Gaming Software Testberichte

Need for Speed: Hot Pursuit Remastered im Test – Burnout Paradise für Arme, dafür in Schön und mit inkludiertem Vollpreis-Fahrspaß

Need For Speed (NFS) blickt mittlerweile auf eine 25-jährigen Lebens -und Leidensgeschichte zurück, die abwechslungsreicher nicht hätte sein können. Und da es gerade voll im Trend liegt, einfach alte Spiele kostengünstig aufzumöbeln, anstelle etwas Neues zu schaffen, hat man auch bei EA ein wenig in die Mottenkiste gegriffen. Doch anstatt echte Klassiker wie z.B. NFS Hot Pursuit 2, NFS Underground, NFS Underground 2 oder NFS Most Wanted aus den Jahren 2002 bis 2005 noch einmal aufzupolieren, die noch heute eine wirklich treue Fangemeinde haben, schnappt sich EA ausgerechnet den eher einfallslosen Burnout-Paradise-Clone NFS: Hot Pursuit aus dem Jahr 2010, bei dem schon einmal Assets aus einem älteren Spiel eher lieblos recycelt wurden.

Ich meine, nichts gegen Burnout Paradiese, aber da ist mir das Original (schon alleine wegen der Soundtracks) dann doch lieber, auch wenn sich 2010 Criterion das erste Mal an NFS versuchen durfte und es leidlich erfolgreich wurde. Mit dem bis dahin zelebrierten NFS hatte dieser Fun-Racer eigentlich nichts mehr zu tun. Und genau dieses Spiel hat man nun aufgemotzt, alte Fehler brav übernommen und auch sonst nur optisch etwas aufgehübscht. Das alles ist, für sich genommen, nicht mal ehrenrührig, denn jeder hat das Recht, sich seine alten Fotos neu einrahmen zu lassen.

Ärgerlich ist hingegen der Preis, denn das Original war nicht weniger gut (oder schlecht spielbar) und kostete am Schluss nur noch einen fast schon lächerlichen Fünfer. Zeitlich passend zum neuen Polish verschwand das Original jedoch rein „zufällig“ komplett aus dem Shop. Schade, aber wohl nötig, um den die Umsätze noch einmal anzukurbeln. Dabei kann man mit dem Spiel (und somit auch dem Remaster) durchaus auch heute noch jede Menge Spaß haben, wenn man die ganzen Umstände einmal höflich ausblendet. Das ist dann der gute Teil der Nachricht.

Altbekannte Softwarefehler und ebenso alte Workarounds

Dass hier auch jede Menge alter Binärcode fast vorurteilsfrei übernommen wurde, hat mir der Test eines alten Trainers gezeigt, wo man mit leichten Modifikationen auch im „neuen“ Spiel simpel weiter cheaten konnte, ohne etwas komplett Neues programmieren zu müssen. Und wie schon 2010 startete das Spiel zunächst ohne Ton und funktionierendes Eingabegerät. Mal kurz in der Erinnerung gekramt und ja, da war doch was! Wenn man das Spiel als Administrator startet sind plötzlich Ton und Eingabe wieder da und bleiben es auch.

Nur für jegliche weitere Modifikationen sollte dieses Feature ebenfalls nicht fehlen. Naja, Lenkrad… anderes Thema bitte. Warum man diesen Fehler nicht endlich einmal ausgebügelt hat zeigt leider auch, dass man hier einfach Zeit und Kosten gescheut hat. Eine solche Rechtevergabe als Zwangsvoraussetzung zu setzen ist wirklich nicht sonderlich smart. Dann so einen Remaster zu bringen, wenn es das alte 5-Euro-Spiel auch getan hätte? Nun ja. Ach kommt, spielen wir einfach mal wieder…

 

Wenn es einmal läuft, dann..

… macht es wieder Spaß (wenn man mal den Preis für einen Hauch von nichts Neuem ausblendet). Seacrest County ist reichlich fiktiv und würfelt alles zusammen, was die ganzen Bundes-Staaten so plantagentechnisch hergeben. Aber man hat einfach alles, Küsten Berge und Wüste, Beton einbegriffen. Optisch hat das Spiel nach 10 Jahren zwar etwas dazugewonnen und es stehen auch mehr Gegenstände wahl- und teinahmslos zum Plattfahren bereit, trotzdem wirkt es unzeitgemäß steril und geradezu hallig leer. Gegenverkehr ist sporadisch vorhanden, aber eigentlich nichts anderes als Staffage und leidliche Provokation bei Höchstgeschwindigkeit.

