Audio Headsets Kopfhörer Testberichte

Steelseries Arctic Pro + GameDAC Stereo-Headset im Test

Mikrofon-Messung und Sound-Check

Zunächst messen wir auf Wunsch auch den Frequenzbereich des Mikrofons, um dem Feedback der Leser entgegenzukommen. Dafür nutzen wir erneut unseren Messraum, kehren den Vorgang aber quasi um. Natürlich übersteigt eine echte Reziprozitätskalibrierung als Ausgangsbasis unsere aktuellen Möglichkeiten und der Aufwand überstiege den Nutzen bei Weitem. Deshalb haben wir einen Kompromiss gesucht.

Da wir aber über ein kalibriertes Messmikrofon verfügen, lässt sich durch eine Vergleichsmessung und das Herausrechnen der Unterschiede zumindest eine für unseren Zweck gut verwertbare Kurve erzeugen. Somit ist es also nicht der exakte Frequenzgang des Mikrofons, das würden wir uns gar nicht anmaßen, jedoch eine aussagekräftige Annäherung, die unseren subjektiven Eindruck zudem untermauert.

Mess- und hörbar kann man feststellen, dass es unter ca. 100 Hz ein Art Low-Cut gibt. Das ist auch wichtig, denn ein Rumpeln kann damit noch akzeptabel vermieden werden. Die Sprachverständlichkeit ist gut bis sehr gut, der Pegel ist ausreichend hoch. Hier sollte man im GameDAC bei Bedarf trotzdem noch eine leichte Pegelanhebung vornehmen.

Was ein wenig spitz klingt, sind Sibilanten bzw. Zischlaute, denn der Hochton ist relativ dominant. Der Klang ist hingegen eher als kühl zu bezeichnen. Das kann man durchaus mögen, aber es fehlt unterhalb der oberen Mitten ein wenig an Fülle und Wärme.

Kopfhörer-Messung

Wie wir testen, haben wir im Grundlagenartikel „Gaming-Headsets: Mythos, Wahrheit und wie wir testen“ bereits sehr ausführlich und transparent dargelegt, denn mit dem üblichen Audio-Geschwurbel von Bassgewittern und Hochtonpeitschen kommt man nicht wirklich weiter. Man muss schon subjektiv gut zuhören können und parallel dazu auch messen. Beginnen wir zunächst mit Letzterem.

Wenn man die originale Kurve betrachtet, dann sieht es eigentlich richtig gut aus. Sowohl im unteren, als auch im oberen Grenzbereich sieht man, dass die Frequenzen unseres Begehrens auch dort noch in ordentlichen Pegeln vorhanden sind. Die Obergrenze von 44 KHz haben wir bewusst nicht miterfasst, denn man misst, vor allem mit semi-professionellem Equipment, schnell Mist. Also sonst irgendetwas, nur nicht das, worauf es ankommt. Zumal wir ja bekannterweise auch keine Fledermäuse sind. Die ausgelobten 44 KHz sind also eher hypothetischer Natur und Stoff für das PR-Nähkästchen.

Wir spielen zusätzlich noch etwas mit dem Tief(st)bass, indem wir ihn anheben. Dies tut dem Klangerlebnis sogar richtig gut, solange man es nicht übertreibt. Doch dazu gleich mehr.

Subjektives Hörerlebnis

Testen wir nun auch subjektiv, was man am Ohr anliegen hat. Wir haben das Headset zuvor noch vier Tage lang mit einem Klinkenkabel an einer Quelle mit ordentlichem Pegel und geeignetem Material durchgehend betrieben, um auch den Einspiel-Fanatikern eine Chance zu geben. Man will ja sicher gehen und Erbsenzähler gibt es immer wieder und überall.

Basswiedergabe

Den Tiefstbass in der Subkontraoktave (16,4 Hz bis 32,7 Hz) testen mit einer Aufnahme von Bachs Toccata und Fuge D-Moll (19 und 25 Hz) sowie der Festival-Ouvertüre 1812 von Tschaikowsky (10 Hz und 12,5 Hz). Das gleiche gilt auch für die unteren Bereiche der Kontraoktave (32,7 bis 65,4 Hz). Die große Basstrommel (Kick Drum), die in der U-Musik ein gern gesehener Begleiter und meist auf ca. 55 bis 60 Hz abgestimmt ist, wird diese Beurteilung dann abrunden.

