Und nun setzen wir einmal genau dort an, wo es manchmal auch schon weh tut: beim Hörtest. Wer meine üblichen Messkurven vermisst, den kann ich beruhigen, es ist alles im grünen Bereich. Die Wiedergabe teste ich absichtlich OHNE Subwoofer, den ich in einem folgenden Review noch einmal genauer unter die Lupe nehmen werden. Die beiden Boxen müssen sich also allein helfen und ich habe auch den Hochpassfilter wieder auf die werksmäßigen 10 Hz zurückgesetzt, um möglichst fair zu bleiben. Damit sinkt zwar die Pegelfestigkeit bei sehr basslastigen Stücken ein ganz klein wenig, aber das Gebotene ist selbst dann noch so brachial, dass man sich verwundert die Augen reibt und fragt, wie diese Kompaktboxen es eigentlich schaffen, so ein fettes Fundament zu produzieren.
Basswiedergabe
Den Tiefstbass in der Subkontraoktave (16,4 Hz bis 32,7 Hz) testen mit einer Aufnahme von Bachs Toccata und Fuge D-Moll (19 und 25 Hz) sowie der Festival-Ouvertüre 1812 von Tschaikowsky (10 Hz und 12,5 Hz). Das gleiche gilt auch für die unteren Bereiche der Kontraoktave (32,7 bis 65,4 Hz). Die große Basstrommel (Kick Drum), die in der U-Musik ein gern gesehener Begleiter und meist auf ca. 55 bis 60 Hz abgestimmt ist, wird diese Beurteilung dann abrunden.
Die nuPro X-3000 RC spielen sogar noch bis in die Subkontraoktave, allerdings muss man unterhalb von ca. 35 Hz schon genauer hinhören. Das kann das Paar nuPro X-4000 RC sogar noch etwas besser, tiefer und auch kraftvoller. Die Kontraoktave ist hingegen bei beiden Modellen voll da und es ist tief, rabenschwarz und dabei trotzdem noch so knackig, wie frisch gezupfter Salat. Da wummert und wimmert nichts, das ist einfach nur da und tief wie der Bodensee. Die beiden X-4000 RC sind allerdings etwas souveräner, da auch deutlich pegelfester. Man merkt hier die etwas höhere Nennleistung durchaus.
Der Oberbass bis 150 Hz, in dem auch die Große Oktave (65,4 bis 130,8 Hz) liegt, beherbergt die Sprachgrundfrequenz der männlichen Stimme und entscheidet sehr stark über die naturgetreue Wiedergabe männlicher Vocals.
Dieser Bereich klingt auf beiden Modellen sehr ähnlich und bleibt dabei absolut sauber und man wird auch nicht von Fettaugen im Oberbass begleitet, die meist Volumen vortäuschen sollen. Die männlichen Vocals werden ausreichend satt, allerdings dabei noch erstaunlich staubtrocken wiedergegeben, die Instrumente werden absolut nicht verfälscht. Das hat schon fast etwas Analytisches und kann für die kuschelige Kamin-Szene nach getaner Arbeit gern noch etwas angehoben werden. Insgesamt liegt die Auflösung weit über dem Durchschnitt und lässt Orchesterstücke, Rock, Pop und Jazz aller Couleur in jeder Situation exzellent performen. Der Aufstellort sollte jedoch überlegt gewählt werden, wenn man lästige Moden umgehen möchte, aber das liegt dann nicht an den Boxen.
Mitteltonbereich
Die unteren Mitten (auch Grundtonbereich) liegen bei ca. 150 bis 400 Hz. Zusammen mit dem bereits erwähnten Oberbass spielt dieser Bereich eine sehr wichtige Rolle für die subjektiv empfundene Wärme bzw. Fülle des Klangbildes. Die Sprachgrundfrequenz weiblicher Stimmen ist in diesem Bereich zu finden.
Auch hier gibt es kein Grund zur Kritik, im Gegenteil, die beiden Modelle sind fast schon zu ehrlich und legen gnadenlos jede Schwäche der Einspieler offen. Es schrammelt und knödelt nichts, alles bleibt staubtrocken wie bisher gehabt. Weibliche Vocals können geradezu brillieren und kommen klar auf den Punkt. Die Klangfarbe der Stimmen und eingespielten Instrumente ist fast schon zu neutral, aber nie kalt oder zu analytisch. Der weitere Verlauf nach oben hin ist ebenfalls frei von jeglicher Kritik. Die Präzision ist wirklich überdurchschnittlich und macht das System zum guten Allrounder für Arbeit und Bespaßung in gleichem Maße. Hier merkt man eigentlich kaum einen Unterschied, wobei mir subjektiv die beiden X-4000 RC etwas wärmer erscheinen. Doch das kann auch täuschen, denn es sind nur Nuancen.
