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Klecks, Wurst oder Vollfläche? Wärmeleitpaste auf der GPU richtig auftragen – wir messen nach! | Erinnerung

Gegen ein Herauslaufen: Die richtige Paste macht den Unterschied

Wir brauchen in diesem Fall eine Paste, die neben einer herausragenden Wärmeleitfähigkeit (da gibt es so einige) auch die passende Konsistenz besitzt (da werden es schon weniger). Die Paste muss schon ein klein wenig viskoser sein, damit sie an den Seiten nicht herausläuft, denn die Spalte sind schon brutal. Hier eignen sich Pasten wie die von mir aktuell gern genutzte Alphacool Apex bzw. Subzero oder aber die alte Gelid PC Extreme. Flüssigpasten, wie beispielsweise die Arctic MX-2 oder MX-4, haben auf so einer Grafikkarte eigentlich nichts verloren.

Die Paste sollte mindestens handwarm sein, also zwischen 30 und 40 °C. Um das bequem zu erreichen, kann man sie natürlich auf mal ein paar Minuten in der Hosentasche lassen und mit sich herumtragen. Unter 20 °C lässt sich dass dann schon etwas schlechter verarbeiten. Also sollte auch die GPU nicht eiskalt sein. Ich lege die Platine UND den Kühler nach dem Applizieren der Paste vorm Verschrauben unter einen Infrarotstrahler, man kann so etwas aber auch mit einem Fön machen. Dann aber sollte die Paste erst hinterher aufgebracht werden, damit sich auch deren Oberfläche keine Haut bildet.

Nur für Maurer: Einstreichen mit Wärmeleit-Edelputz

Ich kann es schon mal spoilern: Es ist die mit Abstand schlechteste Methode und das hat auch einen handfesten Grund. Einerseits hat man ja die Beule in der Mitte und die Ränder sind abfallend. Die Menge der aufgebrachten Paste ist hier nicht das Problem, wohl aber der großflächige Auftrag. Es wird sich bei etwas viskoserer Paste nicht alles hinausschieben und verdrücken lassen, denn je größer der Anpressdruck beim Verschrauben wird, umso mehr staut sich durch die Verdichtung auch die Paste am Rand. Das wird zur Barriere und die eigentlich überflüssige Paste wird nicht komplett rausgedrückt.

Mit dünnflüssiger Paste hat man das Problem zwar nicht, aber dann läuft die Paste aus den großen Spalten schnell auch wieder raus. Oder aber sie trocknet aus und die Schicht wird nach dem Einbrennen immer dünner und reißt irgendwann an den Seiten auf. Genau deshalb ist das industriell verwendete Material hart und fest wie Beton. Reliability eben.

Für kleine Chips nicht mal schlecht: der Klecks

Die Klecksmethode liegt hier weiter vorn, ist bei den großen und vor allem auch rechteckigen Chips aber auch noch nicht optimal. Der Grund ist die benötigte Menge an Wärmeleitpaste, die sich auf sehr wenig Raum ziemlich hoch aufbaut. Auf eher kleinen und quadratischen Chips kann man das gern so machen, aber die großen Chips sind da weniger geeignet. Es verpresst sich nicht gut genug und vor allem nicht gleichmäßig zu den längeren Kanten hin.

Linientreu: Es geht um die Wurst!

So, nun kommen wir zum eigentlichen Höhepunkt meiner ganzen Experimente. Man findet diese Methode auch in abgewandelter bzw. kombinierter Form auf einigen Kühlerböden mit bereits aufgebrachter Wärmleitpaste. Da findet man die aufgebrachte Wärmeleitpaste streifenförmig oder wabenförmig vor, jedoch immer mit Abständen, damit sie sich noch ausbreiten kann, ohne sich soweit zusammenzuschieben, dass sie das Austreten der überschüssigen Paste verhindert. In unserem Fall tut es aber auch eine einfache Wurst in der Mitte, wenn wir im Nachgang beim Verschrauben eine ganz bestimmte Reihenfolge einhalten. Das ist elementar und absolut wichtig!

