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Vom Weltflughafen Leipzig/Halle nach Taipeh – Provinz mit Parkposition vs. Metropole der Technik

Einmal fast rund um den Globus, bitte schön! Aber nur, wenn der Flieger überhaupt geht. Willkommen auf dem „Weltflughafen“ Leipzig/Halle, einem Ort, der einst große Träume hegte: von Fernweh, globalem Anschluss und Direktflügen in alle Kontinente. Heute aber fühlt sich das Ganze eher wie das vorsichtige Flügelschlagen einer Dohle an, die sich einbildet, ein Albatros zu sein. Gut. Marabu Airlines gibt es dort noch. Die typischen Urlaubsbomber für Gerd und Gisela.

Was einst als Sprungbrett in die große weite Welt gedacht war, ist heute eher ein sanft federnder Umsteigehocker – ohne Lehne und mit wackelndem Bein. Besonders schmerzlich spürbar ist der Verlust des Direktfluges nach München, jenem süddeutschen Tor zur Welt, das Leipzig einst ein wenig auf die Sprünge half. Nun muss man eben über Frankfurt, diesem Moloch in Terminalform, die Reinkarnation des logistischen Bösen mit Fließbandcharme und Sicherheitskontrollen, bei denen man sich innerlich schon die Zähne für den Reisepass putzt.

Dabei könnte alles so schön sein: Leipzig/Halle hat lange Landebahnen, mehr Fracht als Passagiere (ein echter Exportschlager!) und einen Bahnhof direkt unterm Terminal. Nur fehlt es eben an dem kleinen Detail, das Flughäfen üblicherweise ausmacht – dem Abheben in ferne Länder.

So steht er nun da, der große kleine Flughafen, und wartet. Auf Passagiere wie mich. Und während die Frachtflieger nachts weiter brummen und tonnenweise Pakete durch die Nacht schleppen, bleibt der Check-in-Schalter für die große Reise ins Abenteuer oft einsam. Oder wie mir ein Flughafenmitarbeiter am Check-In seufzend sagte: „Auch wir fliegen überall hin. Hauptsache, es geht erst mal über Frankfurt.“

Apropos Frankfurt, das unfreiwillige Bootcamp für Umsteiger aus Leipzig. Kaum aus dem Flieger, beginnt das Abenteuer: Der Anschlussflug wartet natürlich in Terminal D, was übersetzt so viel heißt wie „nimm den Zug, renne wie ein Wahnsinniger und hoffe, dass dein Kreislauf mitspielt“. Also rein in die Sky Line-Bahn, vorbei an Terminal A, B, C nach D und E – immer mit dem Gefühl, in einem schlecht programmierten Open-World-Spiel gelandet zu sein.

Doch damit nicht genug: Am Ziel lauert die nächste Sicherheitskontrolle – alles wieder raus, alles wieder durch, diesmal mit besonders grimmigem Blick der Kontrolleure. Und während man sich im Laufschritt zur nächsten Boarding-Zone kämpft, bleibt nur die stille Hoffnung, dass der Koffer den gleichen Ehrgeiz an den Tag legt wie man selbst. In Frankfurt ist eben alles möglich – außer Entspannung.

Und dann – nach all den Zügen, Kontrollen, Laufkilometern und Koffergebeten – sitzt man endlich. Der große, silberne Vogel rollt an, hebt ab, und mit ihm eine gewisse Erleichterung, die sich wie warme Decke über die Reise legt. Ein 13-Stunden-Flug klingt für viele wie ein Test körperlicher und geistiger Belastbarkeit, doch manchmal ist es einfach nur: ruhig, bequem und erstaunlich angenehm.

Sicher, der Preis für ein wenig mehr Beinfreiheit, eine verstellbare Rückenlehne mit Liegeposition, vielleicht sogar ein Glas echten Saftes ohne Nachzahlung, zwickt gewaltig im Geldbeutel. Aber irgendwann kommt der Punkt, da zählt das eigene Kreuz mehr als der Kontostand. Und wenn man in der „komfortableren Hälfte“ der Kabine gelandet ist, fragt man sich, warum man sich das früher nie gegönnt hat.

