD von 2020 im mehr oder weniger diskreten Aufbau, der zwar ebenfalls alle Schienen erfassen kann, dessen Intervalle allerdings deutlich gröber ausfallen und der zudem jede Menge Platz benötigt. Im Vergleich dazu ist die neue Platine des Powenetic V2 auch keine Evolution, sondern eine echte Revolution und mein Labortisch dankt es zudem mit mehr freiem Platz.

 

 

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eastcoast_pete

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Da freue ich mich schon auf die ersten Tests, die Daten von dem neuen Powenetic Device enthalten. Und auch Gratulation an Aris, da sind mit Sicherheit viele hunderte (tausende) von Arbeitsstunden in das Entwerfen des Boards und dem Schreiben der Software geflossen, und dann ist's ja auch schön, wenn das Resultat entsprechend gut ausfällt!
Abschließend, ja, für das bisschen Basteln was ich so mache, wäre das völliger Overkill. Bei Dir im Labor macht es aber viel Sinn. Danke fürs Vorstellen! Ich weiß nicht wie es Dir (Igor) geht, aber als ich noch selber in der Forschung war, hab ich mich schon sehr gefreut, wenn ein neues Instrument reinkam, das wirklich was konnte. Und der Spaß an neuen Werkzeugen muß dann auch Mal sein dürfen!

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Mr.Danger

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Ohja, echte Messungen sind investigativ. Da freue ich mich schon auf exklusive Artikel von Grafikkarten und Mainboards. Gerade in Deutschland sind Energiesparende und Effiziente Hardware von relevants. Nur nicht müde werden Igor! 👹

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Igor Wallossek

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Ich bin ja froh, dass Aris so standhaft geblieben ist. Es gibt ja durchaus so einige YouTuber, die meinen, für ein kurzes Video alles gleich für lau bekommen zu können. Aber das Teil müssen alle bezahlen und es war schon schön zu sehen, wer es dann plötzlich nicht mehr brauchte. Es soll ja auch solche geben, die sich für 100k Apparaturen kaufen und erst hinterher merken, dass sie damit bildungstechnisch gar nicht klarkommen. :D

Spoiler:
Am Donnerstag teste ich eine RX 7800XT. Auf meine Art und Weise. DAS ist investigativ und leider mit viel Arbeit verbunden. Aber was solls... ;)

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DMHas

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Interessanter Bericht! Ich bin schon auf den Test der RX7800XT gespannt.

@Igor Wallossek: Schön, dass es Dir wieder besser geht!

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Furda

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Schönes Stück Hardware, danke für die Präsentation.

Die max. Auflösung scheint das 100-fache von Nvidia's PCAT zu betragen, mit 1ms ist das wirklich Pro vom Feinsten. Zudem kann man ziemlich alle Spannungen messen, PCAT scheint da GPU-only zu sein.
Zum Preis von PCAT als Vergleich konnte ich nichts finden, scheint ein Reviewer-only Produkt zu sein...?

Screenshots mit realen Werten (nicht nur 0 überall) wären sehr interessant gewesen. Hoffentlich gibts dann solche in Zukunft bei den Tests in Aktion zu sehen... 😃

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Igor Wallossek

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Das Teil ist vor allem an Mainboards und bei CPU-Tests hochinteressant. Für die Grafikkarten habe ich ja die Scopes. :)

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Thorsten Heldt

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Da bin ich mal gespannt, auf die 7800xt. Zufälliger weise nicht die "Schwesterkarte" der getesteten Vapor 7900xtx ? ;-) Das wäre höchst interessant.
Wie die zueinander korospondieren und ob sich da der "Aufpreis" wirklich lohnen würde.

@Igor. Schön das es dir besser und wieder gut geht.

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eastcoast_pete

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Das mit dem "hinterher merken daß sie damit bildungstechnisch gar nicht klarkommen" ist ein Phänomen, das sich durch viele Werkzeuge und Anwendungen zieht. Wie der klassische Film ja so schön heißt: Denn sie wissen nicht, was sie tun. Sieht man öfter, gerade auch auf YT usw.

Das gilt auch bei Software! Nur weil sich jemand ein (oft teures) CAD Programm zulegt heißt ja noch lange nicht, daß er danach gleich zum Ingenieur wird.

Auf den Test der 7800XT bin ich schon gespannt. Eine Bitte: auch ein paar Worte zu Anwendungen (ob und wie gut oder schlecht die laufen) verlieren. Danke!

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Igor Wallossek

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Zur Radeon Pro W7800 wird es noch spezielle Workstation-Tests geben. Am Donnrstag gibts erst mal nur Gaming. Und ich bin fast an den Treibern verzweifelt. Mal wieder :(

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S.nase

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Ich würde mir ne Version mit Lüsterklemmen oder Schraubanschlüssen für Ringösen statt ATX Steckern wünschen. Ähnlich wie bei Igors Messaufbau, wo man die Kabel direkt anschrauben kann. Damit man sich nicht wieder, durch die zwei zusätzlichen SteckerKontaktübergänge des Messeboards, zusätzliche Messfehler einhandelt. Oder gibt es mit dem Board die Möglichkeit, sich die Kontaktverluste anzeigen zu lassen?

