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ATX 3.0, PCIe 5.0 und der neue 12VHPWR-Anschluss – Irrtum, Missverständnis oder fauler Kompromiss mit Hintertürchen?

ATX 3.0 mit Hintertür?

Auch Intels neue ATX 3.0-Spezifikation sagt nicht ganz eindeutig, ob der neue 12VHPWR-Anschluss für Netzteile mit mehr als 450 W Leistung überhaupt erforderlich ist oder nicht. Diese 450-Watt-Grenze resultiert ja eigentlich aus der Tatsache, dass eine „neuartige“ Grafikkarte mit über 300 Watt TBP nicht allein im System Strom benötigt. Deshalb betrachtet man bei ATX 3.0 auch die „Systemleistung“ in der Ganzheit aller Verbraucher. Was da natürlich immer mit im Fokus steht, ist die Anforderung, in den harten Tests für das Einschwingverhalten die 200% Last für die  100-ms-Lastzyklen zu schaffen, womit sich die Systemlast für diesen Zeitraum verdoppelt.

Bisher waren eigentlich alle der Meinung, dass die neuen ATX 3.0-Spezifikationen für jedes Netzteil mit mehr als 450 W Leistung auch einen 12VHPWR-Anschluss voraussetzt, damit es auch PCIe 5.0-fähig ist. Nur wenn man die Definitionslücken der PCIe 5.0 Spezifikation betrachtet, dann ist das Ganze plötzlich nicht mehr ganz so eindeutig. An genau dieser Stelle kommen mein Freund Aris (hwbusters.com) und Jon Gerow (Jonnyguru) ins Spiel. Denn auch sie diskutierten darüber, ob ein neues ATX 3.0-Netzteil den neuen PCIe-Anschluss explizit haben muss oder nicht. Jon zeigte Aris die folgende Tabelle aus der ATX-Spezifikation und meinte, die erste Spalte (die ich mal rot markiert habe) hätte es wirklich in sich:

Sie besagt nämlich, dass Netzteile mit einer maximalen Leistung von 450 W oder weniger UND Netzteile ohne 12VHPWR-Anschlüsse in den Transient-Response-Tests gar nicht bis zu 200% gehen müssen, sondern nur bis zu 150%. Warum also nimmt Intel auch Netzteile ohne 12VHPWR-Anschluss auf, von denen man ausgehen kann, dass sie auch mehr als 450 W Maximalleistung haben können? Ist dies ebenfalls ein Hinweis darauf, dass ein Netzteil auch ohne einen  12VHPWR-Anschluss noch ATX 3.0-kompatibel sein kann, selbst wenn es mehr als 450 W Leistung bietet? Das würde dann, so meine Schlussfolgerung, auch den Lücken der PCIe 5.0 Spezifikation folgen. Allerdings verwies Aris dann auf eine Kapitelüberschrift aus der ATX 3.0 Spezifikation, die eigentlich eindeutig eine Einschränkung zeigt:

Und nun? Intel sagt in dieser Überschrift eindeutig, dass JEDES Netzteil mit mehr als 450 W Leistung einen 12VHPWR-Anschluss haben muss! Intel listet in Tabelle 3-3 in der ersten Spalte auch Netzteile ohne 12VHPWR-Anschluss, egal welcher Leistung, und gleichzeitig besagt der Absatz 5.2.2.4.3 eindeutig, dass alle Netzteile mit einer Leistung von über 450 W den neuen PCIe-Anschluss haben müssen. Widerspruch allererster Güte und Zeit für eine Nachfrage bei Intel!

Mit diesem Problem wandte sich Jon (der übrigens für Corsairs Netzteilentwicklung verantwortlich ist) an Intel, um weitere Informationen zu erhalten. Die Antwort verblüfft, denn in der Tat kann ein Netzteil mehr als 450 W Leistung bieten und trotzdem KEINEN 12VHPWR-Anschluss besitzen! Warum ist das jetzt wichtig ist, sehen wir ja anhand der obigen Tabelle! Weil nämlich genau diese Netzteile ohne 12VHPWR die besonders harten Einschwingversuche mit bis zu 200% Last gar nicht nicht bestehen müssen! Die Tests für das Einschwingverhalten von Netzteilen ohne den neuen PCIe-Anschluss gehen nämlich „nur“ bis zu 150 %! Das bedeutet im Umkehrschluss natürlich weniger Ärger für die Hersteller von Netzteilen, da sie ihre Plattformen nicht einmal groß umgestalten müssen, um ATX 3.0-Kompatibilität zu bieten!