Kommen wir nun deshalb direkt zum Verschrauben. Wir legen die (am besten) vorgewärmten Teile übereinander. Wer Angst hat, dass er nicht genau das Loch trifft und dann korrigierend schieben muss (sehr kontraproduktiv!), der nutzt besser Zahnstocher als Führung. Einfach die Platine über dem Kühler positionieren (durch eines der Löcher schauen), dann festhalten und von oben die Zahnstocher vorsichtig durchführen.  Dann einfach die Platine senkrecht nach unten mit Hilfe der Führung absetzen. Fertig! Wer das noch nie gemacht hat: Einfach erst einmal ohne Paste üben. Dann hat man schnell Vertrauen, dass es gut klappt!

Doch das ist noch nicht alles. Jetzt kommt es auf die richtige Reihenfolge an. Zunächst nehmen wir einen sauberen, weichen Lappen und wickeln ihn um den Finger. Dann drücken wir in der Mitte der weißen Linie die Platine leicht fest, passen aber auf, dass sie nicht verrutscht. Leicht heißt leicht. Danach verschrauben wir abwechselnd die beiden Längsseiten. Fangen wir z.B. links bei Gelb an und setzen nacheinander die Schrauben ein und drehen sie jeweils so lange, bis das Gewinde greift. Nun wiederholen wir das Ganze auf der gegenüberliegenden, hellblauen Seite.

Danach drehen wir jeweils alternierend die beiden Schrauben der Längsseiten immer wieder etwas ein, bis wir den Widerstand spüren. Danach final festziehen. Das war es dann auch schon. Das mit den Längskanten wurde von einigen Boardpartnern im R&D nachgestellt und mittlerweile so auch in die Herstellung übernommen. Es ist einfach besser, als diagonal über Kreuz. Das geht nur bei Klecks und Vollfläche. Und nun wird es spannend, denn ich messe das Ganze natürlich auch!

157 Antworten

Kommentar

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Termi

Mitglied

37 Kommentare 27 Likes

Danke, vielen Dank für diesen Test. Endlich mal Fakten.
Ich denke, das wird analog auch so bei einer CPU gelten (?)

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Kleine-Eule73

Mitglied

57 Kommentare 52 Likes

Vielen Dank für den ausführlichen Test.
Die Ergebnisse sind echt mal beeindruckend. Habe noch nie bei einer GPU die WLP ausgetauscht es sei denn sie zickte rum oder die Temps waren unterirdisch(3x der Fall in 35 Jahren Computerwurstelei)Sollte vielleicht mal etwas besser im Auge behalten☺️Bei der CPU hab ich bis jetzt immer 5 Punkt Verfahren angewendet. In der Mitte kleinen Klecks und dann quadratisch jeweils ein kleiner Klecks auf der hälfte. Werde beim nächsten Wechsel mal die Wurstmethode anwenden

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thebagger

Veteran

104 Kommentare 77 Likes

Danke Igor! Jetzt verspüre ich den inneren Drang das direkt auszuprobieren und heute Abend die GPU zu zerlegen..... :D
Man lernt echt nie aus. Gibt es eine Möglichkeit die Viskosität von Pasten herauszufinden? Oder helfen da nur Reviews?

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ipat66

Urgestein

1,343 Kommentare 1,335 Likes

Steht im Text,welche Pasten er verwendet.

Das mit der Viskosität passt dann schon,wenn diese nicht zu kalt serviert werden.
Nehme doch einfach eine von denen....
Die halten auch in der Zeit ihre Eigenschaften.
Alphacool Apex bzw. Subzero oder aber die alte Gelid PC Extrem

