Grafikkarten Praxis Testberichte VGA

Klecks, Wurst oder Vollfläche? Wärmeleitpaste auf der GPU richtig auftragen – wir messen nach! | Erinnerung

Da immer wieder nachgefragt wird und auch die Suchfunktion bei Google diesbezüglich scheinbar versagt, habe ich noch einmal etwas im Archiv gekramt und einen Artikel vom letzten Jahr nach oben geschoben, der die Frage des „richtigen“ Auftragens auf einer GPU beleuchtet. Dieser Test wird noch einmal in Messreihen zeigen, wie man eine zweckmäßige Wärmeleitpaste auf großen GPUs richtig aufträgt. Die Auswahl einer geeigneten Paste und die dazu passende Methode entscheiden dabei über Erfolg oder Misserfolg. Und ich sauge mir das auch nicht aus den Fingern, denn vieles, was hier in einer manuellen Anwendung gezeigt wird, wird von Boardpartnern seit Längerem so ähnlich bereits umgesetzt und genutzt. Ich habe es ja schon immer mal wieder mit in meinen Artikeln mit erwähnt, will aber heute trotzdem noch einmal final im Vergleich zeigen, wie unterschiedliche Methoden performen. Denn die Unterschiede im Ergebnis sind frappierend!

Ursachenforschung: Nichts ist eben!

Mein Formplot zeigt (natürlich etwas überspitzt) das Problem einer aktuellen GPU, egal ob nun von NVIDIA (im Bild) oder AMD. Je größer die GPU, umso größer ist auch die mögliche Wölbung des Die und der BGA Platine. Das passiert zum Großteil beim Packaging und lässt sich eigentlich auch kaum vermeiden. Doch kommen wir nun zum Beispiel-Plot: Die Wölbung des Die liegt hier mit 0.068 mm (laut NVIDIA innerhalb der Spezifikationen) noch im erträglichen Bereich, allerdings hatte ich auch eine Karte mit etwas über 0.08 mm. Das lässt sich mit Wärmeleitpaste noch ganz gut beherrschen, wenn sie nicht zu flüssig ausfällt und unterscheidet sich am Ende auch nur wenig von Turing.

Auch das Package selbst weist immer ordentliche Spannungen und gewisse Höhentoleranzen auf, das ist soweit noch alles völlig normal. Die nachfolgende Auswertung der Höhen-Unterschiede zeigt genau so eine Wölbung und gleichzeitig noch eine Abweichung der tatsächlich gemessenen Höhen von der als Normvorgabe vorliegenden 3D-Konstruktions-Datei, die ich als direkten Vergleich daruntergelegt habe. Man sieht sehr gut auch das Bending des Packages und der darunter liegenden Platine der Grafikkarte. In diesem Fall sehen wir, dass sich sogar die Platine durch das Verschrauben noch deutlich verbiegen musste, um überhaupt den Kontakt herstellen zu können. Das ist nach dem Abkühlen aus einer Hitzephase (BurnIn) bereits völlig irreversibel!

Man muss generell aufpassen, dass man nicht zu viel Spannung aufbaut. Selbst meine sehr sorgsam behandelte GPU der Referenzplatine hat an den Ecken schon erste Zerfallserscheinungen (siehe Bild unten). Das ist in diesem Ausmaß noch komplett unkritisch, aber wirklich schön ist es nicht und es sollte auch nicht mehr werden.

Richtig reinigen ist die halbe Miete

Wie und womit man so eine GPU richtig reinigt das zeige ich Euch jetzt. Die Großaufnahme zeigt die kritischen Bereiche. Während die große Oberfläche der GPU recht einfach zu reinigen ist (hier dürfen KEINE Rückstände einer alten und anderen Paste zurückbleiben), haben es die Ecken und Kanten schon schwerer.

Im Zweifelsfall lässt man lieber etwas alte Paste zurück, als zu viel mechanische Einwirkungen zuzulassen. Denn hier sind keine chemischen Reaktionen zu befürchten, die stören könnten. Außerdem sind die Straps aus kleinen SMD-Bauelementen neben der GPU sehr empfindlich gegen mechanische Einwirkungen. Da hier auch ein Teil der Hardware-Kennung kodiert ist, würden fehlende Bauteile die gesamte Karte unbrauchbar machen. Und die Teile fliegen schneller ab, als man allgemein glaubt. Also lieber, so wie auf dem Bild, einfach drauflassen! Bei nichtleitender Paste (andere nehmen wir ja eh nicht), passiert da auch nichts.

