Mit der Radeon RX 6500XT will AMD den Entry-Level-Markt mit einer Full-HD-Karte samt Navi24-Chip beglücken. Soweit, so verständlich. Gerade in Zeiten irrlichternder Grafikkarten-Preise, hyperaktiver Scalper und einer permanenten Verknappung im Handel ist das eine durchaus löbliche Idee, wären da nicht die unmöglichen Umstände dieses Nicht-Launches. Doch warum zum Geier versteckt AMD gerade diese Karte wie eine potthässliche Tochter, derer man sich abgrundtief schämt?
Und eins mal vorab: Ja, es gibt kein Recht auf Sampling durch AMD. Darüber regt sich auch niemand wirklich auf, der das System von Geben und Nehmen seit Jahren verinnerlicht hat und eben auch mal pausieren muss. Dass AMD Deutschland laut eigener Aussage jedoch fast keine Review-Samples bekommen hat, weil man uns Technik-affinen Deutschen im AMD-Headquarter eher nicht für die Zielgruppe des neuen Spitzenproduktes hält, ist ärgerlich und auf eine gewisse nordamerikanische Art sogar überheblich.
Traut man uns wirklich nicht zu, objektiv und unabhängig zu berichten und uns auch in die Lage eines Entry-Level-Gamers hineinzuversetzen? Für diesen Fangschuss einer objektiven Berichterstattung kann wiederum die deutsche PR von AMD erst einmal nichts, denn die großen PR-Späne hobelt man nun mal in Übersee. Ich zitiere jetzt trotzdem einmal anonym aus einer Mail, die das Ganze auf ihre Art und Weise gut verdeutlicht, ohne konkret zu werden:
Eigentlich wollte ich mich erst gar nicht weiter äußern und das Ganze höflich unter Schwund abhaken. Aber im Nachhinein und nach vielen Gesprächen und Chats mit komplett angesäuerten Kollegen bin ich mittlerweile ebenfalls sowas von angefressen, dass ich mich doch noch einmal hingesetzt habe, um Euch ein paar persönliche Zeilen zu schreiben, weil vielleicht der eine oder andere auf einen Test gewartet hat. AMDs diesmalige PR-Strategie ist erschreckend und falls sich das weiter so fortsetzt, wird man wohl jede Menge Sympathien verlieren. Darauf erst einmal einen gallebitteren Underberg zur Beruhigung. Prost!
Es waren im Übrigen genau zwei Dinge, die mir diesmal so sauer aufgestoßen sind. Das Erste, was mich an dieser Art der Entmündigung so schockt (anders kann man es leider nicht nennen) ist der Umstand, dass die Headquarter der Grafikkartenhersteller in Taiwan und Hong Kong erstmals strikte Order hatten, die Presse nicht von dort aus zu besampeln, auch nicht zeitnah nach dem Launch. Normalerweise besorge ich mir in Zeiten der permanenten Sample-Verknappung das Zeug ja bekannterweise selbst, aber diesmal ging auf der Achse Chemnitz-Taipeh nichts und der Zoll durfte diesmal eine Kaffeepause machen.
Das Zweite, was mich noch viel mehr verärgert hat, war der Umstand, dass weder ein Briefing für die Ausgestoßenen stattfand, noch irgendwelche Pressematerialen offiziell geteilt wurden, so dass man für die Leser wenigstens ein Trockenschwimmer-Event hätte veranstalten können. Also nicht einmal trockene Brotkrümel unterm Katzentisch? Das muss man erst mal so sacken lassen, denn eine PDF kostet nämlich genau: nichts. Ok, für die Radeon Pro W6400, den neuen King of Workstation Ultralight waren wir dann plötzlich doch wieder gut genug. Zwar auch nicht für Samples, aber man hat uns wenigstes was erzählt und mit PDFs den Mund gestopft. Finde den Widerspruch!
Jetzt hätte ich mir hier in Deutschland durchaus noch auf den letzten Drücker ebenfalls noch ein, zwei Retail-Karten besorgen können. Allerdings ging meine Laune bereits schon vor einer Woche (und damit auch die Motivation, mir für so eine von den eigenen Eltern verstoßene Fußhupe den Allerwertesten aufzureißen) in Richtung Erdmittelpunkt und ich habe für mich beschlossen, den Test dieses Produktes diesmal ersatzlos zu streichen. Wenn ich mir zudem die Ergebnisse derer anschaue, die sich entweder überwunden haben, doch selbst nach Nahrung zu suchen oder die von AMD für gut genug erachtet wurden, das Teil irgendwie zu testen, dann wird mir auch klar, warum man uns diese Karte lieber nicht in die Finger geben wollte.
AMD stellt sich mit dieser wirklich unnötigen Aktion leider selbst ins Abseits und peinigt damit auch (un)bewusst diejenigen, die dieser Karte vielleicht doch noch ein paar positive Dinge hätten abgewinnen können. Ich bin kein Dummerchen, das selbst zum Stehen noch 100 Meter Anlauf braucht. Irgendwas geht immer und wenn es der Preis so einer Karte im Laden ist. Doch nachdem ich heute die ersten wahnsinnigen Wiederverkäufer mit Preisen um die 400 Euro gesehen habe, ist mir einfach nur noch übel. So ein Teil zu solchen Preisen braucht doch keiner, noch nicht mal der Entry-Level-Gamer. Es sei denn, man spielt im Drahtgittermodus auf Opas alter Röhre.
Ich hoffe letztendlich für die Zukunft, dass dies ein einmaliger Ausrutscher war, denn eine derartige Herabstufung hat wirklich keiner verdient. So gesehen kann es also nur besser werden. Hoffen wir das mal für alle Beteiligten.
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