Alphacool Apex Stealth Metal Fan – Eine lange Aufarbeitung und persönliche Stellungnahme
Für diese notwendige Stellungnahme habe ich mir jetzt bewusst ein paar Tage Zeit gelassen, auch wenn die Community natürlich Eile einfordert, denn es hat sich doch etwas komplexer herausgestellt, als ich es erwartet hatte. Da ich einen sehr großen Wert auf Transparenz und die Achtung gegenüber Dritten lege, wird auch die Vorgeschichte eine Rolle spielen müssen, weil sie einiges (aber nicht alles) erklärt. Ich gehöre jedoch nicht zu denen, die vorschnell durch Aussitzen zum normalen Alltag übergehen.
Die Entstehung unseres Messaufbaus haben wir ja sehr ausführlich dokumentiert, das muss man an dieser Stelle auch nicht noch einmal im Detail wiederholen. Es wurde alles auch mehrmals kalibriert und mit Referenzlüftern auf Plausibilität überprüft. Wer sich jetzt fragt, warum ich das Ganze nicht hier bei mir im Labor betrieben und beaufsichtigt habe, der muss auch verstehen, dass ein Tag keine unbegrenzte Anzahl an Stunden hat und selbst Räumlichkeiten an ihre Grenzen stoßen, auch wenn man bereits alles auf zwei Etagen verteilt hat. Wenn sich an dieser Stelle die Community mit einbringt, erfordert das auch Dankbarkeit. Allerdings auch Kontrolle.
Entwicklung des Apex Stealth Metal Fan
Zunächst muss ich einmal klarstellen, dass ich nicht an der direkten Entscheidungsfindung bei der Entwicklung des Lüfters beteiligt war und bin, schon gar nicht vertraglich und gegen ein etwaiges Entgelt. Ich war aber einverstanden, dass unser Mitarbeiter in seiner Freizeit mit den bestehenden technischen Möglichkeiten die Tests der verschiedenen Iterationen und Entwicklungsstufen des Lüfters durchführt. Die eigentliche Entwicklung erfolgte stets beim OEM und Alphacool in der Factory und nicht bei meinem Mitarbeiter, der nur eine Art Kontrollfunktionen für die Messungen zu übernehmen hatte. Dass da auch gewisse Erkenntnisse weitergegeben werden, ist völlig normal. Aber es ist auch kein Engineering.
Ich habe mir im erst im Nachhinein die eingeforderten Unterlagen angesehen und man kann sehr wohl sehen, wie sich das Ganze in eine Richtung bewegt hat, die irgendwann hätte auffallen müssen. Ich werde jetzt nicht die Arbeit des Mitarbeiters bis ins Detail in Frage stellen, aber es bleiben in einigen Punkten durchaus sehr berechtigte Fragen offen, die wir jetzt aktiv aufarbeiten werden.
Und ja, man hofft ja als Enthusiast selbst irgendwie stets auf ein Wunder und so habe auch ich mich von der Euphorie ein großes Stück weit mit anstecken und tragen lassen. Wenn man es so sieht, war ich sogar der erste Vorbesteller, der dann den passenden Artikel verfasst hat und doch enttäuscht wurde. Heute weiß ich es natürlich besser, denn auch ich habe das finale Modell erst im Dezember erhalten. So betrachtet, hätte ich den Artikel gar nicht schreiben dürfen, denn mir lag nur ein Prototyp mit 4-pol Motor vor, der aber bereits ganz ordentlich performte. Mein Fehler.
Das Ganze stellt die Besonderheiten des entwickelten Gesamtkonzeptes des Lüfters übrigens nicht in Abrede, nur verschenkt der Lüfter in dieser Ausführung unnötigerweise jede Menge Potential im Nahfeld. Es ist mit Sicherheit ein extrem leiser und performanter Gehäuselüfter mit einer guten und sehr zweckmäßigen Materialwahl sowie Entkopplung. Aber er ist durch den „Fokus-Ring“ des viel zu stark auf die Mitte konzentrierten Luftstroms erst einmal nicht so optimal für Radiatoren.
Nötige Konsequenzen
Obwohl es nicht der erste größere Ausreißer bei Tests des Mitarbeiters war, habe ich mir die gestrige Entscheidung alles andere als leicht gemacht. Denn die von mir beauftragte interne Überprüfung aller bis dahin getesteten Lüfter (über 50) ergab ein völlig plausibles Bild aller Messergebnisse. Hier stecken auch sehr viel Zeit und Herzblut des Mitarbeiters im Projekt. Trotzdem musste ich nach Abwägung aller Umstände jetzt eine konsequente Entscheidung treffen.