Die oberen Mitten zwischen 400 Hz bis etwa zwei KHz beinhalten bei einem KHz eine Marke, die immer noch als Referenz für viele Messungen gilt. Das merkt man leider auch oft bei günstigeren Geräten, da die Hersteller oft versuchen, gerade diese Frequenz etwas überzubetonen. Auch beim Gaming spielt dieser Bereich keine unbedeutende Rolle und eine ausgewogene Wiedergabe trägt nicht unwesentlich zu einer guten räumlichen Auflösung bei.
Für beide Boxenpaare gilt: Die Bühne und die subjektiv empfundene Qualität der räumlichen Auflösung ist auch hier auf einem sehr hohen, dem Preis absolut angemessenen Niveau. Ein großes Orchester wirkt (rein subjektiv betrachtet) in der Breite sehr weit, in der Tiefe sehr gut gestaffelt und in der Summe auch exakt genug aufgestellt, was es sehr einfach macht, einzelne Instrumente bei den unterschiedlichsten Gesamtpegeln sehr klar und eindeutig zu lokalisieren. Die Sprachwiedergabe erfährt in diesem Bereich ebenfalls keinerlei Einbußen, egal wie viele Quellen gemischt wurden. Die Eignung auf dem Desktop wird durch die sehr gute räumliche Abbildung in Spielen mit vorzüglichem Audiomaterial noch unterstrichen, doch auch in der Tiefe des Raumes kommt man mit den Boxen bestens klar. Der Sweet-Spot ist erfreulich weit gefächert.
Einen Unterschied kann ich, aber nur sehr selten und in sehr wenigen Szenarien, in der Abstimmung der aktiven Weiche wahrnehmen, die vom Charakter her etwas anders geprägt zu sein scheint. Entweder ist der Übergang bei den X-4000 RC breiter gewählt worden, oder aber der Hochtöner setzt dort bereits etwas eher ein. Das aber ist eine rein subjektive Empfindung, einen Mangel sehe ich dort nicht. Im Gegenteil, der Übergang zwischen beiden Chassis scheint noch etwas besser zu gelingen.
Hochtonbereich
Zwischen zwei bis etwa 3,5 KHz ist das menschliche Gehör am empfindlichsten, zumal dieser Bereich der unteren Höhen für die gute Oberton-Wiedergabe der menschlichen Stimme zuständig ist. Dieser Frequenzbereich ist nämlich entscheidend für die Wiedererkennung einer Stimme oder eines Instrumentes; man spricht in diesem Zusammenhang auch von der jeweiligen Klangfarbe.
Die Wiedergabe ist bei beiden Modellen fast identisch, grandios offen, neutral und setzt nahtlos auf den sehr gut modellierten Mitten auf. Die Sprachverständlichkeit sowie die Qualität der Vocals bei der Wiedererkennung kann definitiv überzeugen, sogar im Nahfeld beim Schnitt. Gut auch, dass die beiden aktiven Frequenzweichen jeweils so abgestimmt wurden, dass es weder hier noch im weiteren Frequenzverlauf zu hörbaren Überbetonungen oder irgendwelchen Pegelabfällen kommt. Der Übergang zwischen den beiden Chassis ist, wie bereits beschrieben, angenehm fließend und vor allem eines: nicht bzw. nur kaum wahrnehmbar.
Allerdings kommt den Lautsprechern vor allem bei den etwas kleineren X-3000 RC beim Übergang ein klein wenig die eigene Kompaktheit in die Quere, wenn man es mit dem Pegel übertreibt (was sehr einfach gelingt, weil extreme Reserven vorhanden sind) und man mit den Ohren direkt an den Boxen klebt. Ich hätte mir bei beiden Modellen gewünscht, dass die Kalotten ein klein wenig höher sitzen würden, damit es nicht zu Intermodulationsprodukten kommt, wenn man seine Lauscher im Nahfeld nah am Monitor ausrichtet und der Pegel weit über dem Normalen liegt. Aber mal Hand aufs Herz, das macht ja eh kaum jemand.
Die mittleren Höhen (3,5 bis sechs KHz) entscheiden über das Ge- oder Misslingen der Sprachwiedergabe als Gesamtbild, denn die S- und Zischlaute (Sibilanten) fallen in diesen Bereich. Die oberen Höhen reichen dann bis ca. zehn KHz, um in den Superhochton überzugehen.
