Grafikkarten Testberichte VGA

EVGA GeForce GTX 1080 FTW mit Kühler-Mod und neuem BIOS im Test

Gründe für den Nachtest

Wir berichteten in unserem Pascal-Roundup: GeForce GTX 1070 und GeForce GTX 1080 im Vergleich sehr ausführlich über die EVGA GeForce GTX 1080 FTW und die von uns festgestellten Probleme ihrer Kühlung. Wir hatten EVGA bereits Anfang September über die ermittelten thermischen Problemzonen informiert und unsere Messdaten an den Hersteller weitergegeben. Mittlerweile hat EVGA reagiert und ist unseren Empfehlungen für eine Modifikation weitgehend gefolgt.

Auf seiner Webseite bietet EVGA mittlerweile einen sogenannten Thermal-Mod an, der aus einem optionalen, kostenfreien Satz Wärmeleitpads sowie einem passenden BIOS für die betroffenen Karten besteht – denn es trifft ja eine ganze Reihe von Modellen, die auf einen ähnlichen Kühler ohne aktive Kühlung der Spannungswandler-Komponenten setzen. Wer sich das Ganze nicht selbst zutraut, dem bietet EVGA übrigens auch einen Montageservice an, wie man der Homepage leicht entnehmen kann.

Nachdem die Pads seit dieser Woche nun auch in Europa erhältlich sind, wollen wir uns diesen Mod genau angesehen. Wir haben mit Absicht so lange gewartet, um auch mit den originalen Pads messen zu können, weil dies für eine faire und objektive Bewertung unabdingbar ist. Um zudem möglichst praxisnah zu bleiben, haben wir an den beiden heißesten Stellen unseres ersten Tests zwei Löcher in die Backplate gebohrt und auch die Pads darunter kreisförmig ausgespart, um mit unserer Infrarot-Kamera direkt auf der Platine messen zu können. Da es sich um dieselbe Karte wie aus dem ersten Test handelt, sind die Ergebnisse auch direkt vergleichbar.

Zusätzliches Memory-Gate oder nicht?

Verschiedene mittlerweile in in Foren aufgetauchte Bilder zeigen zudem, dass die werkseitig verwendeten Pads zwischen der Frontplatte und den Speichermodulen den vorhandenen Abstand nicht komplett ausfüllen sollen. Wir haben den Test mit mehreren EVGA GeForce GTX 1080 FTW nachgestellt bzw. haben dies weitere Nutzer tun lassen. In allen Fällen ergab sich jedoch das das folgende Bild, bei dem keinerlei Spalte sichtbar sind:

 

Das heißt für diese Fälle, dass die Pads erst einmal korrekt anlagen, jedoch auch bei uns keine sonderlich tiefen Eindruckspuren aufwiesen. Auf den im Internet aufgetauchten Bildern kleben die Pads zudem alle an der Frontplate und der Spalt befindet sich darunter zwischen dem Speicherbaustein und dem Pad. Dies wiederum ist durchaus bemerkenswert, denn um das Ganze richtig zu verstehen, sollte man auch wissen, wie so eine Grafikkarte hergestellt wird.

In der Manual Insertion Line werden die Pads nämlich fast ausschließlich zunächst auf die Speichermodule geklebt, die Frontplatte kommt erst später zusammen mit der Backplate auf die Karte. Klebt nun aber ein Pad auf der Plate, muss es vorher mindestens einmal einen festeren Kontakt gehabt haben! Löst man nämlich nach dem Entfernen der Backplate die zusätzlichen Schrauben der Frontplate, die von der Backplate zunächst verdeckt werden, hebt sich die Frontplate leicht schräg ab und es entstehen sehr ähnliche, eher schräge Spalte. Das gilt auch dann, wenn man die Backplate wieder angeschraubt, die wenigen zusätzlichen Schrauben jedoch bei der Montage schlichtweg vergessen hat.