Das Gröbste wird man zunächst vorsichtig von der GPU von außen nach innen abwischen und aufsammeln. Da geht auch weiches Küchenpapier (fusselt etwas!). Mit den Ohrstäbchen kann man dann die Kanten umlaufend und vom Chip nach unten wegdrehend elegant und ohne großen Druck reinigen. Dann kommt man auch nicht auf die SMD-Bauelemente. Hat man diesen Part erledigt, nimmt man eine weichen Lappen (fusselt nicht) und etwas Isopropanol. Diesen Reiniger erst nutzen, wenn fast alles trocken weggewischt wurde. Sonst löst sich der ganze Schmand auf und kriecht bis in die letzte Ritze.

Die neue Paste tragen wir aber erst auf, nachdem die Oberfläche komplett abgetrocknet ist. Welche Paste ich hier bevorzuge und wie man die dann richtig draufpackt, das zeige ich Euch auf der nächsten Seite.

 

160 Antworten

Kommentar

Lade neue Kommentare

Termi

Mitglied

37 Kommentare 27 Likes

Danke, vielen Dank für diesen Test. Endlich mal Fakten.
Ich denke, das wird analog auch so bei einer CPU gelten (?)

Antwort 2 Likes

Kleine-Eule73

Mitglied

57 Kommentare 52 Likes

Vielen Dank für den ausführlichen Test.
Die Ergebnisse sind echt mal beeindruckend. Habe noch nie bei einer GPU die WLP ausgetauscht es sei denn sie zickte rum oder die Temps waren unterirdisch(3x der Fall in 35 Jahren Computerwurstelei)Sollte vielleicht mal etwas besser im Auge behalten☺️Bei der CPU hab ich bis jetzt immer 5 Punkt Verfahren angewendet. In der Mitte kleinen Klecks und dann quadratisch jeweils ein kleiner Klecks auf der hälfte. Werde beim nächsten Wechsel mal die Wurstmethode anwenden

Antwort 2 Likes

thebagger

Veteran

104 Kommentare 77 Likes

Danke Igor! Jetzt verspüre ich den inneren Drang das direkt auszuprobieren und heute Abend die GPU zu zerlegen..... :D
Man lernt echt nie aus. Gibt es eine Möglichkeit die Viskosität von Pasten herauszufinden? Oder helfen da nur Reviews?

Antwort 1 Like

ipat66

Urgestein

1,352 Kommentare 1,353 Likes

Steht im Text,welche Pasten er verwendet.

Das mit der Viskosität passt dann schon,wenn diese nicht zu kalt serviert werden.
Nehme doch einfach eine von denen....
Die halten auch in der Zeit ihre Eigenschaften.
Alphacool Apex bzw. Subzero oder aber die alte Gelid PC Extrem

Antwort Gefällt mir

G
Guest

Durchaus interessant. Ich frage mich allerdings folgendes: Getestet wurde mit einer 3080. Da ist er Chip quasi mit der Kante parallel zum Board montiert. Daher ist es da relativ logisch, dass das mit der Wurst in der Ausrichtung gut funktionieren kann.
Ich habe aber selbst eine 6700XT. Da ist der Chip um 45° gedreht, also steht er sozusagen auf der Spitze. Wenn man jetzt seitlich anziehen würde, würde man den Druck auf die äußere Kante des Chips bringen. Ich frage mich nun, ob man da nicht doch jeweils diagonal anziehen sollte, damit man in dem Fall auf von Kante auf Kante anzieht und nicht von Spitze auf Spitze. Falls das verständlich ist.
Ich habe bei meiner 6700XT sogar mit "normaler" Noctua Paste recht gute Ergebnisse erzielt, die dann entweder dank meiner flächigen Auftragung oder aber auch "dank" der bei mir senkrecht stehenden Grafikkarte wieder leicht schlechter wurden. Da ich die Karte im Moment eh kaum fordere und mittlerweile deutlicher undervoltet, leicht untertaktet und von der Leistungsaufnahme beschränkt habe, hat sich das Temperaturthema ansich eh erledigt.
Aber vielleicht gebe ich der Apex noch mal eine Chance. So schwierig war das ja eigentlich nicht.

