Intel hatte ja bereits 2020 die Xe- (alias Gen12-Grafikarchitektur) angekündigt und Schritt für Schritt auch konkretisiert. Das Portfolio reicht hier vom integrierten Ultrabook-Chip über dedizierte Karten bis hin zu echten Workstation- und Server-Karten. Das, was ich Euch heute zeigen möchte, steht faktisch aktuell am oberen Ende der Grafik-Nahrungskette von Intel. Dabei setzt Intel für Arctic Sound auf Gen12P5 (Xe HP) ) statt Xe LP wie noch bei der DG1. Die kommenden DG2-Karten dürften hingegen schon eher Ponte Vecchio ähneln (Gen12P71, Xe HPC). Mit Ponte Vecchio gibt es nämlich noch eine eine Xe-HP-Version, die noch mehr Leistung als Arctic Sound bietet, bereits in 7 nm gefertigt werden, aus acht Tiles bestehen und für Supercomputer geeignet sein soll.
Das eigentlich Interessante an der ganzen Geschichte um Arctic Sound ist allerdings, dass man ja im Vorfeld über frei skalierbare Varianten geschrieben hatte und dies auch dementsprechend allgemein so kommuniziert wurde. Das bereits 2020 kolportierte Portfolio umfasste dabei gleich mehrere dedizierte Karten mit einer Leistungsaufnahme von 75 Watt (ohne zusätzliche, externe Spannungsversorgung) bis hin zu Modellen mit 500 Watt, die dann sogar per 48 Volt statt 12 Volt versorgt werden sollten. Erreichen wollte man diese flexible Abstufung durch Ausbaustufen mit einem, zwei oder vier Tiles, also zusammengekoppelten einzelnen Grafikprozessoren analog zu den Chiplets auf AMD Ryzen CPUs. Doch das, was Intel jetzt konkretisiert hat, beschränkt sich auf insgesamt nur zwei Modelle, wenn man den internen Unterlagen Glauben schenken darf und weicht auch sonst von der anfangs präsentierten Struktur etwas ab.
Wichtige Vorbemerkung
Um meine Quellen zu schützen, veröffentliche ich bewusst nicht die originalen Folien, sondern habe die, zugegebenermaßen etwas klein geratenen Original-Bilder, mittels AI hochskaliert und einige Details bewusst auch verfremdet. Die angegebenen technischen Daten gebe ich deshalb in Textform wieder, wenngleich sie natürlich 1:1 dem Original entsprechen. Man sollte sich auch nicht vom fehlenden PCIe-Slot der 2T-Karte irritieren lassen, hier hat Intel beim Renderbild ganz offensichtlich (bewusst) etwas weggelassen. Ein Grund mehr, die AI für das Upscaling zu bemühen. Die Bilder wurden im Übrigen mit auf meiner Workstation mit der Quadro A6000 und und Topaz rekonstruiert.
Arctic Sound – 1T und 2T
Dass Arctic Sound auf HBM 2E setzt, kann ich an dieser Stelle schon einmal bestätigen, zumal Samsung die Volumenproduktion von HBM 2E mittlerweile aufgenommen haben sollte. Im Gegensatz zu Ponte Vecchio, Intels erstem 7nm-Produkt, könnte Arctic Sound theoretisch zumindest bis zu vier Tiles aufweisen und damit einen recht großen Chip besitzen, während Ponte Vecchio auf bis zu 16 Tiles, als zwei Sets von jeweils acht Kacheln setzt, die mittels 3D-Foveros gestapelt werden. Doch das ist Zukunftsmusik (noch).
Betrachtet man sich jedoch die jetzt aufgeführten Varianten, dann scheint Intel entweder der Mut verlassen zu haben, oder die Chips waren so einfach nicht nicht komplett umsetzbar. Intel benennt ganze zwei Varianten, von denen die 1T ein klassisches Single-Slot-Design (SW) in voller Einbauhöhe (FH) aufweist. Die Nomenklatur bringt allerdings etwas Verwirrung ins Spiel, denn 1T steht ja eigentlich für 1 Tile. Oft ist man bisher fälschlich davon ausgegangen, dass Xe bis zu 128 Execution Units (EU) pro Tile unterbringt.
Doch das gilt nur für die Consumer-Chips, denn der hier ist definitiv größer. Hält man sich an den Namen und das 1T als Kennzeichnung für die Anzahl der Tiles, dann enthält 1 Tile (Chiplet) bei Intels Arctic Sound bis zu 512 EUs, was schon arg riesig ist. Legt man unabhängig davon das bekannte Schema für die Aufteilung von EU und Shader zugrunde, bedeutete dies 8 Shadereinheiten pro EU, also insgesamt 3072 Shader für die hier gezeigte 1T-Karte, denn man hat man bei dieser Karte nur 384 EUs statt 512 aktiviert.

