Im Prinzip hat Nvidia, so die ganzen Informationen wirklich stimmen, mit dem Lösungsansatz einer möglichst kurzen Referenzplatine, die es einem Luftkühler elegant ermöglicht, dass die Lüfter auf einem größeren Bereich frei durchblasen können ohne dass die Luft nur auf der Platine landet und dann nach unten in Richtung Motherboard oder nach oben zur Seitenwand gedrückt wird, keinen schlechten Ansatz gewählt. Wäre da nicht die extrem hohe Abwärmeentwicklung auf engstem Raum, wobei die gesamte, in Wärme umgesetzte Energie von wohl bis zu 320 Watt ja schnell und effizient abgeführt werden muss.
Auch das mag noch funktionieren, wird allerdings schon recht sportlich, wenn man einmal die Wärmeverteilung auf der möglichen Referenzplatine betrachtet. Denn genau die ist alles andere als symmetrisch, wenn man, basierend auf den mittlerweile geleakten Informationen, Grundwissen und logischen Schlussfolgerungen, die richtigen Schlüsse daraus zieht. Auch wenn die GPU mit den ca. 230 Watt Maximum noch relativ mittig sitzt, der Rest gruppiert sich etwas arg kopflastig, wie die folgende, natürlich sehr stark vereinfachte Grafik zeigt:
Der Großteil des Speichers auf der Vorderseite entfällt mit einem Anteil ca. 20 Watt von den bis zu 30 Watt ebenfalls auf die obere Platinenhälfte. Dazu kommen bis zu 4 Spannungswandler für den Speicher und wohl auch die ganzen Blöcke von NVDD, also die Versorgungsspannung für die CUDA Cores und natürlich mindestens die halbe GPU. Der Rest der GPU, die deutlich geringere Last für MSVDD, die restlichen Speichermodule sowie einige Teilspannungen entfallen dann auf die untere Hälfte der Platine.
So weit, so schief. Luftkühler können die GPU-Abwärme natürlich direkt abgreifen, aber spätestens beim Speicher wird es kritisch. Der sitzt nämlich auf Grund der garantiert kürzeren Signalwege sehr nah an der GPU. Normalerweise wird hier mit Pads direkt zum Heatsink gearbeitet bzw. man nutzt den Montagerahmen, der den Heatsink noch umschließt. Andere Konstrukte, wie z.B. am PCB verschraubte Kühlframes ohne direkten Bezug zum Hauptkühler scheiden hier schon aus Platzgründen wohl komplett aus.
Dazu kommen die sehr nah liegenden Spannungswandlerbereiche links und rechts der GPU. Hier führen zudem ja auch die Versorgungsleitungen in der Multilayer-Platine von den Wandlern direkt unter den beiden vertikal liegenden Speicherblöcken aus jeweils 4 Modulen zur GPU entlang. Das dürften insgesamt auch noch einmal ca. 10 Watt sein, die nicht direkt vom Kühler aufgenommen und direkt gekühlt werden können. Jetzt könnte man zwar die auf dem Weg liegenden Bauelemente wie Spulen und Kondensatoren auch noch aktiv kühlen, schafft damit aber weitere Probleme.
Bei den Spulen muss man aufpassen dass sie nicht zu kühl werden, weil sie dann mehr schnarren und fiepen, bei den Kondensatoren klappt das Ganze ja nur bei SMD-Ausführungen. Becher sind so nicht sinnvoll kühlbar. Da aber Nvidia mit großer Sicherheit auf sehr gute Power Stages setzen wird, die alle Elemente eines Spannungswandlers fast komplett in einem Package vereinen, wird es hier noch sehr kleine und doch heiße Flächen geben, die man aktiv kühlen muss. Ich kalkuliere da mit bis zu 18 Watt für die obere Hälfte der Platine, der Rest landen unten. Auch dadurch wird die Platine natürlich gut aufgeheizt.
Glaubt man den Gerüchten und kolportierten Episoden aus dem Kreis der Zulieferer, dann hat z.B. AVC als einer der potentiellen Kühlerhersteller für die Founders Edition über größere Schwierigkeiten bei der technischen Umsetzung geklagt. Auch so mancher Boardpartner dürfte mittlerweile einige graue Haare mehr auf dem Kopf tragen, falls noch welche übrig waren. Doch man sieht sich eigentlich überall auf gutem Wege, wohl auch deshalb, weil Nvidia sicher recht ordentlich pusht, um die Termine in der ersten Septemberhälfte zu halten.
Wasserkühlungshersteller werden zudem ihre liebe Freude am aktuellen Referenzdesign haben, denn eigentlich bräuchte man auch einen Kanal auf der Oberseite, wo eigentlich fast schon traditionell das Terminal sitzt. Viel Platz für exotische Wasserführungen bleibt allerdings nicht mehr, denn es ist Gedränge auf kleinstem Raum. Man darf also jetzt schon gespannt sein, welcher Hersteller sich den Anforderungen am besten gestellt hat, denn eine Zweitverwertung bestehender Kühler scheidet dieses Mal ganz klar aus. Da muss man noch nicht einmal ein Prophet sein.
Zur Erinnerung auch noch einmal die von mir bereits veröffentlichte Schätzung der Abwärme:
Estimated Power Consumption / Losses |
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Total Graphics Power TGP | 350 Watts |
24 GB GDDR6X Memory (approx. 2.5 Watts per Module) | -60 Watts |
MOSFET, Inductor, Caps NVDD / MSVDD (GPU Voltages) | -26 Watts |
MOSFET, Inductor, Caps FBVDDQ (Framebuffer Voltage) | -6 Watts |
MOSFET, Inductor, Caps PEXVDD (PCIExpress Voltage) | -2 Watts |
Other Voltages, Input Section (AUX) | -4 Watts |
Fans, Other Power | -7 Watts |
PCB Losses | -15 Watts |
GPU Power | approx. 230 Watts |
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