Nach all den ganzen Artikeln, Erklärungsversuchen und Nachtests machen wir heute einmal etwas Anderes. Ich habe dafür drei interessante Dinge für Euch, nämlich die (mögliche) Entstehungsgeschichte des 12VHPWR-Verbinders, die gewollte Ignoranz des eigentlich angedachten 8-Pin EPS Verbinders, der seine Niederlage an Netzteilen und auf Motherboards bis heute mit eiserner Standfestigkeit Lügen straft und einen patentierten Flip-Header auf den Asus-Karten, der die Vorgaben der PCI SIG sportlich verletzt und oft genug mit zartem Schmelz auf dem PCB als teurem Sterbebett verendet. Auch wenn das alles etwas flapsig klingen mag, so haben diese Themen doch leider ernste Hintergründe.
Ich habe für meinen heutigen Artikel sehr viele Beteiligte befragt und nicht immer Antworten bekommen, jedoch sehr oft. Und die, die mir gegenüber offen waren, hatten zum Teil wirklich Erstaunliches zu berichten. Viele Informationen decken sich dann auch, deshalb habe ich sie auch entsprechend verwertet, selbst wenn natürlich immer ein paar Fragezeichen bleiben. Ich erhebe somit natürlich keinen Anspruch auf die absolute Wahrheit, aber das meiste sollte zumindest schon recht nah dran sein.
Der solide 8-Pin EPS sollte es anfangs richten – bis er selbst hingerichtet wurde
Ich gehe mal davon aus, dass es die wenigsten wussten, aber bereits vor der Einführung der Ampere-Consumer-Karten, also noch kurz vor dem Launch der GeForce RTX 3080 und 3090, hat man seitens NVIDIA wirklich ernsthaft darüber nachgedacht, die 3-fach Steckerleiste mit den 6+2 Headern auf den High-End-Grafikkarten durch solide EPS 8-Pin Header zu ersetzen! Dazu muss man wissen, dass sich die in der PCI SIG als PCI Express 2×4 Auxiliary Power Connector bezeichnete Variante vom EPS mit 2×4 Pins grundlegend unterscheidet. Denn im Grunde genommen ist es nur ein 2×3 Verbinder, bei dem zwei weitere Pins (je einer pro Reihe) nur als reine Sense-Pins agieren, jedoch keinen zusätzlichen Strom liefern.

Der 2×4 EPS-Stecker besitzt hingegen echte 4 Pins vor jeweils 12 Volt und Masse, jedoch keine sinnlosen Sense-Pins, die darüber berichten sollen, wie toll die angeschlossenen Kabel sind. Man könnte, allein schon aus Gründen der Abwärtskompatibilität auch einen normalen 6-Pin PCIe- Kabelverbinder reinstecken. Da NVIDIA bereits damals Karten mit mehr als 300 Watt Leistungsaufnahme ins Auge gefasst hatte, suchte man zunächst nach einer praktikablen Lösung im bestehenden Portfolio der PC- und Netzteilbauer. Und ja, es gab sie sogar, die NVIDIA-Karten mit einem echten EPS-Anschluss (siehe Bild unten)! Wir sehen es auch an den Steckerprofilen der beiden Verbinder, dass hier gar kein 6+2 Kabel passen kann und wird.
Und so entstand der erste Power-Adapter, der aber noch keinen 12-poligen Micro Fit 3.0 Verbinder nutzte, sondern wirklich den 8-Pin EPS auf zwei 6+2-Kabel aufteilte. Diesen Header bewahre ich natürlich genauso in meiner Raritäten-Sammlung auf wie die RTX A6000 und man hätte genauso zwei dieser Adapter mit vier 6+2-Kabeln nutzen können, um eine RTX 4090 solide mit 600 Watt (und mehr) versorgen zu können. Das war damals sogar angedacht, aber wir wissen ja, wie es am Ende ausgegangen ist.

