Da der heutige “große” Artikel erst gegen 13 Uhr kommt, schiebe ich schnell noch meinen Senf zu Starfield dazwischen, damit Euch das Frühstücksbrot schön quer im Magen zu liegen kommt. Auch wenn es abwertend klingen mag, hier kommt meine subjektive, finale Bestätigung: In Starfield schlummert trotz “frischer” Weltallthematik die jahrzehntealte Rollenspielformel, wie ihr sie beispielsweise aus Skyrim kennt. So gut, so aufregend. Oder auch nicht. So stopfen wir uns mit aberdutzenden Items beim Erkunden der Planeten recht schnell das begrenzte Inventar voll, während uns Dialogoptionen und diverse Skillungen wiederum viel Entscheidungsfreiheit bieten, um nicht ganz zu verblöden. Naja, nur ein wenig. Sprechen können wir mit altbacken animierten und oft jegliche Immersion brechenden NPCs. Aber man kann sich mit sinnlosen Nebenquests wenigstens die Hucke vollhauen und die Zeit stehlen lassen.
Wir erleben zudem eine unterwältigende und recht dröge inszenierte Hauptgeschichte, die ohne Sättigungsbeilage in Form längerer Questreihen von unterschiedlichen Personen mit immer den gleichen Aufgaben sicher auffällig kurz ausfallen würde. Darüber hinaus verlieren wir uns in zufälligen Begegnungen mit Charakteren und ballern und hacken uns oft in Shooter-Manier mit einem großen Waffenarsenal etwas hakelig durch komplett überforderte und teils wild umherirrende Gegner. Optisch kann sich Starfield nicht wirklich sehen sehen lassen und so legt Bethesda gleich selbst den grauen Schleier des Vergessens über diese meist unbunte Geschichte. Zu GPU und CPU komme ich gleich noch.
Doch wozu kauft man sich eigentlich einen OLED? Man glaubt, man sitze vor einem hornalten TFT aus 2005 und blickt zudem noch von der Seite. Das Bild ist nämlich oft noch flacher als die meist ultra-albernen Dialoge, was man erst einmal schaffen muss. Ja, speziell die Raumstationen und -schiffe sind durchaus wunderschön. Optisch kann sich Starfield zumindest hälftig also durchaus sehen lassen, aber eben nur, wenn man die Räume nicht verlässt. Oder man plumpst aus Versehen gleich ganz nach unten und kommt auch nicht wieder heraus. Clipping-Verluste a la carte. Und falls man überlebt, kommt gleich wieder eine animierte Figur und raubt einem die Immersion. Die Nerven sowieso.
Starfield ist in vielerlei Hinsicht, vor allem aber in seiner ganzen Machart, regelrecht in der Zeit stehengeblieben. Das mag jetzt äußerst negativ klingen und ist es gemessen an vielen heutigen AAA-Standards leider auch. Wobei, es reiht sich perfekt ein in die ganze Serie verkorkster Releases. Da muss man noch nicht einmal groß enttäuscht sein. Starfield ist also kein Spiel, mit dem ich auf die Schnelle warm wurde und sicher auch kein Spiel, das jedem Rollenspiel-Fan taugt. Macht es jedoch einmal Klick, was wie gesagt recht lange dauern kann, könnt ihr euch bis 5 Uhr morgens im All verlieren. Man muss sich nur zwingen, fair zu bleiben.
Optik und der Weltraum? Nun ja…
Ein Triumph der Optik ist es nicht, aber man könnte damit leben. Bis man mit den NPCs spricht. Oh, diese künstlichen Figuren sind ein Genuss für die Sinne, wirklich. Sie bewegen sich mit der Anmut eines mehrfach geleimten Holzbretts durch die Welt. Und erst deren Blicke! Es ist, als würde man in zwei schwarze Löcher gucken, die jegliche Lebensfreude verschlingen. Und diese eleganten Lippenbewegungen! Wer braucht schon synchronen Lippen-Sound, wenn die Charaktere mit der emotionalen Bandbreite einer alkoholisierten Schnecke sprechen, die sich durch den Sand quält? Ich meine, es ist ja nicht so, als ob wir im 21. Jahrhundert leben und etwas Besseres erwarten würden, oder?
