Irgendwo zwischen Maschinenbauromantik und KI-Weltrettungsphantasie schraubt ein Unternehmen aus dem Ländle an der Zukunft der Informationsverarbeitung. Q.ANT, ein Spin-Off des schwäbischen Trumpf-Konzerns, hat eine Karte gezogen, die man auf dem globalen Halbleitermarkt kaum erwartet hätte: Photonische Chips – nicht auf PowerPoint, sondern als echte PCIe-Karten mit Rechenleistung, die sich gewaschen hat. Nicht in Watt, sondern in Wellenlänge.
Licht statt Strom: Von der Vision zur Hardware
Was nach Laser-Show und Forschungsdemo klingt, ist in Wahrheit ein potenzieller Affront gegen das, was Nvidia, AMD und Intel als moderne Rechenleistung verkaufen. Während die Großen ihre Silizium-Monster mit noch mehr Layern und Lüftern aufblasen, gehen die Schwaben einen anderen Weg: Licht führt die Rechnung – verlustarm, passiv gekühlt, und so effizient, dass man sich fragt, warum das niemand früher ernst genommen hat. Der Star der Show? Eine Native Processing Unit, sprich ein optischer Co-Prozessor, der im Tandem mit klassischen CPUs/GPU-Systemen arbeitet. Die Recheneinheit selbst basiert auf Lithium-Niobat-Wellenleitern – ein Material, das bislang vor allem aus der Telekommunikation bekannt war. Jetzt also als Rechenwerk für Fourier-Transformationen, Faltungskerne und sogar KI-Inferenz. Nicht emuliert, nicht simuliert – real gerechnet. Mit Licht. Und das Ganze läuft auf umgerüsteten 200-mm-Linien in Stuttgart. Kein TSMC, kein ASML-Goldstaub, kein 3-nm-Zirkus. Einfach gutes, altes Equipment, klug aufgerüstet.
Pragmatismus schlägt Milliarden: Die Fabrik als Statement
Man kann über Subventionen meckern, oder man macht’s wie Q.ANT. 14 Millionen Euro Invest, einige smarte Retrofittings – und schon läuft eine Pilotlinie, die pro Jahr 1000 Wafer mit photonischer Logik produziert. Eine Art Anti-Intel-Strategie: Keine Milliarden für Wüstenfabriken, keine diplomatische Bücklingshaltung gegenüber Asien – sondern lokale Kompetenz, umgebaut mit technischer Eleganz. In Zeiten, in denen „strategische Autonomie“ auf EU-Kaffeekränzchen propagiert wird, zeigt Q.ANT, dass man auch mit überschaubarem Budget High-Tech in Europa halten kann. Kein Hype, kein Buzzword-Sprech – nur gute Arbeit.
Rechnen mit Photonen: Märchen oder Mathematik?
Laut Q.ANT spart die Technologie bis zu 90 % Energie gegenüber klassischen AI-Beschleunigern – bei 40–50 % weniger Operationen pro Zyklus, da die Lichtlogik bestimmte Transformationen nativ in einem Schritt erledigt. FFT? Kein Problem. Aktivierung? Optisch. Convolutions? Direkt in der Wellenleiterstruktur. Das alles klingt zu gut, um wahr zu sein – und ja, man darf skeptisch bleiben. Denn die wahre Kunst liegt nicht im Chip, sondern in der Umgebung: Compiler, Toolchains, Treiber, Debugger. Alles muss neu, alles muss kompatibel. Nvidia hat hier ein Ökosystem aufgebaut, das nahezu monopolistisch funktioniert – da will Q.ANT mit Licht durch die Wand. Elegant, aber auch ein bisschen kamikaze.

HPC als Entry-Drug
Aber: Der Markt für High Performance Computing ist im Umbruch. Energieverbrauch und Kühlleistung wachsen schneller als der Nutzen. Rechenzentren suchen verzweifelt nach Lösungen, die nicht mit dem Stromnetz kollidieren. Genau hier positioniert sich Q.ANT als stille Revolution: Photonisch beschleunigte KI-Inferenz, kombiniert mit klassischer Infrastruktur. Ein Prototyp des Native Processing Servers lief auf der ISC 2025 – mit eindrucksvollen Demos. Die Analysten von Hyperion Research sprechen bereits von „technologischer Neuausrichtung der HPC-Ökonomie“. Wenn das keine Kampfansage ist.
Geopolitik trifft Physik
Europa jammert gerne über Tech-Abhängigkeit – Q.ANT macht. Keine Staatsmilliarden, keine großen Ankündigungen – einfach ein funktionierender Proof of Concept, mitten in Baden-Württemberg. Und das, während Intel in Magdeburg über Zementpreiserhöhungen diskutiert und TSMC Europa wie einen lästigen Nebenmarkt behandelt. Q.ANTs Strategie ist dabei kein Startup-Roulette, sondern gezielte Machtdemonstration: „Wir ersetzen gezielt einzelne Werkzeuge im Fab-Flow – minimale Umrüstkosten, maximale Wirkung“, so CEO Michael Förtsch. Das ist kein disruptiver Slogan – das ist baden-württembergischer Realismus mit Laser.
Zwischen Vision und Vorsicht
Der Markt ist brutal. Nvidia dominiert nicht nur technologisch, sondern auch psychologisch. Entwickler, Infrastruktur, Software – alles ist auf CUDA getrimmt. Selbst AMD tut sich schwer, in dieser Enklave Fuß zu fassen. Und dann kommt Q.ANT mit einem System, das sich wie Quantenmagie liest. Doch unterschätzen sollte man sie nicht. Die Technik ist da, der Use Case vorhanden, das politische Momentum günstig. Und die Fähigkeit, mit wenig viel zu erreichen, war schon immer eine deutsche Tugend – wenn man sie lässt.
Source: Q.ANT
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