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Alphacool Eisbär Pro an die Grenzen gebracht – ein AiO-Erlkönig im exklusiven Hands-On-Test

Zugegeben, das klingt etwas reißerisch, aber am Ende ist es das sogar. Gut, zumindest ein wenig. Aber welche All-in-One Kompaktwasserkühlung steckt auch eben mal so bis zu 400 Watt Abwärme (und sogar etwas darüber) weg? Natürlich ist das mit den Wattangaben so eine Sache, weil es auch vom verwendeten CPU-Modell und der daraus resultierenden Wärmestromdichte abhängt. Genau deshalb habe ich diesen Boliden auch einmal auf Plattformen getestet, die sowohl für ihre hohe Verlustleistung, als auch die hohe Wärmestromdichte bekannt sind. Alles, was sich dann darunter einsortiert, kann man dann beruhigt als Aufwärmübung verbuchen.

Doch kommen wir zurück zur Alphacool Eisbär Pro und dem Prototypen, der es mal wieder in mein eigenes Testlabor geschafft hat. Da ich hier bis hinauf zum echten Workstationbereich über alle gängigen Plattformen samt CPUs verfüge, stand eigentlich zunächst nur eine Art Validierung an, ob diese neue AiO dem Anspruch mit dem „Pro“ letztendlich auch in der harten Praxis überhaupt gerecht werden kann. Genau da wird auch der heutige Hands-On-Test ansetzen, denn es geht erst einmal um einem Proof des Konzepts. Der detaillierte Test folgt später mit dem fertigen Produkt und sicher auch nicht mit einem so extensiven Hardwareeinsatz.

Was man aber unbedingt voranstellen muss: es ist derzeit nur eines von zwei real existierenden Modellen, aber bereits mehr als nur ein PVT-Sample, an dem sich bis zum(baldigen) Start der Massenproduktion auch kaum noch etwas ändern dürfte und das bei meinen Tests so einige Gebrauchsspuren davongetragen hat. Kratzer und Wärmeleitpastenspuren sind also nicht im Lieferumfang mit inbegriffen, sondern zeigen sehr anschaulich, dass diese AiO bereits ein recht aufregendes Leben geführt haben muss. Die Winkel im Bild werden jedoch mit Sicherheit noch geraden Anschlüssen weichen, denn diese AiO ist ja eine Abwandlung aus dem Server-Portfolio von Alphacool und somit in der Einbauhöhe auf das 2U-Format beschränkt. Diese Limits hat man im PC nicht.

Das hier getestete Modell wurde bereits mit einem 360-mm-Radiator versehen und besitzt zudem bereits die neuen Schnellverbinder von Alphacool (die finale Consumer-Version wird jedoch aus Kompatibilitätsgründen auf die älteren Verbinder setzen). Im ersten Check machten diese Kunststoff-Verbinder einen durchaus brauchbaren Eindruck. Ein zehnmaliges Öffnen und Zusammenstecken gelang, ohne dass es zu Leckagen oder Undichtigkeiten kam. Allerdings wird man wohl ein bis zwei kleine Tränen der Kupplung beim Öffnen erst einmal einplanen müssen. Aber je schneller man den Stecker abzieht, umso weniger Tropfengefahr gibt es. Die TPV Gummi-Schläuche an der AiO sind ca. 40 cm lang und sollten relativ wenig Diffusionsverluste verursachen. Über Optik kann man ja bekanntlich lange streiten, über die Qualität solcher Schläuche allerdings nicht. Hier gibt es solide Servertechnik, die sich im Alltag bewährt hat.

Die Pumpe sitzt Eisbär-typisch im Pumpengehäuse, ist aber komplett neu konzipiert worden. Ich messe ca. 2600 U/min und habe letztendlich auf das Herunterregeln verzichtet, weil man eine ohnehin leise und fast unhörbare Pumpe nicht noch leiser bekommt, ohne dass die Funktionalität einbüßt. Hier muss man nichts regeln, das passte auch so. Die neuen Magnet-Lager tun, was sie sollen und der Durchfluss ist ausreichend. Ich habe bewusst auf einen Slim-Radiator gesetzt, weil er sich mit den passenden Lüftern noch am ehesten in ein PC-Konzept einfügt, das auf einen Kompromiss aus Kühlleistung und Geräuschemission setzen muss. Weitere Details wird es dann im Review des finalen Produktes geben.

Die Kühlfläche der AiO ist riesig und entspricht in etwa der des Alphacool XPX Pro CPU-Wasserblocks. Das Interessante ist, dass hier neben Intels Sockel C621 und dem SP3 (TR4) in der Endkundenversion auch ein AM4-Bracket beiliegen wird. Damit sind alle aktuellen Ryzen-CPUs und auch der kommende Ryzen 4000 locker mit abgedeckt. Die Kühlfläche überdeckt den IHS der Ryzen-CPUs deutlich, so dass sich alle Diskussionen über einen Versatz des Kühlers mittels irgendwelcher Adapter automatisch erledigt. Besser kann man dies sicher nicht abdecken. Der Vorteil der AiO mit diesem überdeckenden Kühler liegt im weiterhin zentrierten Anpressdruck, den man bei anderen, eher kosmetischen Adapterlösungen nämlich verliert. Dazu werde ich aber noch einen echten Test machen, wenn diese Brackets fertig sind.