Der Flug selbst? Fast schon meditativ. Kaum Turbulenzen, leises Brummen, ein Sonnenaufgang über den Wolken, der selbst den zähesten Jetlag versöhnlich stimmt. Das Bordpersonal routiniert und freundlich, das Essen essbar, die Filme nicht alle mies. Und das Beste: Kein Gedränge, kein Geschubse, keine Rennen zum Gate. Einfach sitzen, abschalten, Luftfahrt genießen – als wäre es 1998 und Fliegen noch ein Erlebnis.

So wird der Langstreckenflug zur Belohnung nach dem Chaos in Frankfurt. Und während man langsam in Richtung Ziel gleitet, denkt man mit einem stillen Lächeln: Es war teuer. Aber es war es wert. Angekommen wird immer, aber diesmal schmerzfrei und ausgeschlafen. Frühmorgens, 07;12 Uhr in Taipeh.

Ankunft um kurz nach sieben, der Tag noch jung, der Körper irgendwo zwischen Zeitzonen und Kaffeedurst – aber die Stadt empfängt einen mit überraschender Milde. Statt hupendem Berufsverkehr und zäher Stop-and-Go-Choreografie gab es heute: fließenden Verkehr, fast leere Straßen und einen Fahrer, der mit einer entspannten Selbstverständlichkeit durch die halb erwachte Metropole glitt, als wäre man in einem Werbespot für asiatische Gelassenheit.

Normalerweise kann sich die Fahrt vom Flughafen nach Taipeh City locker zu einer einstündigen Geduldsprobe auswachsen – heute aber nicht. Keine Staus, keine zähen Auffahrten, keine riskanten Spurwechsel. Nur das leise Brummen des Motors, das leuchtende Display mit der Navigation und die Morgensonne, die sich langsam über den Dächern der Stadt bemerkbar machte.

Und dann das Hotel. Noch vor neun. Man rechnet nicht mit viel, vielleicht einem Raum für die temporäre Gepäckablage, einem Kaffee oder bestenfalls der Wartezeit auf das Housekeeping. Stattdessen: ein Lächeln an der Rezeption, ein kurzer Blick in den Computer, dann der Satz, der jeden Vielreisenden glücklich macht: „Sie können direkt aufs Zimmer – und danke für Ihren zehnten Aufenthalt.“

Zehn Mal hier. Ein kleines Jubiläum, das sich plötzlich anfühlt wie ein Stück Zuhause in der Ferne. Während andere noch im Taxi schwitzen oder in der Lobby ausharren, liegt man schon im frisch gemachten Bett und merkt: Man ist nicht nur angekommen – man gehört inzwischen fast ein bisschen dazu.

Der neue Tag beginnt mit einem kleinen Kulturschock in Dosenform. Noch leicht verstrahlt vom frühen Aufstehen im Flieger, jetgelaggt, aber immerhin frisch geduscht, zieht es mich in den nächsten 7-Eleven, um etwas Flüssiges gegen den inneren Staub der Reise zu finden. Mein Ziel: etwas Erfrischendes, spritzig, gerne Zero, aber bitte ohne Umdrehung.

Doch Taiwan liebt Effizienz, auch im Regal. Da stehen sie dann: Dosen in Reih und Glied, alle gleich elegant, alle mit „Zero“ beschriftet. Doch während ich mir noch einbilde, klug zwischen Draft, Pilsener und „Zero“ unterscheiden zu können, merke ich zu spät: Chinesischkenntnisse wären hier durchaus hilfreich. Denn irgendein sadistischer Logistiker hat genau “Zero (Alcohol)” und “Zero (Sugar)” direkt nebeneinander platziert, als wollte er westlichen Optimisten eine kleine Falle stellen. Immerhin sind 0,0 eine kleine Orientierungshilfe.

Also zurück im Hotel, Dose geöffnet, erster Schluck – und zack, die Erkenntnis schlägt ein wie ein nüchternes Donnerwetter: Alkohol. Nicht viel, aber eindeutig. Kurz irritiert, dann leicht genervt und schließlich: konsequent. Das Waschbecken bekommt den Rest. Ich trinke wirklich gerne, viel sogar, nur eben keinen Alkohol mehr. Nie. Punkt.