Antwort Gefällt mir

Klicke zum Ausklappem
Igor Wallossek

1

10,173 Kommentare 18,757 Likes

Diagonal verbaute Chips sind kleiner. Genau das steht doch im Artikel. Da nimmt man den Klecks und schraubt diagonal.

Antwort 1 Like

RedF

Urgestein

4,648 Kommentare 2,546 Likes

Ich bleib beim verstreichen : ) . Zumindes bei der CPU, GPU bleibe ich bei Flüssigmetall.
Das dauert bei mir aber auch 15 minuten.

View image at the forums

View image at the forums

Antwort Gefällt mir

O
Ozzy

Veteran

225 Kommentare 137 Likes

Würde es was bringen, statt einer Wurst ein Kreuz zu machen, ansonsten aber alles genauso zu machen?

Antwort Gefällt mir

Igor Wallossek

1

10,173 Kommentare 18,757 Likes

Kreuz ist erwiesenermaßen Unfug, das ist noch schlimmer als Spachteln ;)

Antwort 3 Likes

Case39

Urgestein

2,498 Kommentare 928 Likes

Endlich ist diese Frage ebenfalls, fachmännisch beantwortet. Danke.

Antwort 3 Likes

G
Guest

Bleibe weiterhin auch bei MX4 und Full Surface, sowohl bei der CPU als auch GPU.

Grund 1:

Habe noch von der MX4 eine offene 4g Tube und eine ungeöffnete 20g Tube.

Grund 2:

5K Differenz bei 320W der 3080FE mit Wasserblock in Igors Test.

Bedeutet bei meiner 6800XT mit Wasserblock, undervoltet bei Standardtakt, 220-250W, mit MX4 und Full Surface weniger als 5K Differenz

Grund 3:

Bei Full Surface weiß ich, dass sich bei der GPU zwischen Kühler und Die überall Paste befindet. Die UUngewissheit, dass ein Bereich des Die bei der Line Method nicht von der Paste bedeckt ist, würde mir keine Ruhe lassen.
Bei der CPU könnte ich mich vielleicht mit der MX4 und Line Method anfreunden, da der IHS sowieso ein Stück weit als Wärmeverteiler in der Fläche fungiert.

Die Schritte beim Verschrauben werden von mir seit Jahren entsprechend der Anleitung angewendet.

Antwort Gefällt mir

Wake

Mitglied

49 Kommentare 25 Likes

Die Maurer-Methode schaut auf dem Bild aber auch aus als hätte jemand einen Kamm benutzt zum verputzen :ROFLMAO:.

Sorry, aber bei mir ist das eine ebene Fläche nachdem ich es mit einem Plastikkartenstreifen verstreiche und nicht solche Schützengräben.

Antwort 2 Likes

ipat66

Urgestein

1,352 Kommentare 1,353 Likes

Ich würde soger behaupten,das es einen Vorteil bringt nicht glatt auszuspachteln, sondern
wie beim Fliesen mit „Berg und Tal“...
Das gleicht Unebenheiten besser aus!

Wenn Igor aber eine Wurst macht,mache ich auch eine.
Warum das Rad neu erfinden,wenn's der Meister so anwendet?

Antwort 1 Like

TachYon

Mitglied

14 Kommentare 12 Likes

Punkto Reinigung kann ich folgende Schritte und Mittel empfehlen:

Im ersten Schritt verwende ich WD40, das löst die alte Paste recht gut auf. Den Matsch entferne ich dann mit Wattestäbchen.
Im zweiten Schritt wird das WD40 wiederum mit isopropanol neutralisiert, auch wieder mit gut getränkten Wattestäbchen aufgebracht.

Damit bleiben überhaupt keine Reste übrig und auch die mechanische Belastung kann sehr gering bleiben!

