Die uneingeschränkte Langlebigkeitsaussage stand meines Wissens nach nur für den Sockel/Plattform [...]
Grundsätzlich stimme ich dir bzgl. der wirtschaftlichen Aspekte zu, nur bleibt die im Raum stehende Aussage für AMD dennoch problematisch, denn eine versuchte Differenzierung der selbigen im konsumententauglichen Kontext dürfte wohl eher irrelevant sein, denn eine spitzfindige Unterscheidung zwischen: "Ja, der Sockel ist weiterhin der gleiche" und "Es werden dennoch komplett neue Boards benötigt, weil man/wir die CPUs nicht für Alt-Chipsätze freigibt/ben" ist dann schon etwas anderes und zweifelsfrei nicht das, was der gängige Konsument unter "Langlebigkeit" bzw. langer Unterstützung versteht.
Wenn man genau hinschaut, wird man vermutlich(?) noch nicht einmal eine einzelne, vollumfängliche Aussage zu dem Thema seitens AMD finden, sondern nur hier und da vereinzelte Bruchstücke wie:
"Mark Papermaster, AMD’s chief technology officer, confirmed the four-year lifespan [Zen-Architecture/Platform] in a conversation here at CES 2017 in Las Vegas, though he declined to discuss specifics."
oder bspw. von AMD's James Prior:
"We plan for AM4 to be around a long time. Future generations of processors will be delivered into the socket at many price points."
die sich nach und nach verdichteten zu derart typischen Pressezitate wie:
"No matter which motherboard you choose, it should last you a nice long time. Unlike Intel, which tends to change chipsets every other CPU generation, AMD’s planning to support the AM4 platform through 2020 at the very least."
oder
"According to AMD, the Socket AM4 interface will carry it through 2020. By then, technologies like DDR5 and fourth-gen PCIe should be prevalent, paving the way for newer platforms."
Wenn man jetzt noch bedenkt, wie schnell und zeitnah AMD (wie auch fast jede andere Firma) mit Gegendarstellungen an die Medien und Öffentlichkeit herantritt, fällt doch sehrwohl auf, dass AMD es hier explizit vermieden hat, die Darstellung zu präzisieren oder gar klarzustellen, dass die Aussagen (bzw. Annahmen) in der Form nicht zutreffend sind. (Und offensichtlich haben es sehr viele in der allgemein zitierten Art verstanden, denn die vermeintliche "Langlebigkeit" wurde in den Medien viel und regelmäßig zitiert und muss bspw. in Foren alle Nase lang als schlagendes Argument herhalten.)
Ein ähnliches Problem beobachtete man übrigens auch bei Threadripper. Anfang 2018 machten hier offizielle AMD-Slides die Runde, die u. a. Matisse in 2019 und Vermeer in 2020 auf AM4 zeigten und auch Castle Peak (2019) und einen weiteren NextGen-TR in 2020 auf TR4. Anfang 2019 nahm AMD dann Threadripper kommentarlos aus der allgemeinen Roadmap (März und Mai) heraus und Mitte 2019 kamen erste Gerüchte zu einem neuen Sockel auf, zu denen sich AMD weiterhin nicht äußerte. Selbst noch im Oktober 2019 wurde von einem neuen Sockel SP3r3 spekuliert von dem man weiterhin nicht wusste, ob die neuen TRs auch abwärtkompatibel sein würden, bis dann sTR4 offiziell bestätigt und als inkompatibel erklärt wurde. "TRX40" kursierte schon etwa ein bis zwei Monate früher gerüchteweise, jedoch war die Kompatibilitätsfrage ungeklärt und auch hier kann man dem Ganzen durchaus ein gewisses Kalkül unterstellen, ebenso wie der Tatsache, dass man Threadripper für eine gewisse Zeit aus der "Schusslinie" nahm, vielleicht auch, um mit der inkompatiblen Umstellung nicht den Zen2-Launch zu belasten. (Hinzu kam noch, dass AMD schon längst wusste, dass auch viele Naples-Anwender auf Upgrade-Probleme stoßen würden.)
Das Problem ist nicht, dass sie "alte Zöpfe" abschneiden, selbst wenn es, wie in diesem konkreten Beispiel, nahezu ausschließlich dem Umsatz dient, denn technische Neuerungen (bspw. I/O) sind in der Generation kaum der Rede wert. Das Problem ist, wie sie es machen und das war ein rein hausgemachtes Problem und entsprechend ist es auch durchaus legitim, wenn sich hier der ein oder andere AMD-Anwender enttäuscht zeigt ob der Einschränkung, vor allem mit Blick auf die diskutierte "Zusage".
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