Aber immerhin: Der Trend zur alkoholfreien Erfrischung ist auch in Taiwan angekommen, das gibt Hoffnung. Und der nächste Versuch wird sitzen. Vielleicht. Hoffentlich.

Der Tag kann also beginnen, jetzt wirklich. Ab heute wird’s geschäftig – viele Termine, Gespräche, Eindrücke, Reize. Urlaub? Nicht so richtig. Vielleicht maximal in Fußnotenform, zwischen zwei Terminen oder in einem ruhigen Moment mit Blick aus dem Hotelfenster. Aber wer sagt denn, dass das nicht auch reicht? Ein bisschen Alltag mit Jetlag-Glanz.

Der Rest wird Euch dann auch in Videoform heimsuchen, denn Videos von der Computex sind nicht nur eine moderne Form der Berichterstattung, sie sind schlicht das bessere Medium, um Atmosphäre, Technik und Menschen in ihrer Gesamtheit einzufangen. Während ein hastig geschriebener Text mit einem einzelnen Standbild oft nur ein eingefrorener Ausschnitt der Realität bleibt, bietet ein Video den notwendigen Kontext, die Bewegung und das Gefühl, tatsächlich vor Ort zu sein. Man erkennt sofort, wie voll es ist, wie sich Besucher und Aussteller verhalten und wie Produkte im realen Licht wirken, nicht nur als sterile Rendergrafik oder in einer sorgfältig komponierten PR-Inszenierung.

Gerade auf der Computex, wo es um Design, Haptik, Licht, Geräusche und Interaktion geht, erzählen bewegte Bilder weit mehr als jeder überladene Pressetext. Man sieht sofort, ob RGB-Beleuchtung harmonisch pulsiert oder hektisch flackert, ob ein Gehäuse scheppert, eine Tastatur hohl klingt oder ein Lüfter unangenehm aufdreht. All das lässt sich in einem Video nicht nur dokumentieren, sondern auch in Echtzeit kommentieren, ergänzt durch eine unmittelbare Einordnung, Ironie oder klare Kritik, die im schriftlichen Format oft an Wirkung verliert.

Hinzu kommt die Geschwindigkeit. Ein Video transportiert binnen Sekunden ein Gefühl, eine Beobachtung oder eine Erkenntnis. Es erfordert kein langes Nachdenken über Formulierungen, keine Umschweife oder stilistischen Kompromisse. Man sieht, was passiert, und man erkennt auf Anhieb, was funktioniert und was nicht.

In einer Zeit, in der viele Hersteller versuchen, ihre Messeauftritte bis ins kleinste Detail zu inszenieren, braucht es genau dieses direkte und ungeschönte Format. Videos sind keine bloße Ergänzung, sondern ein essenzielles Werkzeug, um technische Entwicklungen, Trends und Fehltritte transparent und nachvollziehbar zu vermitteln. Wer wirklich verstehen will, was auf der Computex geschieht, sollte schauen, nicht nur lesen. Also diesmal alles  genauso wie letztes Jahr.

Kommentar

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eastcoast_pete

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2,566 Kommentare 1,697 Likes

Zunächst einmal: freut mich, daß Deine Reise "ereignislos" war - sometimes, boring is 😊!
Und ja, v.a. bei Flügen die länger als 8 Stunden sind, kann ich nur beipflichten: wenn's irgend geht, Business Class. Bei mir zwar schon länger her, aber selbst ein 17 Stunden Flug (damals von der US Ostküste non-stop nach Hongkong) war damit gerade noch erträglich, etwas Schlafen ging dank "fold flat" Sitzen auch, und ich war am nächsten Tag (Geschäftstreffen) kein kompletter Zombie. In Economy - besser nicht daran denken, war auch schon damals keine 20 mehr. Heute gibt's den Direktflug so scheinbar nicht mehr, da er über den Nordpol und zT durch russischen Flugraum gehen musste.
Viel Spaß, und auf die Videos von Dir (AKA Unser Mann in Taipei) freu ich mich schon!

