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It’s time to say Goodbye… Raja Koduri verlässt Intel und macht nun in Software

Gestern kündigte CEO Pat Gelsinger (der seit 2021 wieder bei Intel ist) an, dass Raja Koduri Intel und seine Positionen im Grafikprogramm verlässt – Ende März, also in wenigen Tagen, wird er endgültig gehen. Dies erfolgt kurz nach der Umstrukturierung der Grafikabteilung AXG, in der Raja Koduri nicht mehr Direktor ist. Dies wurde als Beweis dafür interpretiert, dass die Vorgesetzten mit Koduris Ergebnissen nicht zufrieden waren. Doch blicken wir kurz zurück. Vor fünf Jahren gab Intel bekannt, dass es mit Nvidia und AMD konkurrieren und zum dritten Hersteller von diskreten GPUs (Gaming und Computing) werden möchte.

Das Gesicht dieses bahnbrechenden Schritts von Intel war damals Raja Koduri, der direkt von der Position des Leiters der GPU-Abteilung von AMD zu Intel wechselte. Die Sache erhielt einen noch explosiveren Charakter, auch weil Koduri nach der nicht ganz erfolgreichen GPU-Generation Vega kontrovers wahrgenommen wurde. Und nun steht er erneut im Mittelpunkt des Dramas, denn auch bei Intel ist seine Zeit nun vorbei. Die Twitter-Ankündigung von Raji Koduris Abgang wirkt dabei noch relativ freundlich und ohne Kritik, aber sicherlich wird es wieder Diskussionen darüber geben, ob es sich um eine Entlassung aufgrund von Versagen handelt. Raja Koduri verabschiedete sich auch herzlich von Intel auf seinem eigenen Twitter-Account und enthüllte (oder Pat Gelsingers Tweet sagt dies bereits), dass er geht, um sein eigenes Startup zu gründen.

Karrierewechsel sind für Raju Koduri nichts Ungewöhnliches. Dieser in Indien ausgebildete Ingenieur (im Bereich Elektronik und Kommunikation) arbeitete sogar zweimal bei AMD bzw. dessen Grafikabteilung. Er trat 2001 dem unabhängigen Unternehmen ATi bei, bevor AMD es kaufte. Zwischen 2009 und 2013 arbeitete er jedoch bei Apple, kehrte aber 2013 zu AMD zurück, um gemeinsam mit anderen, wie dem berühmten Jim Keller, an der Wiederbelebung des Unternehmens zu arbeiten. Wie bereits erwähnt, endete er 2017 nach dem nicht so erfolgreichen Start der Radeon Vega GPU bei Intel.

Sein neues Projekt soll eher softwareorientiert sein, aber sich mit Spielgrafiken befassen – unter Verwendung generativer KI. Wenn Sie kürzlich eine Grafik-Demo in einem Rennspiel gesehen haben, bei der KI aus realen Bildern generiert wird, statt traditionelles Modellieren zu verwenden, könnte es so etwas sein. Dass Koduri ein neues Projekt in Aussicht hat, könnte darauf hindeuten, dass er Intel eher hilft, statt dass Intel ihn fallen lässt. Natürlich besteht die Möglichkeit, dass Koduri im Voraus wusste, dass seine Position unsicher war und das Startup nur sein Plan B ist.

Vielleicht liegt das wahrscheinlichste Szenario auch irgendwo dazwischen. Die Angelegenheit könnte mit der genannten Umstrukturierung zusammenhängen. Es ist möglich, dass Koduri mit der Verschlechterung seiner Position bei Intel (und vielleicht auch mit einer gewissen Verringerung der Bedeutung der AXG-Abteilung) unzufrieden war und dies zu seiner Entscheidung führte, das Unternehmen zu verlassen. Zugegeben, die Umstrukturierung könnte auch auf die Unzufriedenheit des obersten Managements von Intel mit ihm zurückzuführen sein. Raja Koduri stellte die Xe HPG GPU am Intel Architecture Day 2020 vor (Quelle: Intel)

Man könnte sagen, dass sich die Situation von vor fünf Jahren wiederholt und es erneut unklar ist, was man über Raji Koduris Amtszeit und Ende denken soll. Schon damals gab es seltsame Gefühle darüber. Einige Leute wussten wahrscheinlich nicht, ob sie befürchten sollten, dass Koduris Wechsel zur Konkurrenz die Radeons versenken und dazu führen könnte, dass sie im entscheidenden Kampf um einen Platz im Gaming-Markt gegenüber Intel verlieren – oder dass Koduri Intels Bemühungen schaden würde. Böse Zungen behaupten auch, AMD hätte Raja geschickt zu Intel delegiert, um Intel langfristig zu schaden. Was natürlich Unfug ist.