Antwort Gefällt mir

Pascal TM-Custom

Urgestein

1,122 Kommentare 1,361 Likes

dann kannst auch Aceton nehmen einmal drüber alles weg Aceton löst die ganze WLP sofort auf und kann man abwischen. kurz trocken danach drüber und es ist alles sauber

Antwort 5 Likes

P
Pokerclock

Veteran

424 Kommentare 362 Likes

Ich benutze seit Jahren die MX-2 für CPUs und GPUs. Flüssig ist die eigentlich nicht, eher im Gegenteil. Den Hosentaschentrick nutze ich tatsächlich auch. :)

Bin tatsächlich auch eher ein Anhänger der Verstreichmethode, ich mache das aber immer mit einem Wattestäbchen. Geht hier auch nur um eine grobe Verteilung der WLP. "Plan" ist da nichts. Das Wattestäbchen eignet sich auch sehr gut, um die WLP-Reste zwischen den Bauteilen zu entfernen.

Bei der nächsten Graka wird aber definitiv die Wurstmethode angewandt mit der empfohlenen Verschraubung. Sehr spanndend das Ganze!

Antwort Gefällt mir

RevAngel

Veteran

120 Kommentare 87 Likes

Danke für den Artikel, Igor!
Da ich nur selten und mit viel Zeiteinsatz arbeiten kann verwende ich zähflüssigere Pasten und verstreiche sie gleichmäßig und dünn, aber doch vollständig auf dem (engl.) die mit einem an der Spitze schräg abgerundeten Plastik-Ess-Stäbchen (Feuerzeug, Schleifpapier, Pappe oder Papier zum polieren des Ess-Stäbchens). Das funktioniert besser als mit den teilweise mitgelieferten Spachteln. Welchen Alkohol man vorher zum Reinigen verwendet ist in Zeiten, in denen Hand-Desinfektionsmittel überall ausliegen (danke Corona) auch für opportunistische aber funktionelle Charaktere leicht zu erledigen. Sollten halt keine Rückstände oder Nachfettungen auf dem CPU- oder GPU (engl.) die bleiben, darauf sollte man dann doch beim Kauf achten. Störend an den meisten Pasten die ich verwende ist eher, das sie nach einigen Jahren zwar noch super funktionieren, aber so steinhart und klebrig geworden sind, das man sehr stark darauf achten muss die CPU mit dem Kühler nicht "vom Sockel zu holen". Vorsichtig nach links und rechts drehen, bis der Haftwiderstand gering genug ist um den Kühler abzuheben. Reste der Wärmeleitpaste grob entfernen (da reicht Küchenkrepp), danach mit Wattestäbchen kleinere Überreste entfernen und mit Alkohol endreinigen. Zeitaufwändig, da braucht man Geduld und Nerven, aber am Ende funktionell. Ich würde mich scheuen nur einen Klecks oder Strich zu verwenden, aber ich habe auch nicht die Herausforderung das mehrmals im Monat machen zu wollen.

Antwort Gefällt mir

Klicke zum Ausklappem
Lagavulin

Veteran

226 Kommentare 181 Likes

Vielen Dank für die wertvollen Tipps und die „Nachweisführung“ mit Tests!

Wie sieht das eigentlich bei CPUs aus – wären mit der „line method“ (mir gefällt „Wurst-Methode“ besser) auch bei CPUs Verbesserungen gegenüber Klecksmethode oder flächigem Verstreichen zu erwarten?

Antwort 1 Like

S
Schn1773R

Mitglied

17 Kommentare 7 Likes

Vielen Dank für deine Zeit und Arbeit. Werde ich aber ab jetzt so beherzigen. Habe aber auch noch jeden menge mx4 die erst verbraucht werden muss.

Antwort 1 Like

Danke für die Spende



Du fandest, der Beitrag war interessant und möchtest uns unterstützen? Klasse!

Hier erfährst Du, wie: Hier spenden.

Hier kannst Du per PayPal spenden.

About the author

Igor Wallossek

Chefredakteur und Namensgeber von igor'sLAB als inhaltlichem Nachfolger von Tom's Hardware Deutschland, deren Lizenz im Juni 2019 zurückgegeben wurde, um den qualitativen Ansprüchen der Webinhalte und Herausforderungen der neuen Medien wie z.B. YouTube mit einem eigenen Kanal besser gerecht werden zu können.

Computer-Nerd seit 1983, Audio-Freak seit 1979 und seit über 50 Jahren so ziemlich offen für alles, was einen Stecker oder einen Akku hat.

Folge Igor auf:
YouTube   Facebook    Instagram Twitter

Werbung

Werbung