Da ich stets einen sehr großen Wert auf valides Arbeiten lege und Tests wie die des Alphacool-Lüfters in dieser Form nie hätten unvalidiert weitergegeben werden dürfen, habe ich den Mitarbeiter gestern von allen weiteren Tests freigestellt, so leid es mir in diesem Moment auch tat. Ich kann aus meiner Sicht nicht vollumfänglich einschätzen, was genau und vor allem wie abgelaufen ist, fühle mich aber auch ein Stück weit betroffen. Darüber hinaus habe ich einen weiteren Artikel bis zur Prüfung der Umstände temporär offline gestellt.
Mein Fehler bestand in der fehlenden Nachkontrolle und dem vernachlässigten Vier-Augen-Prinzip (nicht nur in diesem Fall), nur war es eigentlich auch nicht mein Job, da man mich mit den Tests auch nicht direkt beauftragt hatte. Trotzdem stehe ich zu meiner Nachlässigkeit und dem blinden Vertrauen in die Ergebnisse und das Marketing. Deshalb werde ich den Test des Apex nach einer Überarbeitung demnächst offline nehmen, genauso wie die Werte des Prototypen-Tests aus der Datenbank. Damit mir hier aber keiner die Verwischung von Spuren vorwerfen kann, bleiben alle Inhalte erst einmal noch für eine angemessene Zeit online verfügbar. Mit Kommentar und Vorwort natürlich sowie der Kennzeichnung als Prototyp.
Der erste Schritt nach der Entbindung des Mitarbeiters von dieser Aufgabe war gestern folgerichtig die Übergabe des kompletten Testequipments an einen unbeteiligten Dritten. Dieser wird in der kommenden Zeit und über die Feiertage hin eine Bestandsanalyse, Gegentests und eine Fehlerbestimmung sowie einen Nachtest vornehmen. Dazu wird auch gehören, dass es Umbauten und Arbeitsrichtlinien geben wird, die solche Fehler in Zukunft ausschließen. Hier vertraue ich auf die Kompetenz und Neutralität des von mir beauftragten Dritten.
In diesem Zusammenhang ist auch eine Erweiterung hin zu praxisbezogenen Temperaturtests auf einem Wasserkreislauf geplant, die auf meinem bereits vorhandenen Abwärme-Testgerät (danke dafür an Bernhard Baumgartner) mit regelbaren Leistungen bis zu 250 Watt basieren wird. Dann wird man auch für diverse Leistungs- und Drehzahlbereiche testen können, welchen Einfluss ein Lüfter auf die Kühlleistung hat.
Für die Lüftertests werde ich nach Abschluss aller wissenschaftlichen und praktischen Untersuchungen eine personelle Lösung finden müssen, die in der Lage ist, auch mit Fehlermöglichkeits- und Einflussanalysen (FMEA) umzugehen, um solche Ausreißer in Zukunft zu vermeiden und deren Ursachen erkennen zu können. Es handelt sich dabei um eine analytische Methode zur Erfassung potenzieller Fehler mit dem Ziel, mögliche Fehler frühzeitig zu erkennen und zu vermeiden. Die FMEA ist übrigens als standardisierte Methode in der Norm DIN EN 60812 beschrieben, setzt aber die nötige Vorbildung und Software voraus.
Fazit
Blindes Vertrauen in kalibrierte Technik und mangelnde Vor-Ort-Kontrolle rächen sich irgendwann, vor allem dann, wenn es durch die Verkettung vieler Umstände am Schluss zu so einem Ergebnis kommt. Da ich aber im Gegenzug auch meine nicht geringe Investition schützen muss, was ja auch im Interesse der Leser liegt, muss ich mich an einem anderen personellen Ansatz orientieren. Denn spätestens dann, wenn so etwas passiert, was hier passiert ist, enden die Möglichkeiten der gut gewollten Freizeitanalysen. Das kann ich jedem nur ans Herz legen, der mehr als nur Lüfter auf Radiatoren schrauben und ein Delta messen will. Was übrigens keinesfalls abwertend gemeint ist, da es ebenfalls zwingend notwendig ist. Ich habe hier mein Lehrgeld bereits bezahlt. Aber aus Fehlern kann und sollte man ja lernen.
Und genau da schließe ich mich gar nicht aus. Ja, es ist natürlich bequem, wenn man sich bei einem 12- bis 14-Stunden Tag nicht um alles kümmert, sondern kümmern lässt. Vor allem dann, wenn es Dinge sind, die einen gar nicht direkt auftragsmäßig betreffen. Nur darf man auch nicht blind allem und allen vertrauen, selbst wenn es der einfachste Weg ist, den Arbeitstag ohne Kollaps zu beenden. Den Schuh ziehe ich mir natürlich an. Ich muss es sogar. Was den Mitarbeiter betrifft, so wünsche ich ihm alles Gute und er weiß wohl auch selbst am besten, dass ich ihm am Ende seiner Tätigkeit sogar noch ein riesiges Stück entgegengekommen bin, obwohl ich es nicht hätte müssen. Sehen wir es als Anerkennung für seine bisherige Arbeit, die an dieser Stelle allerdings erst einmal enden muss, will man hier ehrlich einen Cut ziehen und auf dem eingefordertem Niveau weiterarbeiten.
