Messung des Frequenzverlaufs
Ich nutze für die Messung das Pass-Through des DSP mit aktivierter “Defeat”- und deaktivierter Loudness-Funktion. Das ist insofern der ehrlichste Weg, weil man so einer möglichst objektiven Einschätzung des Frequenzverlaufs doch relativ nahe kommt. Verschlimmbessern, also versalzen und überpfeffern, kann es der geneigte Benutzer dann ja immer noch selbst am besten.
Kommen wir bei der ersten Grafik zur neuen Messung. Ich habe den Frequenzverlauf zwar weiterhin bei 1 KHz auf 0 dB normiert, so dass man einerseits gut den Gesamtverlauf mit allen Zugaben und Frequenzabfällen bewerten kann und andererseits auch nicht ganz die Vergleichsmöglichkeit zu vorangegangenen Messungen verliert. Aber es ist trotzdem anders, weil ja in der ersten Grafik die Glättung wegfällt. Das alles sieht dann natürlich deutlich “hibbeliger” aus, passt aber auch wesentlich besser zur Realität. Denn eines ist auch klar: es gibt sie ja gar nicht, die ideale Kurve.
Die zweite Kurve repräsentiert die selbe Messung, glättet jedoch die Kurve wieder wie gehabt (wie sie auch die PR gern verwendet). Man sieht sehr wohl den Unterschied und jeder kann sich nun an dem orientieren, was er lieber hat. Profi (oben) oder Consumer, der eher einen groben Anhaltspunkt sucht (unten)
Wie sehen auch ohne DSP und bei neutraler Klangeinstellung ein deutliches V, also die Anhebung im Bassbereich, sowie den typischen Peak im Hochtonbereich. Das ist so gewollt und wird den Normaluser wohl auch am ehesten ansprechen. Deaktiviert man Defeat und aktiviert die Loudness-Funktion, wird diese Kurve zum alpinistischen Extraerlebnis. Aber der Masse wird es wohl so gefallen.
CSD (Cumulative Spectral Decay)
Die Kurven der spektralen Zerfallsanalyse bieten weitere sehr nützliche Informationen über die Leistung der verbauten Treiber im Zusammenspiel mit der mechanischen Ausführung der Box. Diese Analyse basiert auf dem bereits oben dargestellten Frequenzgangdiagramm, enthält aber zusätzlich noch das Element Zeit und zeigt nun als 3D-Grafik (“Wasserfall”) sehr anschaulich, wie sich der Frequenzgang über die Zeit hin entwickelt, nachdem das Eingangssignal gestoppt wurde. Umgangssprachlich wird so etwas auch “ausklingen” oder “ausschwingen” genannt.
Normalerweise sollte der Lautsprecher nach dem Wegfall des Eingangssignals ebenfalls möglichst schnell anhalten. Einige Frequenzen (oder sogar ganze Frequenzbereiche) werden jedoch immer langsam(er) abklingen und dann in diesem Diagramm als länger anhaltende Frequenzen auf der Zeitachse auch weiterhin erscheinen. Daran kann man gut erkennen, wo das Chassis vielleicht besonders “scheppert” oder wo sogar Resonanzen (auch und vor allem im Gehäuse) auftreten und das Gesamtbild stören könnten.
Man sieht sehr schön, dass vor allem der Hochtöner etwas überpowert, was allerdings auch an der Weiche liegen könnte. Für meinen persönlichen Geschmack klingt das alles schon recht crispy und am Ende ist die Überbetonung der Höhen sicher auch dem Mainstream angedient und letztendlich eine Kostenfrage, die sich bei der Chassis-Auswahl stellt.
Im direkten Vergleich klingen die alten Cube deutlich zurückhaltender, wenn auch stellenweise fast schon muffig. Irgendwie ist hier Wavemaster von einem Extrem ins andere gefallen, aber man kann die Höhen ja notfalls auch manuell per DSP einbremsen, dann klappt es auch wieder mit der AOK-kompatiblen Tinnitus-Prävention.
Subjektiver Höreindruck
Setzen wir zunächst erst einmal den optimalen Standort voraus, den es sich durchaus zu suchen lohnt, dann klingt die ganze Fuhre für die Größe nicht mal schlecht und vor allem überraschen voll und voluminös, wenn man es beim Pegel nicht übertreibt. Denn echte Reserven hat man bei diesem kleinen System eher nicht. Analysieren wir nun das ganze Hörerlebnis noch einmal in üblicher Aufgliederung.