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G
Guest

Durchaus interessant. Ich frage mich allerdings folgendes: Getestet wurde mit einer 3080. Da ist er Chip quasi mit der Kante parallel zum Board montiert. Daher ist es da relativ logisch, dass das mit der Wurst in der Ausrichtung gut funktionieren kann.
Ich habe aber selbst eine 6700XT. Da ist der Chip um 45° gedreht, also steht er sozusagen auf der Spitze. Wenn man jetzt seitlich anziehen würde, würde man den Druck auf die äußere Kante des Chips bringen. Ich frage mich nun, ob man da nicht doch jeweils diagonal anziehen sollte, damit man in dem Fall auf von Kante auf Kante anzieht und nicht von Spitze auf Spitze. Falls das verständlich ist.
Ich habe bei meiner 6700XT sogar mit "normaler" Noctua Paste recht gute Ergebnisse erzielt, die dann entweder dank meiner flächigen Auftragung oder aber auch "dank" der bei mir senkrecht stehenden Grafikkarte wieder leicht schlechter wurden. Da ich die Karte im Moment eh kaum fordere und mittlerweile deutlicher undervoltet, leicht untertaktet und von der Leistungsaufnahme beschränkt habe, hat sich das Temperaturthema ansich eh erledigt.
Aber vielleicht gebe ich der Apex noch mal eine Chance. So schwierig war das ja eigentlich nicht.

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Igor Wallossek

1

10,107 Kommentare 18,596 Likes

Diagonal verbaute Chips sind kleiner. Genau das steht doch im Artikel. Da nimmt man den Klecks und schraubt diagonal.

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RedF

Urgestein

4,601 Kommentare 2,521 Likes

Ich bleib beim verstreichen : ) . Zumindes bei der CPU, GPU bleibe ich bei Flüssigmetall.
Das dauert bei mir aber auch 15 minuten.

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O
Ozzy

Veteran

225 Kommentare 137 Likes

Würde es was bringen, statt einer Wurst ein Kreuz zu machen, ansonsten aber alles genauso zu machen?

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Igor Wallossek

1

10,107 Kommentare 18,596 Likes

Kreuz ist erwiesenermaßen Unfug, das ist noch schlimmer als Spachteln ;)

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Case39

Urgestein

2,484 Kommentare 920 Likes

Endlich ist diese Frage ebenfalls, fachmännisch beantwortet. Danke.

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G
Guest

Bleibe weiterhin auch bei MX4 und Full Surface, sowohl bei der CPU als auch GPU.

Grund 1:

Habe noch von der MX4 eine offene 4g Tube und eine ungeöffnete 20g Tube.

Grund 2:

5K Differenz bei 320W der 3080FE mit Wasserblock in Igors Test.

Bedeutet bei meiner 6800XT mit Wasserblock, undervoltet bei Standardtakt, 220-250W, mit MX4 und Full Surface weniger als 5K Differenz

Grund 3:

Bei Full Surface weiß ich, dass sich bei der GPU zwischen Kühler und Die überall Paste befindet. Die UUngewissheit, dass ein Bereich des Die bei der Line Method nicht von der Paste bedeckt ist, würde mir keine Ruhe lassen.
Bei der CPU könnte ich mich vielleicht mit der MX4 und Line Method anfreunden, da der IHS sowieso ein Stück weit als Wärmeverteiler in der Fläche fungiert.

Die Schritte beim Verschrauben werden von mir seit Jahren entsprechend der Anleitung angewendet.

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Wake

Mitglied

49 Kommentare 25 Likes

Die Maurer-Methode schaut auf dem Bild aber auch aus als hätte jemand einen Kamm benutzt zum verputzen :ROFLMAO:.

Sorry, aber bei mir ist das eine ebene Fläche nachdem ich es mit einem Plastikkartenstreifen verstreiche und nicht solche Schützengräben.

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ipat66

Urgestein

1,343 Kommentare 1,335 Likes

Ich würde soger behaupten,das es einen Vorteil bringt nicht glatt auszuspachteln, sondern
wie beim Fliesen mit „Berg und Tal“...
Das gleicht Unebenheiten besser aus!

Wenn Igor aber eine Wurst macht,mache ich auch eine.
Warum das Rad neu erfinden,wenn's der Meister so anwendet?

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TachYon

Mitglied

13 Kommentare 11 Likes

Punkto Reinigung kann ich folgende Schritte und Mittel empfehlen:

Im ersten Schritt verwende ich WD40, das löst die alte Paste recht gut auf. Den Matsch entferne ich dann mit Wattestäbchen.
Im zweiten Schritt wird das WD40 wiederum mit isopropanol neutralisiert, auch wieder mit gut getränkten Wattestäbchen aufgebracht.

Damit bleiben überhaupt keine Reste übrig und auch die mechanische Belastung kann sehr gering bleiben!

