Colorful besitzt zwar seit Jahren keine deutsche Distribution mehr, aber kaufen kann man diese Karten durchaus noch, solange man im Gegenzug bereit ist, sich auf chinesische Online-Shops einzulassen und auch die Einfuhrabgaben mit einkalkuliert. Allerdings bestellt man auch irgendwie die Katze im Sack: eine Rückgabe gestaltet sich entweder schwierig oder sie ist (fast) unmöglich. Garantieleistungen regelt der liebe Gott und bei Atheisten die Mülltonne.
Für ganz Mutige bleibt aber so wenigstens die Chance, sich optisch und technisch von der Masse mit den üblichen Verdächtigen abzuheben. Ob dies in unserem Fall dann eine gute Idee war? Wir werden sehen, denn dafür gibt es ja schließlich diesen Test.
Lieferumfang
Der Lieferumfang stimmt, denn es gibt diverse Gimmicks und Giveaways in Form eines Multifunktions-Werkzeugs (sogar brauchbar), eines Bit-Sets (ungehärtet und damit eher fragwürdig) und ein paar Handschuhe, die aber eher für asiatische Hände proportioniert wurde. Eine gute mitteleuropäische Männerhand wird zwar zum ungewollten Aufreißer, aber das war es dann auch schon mit der weißen Pracht. Diese Handschuhe sind somit wie der Schnee in diesem Winter: Angucken erlaubt, für mehr recht es dann aber nicht mehr. Also haben wir wieder unsere eigenen benutzt.
Wichtige Vorbemerkungen
Da die eigentliche Performance aller Boardpartnerkarten der GeForce GTX 1070 Ti ab Werk durch den fest vorgegebenen Basis- und Boost-Offset für alle Hersteller sehr ähnlich ausfallen muss, hängen die real erreichten Ergebnisse eher vom in der Praxis tatsächlich erreichten Boost-Takt, und somit indirekt von der Kühlung und primär auch der Güte des jeweiligen Chips ab.
Jeder auf Benchmarkbalken basierende Test ist somit nur eine auf Zufällen basierende Momentaufnahme eines einzelnstehenden Exemplars. Genau deshalb haben wir den Schwerpunkt dieser Einzelreviews vor allem auf die eigentliche technische Umsetzung jedes Modells gelegt und dies mit unserem Equipment auch sehr gut dokumentieren können.
Es ist innerhalb der notwendigen Toleranzbereiche definitiv NICHT möglich, dass man die Performance einer bestimmten Karte pauschal allen anderen voranstellen könnte. Wir haben deshalb bei den Benchmarks keine Herstellerbezeichnung mehr verwendet, denn ja nach Chipgüte kann jede Karte eines beliebigen Herstellers zur unteren oder oberen Leistungsgrenze tendieren.
Software
Der Hersteller bietet per Software (iGameZone) ein One-Click-OC an, um diese von Nvidia vorgegebenen Restriktionen zu umgehen, aber wir würden auf eine echtes, manuelles OC setzen. Allerdings ist dies dann auch mit ärgeren Geräuschen verbunden, wie wir gleich noch sehen werden.
Diese Software dient auch dazu, das Display mit verschiedenen Ausgabewerte und Anzeige-Modi zu konfigurieren. Darüber hinaus können auch noch diverse Full-RGB-Lichteffekte der fast überall verbauten LED angepasst werden (z.B. an den Lüfteraussparungen oder der Rückseite am Kartenende)
Unboxing, Abmessungen und Anschlüsse
Auf das genaue Platinen- und Kühldesign werden wir später noch gesondert eingehen. Die wichtigsten Features zeigen wir zunächst zusammengefasst in einer Tabelle:
Übersicht der Einbaumaße, Features und Anschlüsse | |
---|---|
Einbaulänge: |
31 cm (Slot-Blende bis Ende Abdeckung) |
Einbauhöhe: |
12,5 cm (Oberkante Slot bis Oberkante Karte) |
Einbautiefe: |
4,8 cm (2-Slot) 0,5 cm Backplate |
Gewicht: |
1327 Gramm |
Backplate: | Ja, mit Kühlfunktion |
Kühlung: | Luftkühlung Vertikal ausgerichtete Kühllamellen |
Lüfter: |
2x 9cm + 1x 8cm Lüftermodule jeweils 9 Rotorblätter semi-passiv geregelt |
Anschlüsse Slotblende: |
2x DisplayPort 1.4a 2x HDMI 2.0 1x Dual-Link DVI-I |
Sonstige Anschlüsse: |
2x SLI Connector |
Spannungsversorgung: |
8-Pin + 8-Pin PCI-Express |
Außenansichten
Die Kühlerabdeckung besteht aus lackiertem Leichtmetall, wobei man hier bereits auf den ersten Blick feststellen kann, dass die ganze Geschichte, so optisch auffällig sie auch sein mag, aerodynamisch und thermodynamisch ein Tiefflug gegen die Abendsonne in Witcher 3 ist.