Aber keine Sorge, es gibt auch Lichtblicke. Zum Beispiel die Raumschiffe und -stationen. Das schrieb ich zwar schon, wiederhole es aber gern noch einmal: Sie sind der wahre Star der Show! Jedes Detail ist so liebevoll gestaltet, dass man fast die hölzernen NPCs vergisst. Fast. Denn jetzt kommt die Steuerung im Orbit und man merkt, man merkt nichts mehr. Egal ob Joystick oder Maus samt Tastatur – es ist irgendwie komplett nervig und zudem ungelenk. Andocken? Haha, nette Nebenquest. Aber zur Erholung gibt die Sternenkarte und Planeten mit schönen Details– einfach zauberhaft. Es ist fast so, als würde das Spiel sagen: “Schau, wie schön ich sein könnte, wenn ich es wirklich versuchen würde!” Oder man es hätte machen lassen, was aber leider so auch nicht erlaubt war.
Ach ja, und lasst uns nicht die Städte vergessen. Sie sind so atmosphärisch, dass man sich fast wie in einer echten Wildwest-Metropole oder einer dystopischen Neon-Hölle fühlt. Aber sobald man dann wieder einem NPC begegnet, wird man abrupt daran erinnert, dass man sich in einer Welt voller ambitionierter, aber letztlich doch unvollkommener Ideen befindet. Dann doch lieber Cyberpunk, das hat man mittlerweile wenigstens mal gesund gepatcht. Ja, Starfield ist eine Achterbahnfahrt der Emotionen – von der Spitze der Begeisterung bis zum Tal der kompletten Ernüchterung. Und irgendwo dazwischen frage ich mich, ob die Entwickler tatsächlich glauben, dass sie damit durchkommen, oder ob sie sich einfach einen Scherz erlauben. Ein ziemlich teuren Scherz, muss ich sagen. Siehe Vorbesteller-Strafaufschlag. Dann schon lieber Domina.
Die Weltraum-Oper schlechthin
Ja, Starfield ist eine seltsame Weltraum-Oper voller Widersprüche! Der Auftakt war ungefähr so spannend wie meine Steuererklärung. Aber dann kamen die Questreihen rund um die Fraktionen und plötzlich fand ich mich dabei wieder, tiefer und tiefer in dieses komplexe Labyrinth aus Weltraum-Abenteuern und zufälligen Systemen einzutauchen. Von Außenpostenbau bis Weltraumgefechten – die Fraktionen waren mein Zugangsticket zur echten Spieltiefe. Man muss nur aufpassen, welche Quest man annimmt, also nicht gleich von jeder Kellnerin das Ohr abkauen lassen!
Und jetzt haltet euch fest: In manchen Missionen darf ich sogar schleichen und die Taschen anderer Leute durchwühlen! Endlich kann ich meine inneren Diebstahlgelüste ausleben, nachdem die Hauptgeschichte sich in ihrer dramaturgischen Höchstform für so etwas zu schade war. Aber dann kommt Bethesda (hätte man es anders erwartet?) und holt einen auf den Boden der Tatsachen zurück. Manchmal ist es, wie mit einer Ming-Vase durch eine Stierkampfarena zu balancieren. Ranger hier, Weltraumpiraten da, oh, und vergessen wir nicht das technologisch hochgerüstete Militär! Cyber-Diebesgilden? Klingt fast wie das Inventar einer alten Rollenspieltruhe, die man auf dem Dachboden gefunden und genüsslich geplündert hat.
Ich meine, wir sind im All! Die Möglichkeiten wären theoretisch so unbegrenzt wie die Milchstraße selbst! Wo sind die Weltraum-Hippies, die ihr Raumschiff mit Bio-Kraftstoff betreiben? Oder die Space-Trucker, die mehr Geld für glitzernde Felgen ausgeben als für ihre eigene Raumstationsmiete? Vielleicht ist es wirklich besser, dass ich nur hier sitze und das Spiel beurteile, anstatt die Fraktionen zu entwerfen. Sonst hätte Starfield wahrscheinlich noch eine Fraktion von intergalaktischen Foodbloggern, die die besten Space-Tacos im Universum suchen. Obwohl, jetzt wo ich darüber nachdenke… das wäre doch mal was, oder?
Alles eine reine Einstellungsfrage
Also, setzen wir uns einmal zusammen und reden über das Grafikmenü von Starfield. Wer braucht schon einen echten Vollbildmodus mit anpassbarer Auflösung, wenn man zwischen “Fenster, aber nicht wirklich” und “Fenster, aber auch nicht wirklich, aber immerhin randlos” wählen kann? Es ist, als hätte jemand entschieden, dass Anpassungsoptionen überbewertet sind und wir doch alle einfach nur ein kleines Kino-Erlebnis auf unserem Bildschirm haben wollen. Oder wir eh nur bevormundete Kleinkinder sind. Da passt es hervorragend, dass das Fenster auch mal stur an einer Stelle kleben bleibt. Oha, die Romantik!