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Pascal TM-Custom

Urgestein

1,122 Kommentare 1,358 Likes

dann kannst auch Aceton nehmen einmal drüber alles weg Aceton löst die ganze WLP sofort auf und kann man abwischen. kurz trocken danach drüber und es ist alles sauber

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P
Pokerclock

Veteran

411 Kommentare 347 Likes

Ich benutze seit Jahren die MX-2 für CPUs und GPUs. Flüssig ist die eigentlich nicht, eher im Gegenteil. Den Hosentaschentrick nutze ich tatsächlich auch. :)

Bin tatsächlich auch eher ein Anhänger der Verstreichmethode, ich mache das aber immer mit einem Wattestäbchen. Geht hier auch nur um eine grobe Verteilung der WLP. "Plan" ist da nichts. Das Wattestäbchen eignet sich auch sehr gut, um die WLP-Reste zwischen den Bauteilen zu entfernen.

Bei der nächsten Graka wird aber definitiv die Wurstmethode angewandt mit der empfohlenen Verschraubung. Sehr spanndend das Ganze!

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RevAngel

Veteran

120 Kommentare 87 Likes

Danke für den Artikel, Igor!
Da ich nur selten und mit viel Zeiteinsatz arbeiten kann verwende ich zähflüssigere Pasten und verstreiche sie gleichmäßig und dünn, aber doch vollständig auf dem (engl.) die mit einem an der Spitze schräg abgerundeten Plastik-Ess-Stäbchen (Feuerzeug, Schleifpapier, Pappe oder Papier zum polieren des Ess-Stäbchens). Das funktioniert besser als mit den teilweise mitgelieferten Spachteln. Welchen Alkohol man vorher zum Reinigen verwendet ist in Zeiten, in denen Hand-Desinfektionsmittel überall ausliegen (danke Corona) auch für opportunistische aber funktionelle Charaktere leicht zu erledigen. Sollten halt keine Rückstände oder Nachfettungen auf dem CPU- oder GPU (engl.) die bleiben, darauf sollte man dann doch beim Kauf achten. Störend an den meisten Pasten die ich verwende ist eher, das sie nach einigen Jahren zwar noch super funktionieren, aber so steinhart und klebrig geworden sind, das man sehr stark darauf achten muss die CPU mit dem Kühler nicht "vom Sockel zu holen". Vorsichtig nach links und rechts drehen, bis der Haftwiderstand gering genug ist um den Kühler abzuheben. Reste der Wärmeleitpaste grob entfernen (da reicht Küchenkrepp), danach mit Wattestäbchen kleinere Überreste entfernen und mit Alkohol endreinigen. Zeitaufwändig, da braucht man Geduld und Nerven, aber am Ende funktionell. Ich würde mich scheuen nur einen Klecks oder Strich zu verwenden, aber ich habe auch nicht die Herausforderung das mehrmals im Monat machen zu wollen.

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Lagavulin

Veteran

224 Kommentare 180 Likes

Vielen Dank für die wertvollen Tipps und die „Nachweisführung“ mit Tests!

Wie sieht das eigentlich bei CPUs aus – wären mit der „line method“ (mir gefällt „Wurst-Methode“ besser) auch bei CPUs Verbesserungen gegenüber Klecksmethode oder flächigem Verstreichen zu erwarten?

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S
Schn1773R

Mitglied

17 Kommentare 7 Likes

Vielen Dank für deine Zeit und Arbeit. Werde ich aber ab jetzt so beherzigen. Habe aber auch noch jeden menge mx4 die erst verbraucht werden muss.

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Danke für die Spende



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About the author

Igor Wallossek

Chefredakteur und Namensgeber von igor'sLAB als inhaltlichem Nachfolger von Tom's Hardware Deutschland, deren Lizenz im Juni 2019 zurückgegeben wurde, um den qualitativen Ansprüchen der Webinhalte und Herausforderungen der neuen Medien wie z.B. YouTube mit einem eigenen Kanal besser gerecht werden zu können.

Computer-Nerd seit 1983, Audio-Freak seit 1979 und seit über 50 Jahren so ziemlich offen für alles, was einen Stecker oder einen Akku hat.

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