Grafikkarten Testberichte VGA

Passiv-Vergleichstest: Palit GTX 1050 Ti KalmX 4GB vs. XFX RX460 4GB Passive HE

1. Temperaturentwicklung bei verschiedenen Einbauten

Leider muss ich auch bei diesem Test die Illusion einer wirklich komplett passiv gekühlten Karte gleich eingangs zerstören, da beide Karten im komplett offenen Aufbau gerade noch so mit Hängen und Würgen funktionierten. Sobald man sie irgendwo einbaut – und sei das Gehäuse auch noch so groß und zerlöchert – werden sie irgendwann aussteigen.

Obwohl im Testaufbau keine weiteren Wärmequellen wie eine CPU für zusätzliche Probleme sorgten und ich zudem die nächstliegende Seitenwand bzw. sogar die Rückwand so weit wie möglich offengelassen hatte, sind beide Karten an ihre Grenzen gestoßen.

Während die Palit GTX 1050 Ti KalmX 4GB wenigstens noch mit nahezu inaktivem Boost vor sich hin köchelte, stieg die XFX RX460 mehrmals mit schwarz-weißem Schachbrettmuster komplett aus. Hier griffen dann noch nicht einmal die erwarteten Schutzmechanismen. Bei knapp 93°C ist einfach Schluss.

Deshalb habe ich mich für den Langzeittest – immerhin liefen die Messungen jweils immer eine volle Stunde – für die späteren Thermografieanalysen auf insgesamt drei Szenarien beschränkt und sowohl im ofenen Aufnau als auch im geschlossenen Gehäuse mit einem Lüfter (Überdruck) bzw. zwei Lüftern (Unterdruck) gearbeitet. Für die Temperaturvergleiche stelle ich allerdings alle vier Ergebnisse gegenüber.

Wir sehen deutlich, dass der deutlich kleinere Kühler der XFX-Karte stark ins Hintertreffen gerät und mindestens einen Gehäuselüfter voraussetzt. Auch bei den Spannungswandlern ergibt sich ein ähnliches Bild: Die MOSFETs der Palit-Karte haben zwar aufgrund der fehlenden dritten Phase punktuell mehr Last zu stemmen, profitieren aber merklich von den verwendeten Wärmeleitpads.

Wie ich es schon angedeutet hatte, macht der Micron-Speicher auf der Palit-Karte die deutlich schlechtere Figur, trotz des eigentlich nominell besseren Kühlers. Aber die Speichermodule sind ja bei beiden Karten vom Kühlkonzept ausgeschlossen, so dass sich hier das Bild erstmals sehr deutlich umkehrt.

Solange man nicht gleich zwei Lüfter nutzt, liegt der Speicher sogar konstant über den 85°C, die der Hersteller als Maximalwert spezifiziert hat, was die eigentlich bisher guten Messergebnisse für diese Karte wieder relativiert. Langzeittauglich ist dies nämlich wirklich nicht.

2. Thermografiebilder unserer IR-Messungen

Um das eben Geschriebene noch einmal zu veranschaulichen, haben wir nun die wichtigsten drei Durchläufe auch mit der hochauflösenden Thermokamera dokumentiert und zudem noch einen Messpunkt auf der Heatpipe ergänzt.

Open Bechtable (komplett offen)

Geschlossenes Gehäuse (Überdruck, 1 Lüfter)

Geschlossenes Gehäuse (Unterdruck, 2 Lüfter)

Die Messungen zeigen sehr eindeutig, dass die Erwärmung der nicht über Sensoren auslesbaren Komponenten stellenweise in Bereiche klettert, die man der Hardware aufgrund der jeweiligen Herstellerspezifikationen erst gar nicht auf Dauer zumuten möchte. Palit wäre gut beraten, den Speicher etwas niedriger zu takten und damit auch die Spannungen etwas abzusenken – oder aber auf Samsung-Module auszuweichen, die kühler agieren. Allerdings dürfte hier auch Nvidia mit im Boot sitzen, die den Herstellern GPU und Speicher im Bundle verkaufen.

