Was ist grün und kann vor Kraft kaum laufen? Der Hulk der Pixel-geprägten Neuzeit heißt GeForce RTX 4090 und macht vor allem auch durch sein hochenergetisches Auftreten seit Wochen, ja Monaten schon, ordentlich von sich reden. Und wo der Hulk einmal zuschlägt, da wächst auch kein Gras mehr und der Strom fließt plötzlich (dank DLSS 3.0) sogar rückwärts. Sagt die PR. Und doch hat NVIDIA, trotz aller Tensor-Steroide und geraytracten Wunderlampen, ein profanes, geradezu monolithisches Problem. So wie Intel übrigens auch, dessen kommende Raptor Lake Generation unter den gleichen Gelenkschmerzen stöhnt.
Die Zeiten schwergewichtiger Einzelkämpfer scheint wohl ein für alle Mal vorbei zu sein und wir sollten ehrfurchtsvoll die Chance nutzen, noch einmal den letzten Gladiatoren der alten Schule die Ehre zu erweisen, die ihnen auch gebührt. Und zwar bevor die große, multipel gechipte Lastverteilung auch hier Einzug hält und der Rest in die rote Abendsonne entfleucht. Das ist wie bollernder Achtzylinder gegen surrenden Akkuschrauber. Emotionen sind dann bitte an der Garderobe anzugeben. Deshalb sollte man auch fair bleiben und nicht immer nur gedankenlos nachtreten, Füße abtreten vorm Strammstehen reicht. Denn auch wenn mittlerweile alle Controller der Welt ehrfurchtsvoll den neuen Gott Yield anbeten, die Karten haben die Schelte eigentlich gar nicht verdient, nur einen entspannteren Umgang mit ihnen.
Das liegt auch daran, dass ja niemand gezwungen sein wird, sich den dicken Hulk noch einmal in den Grafikkartenkäfig zu pressen. Und trotzdem jammert jeder gleich, wenn er sich in die ersten Reihe setzt und sich dann bei der Arie Furioso die feuchte Spucke des Sängers aus den Augen reiben muss. Wer sich ins Feuer begibt, der weiß doch, was er tut. Da muss man dann auch nicht immer nur schimpfen. Wem es nichts ausmacht, so exzessiv herumzustromern, der wird sich eh immer wieder in die erste Reihe setzen. Erstens, weil er so besser sieht und vor allem auch Zweitens, weil er nämlich gern gesehen werden will. Da ist dann auch der Preis egal, denn man sitzt ja auch besser und hat wieder mal den Längsten. Die Sessel in der ersten Reihe besitzen mehr Köpfe und Funktionen, man klemmt sich den Längsten im dicken Polster auch nicht so ein und überhaupt: Man kann immerhin von sich behaupten, zur Haute Volée zu gehören.
Die Klügeren unter den zahlenden Besuchern des grünen Schreins werden sich sowieso schnaufend vor Neid in die zweite Reihe setzen und sich immer wieder Mantra-artig einreden, dass man Reihe Eins ja eigentlich gar nicht braucht. Denn man sieht auch etwas weiter hinten noch fast genauso gut, der Schrei des Solisten kommt (spuckefrei!) fast genauso laut an und man zahlt für das akustische Trockenfutter auch weniger Eintritt. Am Ende fliegen die Eintrittskarten ja eh alle in den gleichen Abfalleimer, also was soll’s.
Der Zweitlängste tuts sicher auch noch geschmeidig genug und auch so kann man doch noch ordentlich das eigene Ego promoten. Blöd wird es dann nur, wenn die Reihe Zwei gleich doppelt verkauft wird und man sich plötzlich mit dem Fußvolk rumärgern muss, das mit seinem wiederaufkeimenden A-Klasse-Feeling jetzt auch denkt, mit dazuzugehören. Womit wir bei der RTX 4080 angekommen wären, bei der man glaubt, gleich doppelt zu sehen. Kinder, man kann die Reihe Drei nicht als Reihe zwei verkaufen, das sieht doch jeder Depp. Ok, NVIDIA ist da etwas cleverer und teilt das Ganze einfach in Reihe 2A und Reihe 2B auf. Also quasi wie Business Class und Economy Plus bei unseren Lufthanseln. Ja, geil, man sitzt jetzt eben auch vorn. Zumindest ein bisschen. Um mal ein Geheimnis zu verraten: Die RTX 4080 12 GB ist eigentlich eine geborene Müller, also ein Allerweltskind mit einem 4070-seitigen Telefonbuch-Migrationshintergrund, aber man hat sie galant in den bürgerlichen Adelstand versetzt. Hauptsache eine “von”, denn RTX 4070 ist scheinbar das neue N-Wort.