Hoch- und Superhochton werden in beiden Fällen sehr gut abgeliefert, auch wenn die Boxen sehr agil werden, vor allem je höher es geht. Sibilanten und Atemgeräusche werden jedoch gut und nicht übertrieben abgebildet, damit kann man sehr gut leben. Es klingt auch nie zu spitz oder gar metallisch, sondern es bleibt immer sehr natürlich. Saiteninstrumente werden, komplett pegelunabhängig, ebenfalls nicht nach vorn oder weggespült, sondern sitzen genau dort, wo sie hingehören. Das verdient fast noch mehr Respekt, als der Bass aus dem Unterbau. Kammermusik oder großes Orchester im Finale Furioso, egal – das passt wie angegossen.
Zusammenfassung und Fazit
Die Teile machen beide süchtig und sind deshalb hochgradig toxisch für den heimischen Finanzminister. Doch Warenströme wollen fließen und mal Hand aufs Herz: hochwertige Klangmöbel stehen gerade jetzt besonders hoch im Kurs. Sei es drum, man kann auch mal dem Verlangen nachgeben. Womit wir bei der eingangs aufgeworfenen Frage angekommen wären, welches Boxenpaar für wen die bessere Wahl ist. Und genau hier sind die Grenzen eher fließend, auch wenn die nuPro X-4000 RC noch etwas tiefer, druckvoller und vor allem auch pegelfester spielen. Rechnen wir mal gegen:
Vernunft auf kleinem Raum: die nuPro X-3000 RC
Es werden 675 Euro pro Box beim Nubert-Direktvertrieb fällig. Da wäre man in der Summe dann bei zusammen 1350 Euro brutto für das Stereo-Komplett-Paket. Wer hier den ganz tiefen Bass mitspielen lassen lassen möchte, sollte dann aber besser noch über einen passenden Subwoofer zur Entlastung nachdenken. Der nuSub XW-700 für 495 Euro sollte reichen, der nuSub XW-900 für 665 Euro wäre dann über alle Zweifel erhaben und darüber hinaus muss man gar nicht mehr suchen. Das reicht völlig.
Trotzdem sind die nuPro X-3000 RC für kleinere Räume eigentlich die bessere Wahl, weil sie schon allein und ohne Subwoofer für viele Zwecke völlig ausreichen. Unter 20 m² wird man mit Sicherheit glücklich, auch wenn hier in der Subkontraoktave noch etwas Platz nach oben bleibt. Außerdem schraubt ein Subwoofer den Preis noch einmal ordentlich nach oben, auch wenn er auf lange Zeit gerechnet sicher keine unnütze Investition ist. Schon wegen der Moden und der flexibleren Aufstellung.
Wer allerdings mit dem Platz für einen Subwoofer und dessen optimale Aufstellung im Raum hadert, greift besser zu den nuPro X-4000 RC, denn etwas mehr Tiefgang und eine etwas höhere Pegelfestigkeit machen einen Sub auch in mittelgroßen Räumen um die 25 m² bereits völlig obsolet.
Die nuPro X-4000 RC als Sahnehäubchen
Ja, man kann es machen und sich ein Paar nuPro X-4000 RC für insgesamt 1790 Euro (Einzelbox 895 Euro) gönnen. Das inkludiert den Subwoofer-Preis nämlich geschickt mit ein und dumm ist man bei Nubert sicher auch nicht. Preislich nehmen sich die nuPro X-4000 RC als 2.0-System und die nuPro X-3000 RC + günstigem nuSub XW-700 als 2.1 nämlich fast nichts.
Jetzt kann man lange grübeln oder sich zum Schrecken der Nachbarschaft aufschwingen, sich ein Paar nuPro X-4000 RC auf den Schreibtisch (oder daneben) hinzimmern und die freie Ecke noch mit einem nuSub XW-900 möblieren. Das ist zwar kostentechnisch die härteste Variante, aber die Fußmassage ist hier genauso inkludiert wie der nächste Nachbarschaftsstreit. Wer also einen akustischen Dampfhammer für das Desktop-Setup sucht, wird hier locker fündig. Oder er denkt wie ich daran, dass er vielleicht auch mal umzieht und dann mehr Luftmoleküle wegschubsen lassen muss.
Und außerdem ist das Ganze ja nicht nur erschreckend pegelfest, sondern es klingt sogar leise und laut gleichermaßen richtig gut. So gesehen wurde in meinem Fall also alles richtig gemacht, auch wenn es im Moment irgendwie komplett drüber ist.
Die Testmuster werden selbst gekauft oder von den Herstellern unverbindlich zur Verfügung gestellt. Eine Einflussnahme auf die Tests und Ergebnisse findet nicht statt. Eine Aufwandsentschädigung erfolgt nur in Ausnahmefällen, wird aber dann explizit als solche ausgewiesen und hat ebenfalls keinen Einfluss auf die Testergebnisse.
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