Spätestens beim Wetter merkt man dann auch die geriatrische Komponente der ganzen Rückholaktion: es schüttet ab und an zwar wie aus Eimern, aber die Frisur sitzt auch um 12 Uhr wie angegossen. 3-Wetter-Taft auf der furztrockenen Motorhabe und allen größeren Flächen, die nicht gerade Fußboden heißen. Die sind im Regenschutzgebiet und vom Austrocknen bedroht. Das ist optisch ein Zurück in die Vergangenheit pur, als die Prozessoren meist nur vier oder weniger Kerne hatten und man 2010 endlich wusste, wie man denn nun Vuvuzela richtig schreibt, Hörsturz inklusive. Wenn der Ton endlich lief.

Aber ab und zu scheint ja auch im Spiel die Sonne. Apropos Kerne, wer mit einem aktuellen Mehrkerner spielt, wird endlich bedient, dieser Fehler ist wenigstens raus. Ein paar mehr Spiegelungen, stellenweise knackigere Texturen, die auch in 4K gut aussehen, bessere Schatten und der trotzdem noch moderat gebliebene Hardware-Hunger stehen auf der Haben-Seite der neuen Version. Immerhin etwas.

Das Wechseln zwischen Verfolgtem und Verfolger macht nach wie vor Spaß, auch wenn es natürlich Arcade pur ist. Und ja, man erwartet auch eigentlich genau das und nichts Anderes. Dann macht es sogar unbändig Spaß, denn zünftig und nahezu endlos driften lässt sich mit allem, was vier Räder hat, egal welcher Antrieb, weil einfach nichts kaputt gehen kann. Schadensmodell? Ach nö, maximal der Totalschaden „Crash“ stoppt den Artisten, wenn auch nur kurzzeitig. Der Rest ist fahrtechnisch eher Trivial statt Hot Pursuit.

Das muss man zwar erst einmal so wegstecken, macht aber mit der Zeit wieder richtig Spaß, wenn man in der handverlesenen eigenen Herde fährt und nicht offline gegen die nach wie vor grenzdebile und wirklich nur strunzdumme KI. Mir persönlich macht der Pursuit Mode übrigens am meisten Spaß, am besten mit guten Bekannten, wenn man das Glück hat, sich auch zusammenzufinden. Dann geht das gern auch mal ewig lang in die Nacht und man möchte, genauso wie damals, schon fast gar nicht mehr aufhören.

Fazit und der Versuch einer Versöhnung

Ich gehöre zu denen, die seinerzeit das Spiel gekauft und auch auf DLCs gewartet haben (die dann aber aus Ressourcen- und Kostengründen nie wirklich kamen). Die drei zusätzlichen Autos der Konsolenversionen gibts zumindest jetzt gleich mit dazu, wobei man sich wirklich überlegen sollte, ob man das Spiel wirklich noch einmal kaufen sollte, wenn man es bereits besitzt. Das ist dann schon ein wenig arg sinnlos, zumal man das fehlende AA der Alt-Version extern über den Treiber locker auch selbst erzwingen konnte und man die CPU auch so mit wenigen Handgriffen recht einfach selbst entkernen kann.

Der Rest der Noch-nicht-Kundschaft darf allerdings gern und getrost zuschlagen, wenn ihm die Zeit bis Cyberpunk 2077 zu lang wird, er gerade die 30 Euro so ziemlich übrig hat und er sowieso auf Arcade pur steht. Da gibt es nämlich deutlich schlechtere Racer fürs gleiche Geld, so fair muss man natürlich bleiben. Wer es noch nie gespielt hat, wird sich zudem schnell zurechtfinden, denn es gibt keine echten Überraschungen. Deshalb auch keine Benchmarks, denn es läuft auf jedem leicht übertakteten Haartrockner noch absolut flutschig. So gesehen hat man es besser gemacht als Crytek, die ihren Remaster glattweg hingerichtet haben. Dann schon lieber Hot Pursuit statt Crysis. Da weiß man wenigstens, was man hat.

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About the author

Igor Wallossek

Chefredakteur und Namensgeber von igor'sLAB als inhaltlichem Nachfolger von Tom's Hardware Deutschland, deren Lizenz im Juni 2019 zurückgegeben wurde, um den qualitativen Ansprüchen der Webinhalte und Herausforderungen der neuen Medien wie z.B. YouTube mit einem eigenen Kanal besser gerecht werden zu können.

Computer-Nerd seit 1983, Audio-Freak seit 1979 und seit über 50 Jahren so ziemlich offen für alles, was einen Stecker oder einen Akku hat.

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