Die drei großen G, also Gezappel, Gehoppel und Gestammel, haben auf meinem YouTube-Kanal absolutes Sendeverbot. Auch wenn ab und an mal ein kleiner Versprecher aufblitzt, geschnitten wird trotzdem nur themen- und inhaltsbezogen, aber nie im unfertigen Satz. Nach nicht einmal fünf Monaten ist der Kanal trotzdem über die Zehntausender-Marke geklettert, was für YouTube-Verhältnisse zwar noch nicht viel, aber für die Kürze der Zeit durchaus bemerkenswert ist, denn es zeigt auch, dass man nicht nur mit debilen Schnittgewittern und überbordenden Überblendungs- und Jingle-Orgien erfolgreich sein kann.
Den Kanal hatte ich ja bereits 2010 angelegt, ihn jedoch nur sporadisch als Ablage zum Einbetten von diversen Videoschnippseln in den Artikeln genutzt, bis ich im Ende Februar / Anfang März dieses Jahres dann darüber nachgedacht habe, wie unser Informationsangebot zukunftsfähiger gemacht werden könnte und was noch fehlt. Dass aus einem eher launig begonnenen Testlauf mal ein echter Kanal werden würde, das hatte ich damals so gar nicht auf dem Radar. Mittlerweile sind es pro Monat im Schnitt um die 10.000 Stunden View-Time geworden, immerhin.
Eine Volksweisheit lautet: Wer schreit, hat Unrecht oder ist YouTuber. Den Gegenbeweis zu Letzterem hatte ich mir Ende Februar vorgenommen und siehe da: geht doch! Der Dank geht natürlich an die Community, die mir faktisch einen Startbonus mit auf den Weg gegeben hat, aber eben auch an meine Familie, die meine aus der Doppelbelastung resultierenden Launen mit bemerkenswerter Ruhe ertragen hat. Mittlerweile hat sich alles wieder eingepegelt, auch der Adrenalinspiegel. Und den brauche ich ja noch
Dabei ist die Lernkurve durchaus sichtbar, sogar für mich selbst. Und manchmal schämt man sich fast schon für die ersten holprigen Video-Geh- und Stehversuche mit Wackelkamera und improvisierenten Mikro. Aber auch das gehört zur Geschichte mit dazu und ich werden definitiv auch nichts im Nachhinein entfernen. Diese Chronik der Selbstfindung ist ganz nett, wenn man das alles in Ruhe noch einmal Revue passieren lässt, denn es steckt enorm viel Zeit und Überwindung in diesem Prozess. Man muss sich ja faktisch erst einmal ans eigene Gesicht gewöhnen.
Ich gebe zu, dass ich das alles am Anfang etwas unterschätzt habe, aber was soll’s? Es ist jetzt wie es ist und man kann so ein digitales Kind ja auch nicht einfach an einer virtuellen Baby-Klappe wieder entsorgen. Da kommt dann noch die Verantwortung denen gegenüber hinzu, die da auf den Abo-Knopf gedrückt haben. Das muss man belohnen, auch wenn es nicht jeden Tag leicht fällt. Und wenn ich ganz ehrlich sein soll, ich habe mir bei diesem Video-Abenteuer ja auch was dabei gedacht.
Was ich da auf YouTube versuche, steht eigentlich komplett gegen den Trend des Lauten und Oberflächlichen und füllt damit trotzdem recht zielgerichtet eine gewissen Nische. Wärmeleitpaste versus Lipgloss und bunte Infrarot-Bilder gegen blaugefärbte Haare sozusagen. Und wenn ich schon Abo-mäßig nicht gegen all die quietschebunten und zappeligen Kermits anstinken kann, setze ich wenigstens auf Vernunft und Nachhaltigkeit. Denn auch die Konsumenten dieser kleinen umgefärbten Schreihälse werden zum Großteil mal erwachsen. Und genau auf diesen Moment warte ich 🙂
Ich sehe für mich auch eine Art Bildungsauftrag, denn man muss sich den neuen Medien stellen, so oder so. Print ist (noch) nicht tot, aber es werden nur wenige überleben, die klassischen Online-Portale werden ohne die direkte Einbindung der sozialen Netzwerke und der damit einhergehenden neuen Formate über kurz oder lang ebenfalls aussterben. Einfach deshalb, weil sie das gleiche Schicksal erleiden wird, wie z.B. das ZDF. Überlebenslangstrecke und aktive Sterbehilfe in einem.
Deshalb habe ich nicht nur diesen Kanal gepusht, sondern wir alle im Team verfolgen ein ziemlich klares Ziel. Das heißt auch, dass es in absehbarer Zeit noch (positive) Veränderungen geben wird. Sei es beim Aussehen und der Präsentation der Inhalte, oder bei noch viel grundlegenderen Dingen. Das wird bald ein Thema sein, aber alles zu seiner Zeit. Mit den uns zur Verfügung stehenden Ressourcen muss vieles sicher kontrollierter und geplanter ablaufen. Aber Hast ist immer der denkbar schlechteste Begleiter.
Die nächsten Wochen werde ich mich, hardwarebedingt, wohl mal ein klein wenig rarer machen (müssen), denn es werden die Super-Ryzen-Navi-Wochen mit Schnappatmung und Nachtarbeit. In diesem Sinne, man sieht und liest(!) sich…
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