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Igor Wallossek

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12,295 Kommentare 24,382 Likes

Es geht auch nicht darum, mit diversen Annehmlichkeiten zu flexen. Aber man kann ab einem gewissen Alter einfach nicht anders, als seinem Kreuz etwas Gutes zu tun. Zu essen gabs reichlich, da ist China Airlines eine der besseren Adressen. Nur muss man damit am Ende auch nicht angeben, denn die Airline schenkt einem ja nichts. Nur den Gegenwert des bereits Gezahlten. Und manche schaffen noch nicht einmal das. Siehe Lufthansa.

Das Stichwort heißt Frühbucher, da kostet die Premium Business Ende Oktober auch nicht mehr, als im Februar/März die Premium Economy. Und zählt man beide Flüge zusammen, setze ich mich keine 14 Stunden mehr an den Katzentisch. Ich habe die Reise auch nicht (oder zum Teil) gesponsert bekommen, auch wenn es da diverse Angebote gab. Es gibt Grenzen und zwei Jobs, die einem das auch selbst gestatten. :D

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Karsten Rabeneck-Ketme

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139 Kommentare 57 Likes

Sehr interessanter Bericht. Und sowas sieht man auch nicht alle Tage. Vielen Dank dir und ich wünsche dir noch viel Spaß und Freude.

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cunhell

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689 Kommentare 712 Likes

Hallo Igor,
wirklich ein sehr gelungener Bericht.
Ich hoffe, der Aufwand lohnt sich und die Computex hat was interesantes zu bieten.
Ich freue mich auch schon auf Deine Berichte von dort.

Und zu guter letzt drücke ich Dir die Daumen, dass die Rückreise, nach einer vermutlich doch eher anstrengender
Zeit dort, dann ebenso entspannt verläuft. (y)

Beste Grüße
Cunhell

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Igor Wallossek

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12,295 Kommentare 24,382 Likes

Eldorado für Bastelnerds: Electronic Plaza

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DMHas

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Ein schöner Einstieg für die nächsten Berichte! Ich freue mich auf die Neuigkeiten, die du Berichten wirst!

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q_1

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216 Kommentare 65 Likes

Was der eine schmerzhaft vermisst, dürfte für andere ein Segen darstellen, lässt dies doch hoffen.. Das gilt für Anwohner wie für innerstädtische Bewohner gleichermaßen.

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Igor Wallossek

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12,295 Kommentare 24,382 Likes

Der Flughafen ist auf der grünen Wiese. Und die DHL fliegt auch, ist ja die größte Drehscheibe in DE. Es ist einfacher, in einem Paket direkt nach Taipeh zu kommen als mit dem Koffer. Und mit dem Zug kommt man dort in Leipzig auch nicht an, das Risiko ist zudem real, den Flug zu verpassen. Regio-Expresss Chemnitz-Leipzig, ausgedünnt und fällt öfters aus. Die ganzen Öffis sind sowas von kaputt... Meine Bahncard 50 habe ich auch gekündigt und mir einen neuen Diesel gekauft. Was nützt mir der Rabatt, wenn in Chemnitz nichts fährt? Die 16 Stunden nach Aachen kneife ich mir für den Urlaub auch. Die Bahn ist mausetot. Wenn der ÖPNV für eine 4-köpfige Familie zum Bahnhof mittlerweile mehr kostet als ein Taxi, dann ist was falsch gelaufen.

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Annatasta(tur)

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489 Kommentare 216 Likes

also nen grossen Karton mit ner Matratze auslegen... ;) :p

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q_1

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216 Kommentare 65 Likes

Selbst als Leipziger darf ich dir versichern, dass dies alles andere als tröstlich ist, von den Anwohnern mal ganz zu schweigen...

Innerhalb von Leipzig ein Segen, selbst in der Nacht muss niemand im Regen stehen, sofern man/n sich an die Zeiten hält. Ich selbst bin auf Grund eines damaligen Beschäftigungsverhältnisses Besitzer eines Diesels, den ich aber äußerst selten nutze. Selbst im erst kürzlich absolvierten Kurzurlaub haben wir überwiegend den Zug genutzt.