Starfield, das Spiel, das uns zum Träumen einlädt? Träumen davon, was wäre, wenn es nicht in grafischen Grundlagen stecken geblieben wäre. Kein Raytracing? Rasterizer-Grafik? Ich fühle mich plötzlich, als wäre ich in einer Zeitkapsel direkt in die späten 2010er zurückkatapultiert. Und wo zum Teufel ist DLSS? Nicht mal Intels XeSS hat es an die Party geschafft. Ich meine, wenn schon Nvidia und Intel nicht auf der Gästeliste stehen, dann sollten zumindest ein paar Partyhütchen und Luftschlangen drin sein. Bethesda und AMD haben hier offensichtlich eine exklusive Feier geschmissen, bei der nur FSR 2, AMDs Antwort auf DLSS, auf der Gästeliste stand. “Seht her, wir haben auch Freunde!”, rufen sie stolz und präsentieren uns ihr Bundle aus Starfield und GPUs, während sie hoffen, dass wir die Abwesenheit der coolen Kids DLSS und Raytracing einfach ignorieren.
Apropos CPUs und Intels Vorteil. Nun, man könnte sagen, dass es ja nur fair ist, denn im echten Leben gewinnt ja auch nicht immer der Sponsor, oder? Das ist, als würde Pepsi ein Konzert finanzieren, bei dem alle Gäste fröhlich Coca-Cola trinken. Es ist so köstlich absurd, dass man einfach nur staunen kann – es sei denn, man hat sich privat einen Ryzen 9 7950X3D gekauft und keinen Intel Core i9-13900K. Und ich stelle mir vor, wie die AMD-Leute jetzt in ihren Büros sitzen und sich fragen, wo es denn schiefgelaufen ist. “Wir haben doch das Spiel gesponsert, wir haben ein Bundle und tolle Hardware! Warum, oh warum, rennt Intel uns dann die Show?” Böses Intel aber auch! Die Antwort, meine Damen und Herren, ist kompliziert und technisch und hat wahrscheinlich mit einer ganzen Reihe von Dingen zu tun, die nur Ingenieure verstehen. Aber am Ende des Tages ist es einfach nur urkomisch. Fürs Marketing und die Intel-Käufer.
Vielleicht ist es ja auch eine Lektion in Bescheidenheit für AMD. Man kann nicht einfach seinen Namen auf ein Spiel kleben und erwarten, dass es einem automatisch Ruhm und Anerkennung einbringt. Oder vielleicht ist es eine Lektion für uns alle, dass man nicht alles glauben sollte, was auf dem glänzenden Marketing-Prospekt steht. Das reicht dann hin bis zu FSR2. Dieses AMD-Feature (sorry liebe Fangemeinde) ist so begeistert von sich selbst, dass es sich bei jeder Gelegenheit selbst wieder aktiviert. “Du willst von mittleren auf hohe Details wechseln? Überraschung! Hier bin ich wieder! Ätschi Bätschi”, schreit es förmlich aus den Tiefen der Einstellungen. Und dann muss man es wieder abwählen. Jedes. Einzelne. Mal.
Aber wartet, es kommt noch besser. Das Spiel hat offenbar gerade so den Launch von FSR 3 verpasst. Welche Ironie! Das hätte der große Moment für AMD und Starfield sein können, der rote Teppich, auf dem sie Hand in Hand in eine strahlende, grafisch aufwendige Zukunft spazieren. Aber nein, der Teppich wurde eingerollt und bis 2077 zurück in den Cyber-Schrank gestellt. Die Chance, grafisch wirklich Eindruck zu schinden, wurde ebenso elegant verpasst wie ein Meteorit, der knapp an der Erde vorbeischrammt.
Alles in allem fühlt sich Starfield an wie eine verpasste Gelegenheit, ein Hochzeitsantrag ohne Ring. Sicher, das Spiel hat andere Qualitäten, aber wenn es um die Grafik geht, ist es wie ein Feuerwerk, das im Regen abgebrannt wird. Es zischt und knallt, aber die großen “Ahs” und “Ohs” bleiben aus. So bleibt uns nur zu sagen: Nächstes Mal vielleicht, liebe Starfield-Entwickler. Nächstes Mal vielleicht. Mal wieder…
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