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Upgrade oder Abzocke? – Sony WH-1000XM4 Wireless ANC Kopfhörer im Homeoffice Usability-Test

Spielerein mit KI und unnötige Features hin oder her, am Ende des Tages sind es ja primär immer noch Kopfhörer, die mit ihrer Audio-Qualität glänzen wollen. Und das können sie durchaus, wenn man Bluetooth als primären Usecase-Kontext mit berücksichtigt. Natürlich gibt es zum selben Preis besser klingende kabelgebundene Alternativen, aber diese können dann beispielsweise kein ANC oder sind vielleicht nicht so bequem.

Wie bereits eingangs erwähnt nutze ich Spotify „Very High“ Quality Streaming und Meetings mit Microsoft Teams in meinem Dayjob als Testszenarien und hier schlagen sich die WH-1000XM4 wirklich gut. Vor allem wenn man „LDAC“, also Sony’s proprietären Übertragungs-Standard mit größerer Bandbreite in den Bluetooth-Einstellungen moderner Smartphones aktiviert, oder die Kopfhörer direkt per Klinke anschließt, können sie mit nur-Kopfhörern in ihrer Preisklasse nahezu mithalten.

Natürlich ist der Klang nicht so analytisch wie bei Studio-Monitoren, da es sich ja mehr um ein Lifestyle-Produkt für jedermann handeln soll. Die Tieftöne sind etwas stärker betont, aber dennoch relativ straff und stören nicht. Der Übergang zu den ebenfalls stärker betonten Mitteltönen ist Sony sehr fließend gelungen, sodass besonders Stimm- und Bass-intensive Musikstücke wirklich Spaß machen.

Die Hochtöne halten sich dafür etwas mehr zurück, klingen aber sauber und auch bei hohen Lautstärken nahezu ohne Verzerrungen. Hier könnte man vielleicht mit DSEE Extreme eine kleine Verbesserung wahrnehmen, wobei wahrscheinlich mein Quellmedium hier nicht feinfühlig genug ist. Die Audio-Qualität kann sich also wirklich hören lassen, wobei das aber auch schon für den Vorgänger galt.

Bei der Nutzung als Headset sind die Gefühle leider etwas gemischter, besonders in Zusammenwirkung mit dem Bluetooth-Treiberstack von Windows. Auch mit den modernsten Bluetooth-Standards ergibt sich hier noch eine merkliche Verzögerung bei der Wiedergabe von geschätzten 500 ms. Eine halbe Sekunde klingt zwar erstmal nicht nach viel, erschweren aber alle Echtzeit-Anwendungen merklich.

So sind Online-Besprechungen ja ohnehin schon meist mit größeren Latenzen verbunden und mit Bluetooth-Kopfhörern auf der Empfängerseite ist man dann definitiv der Teilnehmer mit der längsten Leitung. Entsprechend kommen dadurch unangenehme Situationen, wo man sich gegenseitig ins Wort fällt, öfter zustande. Und dies tritt wohlgemerkt schon im „Headphone“-Modus der Bluetooth Verbindung auf, also dort wo das integrierte Mikrofon gar nicht genutzt wird und die Bluetooth-Verbindung nur in eine Richtung überträgt.

Den „Headset“-Modus kann ich überhaupt nicht empfehlen, da man hier Latenzen auf der Hin- und Rückrichtung hat, die Audiobandbreite und damit -qualität effektiv halbiert wird, und das integrierte Mikrofon in allen Szenarien außer eine Telefonzelle, für andere Gesprächsteilnehmer an der Grenze des zumutbaren ist.

Was ich des weiteren nicht empfehlen kann, ist die Kopplung von zwei Geräten gleichzeitig. Hier versuchen die Kopfhörer zwar theoretisch immer intelligent zu dem Gerät umzuschalten, welches gerade etwas wiedergibt, praktisch wird man aber jedes mal aus der Besprechung am PC geworfen wenn am Handy eine Benachrichtigung aufpoppt. Und auch wenn zwei PCs gleichzeitig verbunden sind, wirkt das Umschalten alles andere als intelligent – Stichwort Autoplay.