Halten wir mal fest, für 58,- Euro pro Monat ist es mir vergönnt innerstädtisch wie Deutschlandweit zu reisen. Dafür ist allenfalls eine Tankfüllung drin, von den restlichen Aufwendungen mal ganz zu schweigen. Zudem Reise ich wesentlich entspannter, als mich in verstopften Straßen herumzuärgern. Schon allein der genervte Anblick der Autofahrer spricht Bände. Zudem verkümmert der Bewegungsapparat nicht.

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Igor Wallossek

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12,295 Kommentare 24,382 Likes

Nur mal so: Ich bin Leipziger und habe dort auch nach der Wende noch gelebt. Aber irgendwas ist doch immer: Baustellen, Autobahnlärm, Windräder, Bahngleise... Wenn der Deutsche nicht über irgendetwas jammern kann, dann ist es kein Deutscher... Wir hatten sehr gute Bekannte in Klotzsche, die haben auch immer über die Flieger gejammert. Dann sind sie in die Stadt gezogen (Nähe zum blauen Wunder). Da war es zum Berufsverkehr deutlich lauter. Nur hatte ihnen das vorher keiner gesagt :D

Ich habe zuletzt in Leipzig in der Georg Schwarz Straße gewohnt. Direkt an einer Straßenbahnhaltestelle. Wer weiß, was eine Tatra-Bahn akustisch zu leisten im Stande ist.. Bilder musste ich mit Tape fixieren, Vasen sind auch schon mal abgeschmiert. Aber der ÖPNV stand nie zur Diskussion. Jetzt habe ich in 100 m Luftline ein Stadion. Die kacken einem auch noch in den Garten, nachdem stundenlang Krach war. Und? Deswegen den Fußball verbieten? Ich sehe das mit dem Fluglärm doch sehr einseitig betrachtet :)

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q
q_1

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216 Kommentare 65 Likes

Dir stand doch jederzeit frei, sich in einer verkehrsberuhigten Gegend niederzulassen.

Dir scheint die Bedeutung eines erholsamen Schlafes nicht geläufig... Apropos > Wenn der Deutsche nicht über irgendetwas jammern kann, dann ist es kein Deutscher.. Ich bin mal so frei und zitiere:

Wohlgemerkt, deine Worte!

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H
HerrFornit

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Hallo Igor,

viel Erfolg in Taipeh!

PS: Bei 'Marabu' assoziiere ich einen Aasvogel, vielleicht etwas passend zu Deiner Stimmung am Leipziger Flughafen :)

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Alter.Zocker

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Ja der "Weltflughafen" Schkeuditz, jetzt nennt er sich nach langem Ländergestreite nun "Halle/Leipzig"...

Dort bin ich das erste Mal in meinem damals noch sehr jungen Leben in ein Flugzeug gestiegen, zusammen mit meinen Eltern auf dem Weg nach Budapest, die gemeinsame Reise war mein Komfirmationsgeschenk.

Ich war damals recht aktiv in der Schwarz-Weiß-Fotografie: Alles natürlich analog, das Bilder machen musste man sich gut einteilen bei max. 36 Bildern pro Film, kein Display zur Kontrolle o.ä., Entwickeln hieß damals nicht: ein paar Klicks in Lightroom, sondern Chemie-Labor und Dunkelkammer, zuerst die Film-Negative, und dann wenn hier schon mal nix schief gegangen ist oder hier die ersten Fehler beim Fotografieren schon die Weiterarbeit aussichtslos machten, dann später die Papier-Abzüge, aber ich schweife ab...

Zu meiner ersten Flugreise in das "Paris des Ostens" hatte ich selbstredend meine Fotoausrüstung mit dabei, das bedeutet (übrigens auch heute noch i.d.R. neben der Kamera und ein bis zwei Objektiven) v.a. ein Stativ für stimmungsvolle Nachtaufnamen der pulsierenden Stadt von der Fischerbastei aus. Dieses hatte ich mir wenige Wochen zuvor von meinem hart erarbeiteten Ferienjob-Geld angeschafft, ein schönes massives Holzstativ mit ebenfalls massivem Panorama-Kameraneiger, ganz wie die Profis und mit das Beste, was zu DDR-Zeiten zu bekommen war, eine Anschaffung für das Fotografenleben sozusagen. Das gute Stück war reisefertig in einer mitgelieferten Schultertasche, die vermutlich in nur sehr geringer Änderung auch des Jägers Donnerbüchse beherbergen konnte, sowohl Farbe und Form waren eindeutige Indizien für diese Art der Zweitverwendung.