Der Bass ist im Original grottentief und fast schon schwarz, allerdings auch etwas zurückhaltend und sehr abhängig vom richtigen Sitz der Ohrpolster. Er gewinnt zudem an Transparenz und Klarheit, wenn die Ohrmuscheln nicht zu stark angepresst werden. Somit rächt sich auch hier etwas die fehlende Kompatibilität der Konstruktion zu großen Köpfen. Trotzdem ist das Gebotene für diesen kleinen Treiber exzellent und liegt weit über dem Durchschnitt.

Die große Basstrommel kommt extrem knackig und die Pegelfestigkeit stimmt für diese Preisklasse auch, solange man nicht vom GameDAC eingebremst wird. Das Einschwingverhalten ist gut und insgesamt kann man festhalten, dass der Bass kaum Schwächen zeigt und auch Musikliebhabern eine gute Basis bietet. Bass-Enthusiasten werden allerdings enttäuscht sein, denn statt dem großen Rummsbumms gibt es feine Nuancen. Allerdings werden Liebhaber der gediegenen Dröhnung eh im Regal nebenan fündig. Das ist also definitiv nichts für Kevin-Olafs große Mucke.

Der Oberbass bis 150 Hz, in dem auch die Große Oktave (65,4 bis 130,8 Hz) liegt, beherbergt die Sprachgrundfrequenz der männlichen Stimme und entscheidet sehr stark über die naturgetreue Wiedergabe männlicher Vocals.

Dieser Bereich klingt ausgewogen und natürlich, wenn auch etwas zurückhaltend. Die männlichen Vocals werden allerdings sehr ausdrucksstark und wenigstens im Ansatz auch warm wiedergegeben, die betreffenden Instrumente werden kaum verfälscht. Insgesamt ist die Auflösung sehr gut und lässt auch nicht zu dominant aufspielende Quellen noch gut performen und sogar orten.

Mitteltonbereich

Die unteren Mitten (auch Grundtonbereich) liegen bei ca. 150 bis 400 Hz. Zusammen mit dem bereits erwähnten Oberbass spielt dieser Bereich eine sehr wichtige Rolle für die subjektiv empfundene Wärme bzw. Fülle des Klangbildes. Die Sprachgrundfrequenz weiblicher Stimmen ist in diesem Bereich zu finden.

Weibliche Vocals kommen ebenfalls überdurchschnittlich gut auf den Punkt. Die Klangfarbe der Vocals und eingespielten Instrumente geht nun eher in Richtung neutral und oben hinaus dann sogar etwas ins Kühle, ohne aber auch nur irgendwie analytisch zu wirken. Gaming-typische Soundteppiche bleiben artgerecht erhalten, auch das muss bei einem Gaming-Headset erst einmal erreicht werden. Für Musik passt das immerhin auch sehr passabel, so dass man hier einen sehr guten Allrounder vor sich hat.

Die oberen Mitten zwischen 400 Hz bis etwa zwei KHz beinhalten bei einem KHz eine Marke, die immer noch als Referenz für viele Messungen gilt. Das merkt man leider auch oft bei günstigeren Geräten, da die Hersteller oft versuchen, gerade diese Frequenz etwas überzubetonen. Auch beim Gaming spielt dieser Bereich keine unbedeutende Rolle und eine ausgewogene Wiedergabe trägt nicht unwesentlich zu einer guten räumlichen Auflösung bei.

Die Instrumente bieten die geforderten Nuancen und auch die Auflösung ist gut. Viele Details können vorbehaltlos begeistern und die Bühne, sowie die subjektiv empfundene Qualität der räumlichen Auflösung sind auf einem guten Niveau. Allerdings ist gerade die Bühne nicht ganz das, was wir uns bei diesem Preis erhofft hatten. Das ältere Creative Sound BlasterX H5 kann dies noch einmal einen Tick besser, aber beide befinden sich hier schon auf einem guten Level. Die räumliche Auflösung eines guten Hi-Fi Kopfhörers erreicht das Arctis pro somit nicht ganz.

Für Musikliebhaber: Ein Orchester wirkt, rein subjektiv betrachtet, noch weit genug aufgestellt, auch wenn einzelne, eher leisere Quellen bei hohen Gesamtpegeln nicht immer zielsicher geortet werden können. Kammerkonzerte klingen, je nach Abmischung gut, wenn auch nicht breit genug gestaffelt. Hier tut man sich schon bei kleiner Besetzung nicht ganz leicht.

