Netzteile News

Wie ein Quasi-Monopol ab 2021 die Netzteilpreise nach oben treibt – Nichtssagende Zertifikate für ungetestete Netzteile inklusive | Investigativ

Wer kennt ihn nicht, denn tollen 80-Plus-Aufdruck auf den meisten Netzteilen? Dieses Label suggeriert eine bestimmte Effizienz und trägt nicht unwesentlich zur Imagebildung bei. 80 Plus Platinum? Das MUSS ja einfach gut sein. Oder vielleicht doch nicht so wirklich? Ein mir heute zugespieltes Dokument zeigt, wie die Gelddruckmaschine 80plus.org so tickt, dass die meisten beim OEM gefertigten und zertifizierten Netzteile eigentlich ungetestete Mogelpackungen sind und wie hoch die Kosten liegen, wenn man überhaupt so ein begehrtes Label fürs Marketing verwenden möchte.

Alternativen? Die gibt es durchaus, nur muss die Industrie einfach erst einmal umdenken und nicht einfach immer und immer wieder willenlos die Mehrkosten auf den Kunden umlegen, nur weil die Marketingabteilung die farbigen Label so hipp findet. Denn eigentlich zahlt man viel Geld für nichts, Sonys Hi-Res Audio lässt liebevoll grüßen.  Doch immer schön der Reihe nach, denn man muss zwei Dinge trennen, die echten Hersteller bzw. OEMs und die Brands, die beim OEM fertige Plattformen einkaufen, ggf. noch ändern lassen und dann unter eigenem Namen verkaufen („re-branding“).

Die Kosten für die erste Anmeldung als Firma, egal ob als echter Hersteller oder nur als Brand mit OEM-Ware ist mit 5.000 USD fast noch harmlos, Ein „echter“ Hersteller hat es danach noch relativ einfach, auch wenn hier die Zertifizierungskosten ebenfalls immens angestiegen sind. Firmen wie CWT (Channel Well) fertigen für die Brands wie z.B. Deepcool oder Corsair und andere die finalen Produkte, die erst einmal auf einer OEM-eigenen Plattform basieren, die man als OEM zertifizieren lässt. Dafür senden diese Hersteller auch zwei Exemplare ein, die dann von 80 Plus auch entsprechend getestet werden. Die Preise betragen nunmehr statt 2.000 USD unverschämte 6.000 USD, steigen also auf 300 %!

Jetzt aber kommen die Brands ins Spiel, die bei den OEMs einkaufen. Für jedes einzelne Netzteil-Modell muss, nach Zahlung der einmaligen Registrierungsgebühr von 5.000 USD als zukünftiger Lizenznehmer, eine Summe von 3.500 USD (ehemals nur 1000 USD) gezahlt werden (350 %). Lässt eine Firma wie Deepcool z.B. 550, 650, 750, 850, 1000 und 1200 Watt Modelle einer Netzteilreihe für z.B. 80 Plus Gold zertifizieren, dann werden ab Januar auf einen Schlag 21.000 USD fällig (bzw. 26.000 USD für einen neuen Lizenznehmer), ohne dass bis zu diesem Punkt überhaupt ein einziges Netzteil verkauft wurde.

Darüber hinaus verwendet der OEM-Kunde nur das Label der Plattform für sein eigenes, meist noch individualisiertes Produkt („re-brand“). Diese zertifizierten Modelle werden jedoch NICHT noch einmal mit allen erfolgten Modifikationen getestet, sondern bekommen das Label quasi für die Gene der bereits getesteten Plattform. So können im Nachhinein auch andere Komponenten oder Kabel verbaut werden, die die Effizienz deutlich drücken können, aber eben auch deutlich günstiger sind. Ob das final gekaufte und umgelabelte OEM-Produkt dann überhaupt noch die Norm erfüllt, spielt hier gar keine Rolle mehr und es interessiert 80 Plus auch nicht. Hauptsache, die Gebühren werden pünktlich und vorab überwiesen.

Hier habe ich das mir zugespielte Dokument noch einmal als Kopie aufgelistet, die die Preissteigerungen belegen und man kann echt nur über die Gebühren staunen.

Kommen wir nun zu den Alternativen. Sicher, das 80 Plus Label ist bekannt und man impliziert automatisch eine gewisse Qualität eines gekauften Produktes. Wir haben aber gelernt, dass genau dieser Eindruck komplett falsch liegt, wenn modifizierte und „re-brandete“ Netzteile eines OEM im Handel auftauchen, die nie auf die ausgelobten Eigenschaften hin getestet wurden. Im Unterschied dazu gibt es Projekte und Firmen wie z.B.  Cybenetics, die deutlich bessere und praxisnähere Zertifikate zu deutlich besseren Konditionen anbieten, von der Effizienz bis hin zur Geräuschemission und die diese Art des ungetesteten Re-Brandings komplett ablehnen.

Genau hier sollten die Firmen und Kunden aktiv werden, denn mal abgesehen von der ohnehin schon angespannten Liefersituation, wird diese Verdreifachung der Lizensierungs-Gebühren mit Sicherheit an den Endkunden durchgereicht. Dann wird das, was aktuell schon knapp und teuer ist, noch einmal teurer. Und daran kann nun wirklich niemand interessiert sein, außer natürlich 80 Plus. Nichts gegen Marktwirtschaft, aber dieses Monopol gehört endlich abgeschafft. Transparenz runter und Kosten hoch? Nein danke!

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About the author

Igor Wallossek

Chefredakteur und Namensgeber von igor'sLAB als inhaltlichem Nachfolger von Tom's Hardware Deutschland, deren Lizenz im Juni 2019 zurückgegeben wurde, um den qualitativen Ansprüchen der Webinhalte und Herausforderungen der neuen Medien wie z.B. YouTube mit einem eigenen Kanal besser gerecht werden zu können.

Computer-Nerd seit 1983, Audio-Freak seit 1979 und seit über 50 Jahren so ziemlich offen für alles, was einen Stecker oder einen Akku hat.

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