In einem kleinen Land hinter den sieben Bier-Meeren und sieben Bockwurst-Gebirgen war die Aufregung mal wieder groß. Das iPhone 15 (Pro Max) war mit viel brachialem Tamtam in einem nett gemachten Live-Stream angekündigt worden und die Mitglieder der illustren Apple-Sekte konnten es kaum erwarten, endlich ihre Hände darauf zu wärmen, da das Gas so teuer geworden war und der böse russische Winter vor der Tür steht. Die Werbung versprach, dass dieses iPhone nicht nur Hände wärmen und Kaffee kochen, sondern auch die Zukunft voraussagen könne. Ein absolutes Must-Have für alle digitalen Lemminge, zu denen leider auch ich gehöre!
Unser MediaMarkt (im Bundle mit Saturn natürlich gleich doppelt so fies), als einer der größten Elektronikmärkte im deutschen Refugium des dunklen Internets, war natürlich der erste, der das iPhone 15 Pro Max zum Verkauf anbot. Und das Beste daran? Sie versprachen sogar einen festen Liefertermin, gleich zum Erscheinungszeitpunkt! Die Menschen Lemminge standen natürlich brav virtuell Schlange, um ihre Vorbestellungen aufzugeben und der MediaMarkt presste frohlockend die hart erarbeiteten Taler der Lemminge als Vorkasse ab, um seinen Cash-Flow aufzuhübschen. Und während der Apple Store nur die Kreditkarten prüft und erst beim Versand abbucht, schlug der MediaMarkt natürlich wie immer sofort zu. Und was aus der Ferne nur wie ein herbstliches Gewitter klang, waren in Wahrheit die Sektkorken in der Geschäftsetage, wo man sich die Witwe Clicquot in Strömen in und über den Körper kippte. Man ist ja wieder flüssig…
Mit vielen anderen Opfern war ich einer der ersten, die das iPhone 15 Pro Max gutgläubig beim MediaMarkt vorbestellten, als der Shop endlich freigeschaltet wurde. Ich träumte schon davon, wie ich mit meinem neuen iPhone Kaffee kochen und die Lottozahlen für die nächste Woche vorhersagen würde. Warme Hände natürlich inklusive. Denn in der wunderbaren Welt des Online-Shoppings gibt es eine magische Tradition, die “Vorbestellung” genannt wird. Es ist ein bisschen wie ein Zaubertrick: Du gibst dein Geld her, in der Hoffnung, dass du als einer der Ersten das neueste, glänzendste und oft völlig unnötige Gadget oder Produkt erhältst. Es ist ein bisschen wie eine Wette auf die Zukunft, die Du ja mit dem Teil dann ja auch sehen kannst. Aber wie bei jedem guten Zaubertrick gibt es auch einen Haken, diesmal in der Form des Geschäftsmodells dieses Marktes.
Es beginnt nämlich nun das Warten. Tage werden mit Sicherheit zu Wochen. Wochen werden dann vielleicht sogar zu Monaten. Die Vorfreude verwandelt sich in Ungeduld. Du überprüfst deine E-Mails obsessiv, in der Hoffnung auf eine Versandbestätigung. Aber alles, was du bekommst, sind Werbe-E-Mails für andere Produkte, die du natürlich auch vorbestellen kannst. Und kurz vor der versprochenen Lieferung kommt dann eine Rund-Mail an alle dummen Lemminge, dass sich das alles nebulös verzögern wird. Feste Termine? Was interessiert die ihr digitales Geschwätz von gestern? Völlig überbewertet, genauso wie die Rechtschreibung, mit der dieses Pamphlet anscheinend die Aufmerksamkeitsspanne der gefoppten Lemminge testen sollte. Natürlich wird man geduzt, das ist gerade richtig hipp. Geht’s noch?
In der Welt des Online-Shoppings ist nicht alles so, wie es scheint. Und manchmal ist es besser, zu warten, bis ein Produkt tatsächlich verfügbar ist, bevor man sein hart verdientes Geld dafür ausgibt. Aber dann wäre man natürlich kein waschechter Lemming. Ich hatte das neueste iPhone bewusst mit und auch wegen der Terminangabe für die Lieferung vorbestellt, angelockt von glänzenden Werbeanzeigen und dem Versprechen, dass dieses Modell endlich (nun aber wirklich, wirklich, wirklich!) das Beste aller Zeiten sei. Das Geld wurde prompt abgebucht, und nun wartet man gespannt auf das Klingeln des Postboten. Aber die Stunden und Tage vergehen, und es gibt keine Spur vom glänzenden neuen Spielzeug im Titan-Dress. Schließlich wird dir irgendwann klar: Du wurdest mal wieder reingelegt. Dein Geld ist weg, und das Produkt, das du so sehnlichst erwartet hast, ist nirgends in Sicht. Du fühlst dich betrogen, enttäuscht und natürlich auch ein bisschen dumm. Aber man kann es auch so sehen: Man hat eine wertvolle Lektion gelernt (die wievielte eigentlich?).