Hochtonbereich

Zwischen zwei bis etwa 3,5 KHz ist das menschliche Gehör am empfindlichsten, zumal dieser Bereich der unteren Höhen für die gute Oberton-Wiedergabe der menschlichen Stimme zuständig ist. Dieser Frequenzbereich ist nämlich entscheidend für die Wiedererkennung einer Stimme oder eines Instrumentes; man spricht in diesem Zusammenhang auch von der jeweiligen Klangfarbe.

Die neutrale Abstimmung ab Werk kommt der originalen Klangfarbe entgegen und alles klingt alles etwas natürlicher und neutraler, als man es von normalen Gaming-Headsets wohl erwartet. Besser geht jedoch immer und vor allem die Ortung im Spiel ist zwar immer auf der Höhe des Geschehens, aber eben auch kein herausragendes Alleinstellungsmerkmal. Das ist nur Durchschnitt, wenn auch ein guter.

Die mittleren Höhen (3,5 bis sechs KHz) entscheiden über das Ge- oder Misslingen der Sprachwiedergabe als Gesamtbild, denn die S- und Zischlaute (Sibilanten) fallen in diesen Bereich. Die oberen Höhen reichen dann bis ca. zehn KHz, um in den Superhochton überzugehen.

Hoch- und Superhochton sind dominant, keine Frage. Es driftet aber nichts ins Metallische und Spitze ab, was zu überbetonen Sibilanten und Ausblasgeräuschen führen würde. Es klingt alles erfreulich neutral. Der angegebene Frequenzverlauf von 20 Hz bis 44 KHz ist zumindest bis zu der von uns gesetzten Grenze von 20 KHz realistisch, auch wenn man einen echten Toleranzbereich für den Verlauf so nicht setzen kann. Die Abstimmung ist für unseren Geschmack gut gelungen, hätte aber durchaus etwas mehr Bass vertragen können

Zusammenfassung und Fazit

Die 275 Euro sind eine Hausnummer. allerdings ist dieser Preis durchaus akzeptabel, da die Gesamtperformance auch in Verbindung mit dem GameDAC durchaus stimmt und in Ordnung geht. Was hingegen gegen einen Award spricht, ist die ungenügende Passform für große Köpfe, so dass dann der Tragekomfort und er Klang doch ein wenig leiden.

Warum man bei Steelseries seit Jahren zu enge Headsets ohne Reserven produziert, müsste erneut hinterfragt werden, denn der Supplier produziert ja am Ende auch nur das, was man als Anbieter bestellt. Und genau da haben wir auch bei den Siberia-Modellen schon Besserung angemahnt. Leider bisher vergebens.

Der Rest ist jedoch frei von Kritik, auch wenn die Bühne etwas schmaler ausfällt, als es die anderen Features und Ergebnisse hätten erwarten lassen. Klanglich gibt es bis auf einen etwas zu verhaltenen Bass nämlich nichts zu meckern und der GameDAC ist, bis auf den proprietären Anschluss des Headsets, ein echtes Sahnestück.

So bleibt uns am Ende nur das Fazit, dass man für relativ viel Geld auch relativ viel Gegenwert bekommt. Als Gaming-Headset macht es vieles richtig und als Musik-Kopfhörer umso mehr. Da ist es fast schon schade, dass der Maximalpegel regelkonform ausgebremst wird. Aber man kann ja tricksen. Eine Empfehlung können wir somit aussprechen, wenn auch nicht für die, deren Denkgehäuse etwas voluminöser ausfällt. Mr. Megabrain hat hier nämlich nicht nur ein akustisches Problemchen.

 

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About the author

Igor Wallossek

Chefredakteur und Namensgeber von igor'sLAB als inhaltlichem Nachfolger von Tom's Hardware Deutschland, deren Lizenz im Juni 2019 zurückgegeben wurde, um den qualitativen Ansprüchen der Webinhalte und Herausforderungen der neuen Medien wie z.B. YouTube mit einem eigenen Kanal besser gerecht werden zu können.

Computer-Nerd seit 1983, Audio-Freak seit 1979 und seit über 50 Jahren so ziemlich offen für alles, was einen Stecker oder einen Akku hat.

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