Zwischenfazit:  Was ist jetzt mit PCIe 5.0?

Nach Jons Erkenntnissen müssen Netzteile somit gar keinen 12VHPWR-Anschluss haben, um prinzipiell voll ATX 3.0-tauglich zu sein und sie müssen auch weniger strenge Tests bestehen. Andererseits ist es schon merkwürdig, dass jetzt ein Hersteller oder eine Marke ein neues Netzteil mit einer Leistung herausbringen kann, die hoch genug ist, um mindestens eine neue Mittelklasse-Grafikkarte zu betreiben und es dann nicht mit einem PCIe 5.0-Anschluss ausstattet, der es zukunftssicher machen würde. Denn Kunden wird dies nur sinnlos verwirren.

Natürlich wäre es  widersinnig, neue ATX-3.0-Netzteile mit mehr als 450 Watt Leistung ohne den 12VHPWR anzubieten und die kommenden Grafikkarten nicht nativ zu unterstützen. Aber ich schrieb es ja bereits auf Seite 1, dass man auch Adapter vorsieht, die dann genutzt werden können. Billigheimer werden natürlich hier den Mut zur Lücke suche und sparen, wobei die informierten Anwender natürlich Netzteile mit PCIe 5.0-Anschlüssen denjenigen vorziehen werden, die diese nicht haben.

Außerdem haben Netzteile mit PCIe 5.0-Anschlüssen eine höhere Toleranz gegenüber Lastspitzen, so dass sich die meisten Benutzer mit ihnen wohl auch deutlich sicherer fühlen werden! Immer vorausgesetzt, die Anwender haben auch Artikel wie meine zur Thematik dieser Lastspitzen gelesen. Die Tatsache, dass die ATX 3.0-Spezifikation auch Netzteile mit mehr als 450 W zulässt, die keine 12VHPWR-Anschlüsse haben, ändert nichts an der Tatsache, dass man für die meisten neuen GPUs wohl auch ein neues, PCIe 5.0-fähiges Netzteil benutzen sollte, wenn man noch ein uraltes Netzteil sein eigen nennt.

 

Kommentar

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DrWandel

Mitglied

82 Kommentare 65 Likes

Danke für diese zusätzlichen Informationen. Da heißt es in der Tat dann in Zukunft für uns potentielle Käufer, sehr genau hinzuschauen und im Zweifelsfall auf Tests und Vergleiche zu warten.

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ipat66

Urgestein

1,359 Kommentare 1,358 Likes

Das ist ja mal wieder richtig einfach und durchsichtig gehandhabt worden.
Für den Durchschnittskunden bleibt da nur ein großes Fragezeichen.
Das Ganze ist ungefähr so wie der HDR400 Aufkleber bei den Monitoren.
Zum Glück habe ich sowieso nicht das nötige Kleingeld,um mich beim Kauf
der neuen 4000'er unter den neuen Netzteilen entscheiden zu müssen...:)
Da kann ich einfach abwarten.

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f
fcp33

Neuling

9 Kommentare 4 Likes

Es ist immer wieder traurig zu sehen, wenn ein neues Standard rauskommen soll, aber das ganze hört sich an, als wäre eine Bastellösung an.
So wie USB-C, HDMI 2.1, und viele andere, wo man alles x-Mal schauen muss, um das zu bekommen was man tatsächlich will.

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ssj3rd

Veteran

219 Kommentare 155 Likes

Werde wohl erst mal eine 4080 an mein aktuelles Netzteil anklemmen und gucken was passiert. Anders geht’s ja nicht, kenne mich mit Spannungen etc zu wenig aus um mir das ansatzweise verlässlich durchrechnen zu können.

Muss dann auf das alte „probieren geht über studieren“ ausweichen 😏

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e
exi78

Veteran

161 Kommentare 89 Likes

Für mich heißts es im Moment einfach nur abwarten und Tee trinken.
Was letztendlich bei den neuen CPUs, GPUs und NTs Sache ist, wird sich eh erst nach unabhängigen Tests offenbaren.
Und falls ich mir eine GPU aus der neuen Gen holen sollte, wird diese erstmal im bestehenden Setup getestet, bevor ein neues NT angeschafft wird.