Obwohl Raja Koduri auf kontroverse Weise wahrgenommen wird, kann man am Ende nicht leugnen, dass er bei Intel viel erreicht hat. Vor fünf Jahren war Intels diskrete GPU nur eine theoretische Möglichkeit, das Unternehmen verfügte lediglich über integrierte GPUs und es fehlte mehr oder weniger ein Software-Ökosystem jenseits grundlegender Anzeige- und Multimediafunktionen. Jetzt, nach fünf Jahren, hat Intel separate Arc-Gaming-Grafiken, die zwar qualitativ als minderwertiger angesehen werden können, aber dennoch einen echten Wettbewerb zu Nvidia GeForce und AMD Radeon Grafiken darstellen.

Die negativen Bewertungen kommen jedoch aufgrund der Art und Weise, wie Intels diskrete GPU auf den Markt kam und in welchem Zustand sie derzeit sind. Viel Kritik ist berechtigt. Die Frage ist jedoch, ob jemand den Start der Arc-Grafik deutlich besser hätte gestalten können. Vielleicht ist der auffälligste Schönheitsfehler die Verzögerung, die die Einführung der Arc-Generation-GPU mit sich brachte – die relevanteren Gaming-Modelle A750 und A770 für den Desktop kamen nicht im geplanten Jahr 2021, sondern erst im Herbst 2022 heraus.

Das Geschäft mit leistungsstarker Spielgrafik ist ein äußerst anspruchsvoller Bereich, in dem die beiden bestehenden Akteure Positionen aufgebaut haben, die für Neueinsteiger nur schwer zu überwinden sind. Spiele nutzen eine Vielzahl von Technologien und gleichzeitig spezifische Optimierungen oder Korrekturen für bestimmte Titel, ohne die sie oft sehr schlecht laufen. Die neue GPU-Marke muss auf irgendeine Weise mit dem riesigen, über Jahrzehnte aufgebauten Software-Ökosystem von Nvidia und AMD mithalten. Manchmal werden GPU-„Treiber“ und ihre Komponenten und zusätzlichen Funktionen mit einem modernen Betriebssystem verglichen – die Komplexität und der Umfang dieser Softwareschicht ist enorm.

Alle Versuche, in den letzten 25 Jahren mit Nvidia und ATi/AMD zu konkurrieren, sind gescheitert, und nun können wir beobachten, wie auch chinesischen Unternehmen dies nicht gelingt. Die Intel Arc-Grafikkarten sind definitiv die lebensfähigste Alternative zu GeForce- und Radeon-Grafikkarten seit den Zeiten von 3Dfx. In Kombination mit Intels Einfluss und den Ressourcen, die das Unternehmen investieren kann, scheinen sie nun in der Lage zu sein, sich langfristig zu behaupten. Daher kann dieses Projekt wahrscheinlich als Erfolg bezeichnet werden, und es ist möglich, dass dies zum großen Teil Raj Koduri zu verdanken ist. Vieles, was bei ihm erfolglos erscheint, war vielleicht einfach unvermeidlich. Verkanntes Genie oder einfach nur überbewertet? Das werden wir wohl nie erfahren…

 

Kommentar

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konkretor

Veteran

295 Kommentare 300 Likes

Die OneAPI Ansatz von Intel ist spannend und kommt auch von ihm.

Bevor jetzt wieder diese Kommentare lese wie schlecht vega etc ist. Ich war/bin mit vega und etwas UV sehr zufrieden.

Die Vega 7 mit 16 GB RAM wurde in der Industrie sehr gerne genommen. Für Berechnung brachiale Leistung.

Wichtig ist das Intel weiter versucht im Markt zu bleiben.

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grimm

Urgestein

3,077 Kommentare 2,026 Likes

Die Frage ist halt immer welche (realistischen oder unrealistischen) Erwartungen mit dem Projekt verbunden waren. Ich denke, dass die nächste Gen von Intel im Midrange-Bereich eine durchaus interessante Alternative zu NV und AMD sein wird. Bei der aktuellen Generation scheint die Hardware grundsätzlich in Ordnung, sonst wäre die Optimierung per Treiber nicht gelungen. Das macht doch schonmal Mut für die nächste Runde und einen härteren Wettbewerb.

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Chismon

Veteran

131 Kommentare 93 Likes

Ich denke von aussen betrachtet ist es sehr schwierig bis unmoeglich, die Leistung von Raja Koduri in seinen Wirkstaetten insgesamt einzuschaetzen. Von vielen wird dessen Leistung als schlecht bis unterirdisch eingeschaetzt und ich bin froh, dass hier im Artikel und bei den Kommentaren ausgewogene und respektvolle Einschaetzungen und eben keine aussschliesslich reisserische oder negativ gepraegte (auch vordergruendig basierend auf dem Erfolg einiger Unternehmensprodukte) gewaehlt wurden.

Da die Navi-Architektur schon lange vor seinem Weggang in der Entwicklung war und bis zu seinem Weggang als "sein Baby" bezeichnet wurde (die Vega-Architektur aber nicht), gehe ich davon aus, dass ein Grossteil davon (auch wenn diese nachtraeglich wohl noch etwas "umgestrickt" wurde) und somit auch deren Erfolg Koduri zu zu schreiben ist.
Einige leere Versprechungen und (Marketing-)Verfehlungen - insbesondere zu seinen AMD/RTG Zeiten - sind Koduri aber ebenso zu zu sprechen.