Als ich im JAhre 1986 also in Begleitung meiner Eltern und derartig "ausgerüstet" die Abfertigungsgebäude des Flughafens Schkeuditz betrat, war mir vom ersten Moment an die ungeteilte Aufmerksamkeit des allgegenwärtigen Sicherheitspersonals sicher. In meiner jugendlichen Naivität und voller Erwartungsfreude über das anstehende Flugreiseabenteuer muss mir dieses "Detail" zunächst aber irgendwie entgangen sein bzw. war mir das übliche Treiben rund um einen Flughafen, selbst eines auch damals schon sehr Provinziellen, wie dem zwischen Halle und Leipzig, gänzlich unvertraut und damit unbekannt.

Bei der obligatorischen Gepäckkontrolle holte mich das dann aber mit geballter KRaft der nicht gerade zimperlich agierenden DDR-(Staats-)Sicherheits-"Natschalniks" ein: Ich hatte ganz im Sinne von effektiver Platzausnutzung auf Reisen neben dem Stativ die reichlichen Lücken in der "obskuren" Tasche auch noch mit allerlei Kleinkram, wie Socken, Unterwäsche, Schlafanzug und dergleichen "ausfgefüllt" und hatte eigentlich vor, dieses Gepäckstück als Kabinengepäck mitzunehmen, sicher auch aus Sorge, das neue und teuer verdiente Stativ nicht den auch damals schon vielfältigen Tücken der FLug-Gepäckabfertigung anzuvertrauen. Das wir zu diesem Moment in der Schlange am Schalter bereits engmaschig und unauffällig von Herrschaften in Zivil eskortiert wurden, ist mir auch erst in der Rückschau bewusst geworden.

Das Prozedere mit Metalldetektoren und Gepäckdurchleuchtung im Anschluss an den "Check In" gab es damals schon und das, was dann offenbar beim Durchleuchten meiner Stativtasche bei dem Gemisch aus länglichen Holz- und MEtallteilen und all dem "Füllmaterial" drum herum auf dem Schirm zu erkennen war, muss sicher wie aus dem "Lehrfilm" für Flughafen-Sicherheitspersonal ausgesehen haben, wie als wenn "Sledge HAmmer" mit seiner "Susi" nach Beirut auf gemeinsame "Flitterwochen" reisen wollte...

Ich wurde barsch aufgefordert, den Tascheninhalt vorzuzeigen und zu erklären. Die Situation war recht angespannt. Da ich aber die Tasche mit allerlei "Krimskrams" wie Socken und Waschzeug (das war damals laaange vor 9/11 noch völlig unproblematisch)aufgefüllt hatte, musste ich das Zeug erst mal wieder einzeln rausholen, um an das als hauptverdächtig geltende Stativ heranzukommen und es vorzuzeigen. Während dessen erschöpfte sich die Geduld der umstehenden HErrschaften in rasantem Tempo, inzw. war mir nun auch klar geworden, was für ein Bild ich mit dieser obskur geformten Tasche und dem vermutlich hochsuspekten Aussehen am Röntgenschirm abgab und ich bekam es auch mit der Angst zu tun, man hatte mich natürlich auch sofort von meinen Eltern getrennt und zum "Auspacken" in einen kleinen fensterlosen Verhörraum mit nur einem Tisch in der Mitte gedrängt. NAchdem sich dann aber keine Waffen oder Sprengstoff unter meinen Sieben-Sachen befanden, man inspizierte sogar das Innere der röhrenförmigen Stativ-Säule (wo der Kinoneiger draufgeschraubt war) auf Sprengstoff oder verstecktes Schmuggelgut, gab man sich dann ob des "falschen Alarms" dann erst recht reichlich angepisst und zickig, was die Situation für mich auch nicht angenehmer machte. Am Ende ließ man mich aber zum Glück zu meiner Familie zurück, aber nicht ohne die Auflage, dass ich die Stativtasche nicht mit an Board nehmen dürfte, sondern in Begleitung durch die Transportpolizei am Schalter als zusätzliches Aufgabegepäck aufgeben müsse...

