Grundlagenartikel theoretische Betrachung beim Verwenden von Wärmeleitpaste auf Wasser- und Luft-Kühlern

S.nase

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Ich stell den Kühler immer erstmal ohne WLP und Montagerahmen auf die CPU, um überhaupt erstmal feststellen zu können, ob die Kontaktflächen zwischen CPU und Kühler nicht unötig gewölbt ist(kippelt).

In einer perfekten Welt, bräuchte es garkeine WLP, weil Kühler und CPU atomgenau aufeinander liegen. Das ist in der Praxis aber unmöglich, weil es halt immer Bearbeitungsspuren und Herstellungsungenauigkeiten gibt.

Da man nicht weis, wo die Ungenauigkeiten zwischen CPU und Kühler genau sind, muß man die komplette CPU Fläche "blasenfrei" mit WLP beschichten. Bei der Montage soll es die WLP an allen Stellen mit direkten Kontakt fast vollständig verdrängen, und nur noch die "Hohlstellen" ausfüllen.

Je näher sich CPU und Kühler kommen, desto geringer wird die Schichtdicke der WLP, und desto geringer wird aber auch der Querschnitt, durch den sich die noch vorhandene WLP nach aussen verdrängen lässt. Hohe Anpresskräfte allein reichen irgendwann nicht mehr aus, um auch letzte Mengen an WLP nach aussen zu verdrängen, damit die Wärmekontaktflächen tatsächlich aufeinander aufsetzen. Gerade auch bei großen Wärmekontaktflächen die von Hause aus sehr exakt aufeinander passen, konnte ich das schon öfter beobachten.

Wenn ich aber die Wärmekontaktflächen nun etwas gegeneinander hin und her verdrehe/bewege, braucht es nur noch sehr wenig Anpresskräfte, damit die Wärmekontaktflächen tatsächlich komplett aufeinander aufsetzen. Funktioniert letztendlich genau nach den gleichen Prinzip, wie beim Demontieren eines Kühlers. Da bewegt man ja den Kühler auch etwas hin und her, um die Haftkräfte in dem CPU-WLP-Kühler Sandwich leichter zu überwinden.

Leider finde man in den Kühleranleitungen nur selten die Anweisung, den fertig montierten Kühler noch einmal etwas zu lockern, um ihn vor dem endgültigen Festschrauben auf der CPU nochmals etwas zu bewegen(hin und her verdrehen). Das ist mMn auch der Hauptgrund, warum viele "Anfänger" mit viel zu hohen Schichtdicken ihre Wärmeleitpaste unterwegs sind.
 
Kann ich gerne machen.

Hast du ne Idee für einen sinnvollen Testaufbau? Wie hoch sind die typischen Anpresskräfte auf einer CPU oder GPU?
 
Die Frage, wie hoch die Anpresskräfte eines Kühler auf einer CPU sind, hat mich nicht los gelassen. Die Ausrüstung, die Kräfte mit einem Drucksensor direkt auf einer CPU zu messen, habe ich nicht. Also bleibt nur der indirekte Weg, über die Kompressiosrate der Druckfedern der Kühlerhaltung. Also hab ich mir eine der vier Federn eines CPU-Kühlers genommen, und soviel Gewicht(Hantel) drauf gelegt, bis sie auf die gleiche Länge wie bei montierten Kühler zusammengestaucht wird.

Ich habe mit etwa 3Kg pro Feder gerechnet, also zusammen 12Kg.

Am Ende habe ich aber mindestens 5Kg gebraucht, um eine der Federn auf die gleiche Länge wie auf dem montiertem Kühler zu komprimieren. Als Vergleich habe ich noch einen anderen CPU-Kühler hier liegen, aber noch keine passende Halterung für am4/5 Sockel da. Diese Ergebnis liefere ich noch nach.

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Die Halterung eines "EK Quantum Velocity" CPU-WasserKühler, erzeugt gut 20Kg(4x 5Kg) Anpressdruck auf die CPU.
 
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Meine Versuche mit Wärmeleitpaste, und dessen Verteilung auf planen und konvexen Kontaktoberflächen.


Ermitteln der festen VergleichsVariabeln:
(ist zwar nervig, ist aber für vergleichbare Ergebnisse nötig)


Die Federschrauben meines Luftkühlers(Asrock rx6800xt phantom Gaming) haben ne 5.5mm hohe progressive Feder, und sind im montierten Zustand auf 3.6mm zusammen gestaucht. Um die Feder von 5.5mm auf 3.6mm zusammen zu stauchen, ist ein Gewicht von 3.35Kg nötig. Die vier Federschrauben erzeugen zusammen also einen Anpressdruck von 13.4Kg zwischen LuftKüher und GPU- Oberfläche. Diese 13.4Kg Anpresskraft habe ich bei allen folgenden Versuchen mit einer Hantel erzeugt.

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Um einen Blick auf die Verteilung der Wärmeleitpaste im montierten Zustand werfen zu können, hab ich eine Stück 5mm dicke Fensterscheibe verwendet. Diese Fensterscheibe ist von Hause aus sehr plan, und auch stabil genug, um sich auch bei 13.4Kg Anpressdruck nicht zu verformen.