Was die Vega-Architektur angeht, so ist diese im Notebook-Bereich (ich habe selber eine Ultrabook-Renoir-APU) durchaus ein Segen im Vergleich zum Vorgaenger gewesen und auch die Desktop Karten waren nicht schlecht, nur leider viel zu spaet am Markt (weswegen ich damals auch keine gekauft habe), aehnlich wie die Arc Alchemist Karten von Intel.

Noch zu AMD/RTG Zeiten war Koduri derjenige, welcher als erster in einem Interview (ich glaube bei PC World mit Gordon) die Idee einer MCM-GPU-Architektur ins Spiel gebracht hat und auch HBCC war seiner Zeit - wenn auch leider nicht problemlos funktionierend wie ehemals angedacht - der Zeit voraus und wird von vielen als der Vorlaeufer fuer den Infinity Cache angesehen, somit waere das ebenso ein Verdienst von Raja. Nicht umsonst bezeichnen Koduri ehemalige Mitarbeiter (jetzige Konkurrenten) noch respektvoll als Visionaer.

Dass man bei Intel Arc den Treiberrueckstand und -(API-)unterstuetzung von Jahrzehnten an Entwicklung bei nVidia und AMD/RTG nicht in einigen Monaten oder Jahren wuerde komplett aufholen koennen, ist eigentlich einleuchtend, zumal dGPUs in der Hinsicht deutlich komplexer als iGPUs (Intels Startpunkt sozusagen) sind.

Schade und bedenklich finde ich es schon, dass Koduri jetzt Intel verlaesst und ich hoffe die Planung und Wirkungszeit dort reicht aus, um Intel mit Arc (Battlemage und Celestial) dann im Gaming-Grafikkartenmarkt (fuer Einsteiger- und Mittelklassekarten, der Rest ist erst einmal (finanziell) eher uninteressant) nachhaltig zu etablieren (mit entsprechenden Gewinnen spaetestens kurz nach Martkstart der Arc C(elestial) Karten.

Jim Keller ist ja auch nicht ewig bei Intel geblieben und dessen angebliche Prozessorarbeit soll erst ansatzweise bei Meteor Lake aber dann vollstaendig erst mit Arrow Lake zum tragen kommen und aehnlich koennte das bei Intel mit Koduris Arbeit laufen (dass erst die nach dem Weggang erscheinenden Nachfolgeprodukte - wie damals bei AMD/RTG mit Navi - richtig anknuepfen und sich behaupten koennen).

Die Treiberarbeit bei Intel ist in den vergangenen Monaten auch im Vergleich zu der der Konkurrenz (und die hatte auch nicht gerade wenig zu tun, insbesondere AMD/RTG bei den RDNA3 Karten) bisher vorbildlich.

Ich koennte mir vorstellen, dass Koduri mit seinem geplanten Software Start-up auch zukuenftig noch fuer Intel (eben auch wegen des von ihm erdachten OneAPI) relevant bleiben koennte, nur eben outgesourced und Koduri bleibt sein eigener Chef.

Wie gut das laufen wird (ohne den Unternehmensdruck als eigener Chef) muss man allerdings abwarten und die berichtete gesundheitliche Einschraenkung bei Koduri duerfte da wohl auch ein Faktor fuer den Weggang von Intel gewesen sein, die naemlich einer "Herabstufung" aus leistungstechnischen Gruenden bei Intel entgegen steht (gesundheitliche Gruende dafuer nahelegt).

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pipin

Mitglied

39 Kommentare 4 Likes

@Igor Wallossek
da hat sich ein "wür" im ersten Absatz eingeschmuggelt.

Meiner Meinung nach wird Koduri allgemein zu überkritisch gesehen.

Kontrovers war sein Abgang bei AMD damals aber vor allem, weil es erst hieß, dass er sich eine Auszeit nimmt und es für Führungskräfte damals eigentlich noch oft eine Non-Compete-Klausel gab.

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O
Oberst

Veteran

334 Kommentare 129 Likes

Naja, die Chipfläche ist für die gelieferte Leistung schon recht groß und damit die Fertigungskosten hoch.
Aber ich glaube eher, dass es die Verzögerung war, vor allem auch im prestigeträchtigen HPC/Server Bereich. Bei Aurora muss man ja vermutlich Strafen zahlen, weil der ja eigentlich 2021 online gehen sollte, aber immer noch nicht läuft. Vielleicht war das auch einer der Gründe, warum er gehen musste.

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About the author

Igor Wallossek

Chefredakteur und Namensgeber von igor'sLAB als inhaltlichem Nachfolger von Tom's Hardware Deutschland, deren Lizenz im Juni 2019 zurückgegeben wurde, um den qualitativen Ansprüchen der Webinhalte und Herausforderungen der neuen Medien wie z.B. YouTube mit einem eigenen Kanal besser gerecht werden zu können.

Computer-Nerd seit 1983, Audio-Freak seit 1979 und seit über 50 Jahren so ziemlich offen für alles, was einen Stecker oder einen Akku hat.

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