Die nachfolgenden Tests werden einmal mehr zeigen, wie sinnlos es eigentlich ist, Karten nur im offenen Bench Table zu testen. Je nach Design zeigen sich nämlich erst im eingebauten Zustand mögliche Anfälligkeiten und Schwächen des Kühlerdesigns. Deshalb ist es zwingend notwendig, am Ende beides zu testen und auch gegenüberzustellen.
Wer nämlich die beiden 9 cm- und den mittleren 8 cm-Lüfter dermaßen verquast abdeckt, erzeugt kontraproduktive Wirbel und hörbare Luftabrisse der nächsten Generation, leider. Form folgt Funktion? Wohl eher nicht, zumindest nicht im eingebauten Zustand.
Die Karte ist mit ihren 1327 Gramm bereits ein kleines Schwergewicht. Die Höhe von 12,5 cm ist Durchschnitt, die Einbautiefe von 4,8 cm allerdings schon ganz schön barock, da man fast drei Slots blockiert.
Die Rückseite der Platine ist von einer einteiligen, geschwärzten Aluminium-Backplate mit diversen, lackierten Farbapplikationen verdeckt, die über diverse Lüftungsschlitze und Öffnungen verfügt. Man muss für diese Backplate mindestens weitere fünf Millimeter Tiefe auf der Rückseite einplanen, was für Multi-GPU-Systeme wichtig sein könnte.
Die Oberseite der Karte trägt einen aufgedruckten “GeForce GTX”-Schriftzug, sowie ein Vollfarb-LCD-Display, welches diverse Statusinformationen anzeigen kann und dessen Ausgabe man auch über die mitgelieferte Software steuern kann (siehe weiter oben). Außerdem finden wir noch zwei um 180° gedrehte, 8-polige externe PCIe-Spannungsversorgungsanschlüsse am Ende der Grafikkarte.
Das Ende der Karte zeigt, wie ihre Unterseite, dass die Lamellen vertikal ausgerichtet sind und somit kein Luftstrom in Richtung Kartenende bzw. Slot-Blende geht. Fast die Hälfte wird in Richtung Mainboard gedrückt, was thermisch nicht wirklich die Evolutionskrone darstellt. Allerdings kann man nun streiten, was am Schluss kontraproduktiver ist, denn mehrfach gebogene Heatpipes für ein horizontales Design machen den Transport der Abwärme auch nicht gerade effizienter.
Die Slot-Blende bietet insgesamt die gewöhnten fünf Ausgänge, von denen maximal vier gemeinsam betrieben werden können (Multi-Monitor-Setup). Neben dem Dual-Link-DVI-D (kein analoges Signal durchgeschleift!) finden sich auf der Rückseite noch zwei HDMI-2.0-Ausgänge sowie zwei DisplayPort-1.4-Anschlüsse. Der Rest der Slot-Blende ist mit einigen Öffnungen für den Luftauslass versehen, der aber kaum eine echte Funktion erfüllt.
Der Umschalter dient der Umschaltung auf ein zweites BIOS. Aufgrund der Nvidias Restriktionen beinhaltet dieses BIOS lediglich ein höheres Power Target, was allerdings für ein paar MHz mehr Out-of-the-Box gut ist, jedoch dann auch höhere Geräuschpegel verursacht.