Und auch wenn man das Feature deaktiviert und nur ein PC verbunden ist, so wird manchmal einfach kein Audio übertragen. Als Workaround muss man dann das Audio-Gerät von „Headphone“ zu „Headset“ und wieder zurück wechseln und dann funktioniert es wieder, bei der vierten Generation eines Produktes könnte man aber erwarten, dass solche Funktionen schon ausgereifter sind.

Wer sich jetzt denkt: „Da gibt’s doch bestimmt ein Firmware-Update!“, dem muss ich mit „jein“ antworten. Ganz unten in der App im „System“ Tab gibt es hierzu zwar einen Menüpunkt, man kann hier aber nicht aktiv nach Firmware-Updates suchen. Sony will hier wohl den hippen Lifestyle von Apple nachahmen und dem User die Entscheidung verwehren, wann welches Update installiert wird. Und auch nachdem nach zwei Tagen Nutzung endlich ein Popup mit einem angeblichen Firmware-Update auftauchte, konnte ich keine Besserung im Verhalten feststellen. Schade.

Als langjähriger Nutzer des Vorgängermodells muss ich klar sagen, die WH1000-XM4 sind definitiv kein Upgrade, höchstens ein Sidegrade, und zu einer UVP von 379 Euro leider eine bedenkliche Wahl. Die Konkurrenz im ANC-Markt schläft leider und Sony hatte schon mit den WH1000-XM3 eine wirkliche Goldkuh an der Hand. Kein Wunder also, dass man diese nun mit neuen Hochglanz-Features ausgestattet weiterhin versucht zu melken und dafür den stolzen Preis eines Marktführers aufruft.

Nahezu keine Verbesserungen in den kritischen Bereichen wie Bluetooth-Latenz, Bedienung der App, Kopplung und Umschalten von Geräten mit Features aufzuwiegen, nach denen wahrscheinlich keiner verlangt hat, einzelne Features wie den manuellen Transparency Mode scheinbar gänzlich zu streichen und dann dafür einen fast 50% höheren Preis aufzurufen, muss man sich erst mal trauen.

Die Entscheidung beim Vorgängermodell WH-1000XM3 zu bleiben, ist mir also ausgesprochen leicht gefallen. Und ebenso leicht fällt es mir eine klare Empfehlung auszusprechen, für das Vorgängermodell WH-1000XM3, vor allem wenn man es zum Ausverkaufspreis von unter 200 Euro mal relativ günstig bekommen kann, und gegen das aktuelle Modell aus dem heutigen Test WH-1000XM4.

Sony WH-1000XM3 schwarz (WH1000XM3B.CE7)

Sony WH-1000XM3 silber (WH1000XM3S.CE7)

Kommentar

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ipat66

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1,343 Kommentare 1,335 Likes

Schöner KH Test....
Nach Deinem,werden einige Geld sparen und warten bis Sony alles überarbeitet hat oder sich für
eine bessere Alternative entscheiden.
In Anbetracht des Preises,sind die „Macken“ nicht zu entschuldigen.

Hoffe Du findest bald etwas neues für Deine Ohren...:)

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Besterino

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6,671 Kommentare 3,266 Likes

Tjo, wer Funk kennt, nimmt Kabel?

Im Homeoffice setze ich selbst tatsächlich auf Kabel, bei Micro wie Kopfhörer. Nur beim Handy hab ich zu den AirPods gegriffen (iPhone halt) und bin damit für Telefonate und Hörbücher sehr zufrieden. Wollte vor allem nicht immer bei einem Anruf das Kabel entwirren - das dauerte bisweilen länger als das Telefonat...

Musik höre ich mobil nicht und ANC ist dank in-ear auch nicht ganz so wichtig (mir fehlt aber auch der Vergleich). Unterschiedliches Nutzungsprofil quasi. ;)

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Igor Wallossek

1

10,107 Kommentare 18,597 Likes

Ich habe alles an den Lautsprechern und als Micro meist die Webcom (Logidingens). Geht auch und ohne Funk oder Kabel, da ich fast immer allein im Raum bin. Nur der Skype-Ton jaut beim Sub immer voll durch :D

Ansonsten Amiron Wireless und ohne ANC, braucht im Office eh keiner.