Denn es war dann auch genau die Zeit, als NVIDIA diverse Netzteilanbieter und Hersteller darauf hingewiesen hat, bei den künftigen Planung leistungsstarker Netzteile mindestens zwei weitere native 8-Pin EPS-Anschlüsse und die passenden Kabel zu bieten. Das wäre insofern clever gewesen, als man den ganzen Aufwand mit der Kompatibilität hätte deutlich minimieren können! Corsair hatte das an seiner RM-Serie recht clever gelöst. Rechts unten sehen wir zwei native EPS-Header, in die NUR EPS-Kabel passen, während die vier Header obendrüber quasi “unisex” sind. Da würde eigentlich anhand der Quadratur jedes Profil mit 8 Pins und 4.2 mm Pitch passen, deshalb ja auch der explizite Hinweis, nur originale, proprietäre Typ-4-Kabel zu nutzen. Native 6+2-Kabel würden da nämlich einen veritablen Kurzschluss verursachen, so dass die beiliegenden 6+2-Kabel netzteilseitig auch ein EPS-Profil tragen. Da aber scheinbar nicht klar war, was NVIDIA wirklich wollte, und man niemanden über den Weg traute, hat man sich bei Corsair so alle Wege clever offengehalten.
Das koreanische Original von Molex (hier das 3D-Modell) erlaubt bis zu 13 Ampere pro Pin und zumindest 7 Ampere, wenn alle gleichzeitig genutzt werden (sogenanntes De-Rating). Das ergäbe bei voller Last aller Pins noch 28 Ampere pro Header, also 336 Watt. Die 2×4 Header (also die bekannten 6+2 Anschlüsse) der PCI SIG sind ebenfalls mit 7 Ampere spezifiziert. Das macht bei drei Adern für 12 Volt aber nur 252 Watt. Zusammen mit dem PCIe-Slot am Mainboard also nur knapp über 300 Watt und wäre in der Folge auch zu unsicher für eine GeForce RTX 3080.
Jetzt muss man dazu noch wissen, dass es diese Verbinder von Molex auch als 10- oder 12-Pin Variante gibt (also 2×5 bzw. 2×6). Das wären dann schon bis zu 504 Watt für nur EINE einzige Steckverbindung, wenn man die 7 Ampere im De-Rating ansetzen würde! Mit dem originalen 8-Pin-EPS hätte man also locker Grafikkarten bis 350 Watt und mehr versorgen können, wenn man den PCIe-Slot noch mit nutzt. Selbst eine extrem übertaktete GeForce RTX 4090 wäre also mit weit über 600 Watt bei zwei EPS-Anschlüssen noch locker im Rennen gewesen.
Minifit Header Drawing
Warum man diesen Stecker perspektivisch dann doch verworfen hat, liegt sicher auch in gewissem Maße am Spieltrieb des Grafikkartenherstellers und wahrscheinlich auch an der Schwierigkeit, diesen Steckverbinder ohne Lizenzprobleme einfach umzufrickeln. Denn das Angebot von Molex an passenden Steckverbindern ist fast unendlich. Zumal sie alle funktionieren. Ich habe für Euch zur Einstimmung auf das nächste Kapitel noch eine nette Übersicht, die sowohl den Mini Fit mit 4,2 mm Pitch zeigt (so wie bei EPS und 6+2) als auch die Varianten des Micro Fit 3.0 mit 3.0 mm Pitch einschließlich derer, die sogar deutlich höhere Ströme liefern könnten. Unter Pitch versteht man übrigens die Abstände zwischen den Pins von Mittelpunkt zu Mittelpunkt, was am Ende ja ein Rastermaß ist.
Wir sehen, mit Micro-Fit 3.0 geht schon eine Menge, mit Micro-Fit + (Plus) sogar noch mehr! Und genau das ist jetzt das nächste Thema, bitte weiterblättern.
- 1 - 2x EPS und über 700 Watt? Es hätte so einfach sein können!
- 2 - NVIDIA kommt bei der Founders Edition in Platznot
- 3 - GeForce RTX 3090 Ti: Spielwiese für Ada und den 12VHPWR
- 4 - Der 12VHPWR-Adapter von NVIDIA
- 5 - Vom 12VHPWR zum 12V2x6 Connector - User-Error de luxe?
- 6 - Flip-Header, Qualitätsmängel und ein Fazit
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