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Thy

Urgestein

1,843 Kommentare 744 Likes

In der gezeigten Tabelle steht bei 200% aber etwas von 100 us, was auch deutlich mehr Sinn machen würde, da es ja um Lastspitzen geht.

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grimm

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3,084 Kommentare 2,040 Likes

Ich plane weder den Kauf einer neuen GPU noch den Kauf eines neuen NT. Beides ist relativ neu und soll - wie die Vorgänger - ein paar Jahre halten. Da aber die GPU am ehesten ein Upgrade benötigt, wird es auch auf ein Trial & Error mit dem Gesamtsystem hinauslaufen.
Ist aber interessant, wie die ihre eigene Spec quasi einkassieren - kommt diversen Klagen zuvor. Verbraucher-freundlich ist das aber nicht.

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Nagah

Veteran

114 Kommentare 93 Likes

Werde ich genauso handhaben. Einfach mal testen und bei Bedarf entsprechend reagieren.

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Xoodo

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Ich plane ein neues System mit 13900k und 4090, Mainboard liegt schon bereit, ich denke zwar, dass ich sowohl CPU als auf GPU undervolten werde, allerdings möchte ich dennoch die Leistung für potenziellen OC haben.

maximale Leistungsaufnahme OC-Sytem CPU=350W
GPU=675W (sehr hoch angesetzt)
Rest=150W
Netzteil Wirkungsgrad 90%
15% Leistungsbuffer (weniger Verschleiß am Netzteil)
Optimal wäre ein 1600W Netzteil nach alten Standard.

Minimale Anforderung für dieses System wären 1300W (Ohne Leistungsbuffer) nach alten Standard. (Wirkungsgrad Netzteil 90,4%)

maximale Leistungsaufnahme UV-Sytem CPU=175W
GPU=350W (Müsste man Ausprobieren)
Rest=150W
Netzteil Wirkungsgrad 90%
Optimal wäre ein 1000W Netzteil nach alten Standard

Minimale Anforderungen für dieses System wären 850W (11,77% Leistungsbuffer) nach alten Standard. (Wirkungsgrad Netzteil 90%)

.
Ich habe mir schon ein Paar Netzteile herausgesucht fürs neue System, ich denke die neuen Netzteile mit true ATX 3.0 werden die sich königlich bezahlen lassen.

MSI MEG Ai1300P 1300W (Neuer Standard)
Seasonic Prime Gold 1300W ATX 2.4
Seasonic Prime PX-1600 1600W ATX 2.4
EVGA SuperNOVA G+ 1600 1600W ATX

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Klicke zum Ausklappem
Nagah

Veteran

114 Kommentare 93 Likes

Ich habe ein Corsair xRM850 und ich bin mir ziemlich sicher dass das für meinen 12900K und einer RTX 4090 ausreicht, da ich auch beides undervoltet nutzen werde. Sollte das nicht reichen, dann werde ich meine Wahl einer 4090 noch einmal überdenken und niedriger ins Regal greifen.

Ich werf doch nicht mein nicht mal 1 Jahr altes Netzteil weg nur weil ein neuer Standard meint, dass alles bestehende auf dem Markt Abfall ist.

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NamaNatranius

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15 Kommentare 3 Likes

weiß jemand ob es die kabel für 12VHPWR auf 2x 8pin die beim seasonic prime TX-1600 oder Asus rog thor 1200p2 dabei sind auch so irgendwo zu kaufen gibt

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Xoodo

Mitglied

32 Kommentare 13 Likes

Seasonic & Asus
Die Kabel sind dabei, allerdings haben die zwei Varianten keinen Sensor pin! So wie ich das verstanden habe muss der Sense Pin vorhanden sein, damit bis zu 600W bereitgestellt werden können. Da bevorzuge ich doch lieber ein günstigeres Netzteil und benutze dann Adapter.