Spalte könnten jedoch bei den GeForce GTX 1070 mit diesem Kühlertyp auftreten, wenn die GDDR5-Speichermodule einen Höhenunterschied zu den GDDRX5-Modulen aufweisen und/oder die DDR5-Samsung bzw. -Micron-Module auch noch unterschiedlich hoch ausfallen – Toleranzen gibt es immer. Und da die Pads auf den Speichermodulen so dünn wie möglich gehalten wurden, könnte (hier ist uns der Konjunktiv wichtig) es zu so einem Verhalten kommen. Da aber all diese Aspekte im Moment einen eher spekulativen Charakter hatten haben, möchten und können wir hier kein abschließendes Urteil fällen. Wir bleiben aber dran und werden ggf. weiter berichten.

Update vom 14.11.2016, 10:00 Uhr

EVGA hat uns soeben mitgeteilt, dass man auch die Memory-Pads um 0,2mm dicker machen wird, um wirklich 100% sicher zu sein. Dies betrifft sowohl die Pads, die bei dem angefordetrten Thermal-Mod mitgeliefert werden, als auch die Massenproduktion an sich, die nun geändert wird. Das BIOS wird in jedem Fall ab Werk nunmehr geflasht, jedoch hat uns EVGA auch zugesichert, dass man das alte, leisere BIOS weiterhin als Download optional anbieten wird. So hat man am Ende selbst die Wahl, wo die Präferenzen liegen.

Multi-Layer-Platinen und Haltbarkeitsempfehlungen

Wir haben bei unseren Messungen zwar verstärkt Augenmerk auf die Temperaturbelastung einzelner Bauelemente gelegt, das Platinenmaterial jedoch stets komplett ausgeblendet. Doch auch zu diesem Punkt muss man einige kritische Anmerkungen machen – vor allem dann, wenn es partiell dauerhaft über 100°C geht. Wir haben uns deshalb noch einmal beim R&D eines Grafikkartenherstellers schlau gemacht. Die Platine nutzt einen Glasfaserverbundwerkstoff, der ein Derivat des allgemeinhin als FR4 bezeichneten Materials mit Epoxydharzmatrix ist, jedoch so mit mineralischen Füllstoffen angereichert wurde, dass eine geringere thermische Ausdehung der Leiterplatte bei Erhitzung garantiert werden kann und man zudem auch RoHS-konform bleibt.

Nach dem Reflow-Löten (Beispiel)
Nach dem Reflow-Löten (Beispiel)

Dies wird in erster Linie genutzt, um bereits während des Produktionsprozesses erhöhte Sicherheit vor allem beim finalen Löten im Wellenlötbad zu garantieren. Da dies jedoch nur kurzzeitige Belastungen sind, steigt die Elastizität und damit die Ausdehnung des Harzgemisches nicht soweit an, dass auf den Platinen mögliche Abrisse an den innenliegenden Leiterbahnen oder sogar Delaminationen auftreten können.

Temperaturen beim Wellenlötbad
(Beispiel)
Temperaturen beim Wellenlötbad (Beispiel)

Allerdings wirkt sich diese Verbesserung des Materials für die Produktionsabläufe leider nicht auf die maximal zulässige Dauerbetriebstemperatur aus! Diese Dauerbetriebstemperatur hängt von der verwendeten Epoxydharzmatrix ab und sollte bei Platinen aus FR4 maximal empfohlene 95 bis 100° nicht überschreiten, damit ein Ausgasen/Austrocknen des Materials verhindert bzw. zumindest hinausgezögert wird. Die Folgen dieser irreversiblen Materialveränderungen sind ebenfalls Abrisse, Delaminierung und sogar Bending.

Der EVGA-Mod mit den Wärmeleitpads

EVGA bietet nunmehr einen recht einfach auch selbst durchzuführenden Mod an, der helfen soll, die auftretenden Hotspots ausreichend zu mildern. Da wir neugierig sind, welches Pad nun welchen Einfluss hat, werden wir die Tests in drei Schritten machen: Erst einmal nur mit dem Pad zwischen Platinenrückseite und Backplate, danach mit diesem Pad und einem weiteren Pad zwischen Frontplate und den Kühlfinnen des Kühlers sowie dies alles noch einmal zusammen mit dem BIOS-Flash.

