Im Sommer 2017 führte AMD die GCN 5 alias „Vega“ Grafikkarten ein, mit denen man nach einiger Verzögerung die schnellen und sparsamen Pascal Karten von Nvidia endlich vom Thron stoßen wollte. Trotz des fast 500 mm² großen Chips und einem 2048 Bit breitem HBM2-Speicherinterface scheiterte der Angriff kläglich. Die Karten waren sehr stromhungrig und die Referenzkarten mit Blower-Kühlern wurden der enormen Abwärme kaum Herr. Ständig ins Temperatur- und/oder Power Limit laufend und sich in Konsequenz selbst drosselnd, konnte Vega das eigentliche Potenzial nicht abrufen und wurde von vielen Testern als Enttäuschung abgestempelt.
Mit aufwendigen Kühlern konnten die Board-Partner zwar die Temperaturen ihrer Custom-Karten bändigen und die Lautstärke in den Griff bekommen, der große Energiebedarf bildete jedoch weiterhin einen äußerst faden Beigeschmack. Der außergewöhnliche Speicher, das damals noch AMD-exklusive Freesync und andere spannende Technologien machten die Karten aber dennoch für nicht wenige User interessant. So fand schließlich auch Vega eine Fan-Base, die sich mit den Eigenheiten der Architektur auseinandersetzte. Schon bald kam man zu dem Fazit: Undervolting ist der Schlüssel zum Erfolg. Ich möchte in diesem Artikel die Auswirkungen von Undervolting aus der Perspektive eines Endanwenders dokumentieren und herauszufinden, ob sich die ganze Sache lohnt oder nicht.
Wichtige Vorbemerkung
Es sei angemerkt, dass die später gezeigten Settings nicht zwangsläufig auf allen Vega Grafikkarten exakt so einsetzbar sind. Zu geringe Spannungen können zu Spiel- und Treiberabstürzen und allgemeiner Instabilität des Systems führen. Das Anheben des Powerlimits um 100% (für maximales Übertakten) erfordert eine Manipulation der Power Play Table und kann das werksseitige Kühlsystem überfordern. Daher geschieht das Übernehmen der gezeigten Settings auf eigene Verantwortung und ich übernehme keine Haftung für eventuell auftretende Schäden. Sämtliche im Folgenden aufgeführten Werte beziehen sich ausschließlich auf das verwendete Testsystem und können signifikant von den Werten anderer Systeme abweichen. Die Messungen wurden nicht in einer kontrollierten Testumgebung mit gleichbleibenden Raum- und Wassertemperaturen durchgeführt und ich nutze zum Auslesen hauptsächlich Software-Tools, die keine 100-prozentig genauen Daten liefern.
Grundlegendes
Was ist denn eigentlich dieses Undervolting, vom dem jetzt alle sprechen? Um diese Frage zu beantworten, muss zunächst ein physikalisches Grundgesetz erläutert werden. Vereinfacht ausgedrückt berechnet man die Leistungsaufnahme [Watt] eines elektrischen Geräts, indem man die Spannung [Volt] mit der Stromstärke [Ampere] multipliziert. Offensichtlich lässt sich also die Leistungsaufnahme reduzieren, indem man einen dieser beiden Faktoren (Spannung oder Stromstärke) verringert. In der Regel haben wir als „einfache User“ in den entsprechenden Treibern und Tools nur Einfluss auf die GPU-Spannung.
Konkret sind dies bei Vega ab Werk 1,2 V (= 1200 mV). Man könnte jetzt anfangen zu rechnen, aber in der Praxis weichen die Ergebnisse letztlich doch wieder etwas von der Theorie ab, denn es haben auch noch andere Faktoren Einfluss auf das tatsächliche Ergebnis. Daher hilft nur eins: Einstellen und Messen. Wie im Disclaimer schon angemerkt, stehen mir keine professionellen Messwerkzeuge zur Verfügung. Jedoch kann man sich auch mit dem einfachen Messgerät aus dem Baumarkt einen groben Überblick verschaffen.
CPU | AMD Ryzen 7 1700X (4.0GHz @ 1.3V) mit EK Supreme Acetal Wasserkühler |
Board | ASUS Prime X470 Pro (Bios 5406 mit AGESA 1.0.0.4) |
Speicher | 16GB G.Skill F4-3200C14D-GTZR @ 3400MHz 14-14-14-34 |
GPU | Sapphire RX Vega 64 Nitro mit Bykski SP-VEGA64-X Wasserkühler |
Kühlung | Open Loop, 240mm+360mm Alphacool Radiatoren, 5xNoctua P12 Redux @ 750 rpm |
SSD | Samsung 970 Evo 512GB |
PSU | Seasonic Focus+ Gold 850W |
OS / Treiber | Windows 10 1909 / Radeon Software 19.12.2 |
Monitoring | MSI Afterburner 4.5.0 + RTSS 7.1.0 und HWinfo 6.20 |
Messgerät | Globaltronics GT-PM-07 |
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