Bisher sind mir nur 4 Netzteile bekannt, die über einen echten 12VHPWR Anschluss verfügen. Die werden in den nächsten Wochen wohl verfügbar sein(bin auf die Preise gespannt)

Gigabyte UD1000GM PG5
Asus ROG Loki SFX-L 850
MSI MEG Ai1300P
MSI ME Ai1000P

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NamaNatranius

Mitglied

15 Kommentare 3 Likes

sense pin sagt mir nix beworben wird das seasonic mit 2 x600watt
zitat:
(Seasonic-Modelle wird der 12VHPWR über eine integrierte Kabelpeitsche an zwei 8-Pol-Anschlüssen genutzt, damit die volle Leistung abrufbar ist.
Weil ein 8P auf 300 Watt kommt, kann der 12VHPWR eine Grafikkarte mit bis zu 600 Watt versorgen. Der Stecker selbst ist für bis zu 662,4 Watt )

weis aber nicht ob das stimmt so wird halt mal beworben
weil beim msi seh ich blos ein 12VHPWR anschluss wenn grapikarte größer 600watt kommen wär das halt nicht ausreichend

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Martin Gut

Urgestein

7,802 Kommentare 3,585 Likes

Es gibt den einfachen 12-Pin-Stecker und einen mit zusätzlichen 4-Pin darunter. Einer der 4 Pins zeigt der Grafikkarte, wenn das Netzteil 600 Watt und nicht nur 450 Watt liefern kann. Die Grafikkarte richtet sich danach. Wenn der Pin verbunden ist, zieht es bis zu 600 Watt. Wenn der Pin fehlt, zieht die Grafikkarte maximal 450 Watt aus dem Stecker. Wenn die 4-Pin fehlen, darf die Grafikkarte somit nur 450 Watt ziehen.

Ein Adapter von 2 x 8-Pin auf 12-Pin hat die 4-Pin unten nicht. Somit geht die Grafikkarte davon aus, dass darüber nur 450 Watt geliefert werden können.

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Igor Wallossek

1

10,216 Kommentare 18,909 Likes

... es sei denn, der Pin ist simpel gegroundet. Dann sind es 600 watt. Solche Fake-Adapter habe ich schon in chinesischen Offerten gesehen. Der 6+2 ist ja auch nichts anderes. :D

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Martin Gut

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7,802 Kommentare 3,585 Likes

Das habe ich auch schon gedacht, dass das kommen wird. Ich hätte die Idee patentieren sollen. 😉

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NamaNatranius

Mitglied

15 Kommentare 3 Likes

Danke für info
Laut hersteller seite haben die aber 12+4 pin finde aber kein wattangbe dazu

aber kann auch fake sein keine anung

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Lagavulin

Veteran

229 Kommentare 186 Likes

Warum wollten denn die Grafikkarten-Hersteller überhaupt so einen Wahnsinn, dass das Netzteil kurzfristig bis zum Doppelten der Nennleistung liefern muss? Sparen die Geld in der Produktion, weil dann Schaltungen/Bauteile primitiver und damit billiger ausgelegt werden können?

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Xoodo

Mitglied

32 Kommentare 13 Likes

Liegt doch auf der Hand, wenn das System extreme Lastspitzen hat, will man verhindern, dass die potente und stromzehrende Hardware zu einer Notabschaltung des Netzteils führt. Man will einfach immer mehr, schneller und weiter. Klar könnten neue Grafikkarten einfach mal komplett auf Effizienz getrimmt werden und dann ein Leistungsniveau einer 3070ti aufweisen und mit nur 100W Verbrauch auf den Markt werfen. Das wäre ein großartiger Schritt; nur würden viele Leute das eben nicht kaufen, weil es halt nicht schneller ist als die Vorgängerversion.

Ich hoffe, wenn dieser erzwungene Wettkampf um die Leistungskrone ihren Höhepunkt im Consumerbereich erreicht hat, also wenn Gaming in 4k mit max Settings und full Raytracing mit der UE5 Engine z.B. in Broadleaf Forest flüssig mit 100FPS laufen sollte, dass sich dann die Großen auf die Effizienz konzentrieren.

Naja erstmal abwarten, ob AMD heute nur ihre CPU vorstellt, oder vllt schon einen ersten Ausblick auf RDNA3 gewährt. (1Uhr gehts los)

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About the author

Igor Wallossek

Chefredakteur und Namensgeber von igor'sLAB als inhaltlichem Nachfolger von Tom's Hardware Deutschland, deren Lizenz im Juni 2019 zurückgegeben wurde, um den qualitativen Ansprüchen der Webinhalte und Herausforderungen der neuen Medien wie z.B. YouTube mit einem eigenen Kanal besser gerecht werden zu können.

Computer-Nerd seit 1983, Audio-Freak seit 1979 und seit über 50 Jahren so ziemlich offen für alles, was einen Stecker oder einen Akku hat.

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