3. Tatsächlich erreichte Taktraten

Und nun wird es spannend, denn hohe Temperaturen wirken sich ja immer negativ auf die tatsächlich erreichbaren Taktraten aus. Wir haben die Karten jeweils immer eine Stunde im Loop laufen lassen, bis wir dann über mehrere Minuten hinweg die durchschnittlichen Taktraten ermittelt haben. Man muss diese Messungen wirklich über einen längeren Zeitraum machen, weil sich erst nach rund 30 Minuten (oder noch später) das wirkliche Leistungsgefälle abzeichnet.

Während die passiv gekühlte RX460 zwar im Endergebnis nur geringe Unterschiede beim Takt zeigt, bleibt sie dann stets (stellenweise deutlich) unter dem eigentlichen Basistakt – von Boost gar keine Spur. Da helfen dann noch nicht einmal zwei Lüfter, um wenigstens die 1090 MHz konstant zu erreichen. Die viel zu kleine Kühlfläche rächt sich hier mit aller Deutlichkeit.

Die GeForce von Palit kann aus zweierlei Gründen eine deutlich bessere Figur machen. Auf der einen Seite ist der Küher mit seinen weit über 100 Gramm mehr aufgewendetem Metall für den Kühler ein ganz anderes Kaliber – und auch Nvidias Boost arbeitet deutlich filigraner. Nur lüfterlos im Käfig siecht der Pascal-Chip etwas vor sich hin, blüht aber sogar schon im offenen Benchtable auf, um dann mit etwas Luftunterstützung zu alten Tugenden zurückzufinden.

In der Gewinn- und Verlustrechnung sieht es dann so aus, dass die Palit GTX 1050 Ti nur recht wenig verliert, während die ohnehin schon langsamere XFX RX460 Passive Heatsink Edition den Hintern nicht hochbekommt. Hier hätte ein deutlich besserer Kühler sicher einiges herausreißen können, denn der Chip ist per se nicht wirklich so schlecht, wie er nun dasteht.

Ich kann den Herstellern nur raten, solche Karten selbst erst einmal unter realen Bedingungen zu testen und in den R&D-Abteilung besser auf Mainboard-Schachteln und Kabelbinder zu verzichten. Einbauen, testen und verstehen, warum solche Konzepte schief gehen (müssen).

4. Gaming Performance

Ich habe zwei aktuellere Spiele ausgesucht, die exemplarisch zeigen, wo beide Karten im aufgeheizten Zustand stehen. „Sniper Elite 4“ ist auf „Medium“ sogar mit den heißen Karten noch gut spielbar, wobei der Vorsprung der GeForce GTX 1050 Ti gar nicht so extrem groß ausfällt, wie es die 40 Euro Mehrpreis vermuten lassen würden. Hier helfen DirectX 12 und die aktivierte „Async“-Function der kleinen Polaris-11-GPU nämlich recht kräftig auf die Sprünge.

Eher „gängige“ DirectX-11-Titel hingegen zeigen, dass die GeForce GTX 1050 Ti dann doch ein ganzes Stück schneller ist, wenn auch bei gleicher Leistungsaufnahme und Abwärme. Die größeren Taktschwankungen fallen erneut stärker ins Gewicht, da Boost deutlich empfindlicher auf Wärme reagiert.

Was wir aber für uns mitnehmen können ist, dass die besere Kühlung auch stets die bessere Performance mit sich bringt – und andersherum.

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About the author

Igor Wallossek

Chefredakteur und Namensgeber von igor'sLAB als inhaltlichem Nachfolger von Tom's Hardware Deutschland, deren Lizenz im Juni 2019 zurückgegeben wurde, um den qualitativen Ansprüchen der Webinhalte und Herausforderungen der neuen Medien wie z.B. YouTube mit einem eigenen Kanal besser gerecht werden zu können.

Computer-Nerd seit 1983, Audio-Freak seit 1979 und seit über 50 Jahren so ziemlich offen für alles, was einen Stecker oder einen Akku hat.

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