Beim Auftragen der Wärmeleitpaste hat sich ein zentraler Klecks in der Mitte einer quadratischen Kontaktfläche bewehrt. Auf einer rechteckigen Kontaktfläche ist ne zentrale Wurst oder Kleckse in einer
Reihe am sinnvollsten. Angezogen haben ich die Federschrauben immer möglichst gleichmäßig über Kreuz, damit sich die Kontaktflächen möglichst parallel aufeinander absenken.

Ziel bei allen Versuchen ist es, ne möglichst geringe Schichtdicke der Wärmeleitpaste zwischen den beiden Kontaktflächen zu erreichen, ohne das Lufteinschlüsse zurückbleiben.

Als Wärmeleitpaste habe ich bei meinen ersten Versuchen ne Tube billige SilikonWärmeleitpaste(weiße Pampe) verwendet. Zum einen weil sie schön weiß ist, und zum anderen weil sie sehr gute Fließeigenschaften hat. Somit lässt sie sich, ohne unnötig hoher Reibung, relativ gut zwischen den Kontaktflächen verdrängen. Und das Verteilungsbild der Wärmeleitpaste ist auch durch die Fensterscheibe gut zu erkennen(kontrastreich). Vor dem Auftragen hab ich die Tube jedes mal gut durchgeknetet, damit sich die SilikonÖle möglichst homogen in der Wärmeleitpaste verteilen. Um zu vermeiden, das irgendwelche "Krümel" auf die Kontaktflächen gelangen, hab ich vor jedem Auftrag den ersten Klecks von der Aplikatortülle(Tube) abgewischt, und die beiden Kontaktflächen mit 2-Propanol gründlich gereinigt.

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Um die Biegekräfte der vier Federschrauben, die auf die GrafikkartenLeiterplatte wirken, möglichst realistisch nach zu bilden, habe ich Schrauben mit hohem Schraubenköpfen in die MontageLöcher des Kühlers gesteckt, so das die Schraubenköpfe aus der Back
plate heraus ragen.
 
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Bei der leicht konvexen GPU-Oberfläche braucht es nur relativ wenig Anpressdruck(6Kg), um die Wärmleitpaste ausreichend zu verdrängen, damit die GPU-Oberfläche an der Scheibe im Zentrum aufsetzt. Auch wenn 13.4Kg Anpresskräfte anliegen, oder ich die GPU zusätzlich auf 70° erwärme, ändert sich nix am Abdruckbild in der Wärmeleitpaste.

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Im Zentrum wird die Wärmeleitpaste nahezu vollständig verdrängt, so das nur noch ein dünner Film zwischen der konvexen GPU-Oberfläche und der planen Scheibe übrig bleibt. Je weiter man sich von Zentrum entfernt, desto größer wird die Schichtdicke der Wärmeleitpaste. Letztendlich ist also im Zentrum ein optimaler Wärmekontakt vorhanden, und nach außen hin wird er schnell deutlich schlechter. Interessant wird es sein, wie sich dickflüssigere Wärmeleitpaste verteilt, oder auch das Abdruckbild von Wärmekontaktfolien ausschaut.


Bei zwei planen Kontaktoberfläche (bzw. parallen Oberflächen) verteilt sich die Wärmeleitpaste ganz anders. Selbst mit 20Kg Anpressdruck ist es praktisch unmöglich, sehr geringe Schichtdicken an Wärmeleitpaste zwischen den beiden parallelen Kontaktoberflächen zu erreichen, selbst wenn ich die Menge an Wärmeleitpaste sehr reduziere.
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Hier mal ne Arctic MX4 Wärmeleitpaste. Sie scheint deutlich größere Partikel zu beinhalten, wodurch sie sich im konvexen Zentrum garnicht verdrängen lässt. Das merkt man auch, wenn man die Fensterscheibe von der GPU wieder abhebt. Die "Haftkräfte" der MX4 sind deutlich geringer, als die Haftkräfte der weiße Pampe. Man muss deutlich größere Mengen an MX4 verwenden, um überhaupt spübrbare Haftkraft entstehen zu lassen. Somit dürfen die Schichtdicken der MX4 auf der GPU um Welten größer sein als mit der billigend Pampe.

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So ne Paste macht sich vielleicht beim Überbrücken von größeren Spalten noch ganz gut(gesägter Strangkühlkörper). Auf einem nackten Silizium Chip, wo es auf möglichst geringe Schichtdicken ankommt, werder ich die MX4 aber nicht mehr verwenden.
 
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Falls du noch angefangene Wärmeleitpasten benötigst, ich kann auch noch was beisteuern und aussortieren.
 
Apex, Kyronaut und Subzero hab ich zum testen schon hier. Wenn du noch andere Wärmeleitpasten Sample über hast, sende mir gern ne PM.
 