Zwischen der GeForce RTX 4090 und der RTX 4080 ist so viel Luft, da könnte man eine ganze Galaxie reinpressen. Wenn dann im November die multiple Radeon-Chiplette auftaucht, bleibt somit immer noch genügen Luft, um eine RTX 4080 Ti dazwischenzuschieben und nicht gleich Rot zu sehen. Das schiebt dann zwar die weinenden Kollegen von Reihe Zwei in die proletarisch anmutende Drei, aber die Eintrittskarten in Jensens Amphi-Theater-Premiere sind ja eh schon abverkauft. Deshalb darf die RTX 4080 mit 16 GB Brustumfang auch nicht RTX 4080 Ti heißen, um die RTX 4080 mit mageren 12 GB als echte Oberklasse zu rechtfertigen. GeForce RTX 4070, Mittelklasse und Vierstellig? Nein, das geht nur mit der adligen Acht im Namen, sonst merkt doch noch jemand, was wirklich Phase ist.
Womit sich auch der Kreis zum Hulk wieder schließt. Monolithen kosten schon beim Herstellen viel Geld und man kann die Sitzplatzverteilung der zahlenden Jünger später auch nicht endlos skalieren. Denn auch die Aufstellungs- und Unterhaltskosten wollen beglichen werden und so ein einteiliger Euro-Chip ist buchhalterisch eben eine ganz andere Monete als das billige Klimpergeld aus lauter zusammenkleben Groschen. NVIDIA ist beim Preis der Pixel-treibenden Einzeller leider an die eigenen Fesseln gebunden, so dass ein möglicher Preisvorteil wohl eher auf der Gegenseite liegt.
Da hilft aber am Ende auch ein geborgter Adelstitel aus dem 80ern nichts mehr, wenn von unten erst einmal die bürgerliche Welle der Roten Armee rollt. Nur wäre Lisa sicher nicht Lisa, wenn sie den Preisvorteil zu 100% in die Touristenklasse durchreichen und jeden Plebs nach vorn bitten würde. Erstens sind da ja gar nicht so viele Plätze und Zweitens ist auch AMD nicht der Samariterorden des roten Endpixels mit der Jungfrau Lisa und dem Radeon-Kind im Wappen. Marktwirtschaftlich gesehen wird man sich also eher eng mit Jensens Yield-Orden zusammenkuscheln und wie gehabt die üblichen leistungsbezogenen Entgelte erheben.
Und weil wir gerade bei der angestrebten Leistung sind: Ohne passendes Kraftfutter mit Jod-S11-Körnchen wird auch so ein Hulk zum schlappen grünen Wellensittich. Ich las diese Woche diesbezüglich diverse Schauermeldungen über schmelzende Stecker und Kabel, die nach 30-maligem Ein- oder Umstecken urplötzlich den Geist aufgeben sollen, den sie ja eh nie besessen haben. Das ist, pauschal betrachtet, allerbester Höhlenkäse aus biologisch abbaubaren Dünnschiss. Man kann natürlich auch mit Gruselschockern ordentlich abräumen, aber man sollte dabei ein paar Dinge nicht vergessen.
Es sind die Kontakte der Buchse, die dem so schnell pulsierendem Lebenssaft immer mehr Widerstand entgegen setzen, weil sie das ewige Rein und Raus schlicht und ergreifend schlapp macht. Das geht mir am Ende doch genauso, wenn man ständig Dinge lesen muss, die zum Allgemeinwissen gehören sollten. Es ist also erst einmal ein rein mechanisches Problem und damit irgendwie auch Gott-gegeben. Allerdings wird so eine Steckverbindung auch weiterhin funktionieren, nur will der Hersteller dann für nichts mehr garantieren. Wobei das so nicht stimmt, denn wenn Klaus-Kevin den Pömpel fünfmal grobmotorisch wie irre reinwürgt, dann ist das für den mechanischen Verschleiß garantiert System-relevanter als das behutsame Einführen des Zwölfenders mit den vier Side-Pipes durch Schacklin-Schantals Elfenfinger, weil die sich sowieso immer mehr Zeit fürs Vorspiel nimmt. Hier sollte man einfach draufschreiben: Weniger ist mehr, bitte immer schön gerade halten und beim Rausziehen bloß nicht panisch hin und her ruckeln. Merke: Strom kleckert nicht, der fließt oder kriecht nur.
Das mal als sonntägliche 50 Cent von meiner Seite, da ich eh noch im Labor sitze und für morgen Nachmittag alles vorbereite. Da bleibt noch nicht einmal Zeit für eine lustige Bilderstrecke oder sonstige Füllmaterialien für das begleitende Wohnen. Ich lasse Euch jetzt mit diesem Pamphlet einfach mal allein und bin froh, mich mal verbal erleichtert zu haben. Damit müsst Ihr jetzt allein klarkommen, ich gehe wieder arbeiten.
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