 

Abwärme vs. Wärmestromdichte

Genau hier liegen ja meist die Einschränkungen beim Einsatz einer AiO-Kompaktwasserkühlung. Die Aussage, man könne mit einer Kühllösung 400 Watt und mehr beherrschen, ist nämlich komplett irreführend, wenn man die Wärmestromdichte außer Acht lässt. So lässt sich nämlich z.B. ein Threadripper 2990WX deutlich einfacher kühlen als ein Threadripper 3970X, dessen Chiplets bereits in 7 nm gefertigt werden und der deutlich kleinere Hotspots  besitzt, wo man die annährend gleiche Abwärme über eine deutlich geringere Fläche wesentlich schneller abführen muss.

Am einfachsten lassen sich noch die älteren Intel-CPUs mit ihrer großen Strukturbreite kühlen. So bleibt ein Intel Core i9-7980XE auch bei ca. 360 Watt Verlustleistung noch sicher unter 90 Grad, solange die Lüfter nicht allzu weit heruntergeregelt wurden (ca. 1200 U/min). Dreht man die Propeller voll auf, sind  auch einige Minuten mit 430 Watt und mehr möglich, bevor die CPU dann irgendwann throttelt. Genau deshalb habe ich alle im Folgenden aufgeführten Werte nach 60 Minuten fixiert, was für die Praxis völlig ausreichen dürfte. Zumal die Spannungswandler dann meist schneller schwächeln als diese AiO.

Beginnen wir mit einer eher leichten Aufwärmübung und einem Intel Xeon-W 3265, also dem 24-Kerner der aktuellen Generation. Da die CPU auf eine TDP von 205 Watt ausgelegt ist, langweilt sich die AiO regelrecht. Die 57 °C erreicht man nach ca. 48 Minuten bei einer fest eingestellten Lüfterdrehzahl von 1100 U/min. Das kann man so lassen und entspannt der Dinge harren, die da noch kommen.

Der Threadripper 3970X ist da schon ein anderes Kaliber, denn neben den vier 7-nm-Chiplets gelangen wir hier zum bereits angesprochen Problem mit der sehr hohen Wärmestromdichte, da die Erhitzung des IHS ausgesprochen punktuell erfolgt. Die Auflage des Kühlers auf der bisher (flächenmäßig) größten getesteten CPU ist völlig ausreichend, das Mounting-Kit zweckmäßig. Allerdings hätten die kleinen Überwurfmuttern etwas größer ausfallen dürfen, denn das manuelle Festziehen ist dadurch recht mühselig.

Per Default lassen sich aus dem 32-Kerner von AMD bereits locker 280 Watt herauskitzeln, die man auch recht elegant entsorgt bekommt. die 66 °C sind ein guter Wert der bereits nach ca. 30 Minuten erreicht wird. Auch damit kann man noch locker leben, zumal andere AiO mit Adapter hier bereits in Bereiche vorstoßen, wo die CPU bei permanenten Volllast ins Throtteln kommt.

Und wo lag dann das Ende der Fahnenstange? Hier holt uns die Wärmestromdichte allerdings ein, trotz voller Lüfterdrehzahl von ca. 2000 U/min. Während auch der alte Threadripper noch bis zu 400 Watt und mehr auch ohne Throttling kühlbar war, ist beim 3970X ab ca. 360 Watt nach wiederum 32 Minuten die Grenze erreicht.  Er trottelt zwar nur sporadisch, aber 90 °C sind jetzt nichts, was man wirklich bei Dauerlast über Stunden hin bräuchte. Allerdings ist hier die CPU auch schon bereits bei 4,3 GHz Allcore angekommen. Brachial, was dann 32 Kerne immer noch leisten!

Das erste Fazit ist überwiegend positiv, denn es ist ja auch noch kein finales Sample. Und im Gegensatz zur Server- und Workstation-Variante darf natürlich auch aRGB nicht fehlen. Die Kühlleistung ist für eine AiO enorm und für alle Besitzer eines Ryzen 3000 eine gute Nachricht, denn die 200 Watt-Grenze lässt sich nun auch mit einem Ryzen 9 3900X oder 3950X bedenkenlos in Richtung Nordpol verschieben. Nomen est Omen.

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About the author

Igor Wallossek

Chefredakteur und Namensgeber von igor'sLAB als inhaltlichem Nachfolger von Tom's Hardware Deutschland, deren Lizenz im Juni 2019 zurückgegeben wurde, um den qualitativen Ansprüchen der Webinhalte und Herausforderungen der neuen Medien wie z.B. YouTube mit einem eigenen Kanal besser gerecht werden zu können.

Computer-Nerd seit 1983, Audio-Freak seit 1979 und seit über 50 Jahren so ziemlich offen für alles, was einen Stecker oder einen Akku hat.

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