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Igor Wallossek

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Du kannst die Eingänge alle kalibrieren. Ich habe mal mit gescheiten Tastspitzen mittels Scope direkt von Platine zu Platine gemessen, also kabelübergreifend mögliche Spannungsabfälle. Das ist sowas von minimal, das kann man eigentlich vernachlässigen, vor allem auf der 12V-Schiene. Da liegen die Platinenverluste auf dem Motherboard deutlich höher.

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S.nase

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Geht ja nicht nur um die Messwerterfassung selber, sondern auch um das RegelVerhalten der Spannungsregler die hinter dem zusätzlich dazwischen geschleiften PMD arbeiten müssen.

Selbst wenn die Spannungsspitzen, durch das zusätzlich dazwischen geschaltete PMD, nur um 0.2V größer werden, kann ich mir gut vorstellen das das einen deutlich Einfluss auf die Stromspitzen der dahinter arbeitenden Spannungsregler hat. Gerade auch beim Vermessen von stromhungrigen GPUs.

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eastcoast_pete

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Warte schon gespannt auf die Tests der Pro W7800 - danke!

Und das mit den Treibern: wo bzw an wem hängt es dann hier? Bei AMD, den Studios, oder wie verteilt sich hier die Verantwortung? Wobei es ja schon ziemlich übel sein muss, wenn selbst Du hier kämpfen musstest. Hört sich leider gar nicht gut an. Kann man ja gleich eine Arc kaufen, die sind wenigstens billiger; okay, langsamer sind sie wohl auch 😇.

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Igor Wallossek

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Aris verwendet absichtlich die niedrigstmöglichen Shunts, was zu weniger Verlusten und geringerer Einflussnahme führt. Der PMD ist auch mit meinen Scopes quasi nicht wirklich nachweisbar. Auf die Lastspitzen der Grafikkarten hat ein Aufrollen der PCIe-Kabel einen wesentlich größeren Einfluss. Das ist wirklich Erbsenzählerei, denn die Spikes kommen von der Grafikkarten und nicht vom Netzteil. Und 0.2 Volt.... nie im Leben :D

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S.nase

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Ich hätte jetzt eher erwartet, das auf dem PMD Hallsensoren statt Shunts zur Strommessung verbaut sind...

Klar, die Stromspitzen kommen von der GPU. Aber die fallen doch um so höher aus, je heftiger die Versorgungsspannung schwankt.

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Igor Wallossek

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Finde den Widerspruch. Die STROMspitzen sind immer die gleichen, nur bei der Spannung schwanken die Netzteile schon so extrem, dass ein kleiner Shunt dann auch nichts mehr anbrennen lässt. Zumal es auch passiert, dass mal Strom rückwärts fließt, wenn zwischen den Rails das Potentialgefälle zu groß wird.

Hall-Sensoren erfordern mehr Elektronik, das bekommt man kaum verzögerungsfrei gemessen (ich habe meine Clamps auch kalibrieren lassen müssen, damit es wieder mit der Spannung übereinstimmt). Dafür habe ich an jedem Spannungseingang den Delay eingegeben)

Hier sieht man den Ripple auf 12 Volt sehr schön. Lastwechsel auf der Grafikkarte vs. Ladezyklen der Sekundärcaps. Und die Spannung lebt!

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Wertet man dann die Leistungsaufnahme als Produkt aus, hat man den Ripple in der Gesamtkurve

View image at the forums

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Ocastiâ

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Spielst du damit auf GN und ihren Lüftertester an, oder geht es wieder um einen Technologie-röhrer (sorry ich wollte das unbedingt mal übersetzen) den ich nicht kenne?
Mir ist irgendwann mal aufgefallen das eigentlich nur GN und der8auer Qualität liefern die (zumindest soweit ich das erkennen kann) vergleichbar zu eurer ist.
also nicht was die Leistungsmessungen angeht, da kommt glaube ich keiner an euch ran aber so insgesamt (und GN's effizienzbetrachtung ist auch... fragwürdig.)

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8j0ern

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2,506 Kommentare 787 Likes

Schaltnetzteile halt.
Wir haben halt doppelt soviel Steckdosen Spannung als die USA: 115V vs 230V.
Daher auch die 2 Klassen Einstufung bei 80+

Meine RX 6950 XT Rastert in 0,40ms...
How low can we go ?

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Slack

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Ich denke eher das er Linus Tech Tips meint. Die haben sich einen PSU Tester für 144K gekauft und das vor fast nem Jahr und haben den erst jetzt so langsam in Betrieb.
Erste Vorstellung: Unboxing
Letzes Update: Link

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About the author

Igor Wallossek

Chefredakteur und Namensgeber von igor'sLAB als inhaltlichem Nachfolger von Tom's Hardware Deutschland, deren Lizenz im Juni 2019 zurückgegeben wurde, um den qualitativen Ansprüchen der Webinhalte und Herausforderungen der neuen Medien wie z.B. YouTube mit einem eigenen Kanal besser gerecht werden zu können.

Computer-Nerd seit 1983, Audio-Freak seit 1979 und seit über 50 Jahren so ziemlich offen für alles, was einen Stecker oder einen Akku hat.

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