Der heutige Artikel wird sich ausschließlich um den Heatspreader der Ryzen 7000 CPUs drehen und natürlich um die Kühlung, den optimalen Auftrag der Wärmeleitpaste und die Frage, wo eigentlich die bösen Hotspots liegen. Die CPU sieht nämlich nicht nur deutlich anders aus als Ihre Vorgängerin, sondern der Integrierte Heatspreader (IHS) bringt auch diverse Probleme mit sich, über die wir heute reden wollen und sogar müssen. Man kann sich natürlich über vieles aufregen, aber man sollte zuvor auch die Ursachen und die möglichen Folgen besser kennen lernen.
Was ist anders als bei Intels Alder Lake auf dem Sockel LGA 1700? Fast alles!
Zum Bending auf Intels aktuellem Sockel LGA 1700, also dem Verbiegen und Katzbuckeln von CPU und Sockel, haben wir ja bereits ausführlich und viel geschrieben sowie auch ein wenig abgelästert (wohl auch zu Recht). Der Unterbau, also das Gegenstück der CPU-Halterung ist eine hochmassive Backplate, die im Gegensatz zu Intel absolut verwindungssteif ist und nicht nur den Sockel, sondern auch das Motherboard nahezu ideal stabilisiert.
Die Frontseite hat es genauso in sich, denn auch nachdem die CPU eingesetzt und die Halterung gespannt wurde, bleibt alles komplett plan. Das lässt sich mit einem kurzen Haarlineal auch recht einfach prüfen und da ist auch nach mehrmaligem Spannen und Lösen nichts konvex oder konkav, sondern es bleibt fast ideal eben.
Das liegt auch an einer speziellen Eigenschaft des IHS, nämlich seiner geradezu übertriebenen Stärke des Deckelbodens. Genau den schauen wir uns jetzt mal an, denn ich habe ihn unter den 3D-Scanner gepackt und mal schnell gescannt. Wir sehen eine Höhe von 4.55 mm von der Oberkante des IHS bis hin zur Platine der LGA Platine einschließlich Klebeschicht. Ich würde also davon ausgehen, dass der Deckel selbst 4.5 mm hoch ist und der Rest auf die Klebeschicht mit ca. 0.05 mm entfällt. Der Absatz in den Kanten beträgt von oben gesehen rund 3.42 mm, der ausladendere untere Teil ist dann logischerweise 1.7 mm hoch. Die tatsächliche Dicke der Oberseite, die vom Wärmestrom überwunden werden muss, beträgt einschließlich der Reststärke der Sicke von 0,62 mm beim Kaltverformen satte 3,42 mm zuzüglich Lot!
Die genaue Stärke des Deckels hat mir Roman Hartung netterweise bis auf den Hundertstel zur Verfügung gestellt, denn ich wollte die CPU ja (noch) nicht köpfen und das Schätzen solcher Werte über die Wölbung ist immer echt ungenau. Ich hätte auf rund 0.5 mm getippt und damit arg leicht danebengelegen. Also lieber fragen. 🙂
Fragt man in den R&D Abteilungen mal nach, dann bekommt man leider zwei sehr unterschiedliche Antworten, die sich aber nicht komplett ausschließen. Einerseits ist da natürlich die angestrebte Sockel-Kompatibilität zu den existierenden AM4-Kühlern und Wasserblöcken (Anpressdruck!), andererseits die Garantie der absoluten Stabilität dieses Aufbaus, um auch die dünnen Chiplets besser zu schützen. Dass man sich hier bei AMD soweit aus dem Fenster lehnt und die Tjunction bei manuellem OC ohne PBO sogar auf 115 °C setzt, zeugt von einem gewissen Gottvertrauen und wohl auch dem Wissen, dass der IHS rockstable genug ist. Zumindest, um alle thermischen Änderungen und die Anpressdrücke klaglos zu überstehen und die Chiplets weitgehend vor den schädlichen Verspannungen zu schützen. Dazu kommt ja auch, dass die CCD und der IOD in unterschiedlichen Strukturbreiten gefertigt werden.
Ich habe den Ryzen 7700X mehrmals ein- und ausgebaut, bis zur maximalen Grenze erhitzt, verschiedene Wasserblöcke maximal und ohne Stopper (!) soweit verschraubt, bis mich die Angst gepackt hat und dann die CPU noch einmal gescannt, um mir einen Eindruck über die mögliche Deformierung des IHS zu verschaffen. Doch welche Deformierung? Da kann man wohl sogar mit dem Auto drüberfahren, der bleibt mehr oder weniger plan. Man betrachte hier den letzten der drei Werte, das ist die jeweilige Höhe über der Bezugsfläche im Scanner.
Der Wert des mittleren Messpunktes im IHS beträgt 47.93 mm. Bis auf die Punkte an den leicht abfallen Rändern, deren Höhe herstellungsbedingt natürlich wegen des Kaltverformens etwas niedriger liegt, ist der IHS im Rahmen von 0.02 bis 0,03 mm Abweichung auch nach den ganzen Umbauten immer noch fast gleich hoch. Das ist dann auch in etwa der Wert, den die Schicht für eine optimal aufgebrachte Wärmeleitpaste benötigt. Damit kann man locker leben und es ist deutlich weniger, als die bis zu 0.2 mm beim LGA 1700.
Doch jubilieren sollte man hier beileibe nicht, denn auch die Dicke des IHS von rund 3.42 mm und das Material bieten Grund zum Nachdenken. Die Summe aller Wärme- und Wärmeübergangswiderstände ist nämlich wirklich immens hoch! So habe ich zwischen dem Package (externer Sensor bzw. GPU-Sensoren-Werte) ein Delta von 18 bis 20 Grad gemessen, je nach CPU. Der Ryzen 9 7950X mit 2 CCDs war diesbezüglich sogar die „kühlere“ CPU gegenüber dem Ryzen 7 7700X.
Bevor ich jetzt zu den ganzen Messungen und der Suche nach den Hotspots komme, wollen wir erst noch checken, wie man so einen neuen Ryzen 7xxx möglichst so präpariert, dass überquellende Wärmeleitpaste nicht zu hässlichen Verunreinigungen in den zurückgesetzten Flächen und Sicken führt. Nennen wir es mal CPU-Hygiene…
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