Der Apex Stealth Metal Fan ist für diesen Preispunkt eigentlich ein vorzügliches Produkt, das man nur hätte anders vermarkten müssen. Ich möchte an dieser Stelle aber auch klarstellen, dass ich nicht für das Marketing von Alphacool und deren internen Abläufe bis hin zur Pre-Order verantwortlich bin. Ich kann unsere Leser an dieser Stelle, stellvertretend für alle Beteiligten, nur um Entschuldigung bitten. Das Fazit aus der ganzen Geschichte sollte dann jeder für sich selbst ziehen.
Wie wird es jetzt im Detail weitergehen?
Die Prüfung wird nach Absprache von Fritz Hunter übernommen. Es werden zunächst neue Lüfter besorgt und zwar von unterschiedlichen Herstellern, die bereits in der Datenbank zu finden sind. Natürlich nicht alle, aber einige Wichtige davon. Mit einem dieser Lüfter wird dann die Referenz gesetzt. Nicht bezogen auf den Lüfter, sondern auf das gesamte Messsystem. Mit anderen Worten, er wird eine MSA 1 durchführen. Unter MSA versteht man eine Messsystemanalyse (MSA). Damit wird zunächst die grundlegende Messsystemfähigkeit nachgewiesen. Anschließend werden zwei weitere Lüfter vom gleichen Typ und damit insgesamt drei gleiche Lüfter jeweils 10-mal gemessen und damit eine MSA 3 erstellt. Die übrigens auch positiv ausfallen muss, da wir ja sonst kein validen Messaufbau hätten. Fritz geht Stand heute davon aus, dass der Messaufbau valide sein wird. Trotzdem muss man diesen Aufwand zur Sicherheit betreiben. Nachdem die Messsystemfähigkeit nachgewiesen ist, wird es auch einen ersten Artikel diesbezüglich geben. Im Sinne einer FMEA wird Fritz dann sämtliche Fehlermöglichkeiten nicht nur theoretisch festhalten, sondern tatsächlich ausprobieren. Was bedeutet:
- Die Lüfter werden bewusst unsauber bzw. schief oder versetzt eingebaut
2. An verschiedenen (auch sinnlos erscheinenden Stellen) wie z.B. dem Kammereinlass/ -auslass
3. Vor bzw. hinter der mittleren Trennwand
4. Vor dem Radiator (Push) sowie hinter dem Radiator (Pull)
5. Messgeräte werden auch falsch positioniert und einiges mehr
Diese Fehlerbilder werden dann, soweit das überhaupt machbar ist, ebenfalls gemessen und mit der Referenz verglichen. Alles wird bildlich dokumentiert, um eine saubere Arbeitsanweisung für den Messaufbau zu erstellen. Aktuell fehlt dafür noch gewisses Equipment, um überhaupt starten zu können. Das fängt bei den Lüftern an, geht über Software, Radiatoren usw. Das müssen wir hier in den nächsten Tagen erneut besorgen. Daher ist es aktuell schwer abzuschätzen, wann wir euch mit weiteren Informationen versorgen können.
Einen der APEX-Vorserien-Lüfter von Alphacool hat Fritz ebenfalls bei sich zuhause gesichert, welcher das genau ist, müssen wir erst einmal herausfinden. Zumindest wurde er von Fritz bereits neu montiert und damit auch repariert. Da es sich unserer Kenntnis entzieht, unter welchen Umständen der Lüfter genau gemessen wurde, ist ein korrekter Nachtest in direkter Form vorerst nicht machbar. Daher muss ich um Verständnis bitten, dass wir diesen erst dann noch einmal messen, wenn der Messaufbau validiert ist. Ob wir gezwungen sind alle bereits getesteten Lüfter erneut zu messen, dass wird sich erst durch die Aufarbeitung ergeben. Da wir zukünftig einen weiteren Messaufbau für Temperatur- und Plausibilitätstests nutzen werden, kann das durchaus auch noch auf uns zukommen. Der bereits skizzierte Messaufbau muss sich bei Fritz dann ebenfalls zuerst einer MSA 1 und MSA 3 unterziehen. So viel ist sicher. Viel sicherer!
Wichtiger Nachtrag
Um nicht weiter zu eskalieren und auch die Beteiligen herauszunehmen (auch im Hinblick auf die Weiterverteilung persönlicher Ansichten und Einlassungen vieler Poster), habe ich mich entschlossen, die Kommentarfunktion zu entfernen. Das bin ich auch den Mitstreitern und denen schuldig, die hier nicht noch mehr in eine mögliche Eskalation hineingezogen werden müssen. Danke für das Verständnis, das hätte man sicher auch gleich so machen müssen.
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