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Kann Trump die US-Halbleiterindustrie durch Protektionismus und Subventionen wirklich „störfrei“ machen? Ein Kommentar

Eines ist ja unbestritten: Die Halbleiterindustrie bildet das Fundament der gegenwärtigen, technologiegetriebenen Weltwirtschaft. Da trifft es exakt diese Industrie angesichts der sich verschlechternden Beziehungen zwischen den USA und China natürlich umso mehr, denn die mit solchen Abhängigkeiten einhergehende Verwundbarkeit einer globalen Halbleiter-Lieferkette hat die US-Regierung nun dazu veranlasst, dass die amerikanischen Chiphersteller – oder sogar diejenigen, die zumindest amerikanische Technologie einsetzen – einen Großteil ihrer Produktion auf amerikanischen Boden verlagern sollen. Nun scheint es, dass diese Strategie erste Früchte trägt.

Doch man sollte erst einmal zurück in die Geschichte blicken. Ich erinnere mich in diesem Zusammenhang an ein Gespräch zwischen Walter Ulbricht (Generalsekretär der SED) und Nikita Chruschtschow (KPdSU-Generalsekretär) noch vor dem Mauerbau, in dem der DDR-Politiker immer wieder darauf hinwies, sich ökonomisch komplett unabhängig zu positionierten. Wörtlich hieß es damals „Dazu gehört, unsere Wirtschaft gegenüber dem Westen störfrei zu machen“. Wirtschaftlich hat man sich damit dann in der Folge allerdings komplett verhoben und wurde ziemlich schnell auf den Boden der real existierenden Tatsachen und sozialistischen Umstände zurückgeholt.

Man hätte es nach dem Scheitern von Hitlers vergeblicher Autarkie-Politik im 4-Jahres-Plan eigentlich besser wissen müssen und auch die USA sind unter Ronald Reagan schon einmal mit einer solchen Protektionismus-Politik bei den Halbleitern in den 1980er Jahren grandios gescheitert, als man damals gegen Japan vorging und sich am Ende plötzlich in einer noch viel schlechtere Position als vorher wiederfand. Gewonnen haben am Ende nämlich immer die anderen, Japan und der Rest der Welt. Doch zurück zur Trump’schen Gegenwart, denn auch die ist durchaus interessant.

So äußerte sich unlängst Intel gegenüber CNN Business darüber, dass „man dabei sei zu erkunden, wie die technologische Führung der USA weiterhin gewährleistet und die einheimischen Quellen für modernste Mikroelektronik und verwandte Technologien gestärkt werden können.“ und in einem Brief an das Pentagon vom 28. April, der vom Wall Street Journal veröffentlich wurde, betonte Intels CEO Bob Swan, dass der Halbleiterhersteller „einzigartig positioniert“ sei, um mit der US-Regierung bei diesen Bemühungen zusammenzuarbeiten und er bedanke sich (leicht gekürzt zitiert)  „für die Gelegenheit, die Zukunft der Sicherung einer fortgesetzten technologischen Führung der USA und die Stärkung der einheimischen Quellen für modernste Mikroelektronik zu diskutieren. Dies ist angesichts der durch das gegenwärtige geopolitische Umfeld geschaffenen Unsicherheit wichtiger denn je.“

Obwohl Intel in den Vereinigten Staaten bereits in vier getrennten Produktionsstätten Chips herstellt, würde ein zusätzlicher kommerzieller Fertigungsbetrieb, der dann für Dritte im eigenen Land zugänglich wäre, die Bemühungen der Trump-Administration bei der Lokalisierung dieser sensiblen Industrie unterstützen. Ganz ohne Hintergedanken dürfte sich Intel aber hier auch nicht so devot anbiedern und verbal geradezu einschleimen, denn aktuell hat man produktionstechnisch ein riesiges Defizit zu beklagen. Hausgemacht und ziemlich amerikanisch übrigens. Da dürften fette Subventionen mit frisch gedrucktem Geld gerade recht kommen.

