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Virtual Acoustic Cave GH51 Pro im Test – Geheimtipp mit 8 separaten Treibern gegen Virtual Surround und das Razer Tiamat 7.1?

Soundmessungen

Wie ich teste, habe ich im Grundlagenartikel “Gaming-Headsets: Mythos, Wahrheit und wie wir testen” bereits sehr ausführlich und transparent dargelegt, denn mit dem üblichen Audio-Geschwurbel von Bassgewittern und Hochtonpeitschen kommt man nicht wirklich weiter. Man muss schon subjektiv gut zuhören können und parallel dazu auch messen. Doch beginnen wir zunächst mit Letzterem.

Die reine Stereo-Wiedergabe ohne Dolby Pro Logic klingt relativ flach, weil der große 40-mm-Treiber ganz offensichtlich nicht sauber mit eingebunden wird. Was herauskommt, ist ein etwas arg flacher Sound, der unterhalb von einem KHz bereits im Pegel stark abfällt. Die künstliche Umsetzung des Stereo-Signals in ein Surround-Konglomerat bringt zwar mehr Bass, aber für den reinen Musikgenuss ist das erst einmal nichts.

Nimmt man nun die echte Mehrkanal-Wiedergabe zur Hilfe, dann kommt auch genügend Bass dazu, der zudem angenehm natürlich klingt und auch einen fast schon erstaunlichen Tiefgang bietet. Trotzdem ist dies trotz allem noch lange kein fetziger Bass-Bomber, sondern eine eher zurückhaltende Interpretation der akustischen Tiefsee. Auch damit kann man leben, zumal die Pegelfestigkeit einigermaßen gut ist.

Die Kurven der spektralen Zerfallsanalyse (CSD) bieten weitere sehr nützliche Informationen über die Leistung der verbauten Treiber. Diese Analyse basiert auf dem bereits oben dargestellten Frequenzgangdiagramm, enthält aber zusätzlich noch das Element Zeit und zeigt nun als 3D-Grafik (“Wasserfall”) sehr anschaulich, wie sich der Frequenzgang über die Zeit hin entwickelt, nachdem das Eingangssignal gestoppt wurde. Umgangssprachlich wird so etwas auch “ausklingen” oder “ausschwingen” genannt.

Normalerweise sollte der Treiber nach dem Wegfall des Eingangssignals ebenfalls möglichst schnell anhalten. Einige Frequenzen (oder sogar ganze Frequenzbereiche) werden jedoch immer langsam(er) abklingen und dann in diesem Diagramm als länger anhaltende Frequenzen auf der Zeitachse auch weiterhin erscheinen. Daran kann man gut erkennen, wo der Treiber vielleicht besonders “scheppert” oder wo sogar Resonanzen auftreten und das Gesamtbild stören könnten.

Die kleinen Treiber leisten sich hier kaum Fehler, lediglich im Surround-Modus ist bei ca. 7 und 8 KHz ein unangenehmes Nachschwingen hörbar, das ich aber nicht den Treibern ankreide, sondern dem Pro Logic Gedöns, weil hier einfach Signale verfälscht und neue Dinge hinzugeneriert werden, die gar nicht im Original eingespielt wurden. Subjektiv ist dies dann eher ein gewissen Zischen, das man beim Gaming gar nicht so störend empfinden wird, aber Sibilanten von Vocals geradezu pornös ins Ohr tackert.

 

Subjektives Hörerlebnis

Um es kurz zu machen: Musik kann, muss/sollte aber nicht. Anders sieht es beim Gaming oder dem Einspielen echter Surround-Quellen aus. Die Codecs tun was sie sollen und der räumliche Effekt ist beim Cave GH51 deutlich ausgeprägter, als der virtuelle Surround irgendwelcher Softwarelösungen, zumal alles auch ohne zusätzliche Treiber und Kalibrierungen bestens funktioniert. Gaming geht also erstaunlich gut, Filme verlieren kaum an räumlicher Transparenz.