Der Rest der Reise verlief dann zum Glück ohne weitere "Sonderbehandlung", besonders die Sicherheitskräfte am Flughafen in Budapest reagierten dann bei der Rückreise, wo ich nun mit ähnlicher Sonderbehandlung rechnete, völlig tiefenentspannt und winkten mich lässig weiter, als ich mich anschickte, in vorauseilendem Gehorsam, Socken und Schlüpfer auszupacken....

Ja das waren noch Zeiten, wo man sich wegen solcher Lappalien Dinge von Seiten des Staates gefallen lassen musste, die heutzutage fast schon unvorstellbar erscheinen. Das sollten sich mal all die AfD-Fans und Putin-Freunde ins Gedächtnis rufen, wenn sie mal wieder lauthals zetern: "Früher sei doch alles besser gewesen..." Ich will dieses "bessere Früher" ganz sicher niemals wiederhaben.

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Klicke zum Ausklappem
H
HerrFornit

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Hallo @Alter.Zocker,

danke für dieses Stück persönlicher Leipziger Geschichte!
Musste an meine DDR Rundreise 1987 und den Grenzübertritt nach Ostberlin denken.

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Alter.Zocker

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Ja auch wenn man heute in der Rückschau fast schmunzeln mag, aber spaßig waren solche und vergleichbare Situationen niemals, ich erinnere mich da auch an unangenehme Grenzkontrollen, als wir als Familie mit dem Auto in die damalige "Tschechei" zum Zelten fuhen, oder ich mit meinem Bruder mit dem Zug nach Nordhausen zu unserem Onkel fuhren, hier wurde regelmäßig durch die Stasi/Grenztruppen/Trapo in den Zügen willkürlich "kontrolliert", da die Ziele dieser Züge in die Nähe der innerdeutschen Grenze führten, Nordhausen und auch Halberstadt galten da schon als Grenzgebiet, wer in einem der Züge dorthin saß, galt als potentiell "Republikflüchtig", oder als man uns polizeilich(!) verbot, am Ostseestrand auf Rügen ein Kinderschlauchbot auch nur aufzupumpen (war mein WEihnachtsgeschenk, ich hatte mich wochen lang darauf gefreut, damit auf der Ostsee rumzufahren...). Heute alles kaum mehr vorstellbare Schikane.

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Alter.Zocker

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536 Kommentare 366 Likes

ICh kenne noch Zeiten, da sah es beim "Conrad" in Hirschau auch bissl so aus, aber die Zeiten sind längst vorbei, die Conrad-Stammhaus-Filiale (inzw. nach Wernberg umgezogen) ist inzw. fast die Einzige verbliebene bundesweit und auch hier sieht es inzw. eher wie eine Mischung aus Baumarkt und Mediamarkt aus, für Bastler gibts hier fast nix mehr zu holen, und das Wenige dann nur auf BEstellung...Ja die "Konsumaffen" sollen halt den Elektroschrott aus Chinesien kaufen und nix mehr selber bauen oder gar reparieren...wo käme da sonst die notleidende Industrie hin...

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komatös

Veteran

150 Kommentare 125 Likes

Igor im Flieger? Da fällt mir ein Lied ein. "Es geht eine Träne auf Reisen" :ROFLMAO:
Ich wünsche Dir, dass neben der Arbeit noch viel Freiraum für Freizeit und Vergnügen bleibt.

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big-maec

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1,040 Kommentare 617 Likes

Ich hätte ja noch einen Wunsch, bitte mal Fotos machen von den interessantesten Motherboards die da kommen werden und publizieren.

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About the author

Igor Wallossek

Chefredakteur und Namensgeber von igor'sLAB als inhaltlichem Nachfolger von Tom's Hardware Deutschland, deren Lizenz im Juni 2019 zurückgegeben wurde, um den qualitativen Ansprüchen der Webinhalte und Herausforderungen der neuen Medien wie z.B. YouTube mit einem eigenen Kanal besser gerecht werden zu können.

Computer-Nerd seit 1983, Audio-Freak seit 1979 und seit über 50 Jahren so ziemlich offen für alles, was einen Stecker oder einen Akku hat.

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