Doch da gibt es ja noch die Hotline, man wird ja wohl mal fragen dürfen. Wie schon bei der sagenumwobenen Vorbestellung, gibt es bei der MediaMarkt-Hotline diese tolle Magie in der faszinierenden Welt der Kundenservice-Hotlines. Eine Magie, die so einzigartig ist, dass sie nur von den wahren Meistern des “Kunden-zuletzt-wir zuerst”-Prinzips beherrscht wird. Ich spreche natürlich von der legendären “Wir-haben-Ihr-Geld-aber-nicht-Ihr-Produkt” Hotline. Stellt Euch vor, ihr ruft an, weil das bestellte Smartphone zur Fata Morgana mutiert. Nachdem man dann 45 Minuten lang die wunderbare Warteschleifenmusik genossen haben (die immer wieder dasselbe Lied spielt, das man danach garantiert nie wieder hören will), hat man dann endlich das Glück, mit einem echten Menschen zu sprechen! Aber nicht irgendeinem Menschen. Nein, man bekommt das Privileg, mit einem waschechten Experten der “Tarnung und Täuschung” zu sprechen.
“Ah, das iPhone 15 Pro Max?”, sagt der Mitarbeiter mit einem Tonfall, der klingt, als hätte ich gerade nach einem Einhorn gefragt. “Ja, es gibt da ein klitzekleines, nicht vorhersehbares Lieferproblemchen. Aber keine Sorge, es wird bald bei Ihnen sein! Wir tun wie immer unser Bestes.” Und was wird dann nach einer Woche? Sicher immer noch kein iPhone. Ok, dann ruft man eben noch einmal an. “Oh, es scheint, dass Ihr iPhone gerade auf den Bermudas Urlaub macht”, scherzt der Mitarbeiter. “Aber es wird bald zurück sein und direkt in dreieckigen Shorts zu Ihnen kommen!”
Beim dritten Anruf wird einem dann sicher mitgeteilt, dass das bestellte iPhone gerade eine spirituelle Reise im Himalaya unternimmt, um sich selbst zu finden. Aber keine Sorge, es wird bald dermaßen mit 15000 nits erleuchtet, dass es sich dann mit Lichtgeschwindigkeit dem Kunden endlich freiwillig ausliefert. Ja, also mal im Ernst, diese “iPhone-Nicht-Lieferbar-Hotline” ist wirklich ein verbal-akrobatisches, verdummendes Meisterwerk moderner Wegelagerei. Sie kombiniert vermeintlich kreative Ausreden mit einem unerschütterlichen Optimismus, der einen fast vergessen lässt, dass man eigentlich ein teures Produkt gekauft haben, das nirgends in Sicht ist. Aber man hat zumindest mal wieder Gesprächsstoff für Bekannte und netten Content für die Webseite oder Social Media.
Die Aufregung in Deutschland verwandelte sich in Frustration, denn es stellte sich heraus, dass das iPhone 15 Pro Max überhaupt nicht lieferbar war! MediaMarkt hatte Tausende von Vorbestellungen mit falschen Versprechungen angenommen, das Geld grinsend kassiert, aber kein einziges iPhone geliefert. Ja wie auch, denn wo nichts ist, geht auch nichts! Da rotteten sich dann die schreibfähigen Lemminge wutentbrannt zusammen und bombten den Online-Shop mit gar garstigen Kommentaren zu und verschafften dem iPhone 15 eine feine 1-Sterne.-Bewertung. Zumindest so lange, bis die bezahlten Löschzwerge aufschlugen, öfters mal nass durchwischten und der MediaMarkt die hauseigene Troll-Fabrik anwarf und sich selbst lobte. Wenn man ein gutes Beispiel sucht, wie Händler die Bewertungen manipulieren – hier wäre mal eines. Aus über 40 negativen Bewertungen wurden wie von Wunderhand wieder nur 12 und dann kamen die ganzen 5-Sterne-Posts. Es ist ein Trauerspiel.
Und ich? Ich trinke jetzt weiterhin meinen handgebrühten Kaffee, kaue Popcorn und spiele Lotto mit den alten Zahlen. Denn manchmal ist das Alte doch besser als das Neue. Vor allem, wenn das Neue gar nicht existiert. Apple wer? Es lebe der Lemming!
Und als kleine Nachbemerkung sei mir gestattet: Der ganze Verein lebt online in tiefster (auch geistiger) Umnachtung. Dass es zu Verzögerungen kommen kann, das weiß ich selbst. Aber wer wirklich so dummdreist und wider besseren Wissens Liefertermine setzt und auch so kommuniziert, muss sich leider daran messen lassen. Auch am ganzen Prozedere danach, denn das ist noch viel frecher. Beim Liefertermin steht sehr deutlich zu lesen BIS 22.09.2023. Sonst hätte ich es, wie Tausende andere auch, nicht dort, sondern woanders bestellt. Und da sollten die Wettbewerber endlich mal tätig werden und sich wehren, nicht nur die betrogenen Kunden.
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