Wir wollen nämlich auch die uns oft gestellte Frage beantworten, ob der BIOS-Flash mit den Nachteilen einer deutlich lauter agierenden Karte wirklich notwendig sein wird und ob man unter bestimmten Bedingungen vielleicht sogar darauf verzichten könnte.

EVGA liefert in einem Plastiktütchen ein größeres (Rückseite) und ein kleineres Wärmeleitpad (Vorderseite) und komplettiert das Ganze mit Original-EVGA-Wärmeleitpaste. Diese braucht man dann später, wenn es darum geht, den Kühler für den Mod an der Frontplate vorzubereiten. Die Backplate hingegen lässt sich sehr einfach entfernen. EVGA empfiehlt, das größere der beiden Pads wie unten abgebildet anzubringen. Allerdings liegt es auch an einigen Stellen auf einer Schutzfolie auf, mit der EVGA einen Großteil der Löcher in der Backplate verschlossen hat. Wir haben es im Originalzustand belassen, würden aber durchaus empfehlen, diese thermisch ungünstigen Abdeckungen besser zu entfernen, um noch mehr Kontaktfläche zu gewinnen und auch die Belüftung zu verbessern.

Anhand der dunkleren Fläche auf dem PCB sehen wir, wo das Pad während der Montage aufgelegen hat. Da dies großflächig sichtbar wird, kann man von einem sehr guten Kontakt des relativ klebefreudigen Pads ausgehen, das auch qualitativ zur besserenen Sorte gehört. Die Bauelementeanschlüsse haben zudem einige sichtbare Abdrücke im Pad hinterlassen.

Wir sehen, dass die Spannungswandlerbereiche komplett und der RAM zumindest teilweise abgedeckt werden. Wer das Ganze noch etwas optimieren möchte, setzt das Pad etwa zwei Zentimeter weiter rechts an (von der Platinenrückseite aus gesehen!) und schneidet oben und unten an den rechten Kanten rechteckige Aussparungen für die spätere Verschraubung, damit das Pad diese Löcher nicht überdeckt. Die Beklebung der Frontplate ist etwas tricky, denn EVGA empfielt nämlich explizit, auch die Langlochaussparung für die Spulen mit zu überdecken und somit eine geschlossene Fläche zu schaffen, die zudem auch hoch genug ausfällt, um mit den Kühlfinnen des Hauptkühlers ausreichend Kontakt herzustellen.

Die Aufnahme nach der erneuten Demontage zeigt uns die Abdrücke an den Stellen als mehr oder weniger deutlich erkennbare Streifen, wo dieser Kontakt stattgefunden hat. Hier wurde vor allem der Bereich der Spulen mitgekühlt, die Ihrerseits mit zu den heißesten Kandidaten der ersten Messungen gehörten. Damit sollte es dann auch möglich sein, die Wärmeverteilung auf der Platine in ihrer Ausbreitung in Richtung Speicher und GPU deutlich einzuschränken.

Wie gut dieses Vorhanden am Ende gelungen ist (oder auch nicht), das werden uns die Ergebnisse der Messungen auf der nächsten Seite zeigen.

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About the author

Igor Wallossek

Chefredakteur und Namensgeber von igor'sLAB als inhaltlichem Nachfolger von Tom's Hardware Deutschland, deren Lizenz im Juni 2019 zurückgegeben wurde, um den qualitativen Ansprüchen der Webinhalte und Herausforderungen der neuen Medien wie z.B. YouTube mit einem eigenen Kanal besser gerecht werden zu können.

Computer-Nerd seit 1983, Audio-Freak seit 1979 und seit über 50 Jahren so ziemlich offen für alles, was einen Stecker oder einen Akku hat.

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