Die kleinere der beiden Karten besitzt insgesamt 16 GB HBM 2E und eine Bandbreite von bis zu 716 GB/s. Interessant ist jetzt allerdings die angegebene TDP für die Karte, die bei 150 Watt liegt. Das ist insofern interessant, als dass ja 75 Watt pro Consumer-Tile mit je 128 EUs kolportiert wurden und man dann mit 225 Watt hätte rechnen können, wären es drei kleine Tiles gewesen. Dass es jetzt nur 150 Watt sind legt den Schluss nahe, dass hier geringere Taktraten gefahren werden (müssen) und ein maximaler Ausbau mit 512 EU so nicht umzusetzen war oder die Yield-Rate es einfach nicht hergibt. Oder meinetwegen sogar beides.
Als unterstütze numerische Formate gibt Intel für beide Karten FP32 und FP64 (non-systolic) sowie BF16/FP16, Int8 und Int4 an. Auch PCIe 4.0 ist als Schnittstelle für die Kommunikation mit der CPU, anderen ATS-Karten bzw. ATS-Nodes gesetzt, Videoausgänge gibt es hingegen keine.

Dass es beim Vollausbau noch etwas hakt, zeigt auch die Konfiguration der großen Karte im Duals-Slot-Design (DW), die Intel mit “480 x 2 Execution Units” angibt. Man setzt hier auf 2T, also 2 Tiles, wenn man der Logik folgt. Aber man nutzt auch hier nicht die volle Anzahl der verfügbaren 512 EUs pro Einheit. Statt der in der Summe dann theoretisch möglichen 512 EUs sind es in der Praxis nur 480 pro Einheit. Das ergibt aber immerhin noch 2x 3840 Shader bzw. in der Summe beider Tiles 7680. Der Speicherausbau wird mit 32 GB HBM 2E angegeben, also wohl auch 2x 16 GB, um ganz genau zu sein.
Die TDP gibt Intel mit nur 300 Watt an, was auf noch niedrigere Taktraten und erneut Probleme bei der Umsetzung schließen lässt. Was man hier auf einem Foto gut sehen kann, ist der 8-Pin EPS-Anschluss, wie ihn auch NVIDIA für die 300 Watt der Quadro A6000 nutzt und der durchaus locker reichen dürfte. Man erkennt auch, dass die Karte auf dem Bild in einem speziellen PCIe-Käfig montiert wurde und nicht direkt auf dem Motherboard steckt.
Und welche Schlüsse kann man nun daraus ziehen? Spekulationen sind natürlich immer so eine Sache, denn man muss auch fair bleiben und nichts absichtlich schlechtreden. Aber es hat mittlerweile wirklich den Anschein, als hätte Intel Arctic Sound, zumindest in seiner breiten Variabilität, bereits innerlich aufgegeben. Beide Karten schöpfen das volle Potential nicht aus und wirken wie ein nötig gewordener Kompromiss, nicht jedoch wie eine euphorisch geschwungene Speerspitze, die von einem neuen Selbstbewusstsein zeugt. Das hier ist ein eher bescheidenes Einlenken und die offensichtliche Erkenntnis, dass man wohl anfangs mehr wollte, als man dann in der Realität schaffen konnte. Denn die angekündigten 3T- oder 4T-Karten fehlen in der aktuellen Liste komplett.

Ob das alles dazu geeignet ist, Raja Koduris Position im Intel-Universum auch langfristig abzusichern und eine unzerbrechliche Männerfreundschaft mit Pat Gelsinger zu begründen, das darf mittlerweile zumindest mit einem dicken Fragezeichen versehen werden. Xe ist mit großen Vorschusslorbeeren gestartet und es wird wohl, zumindest in einigen Bereichen, sehr schwer werden, die eigenen Ansprüche dann auch vollumfänglich zu erfüllen und keine Bruchlandung hinzulegen. Mit Arctic Sound ist dies alles zumindest eher fraglich, sollten diese Informationen wirklich stimmen (wovon ich allerdings ausgehe).
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