Basswiedergabe
Der Tiefbass ist anwesend (leider etwas standortabhängig) und die Kontraoktave (32,7 bis 65,4 Hz) ist in Teilen durchaus noch ordentlich präsent. Die Subkontraoktave (16,4 Hz bis 32,7 Hz) fehlt hingegen komplett, was der Physik und der technischen Umsetzung geschuldet ist und damit auch kein Manko darstellt. Die große Basstrommel, die meist auf ca. 55 bis 60 Hz abgestimmt ist, klingt hingegen bereits recht knackig, ohne aber alles andere wirklich zu dominieren. Aber die Boxen können auch schon richtig tief, wen auch nur mit überschaubaren Pegeln.
Der Oberbass bis 150 Hz, in dem auch die Große Oktave (65,4 bis 130,8 Hz) liegt, wird fast schon zu dominant abgebildet. Die Sprachgrundfrequenz der männlichen Stimme befindet sich in genau diesem Bereich; damit entscheidet er sehr stark über die naturgetreue Wiedergabe vor allem männlicher Vocals. Das klingt beim Testgerät noch recht überzeugend, auch wenn es fast schon ein wenig zu viel des Guten ist. Hier sollte man wirklich überlegen, auf allzu viel Basszugabe per Regler zu verzichten.
Mitteltonbereich
Die unteren Mitten (auch Grundtonbereich genannt) liegen bei ca. 150 bis 400 Hz. Zusammen mit dem bereits erwähnten Oberbass spielt dieser Bereich eine sehr wichtige Rolle für die subjektiv empfundene Wärme bzw. Fülle des Klangbildes. Die Sprachgrundfrequenz weiblicher Stimmen ist in diesem Bereich zu finden – auch gut gelungen und zudem nicht so überbetont wie gerade eben noch bei den Herren. Die oberen Mitten bis etwa zwei Kilohertz werden zudem recht sauber wiedergegeben.
Hochtonbereich
Zwischen zwei bis etwa 3,5 KHz ist das menschliche Gehör am empfindlichsten, zumal dieser Bereich der unteren Höhen für die gute Obertonwiedergabe der menschlichen Stimme zuständig ist. Dieser Frequenzbereich ist nämlich entscheidend für die Wiedererkennung einer Stimme oder eines Instrumentes; man spricht in diesem Zusammenhang auch von der jeweiligen Klangfarbe.
Hier finden wir auch das einzige Loch im Klangteppich, wobei man es wohl noch am ehesten der Weiche zuschreiben kann und im Endeffekt die Charakteristik vieler derartiger 2-Wege-Boxen darstellt. Leben kann man allerdings damit, denn wirklich gravierend ist es nicht. Es lässt sich auch durch die leichte Absenkung der Höhen (und Bässe) wieder etwas neutralisieren.
Die mittleren Höhen (3,5 bis sechs KHz) entscheiden über das Ge- oder Misslingen der Sprachwiedergabe als Gesamtbild, denn die S- und Zischlaute (Sibilanten) fallen in diesen Bereich. Hier können die Wavemaster Cube Neo zwar noch gerade so überzeugen, aber man übertreibt es irgendwie schon ein wenig. Somit klingen die Cube Neo in der Summe deutlich spitzer als noch die Vorgängerversion. Das kann man vielleicht sogar mögen (muss es aber nicht).
Die oberen Höhen bis ca. zehn KHz sind zudem Badewannen-lastig angehoben und damit erneut dem Mainstream angedient, aber was soll’s, töten kann man sie bedarfsweise ja immer noch. Besser erst einmal vorhanden und mit der Chance zum Minimieren, als bereits ab Werk über den Totalverlust klagen zu müssen. Klaus Kevin wird es hingegen freuen.
Fazit und Zusammenfassung
Unterm Strich passt das alles wiederum ganz gut zusammen, auch wenn es weder überlaute Party- noch echte Hi-Fi- Lautsprecher sind. Aber es sind gute und platzsparende Allrounder für Leute mit wenig Platz und dem Grundanspruch auf bezahlbare Qualität – also der übliche Kompromiss, der meist schwer zu finden ist.
Eigentlich ist alles relativ frei von Kritik – vom Korpus über die Chassis bis hin zur Verstärkerlösung. Wenn einen dann doch etwas ein klein wenig zwickt, so sind es das leichte Grundrauschen beim analogen Eingang, die bereits vorverklebten Standfüße und die etwas zu ausgeprägte Badewannen-Abstimmung. Wobei sich Letzteres über die vorzügliche Fernbedienung auch wieder einbremsen lässt.
Wer keine Saalbeschallung anstrebt und auch sonst ein eher nachbarschaftskompatibler Zeitgenosse ist, der hätte mit den Wavemaster Cube Neo eine recht passable Offerte, die vieles richtig und kaum etwas falsch macht. Der Straßenpreis von deutlich unter 200 Euro ist da sicher noch ein zusätzliche Anreiz, zumal das Ganze sicher mit der Zeit noch etwas günstiger werden dürfte.
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