Und man darf nicht vergessen, dass auch Firmen wie AMD, Nvidia, Apple, Qualcomm usw. die Chips zwar selbst entwerfen, ihre Produktion dann aber an kommerzielle Hersteller wie z.B. TSMC auslagern. Überhaupt hat sich TSMC mittlerweile etwas zu Trumps Schreckgespenst gemausert, denn egal welche Sparte, TSMC mischt immer ganz vorn mit und gilt zudem als Hoffnungsträger für die kommenden 3-nm- und 5-nm-Prozesse, während Intel noch nicht einmal mit den 10-nm so recht klarkommt.

Angesichts der weitreichenden technologischen und militärischen Bedeutung der Siliziumchips hat Trumps Regierung nicht erst seit heute eine Strategie zur Stärkung des heimischen Halbleitersektors verfolgt (wie bei so vielen anderen Schlüsselindustrien auch). Diese Bemühungen scheinen nun zumindest erste Ergebnisse zu zeigen. In einem kürzlich erschienenen Bericht des Wall Street Journal hieß es, dass TSMC eine neue, moderne Fertigungsanlage in Arizona in Erwägung ziehen würde, die bereits 2023 die Produktion aufnehmen könnte, nachdem man ja seit Jahren bereits ein US-Werk betreibt (nicht sonderlich erfolgreich).

Nur mal zur Erinnerung: TSMC stand und steht unter zunehmendem amerikanischen Druck, seine Anlagen entweder in die USA oder in einen anderen neutralen Staat zu verlagern, der inmitten der wachsenden Spannungen mit China nicht im chinesischen Einflussgebiet liegt. TSMC scheint jetzt zumindest ein Stück weit nachgegeben zu haben, wobei die von der Trump-Administration garantierten üppigen Subventionen sicher einer der eher angenehmen Gründe für diesen Sinneswandel gewesen sein dürften.  Was man nicht mit logischen Argumenten erreicht, kauft man sich eben ein und wenn es mit geliehenem Geld ist.

Obwohl der Halbleiterindustrie ein hoher strategischer Wert beigemessen wird und diese Strategie bereits seit längerer Zeit betrieben wird, hat die Siliziumproduktionskapazität der USA in letzter Zeit gar kein nennenswertes Wachstum erfahren. Gegenwärtig machen die Produktionsstätten auf US-Gebiet nur 13 Prozent der weltweiten Produktionskapazität für Halbleiter aus, also etwas mehr als das, was man mit reichlich 12 Prozent direkt für China berechnet hat. Inwieweit sich Trumps Ehrgeiz auszahlen wird, es überhaupt genügen Fachkräfte für so einen Wirtschafts-Stunt geben wird und wie sich das Ganze nach den nächsten Wahlen unter Umständen noch ändern wird, bleibt eh abzuwarten.

Die Umkehrung der Globalisierung in Teilbereichen der Wirtschaft kann nicht schlagartig erfolgen, dafür sind die ganzen Lieferketten viel zu verwoben und breit verteilt. Und die USA unter Trump werden aufpassen müssen, um am Ende nicht wieder mal als Verlierer dazustehen. Professionelle Schauspieler und Laiendarsteller gab es in der Wirtschaftspolitik schon genug, das haben nicht nur Hitler, Ulbricht und Reagan erfahren müssen. Es bleibt also spannend, wie so oft.

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About the author

Igor Wallossek

Chefredakteur und Namensgeber von igor'sLAB als inhaltlichem Nachfolger von Tom's Hardware Deutschland, deren Lizenz im Juni 2019 zurückgegeben wurde, um den qualitativen Ansprüchen der Webinhalte und Herausforderungen der neuen Medien wie z.B. YouTube mit einem eigenen Kanal besser gerecht werden zu können.

Computer-Nerd seit 1983, Audio-Freak seit 1979 und seit über 50 Jahren so ziemlich offen für alles, was einen Stecker oder einen Akku hat.

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