Spezifikationen
Da die Spezifikationen ab Werk bei allen GeForce GTX 1070 Ti identisch sein müssen, gilt die nachfolgende Tabelle für alle Karten in gleichem Maße:
GPU |
GeForce GTX 1080 (GP104) |
GeForce GTX 1070 Ti (GP104) | GeForce GTX 1070 (GP104) |
---|---|---|---|
SMs |
20 | 19 |
15 |
CUDA Cores |
2560 | 2432 |
1920 |
Base Clock |
1607 MHz |
1607 MHz |
1506 MHz |
GPU Boost Clock |
1733 MHz | 1683 MHz |
1683 MHz |
GFLOPs (Base Clock) |
8228 | 7816 |
5783 |
Texture Units |
160 | 152 |
120 |
Texel Fill Rate |
277.3 GT/s | 244.3 GT/s |
201.9 GT/s |
Memory Data Rate |
10 Gb/s | 8 Gb/s |
8 Gb/s |
Memory Bandwidth |
320 GB/s | 256 GB/s |
256 GB/s |
ROPs |
64 | 64 |
64 |
L2 Cache |
2MB | 2MB |
2MB |
TDP |
180W |
180W |
150W |
Transistors |
7.2 Mrd. | 7.2 Mrd. |
7.2 Mrd. |
Die Size |
314 mm² | 314 mm² | 314 mm² |
Process Node |
16nm | 16nm | 16nm |
Testsystem und Messmethoden
Das neue Testsystem und die -Methodik haben wir im Grundlagenartikel “So testen wir Grafikkarten, Stand Februar 2017” (Englisch: “How We Test Graphics Cards“) bereits sehr ausführlich beschrieben und verweisen deshalb der Einfachheit halber jetzt nur noch auf diese detaillierte Schilderung. Wer also alles noch einmal ganz genau nachlesen möchte, ist dazu gern eingeladen. Allerdings haben wir CPU und Kühlung noch einmal verbessert, um für diese schnelle Karte mögliche CPU-Flaschenhälse weitgehend auszuschließen.
Interessierten bietet die Zusammenfassung in Tabellenform schnell noch einen kurzen Überblick:
Testsysteme und Messräume | |
---|---|
Hardware: |
Intel Core i7-6900K @4,3 GHz MSI X99S XPower Gaming Titanium Corsair Vengeance DDR4-3200 1x 1 TByte Toshiba OCZ RD400 (M.2, System SSD) 2x 960 GByte Toshiba OCZ TR150 (Storage, Images) Be Quiet Dark Power Pro 11, 850-Watt-Netzteil Windows 10 Pro (alle Updates) |
Kühlung: |
Alphacool Eisblock XPX Alphacool Eiszeit 2000 Chiller 2x Be Quiet! Silent Wings 3 PWM (Closed Case Simulation) Thermal Grizzly Kryonaut (für Kühlerwechsel) |
Gehäuse: |
Lian Li PC-T70 mit Erweiterungskit und Modifikationen Modi: Open Benchtable, Closed Case |
Monitor: | Eizo EV3237-BK |
Leistungsaufnahme: |
berührungslose Gleichstrommessung am PCIe-Slot (Riser-Card) berührungslose Gleichstrommessung an der externen PCIe-Stromversorgung direkte Spannungsmessung an den jeweiligen Zuführungen und am Netzteil 2x Rohde & Schwarz HMO 3054, 500 MHz Mehrkanal-Oszillograph mit Speicherfunktion 4x Rohde & Schwarz HZO50, Stromzangenadapter (1 mA bis 30 A, 100 KHz, DC) 4x Rohde & Schwarz HZ355, Tastteiler (10:1, 500 MHz) 1x Rohde & Schwarz HMC 8012, Digitalmultimeter mit Speicherfunktion |
Thermografie: |
Optris PI640, Infrarotkamera PI Connect Auswertungssoftware mit Profilen |
Akustik: |
NTI Audio M2211 (mit Kalibrierungsdatei) Steinberg UR12 (mit Phantomspeisung für die Mikrofone) Creative X7, Smaart v.7 eigener reflexionsarmer Messraum, 3,5 x 1,8 x 2,2 m (LxTxH) Axialmessungen, lotrecht zur Mitte der Schallquelle(n), Messabstand 50 cm Geräuschentwicklung in dBA (Slow) als RTA-Messung Frequenzspektrum als Grafik |
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