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Besterino

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6,671 Kommentare 3,266 Likes

Für Freisprechen im (Home)Office bin ich echt großer Fan der Jabra Speak Dinger. Selten so unkomplizierte Hardware gehabt. Am PC/Laptop muss ich mich dank USB nicht mit Bluetooth herumärgern. Ich kann am Jabra-Ding selbst schnell muten/unmuten ohne erst im allgemeinen Fenster-Wirrwarr die Konferenz-App bzw. das Browserfenster finden zu müssen, oder eben auch Lautstärke ändern, Gespräche annehmen/beenden usw.

Parallel hab ich per Bluetooth grds. das Handy gekoppelt, aber kann Bluettooth auch per Taste am Gerät schnell ganz nach Bedarf an/abschalten und die Verbindung ist zuverlässig ratzfatz da. Dank Akku dann auch Portable.

Das Ding fährt den Nerv- und Stressfaktor im Bereich Kommunikation bei mir echt insgesamt merklich runter. Aber: hocke auch fast immer allein im Zimmer, daher keine KH-Pflicht.

Für Musik, Filme oder sonstigen Ton nutze ich das nicht wirklich - ist halt ein Arbeitsgerät,
dafür aber wie es sein soll: macht zuverlässig was es soll.

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ssj3rd

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213 Kommentare 142 Likes

Bin seit über 1 Jahr komplett im Home Office, mit einem Kabel wäre ich hier doch sehr sehr eingeschränkt, vor allem bei den Telkos und Meetings etc.
Ich wäre ja währenddessen komplett an den Schreibtisch gebunden und das über Stunden, Hilfe nein.

So laufe ich hier munter in der Wohnung rum während der Gespräche/Meetings und bewege mich wenigstens. (Da kommen mehrere tausend Schritte pro Tag zusammen)

Nebenbei mache ich teilweise sogar recht viel:
Kochen/Backen, Wäsche/Geschirr waschen,Spüler Ein/Ausräumen, meine Kinder belustigen.
Viele Telkos verlangen heutzutage eher nach Anwesenheit, viel sagen musst du als IT‘ler ja meist eh nicht.

Aber wie gesagt, mit Kabel würde ich mich hier selbst knebeln und fesseln und meine Bewegungsfreiheit massiv verlieren.

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Besterino

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6,671 Kommentare 3,266 Likes

Jo, dafür nehm' ich dann ab und an das Handy mit den Airpods. Mit dem Jabra kannste auch noch gut im Raum rumlaufen - hörst ja alles und sprechen geht auch.

Aber das Gute ist ja: dank der diversen und ganz unterschiedlichen Geräte kann wohl jeder das für sich individuell am besten (technisch) passende Umfeld schaffen. :D

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ssj3rd

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213 Kommentare 142 Likes

Auf jeden Fall, nur geißeln sollte man sich nicht. 🙏

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Arnonymious

Veteran

186 Kommentare 72 Likes

Ich bin im Homeoffice auch mit nem Jabra Headset mit Dongle am Laptop bzw. Blauzahn am Handy drahtlos unterwegs und froh, dass der Empfang die Strecke bis zur Kaffeemaschine in der Küche schafft. Ansonsten wäre ich schon bei so manchem "Meeting" mangels eigener Wortbeiträge weggeknackt.

Was den Test angeht, danke dafür. Ich hatte das Vorgängermodell vor einiger Zeit mal im Blick, habe mich dann aber mangels ANC Bedarf doch dagegen entschieden. Ein Bekannter hat das Headset (Vorgänger) aber im Einsatz und ist insgesamt zufrieden.

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Blubbie

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808 Kommentare 275 Likes

Falls jemand noch Empfehlungen sucht:
Ich gehöre auch zu den homeofficern seit märz 2020. mit einigen unterbrechungen.
Ich nutzer bei den Telefonkonferenzen/Meetings hauptsächlich mein Gaming Headset Steel Series Arctics Wireless von 2019.

(hatte damals 280 eur gekostet)
Vorteile:
- bluetooth, kabel und 2,4 Ghz Empfänger (Station)
- super leicht austauschbare akus (2 stück sind direkt dabei) d.h. man kann direkt am schreibtisch einen akku in der Empfängerstation laden während der andere im Einsatz ist. Daher keine downtimes
- ziemlich gutes mikro.
- was ich besonders hervorheben will: Mikro Ton ist in die Kopfhörer dazu mischbar. D.h. man kann es so einstellen, dass man sich selbsrt auch im Kopfhörer sprechen hört. Das führt dazu, dass man nicht sonst wie laut reden muss, da man selbst einschätzen kann wie laut man ist. Finde ich als eines der wichtigsten sachen überhaupt.