Das kann man auf die Haben-Seite schreiben. Auch wuseliges Kampfgetümmel mit sehr breitbandigen Kulissen und ganze Schlachten-Panoramen werden noch recht souverän abgebildet, zumal die flinken Treiber sehr schnell und präzise ansprechen und auch eine gewisse Pegelfestigkeit mitbringen. Doch immer dort, wo auch sehr Musik-lastige Phasen dominieren, ist die Freude schnell getrübt. Dann doch lieber einen 150-Euro Stereo-Kopfhörer kaufen und notfalls auf Software setzen?

Eigentlich schon, denn wer ein klein wenig musikalische Vorbildung besitzt, wird die Limitierungen dieses Systems schnell mitbekommen. Wobei man mit einem cleverer abgestimmten DSP-Einsatz sicher noch hätte leicht gegensteuern können.

Zusammenfassung und Fazit

Wenn es denn eine echte Mehrkanalwiedergabe mit verschiedenen Treibern pro Muschel sein soll, dann bietet das Cave GH51 von Virtual Acoustic eine interessante Alternative zu existierenden Geräten. Allein der Treiber- und Registrierungszwang beim Razer Tiamat würde mich wohl vom Kauf abhalten, hier muss man wirklich nichts weiter tun, um das Teil einzuschalten. Das Headset läuft zudem wahlweise auch als normales Bluetooth-Gerät am Smartphone oder mit Transmitter an diversen, sehr unterschiedlichen Quellen.

Die wirklich umfassende Konnektivität macht es zu einer schönen Alternative, solange man die Limitierungen nicht aus den Augen verliert. So überzeugend die räumliche Wiedergabe stellenweise auch ausfällt (dass ich das jemals schreiben würde, erstaunt mich selber), so sehr krankt die Qualität einer breitbandigen Musikwiedergabe auf gehobenerem Niveau. Die übliche Schrammel-Mucke geht gerade noch so, aber ernsthaftes Hören ist wirklich ein ganzes Stück weit eingeschränkt. Leider.

Ob man sich nun am Kickstarter-Projekt beteiligt oder nicht, ist reine Auslegungs- und Interpretationssache. Neugierige werden sicher angenehm befriedigt, wenn man auf der Suche nach einem Kino- oder Gaming-Headset für aufgepumpte Effektinhalte, Alien-Schnetzler und Terminator-Soundkracher ist. Feinsinnige Dramen und sanft musikalisch untermaltes Elfengeschwurbel ist eher nicht das Ding des Cave GH51, bei dem die Titanic wohl sicher zweimal untergehen würde. Erst optisch wie gehabt am Bildschirm und danach auch akustisch, wenn die gute Céline vergeblich gegen den Surround ansingt. Strudel, patsch, zisch und tschüss! Dafür immerhin schön räumlich, das hat auch seinen Charme.

Aber, so fair muss man bleiben, es ist ein ambitioniertes Projekt, welches sehr deutlich zeigt, dass es gehen könnte, wenn man die physikalischen Gesetze nicht allzu übermütig umbiegen möchte. Und es hat keinen Bass-Boost, was in mir eine gewisse Dankbarkeit erzeugt. Es ging und geht in Vergangenheit und Gegenwart nämlich auch deutlich schlechter! Auch das muss einmal gesagt werden. Und nicht überall, wo Gaming draufsteht, ist auch Gaming drin. Hier passt es zumindest einigermaßen.

Hier noch einmal der Link zum Kickstarter-Projekt

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About the author

Igor Wallossek

Chefredakteur und Namensgeber von igor'sLAB als inhaltlichem Nachfolger von Tom's Hardware Deutschland, deren Lizenz im Juni 2019 zurückgegeben wurde, um den qualitativen Ansprüchen der Webinhalte und Herausforderungen der neuen Medien wie z.B. YouTube mit einem eigenen Kanal besser gerecht werden zu können.

Computer-Nerd seit 1983, Audio-Freak seit 1979 und seit über 50 Jahren so ziemlich offen für alles, was einen Stecker oder einen Akku hat.

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