Alphacool Subzero schaut schon deutlich besser aus, als die MX4. Die Subzero wird zwar nicht ganz so optimal wie die weiße SilikonPampe verdrängt. Aber die geringe Schichtdicke über dem zentralen Buckel der GPU ist deutlich zu erkennen(Abdruck/Schatten in der Paste). Die geringe Schichtdicken ist mMn schon mal die Vorraussetzung für guten Wärmekontakt. Eine Paste mit sehr guten Wärmeleitwerten bringt ja nicht viel, wenn sie gleichzeitig zu hohe Schichtdicken auf der GPU ausbildet.


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Nach einigen weiteren Pasten hat sich bei meinem Versuchsaufbau ein Problem gezeigt, was vermutlich auch schon bei den ersten Pasten einen Einfluss auf das Ergebnis gehabt haben kann.

Wenn ich das gut 13Kg schwere Gewicht(Hantel) auf die Fensterscheibe stelle, kann es passieren, das ich das schwere Gewicht zu schnell absetze. Dabei entstehen kurzeitig sehr viel höhere Anpresskräfte, die sogar dafür sorgen können, das die Wärmeleitpaste förmlich "verbrennt", oder sich zumindestens die Bindung in der Paste verändert. Dabei können sich z.B. braune Rückstände der Paste(hier Kyronaut) fest mit der SiliziumOberfläche verbacken, die man auch nicht mehr so einfach vom Silizium wieder komplett runterkratzen kann. Manchmal "trocknet" die Paste(z.B. Apex) auch einfach nur auf der hochbelasteten Stelle aus(wird pulverförmig).

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Solange ich keine Methode gefunden habe, die 13Kg langsam und kontrolliert auf der Fensterscheibe absetzen zu können, bringt der Versuchsaufbau keine sinnvollen Ergebnisse.
 
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Ne 2Tonnen Handhebelpresse hab ich ja. Aber wie ich damit einen definierten Anpressdruck von 13Kg über längeren Zeitraum erzeugen kann, hab ich noch nicht so richtig herrausgefunden.

Man könnte ja auch einfach die originalen Federschrauben des Kühlers für den Anpressdruck nutzen, wenn man sich einen passenden MontageRahmen bastelt. Muß ja nur die Fensterscheibe inkl. "Sichtglas" drunter passen. Dazu war ich aber erstmal zu faul, und hab einfach ne 13kG Hantel drauf gestellt. Das hat auch den Vorteil, das die Hantel auf jeder GPU funktioniert, egal welches Lochraster auf der Grafikkarte vorhanden ist.

Nebenbei kann man mit der frei drehenden FensterScheibe/Hantel Version, den Buckel auf der GPU SiliziumOberfläche sogar ohne viel Aufwand nachschleifen. Dabei sollte man es aber mit dem Schleifen nicht übertreiben, damit das zentrale Plateau auf dem Buckel nicht zu groß wird. Weil sich die Wärmeleitpaste auf einer zu großen planen Fläche nicht mehr gut verdrängen lässt(Schichtdicke wird zu groß).

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Mehr als doppelt so groß wie auf dem Foto, sollte das Plateau nicht werden, damit die Kühlgrundplatte auch mit Wärmeleitpaste dazwischen noch zentral auf der SiliziumOberfläche aufsetzen kann(siehe #6)
 
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Kann Flüssigmetall in das Silizium eindringen, wenn ich die aufgedampfte Schutzbeschichtung auf der GPU Oberfläche abschleife? Und kann das Flüssigmetall dann zu Beschädigungen in der GPU führen?
 
Kann ich mir nicht vorstellen.
 
Wenn ich es richtig verstanden habe, amalgameiert das Flüssigmetall mit den Silizium(ein Halbmetall) nicht.

Nur das blanke Kupfer vermischt sich mit der Zeit mit dem Flüssigmetall, und dieses Amalgam härtert dann aus. Sollte das passieren, kann ich dann die Kupferkühler nicht einfach auf z.B. 100° erwärmen, um ihn einfacher von der SiliziumOberfläche wieder abnehmen zu können?
 
Das kann ich leider nicht beantworten, dazu fehlt mir die Praxis.

Ganz blödes Beispiel, ein Sandstein der in Öl Eingelegt wird, kann höchstens äußerlich gereinigt werden.
 
Mit Flüssigmetall hab ich auch ich nicht viel Erfahrung gesammelt. Daher ja auch meine vorsorglichen Fragen dazu..

Das Planschleifen um Rückstande zu entfernen ist ja kein Problem, wenn man den Chip von Kühler erstmal getrennt bekommen hat. Und selbst wenn das Flüssigmetall etwas in das Kupfer eingedrungen ist, und aus der Kupferoberfläche des Kühlers eine oberflächliche Legierung gewordenen ist, sollte das vom Wärmeleitwert kaum einen Unterschied machen.
 
Hatte schon LM auf Kupfer, das Kupfer verfärbt sich und Teile der LM werden klumpig.
Die Rückstände kann man gut mit etwas Polierwatte (Neverdull in meinem Fall) vom Kupfer wegpolieren.
Das Kupfer bleibt aber verfärbt.
Auf dem Silizium musste nichts poliert werden, die Klumpen haften am Kupfer.
 
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