Nachteile:
- sitzt relativ eng am kopf aber ich hab auch relativ großen kopf :-D

Habe ansonsten noch ein Bose Quiet Comfort von 2018 - super noise canceling und besser für music/film wie ich finde

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Klicke zum Ausklappem
ApolloX

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1,627 Kommentare 907 Likes

Da ich Funk kenne, nutze ich Kabel, genauer gesagt einen Bose QC25 mit Kabel. Da kann ich zwar nicht um Raum rumlaufen, wenn ich mit dem PC Telefoniere, aber das Umstecken zwischen PC Klinke und Handy Klinke dauert 1 sec und läuft im Anschluss sicher. Und wenn ich im Büro bin, bringt ich mit NC meine Umgebung zum Schweigen. Das läuft bei mir seit 2014.
Einmal hat mir 2017 eine Seite zum Knacken angefangen: Bose Homepage, Chat gefunden, Problem geschildert, Seriennummer denen geschickt, Austausch veranlasst. Da kaufe ich gerne wieder.

Das heißt jetzt nicht, dass andere schlecht sind, aber ich bin mit dem verkabelten Set echt zufrieden.

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e
eastcoast_pete

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1,406 Kommentare 769 Likes

Zunächst Mal Danke für den Testbericht. Wenn ich es aber richtig gelesen habe, dann ist der KH wohl nicht so toll wenn's ums gehört werden geht (eingebautes Mikro); schade, denn das ist bei mir unverzichtbar. Die Suche nach der edelstahleierlegenden Wollmilchsau unter den Kopfhörern - komfortabel, ANC mit gutem Klang, der auch wirklich gute Audio-Out Qualität kann - geht weiter.

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g
goch

Veteran

466 Kommentare 178 Likes

Was ich seit mehr als 5 Jahren im Homeoffice nutze, und nicht mehr missen möchte, sind Headsets mit DECT Basis Station (meistens Plantronics). Handy und PC (früher auch noch Festnetz) alles an einer Base. Extrem schnelle mute/unmute auf allen Kanälen, exzellente Sprachqualität und vorallem: Man kann auch mal aufstehen und sich einen Kaffee holen / Paket annehmen / etc. -> die Spielchen kennen wir ja alle mittlerweile.

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Llares

Mitglied

70 Kommentare 34 Likes

Hab vor ein paar Jahren mehrere ANC-BT- Headset getestet, da ich normalerweise in einem Großraumbüro arbeite. Getestet hatte ich:
- Sony WH-1000MX3
- Bose QC35-II
- Sennheiser PXC 550

Vom Sound haben mir die Sony am Besten gefallen, ANC war bei Bose und Sony gleichwertig. Letztendlich habe ich aber doch zu den Sennheiser gegriffen, denn Bose und Sony waren für mich im Büro unbrauchbar. Ich konnte damit nicht telefonieren, da mein Gesprächspartner meine lieben Kollegen im Hintergrund teilweise besser hören konnten als mich. Die Gesprächsqualität, gerade mit Hintergrundgeräuschen, wird in vielen Tests leider vernachlässigt.

Die Sennheiser (aktuell die PXC 550-II) bilden da für mich den besten Kompromiss aus ANC, Qualität, Tragbarkeit und Verständlichkeit. Aktuell arbeite ich auch im HO mit vielen Meetings (hauptsächlich Teams), und Verzögerungen, die das Miteinander derart beeinträchtigen wie Igor das hier beschreibt, sind mir nicht aufgefallen.

Interessant sind da vielleicht noch die Bose Headphones 700. die sollen ja speziell auf Telefonqualität optimiert sein.

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Llares

Mitglied

70 Kommentare 34 Likes

Das ist ja nun etwas, man wirklich nutzen sollte, wenn man den ganzen Tag das Headset nutzt. Qualitätsmäßig geht da nichts drüber. Wenn man allerdings auch etwas sucht, was man auch zum Musikhören nutzen kann und zum Reisen (ANC), dann ist man da leider auf andere Formate angewiesen. Oder zahlt halt doppelt.

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Xaver Amberger (skullbringer)

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