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Tronsmart Element T6 Plus im Test – Tröte oder Kröte? Balkonien klingt anders.

Messergebnisse

So, liebe Freunde der lauwarmen Badewanne, jetzt müsst Ihr wirklich tapfer sein! Die grüne Kurve zeigt den Standardzustand, Rot steht für den 3D-Irgendwas-Bass und Violett für den Mega-Bass-Boost. Dass man den Oberbass anfettet, um die bauartbedingten Tiefton-Defizite zu kaschieren, ist normal. Doch das hätte man besser bei 120 Hz getan, denn das hier geht brutal auf die Pegelfestigkeit der ohnehin schon schwächlichen Ärmchen der kleinen Endstufen-Krabbelgruppe.

Bei ca. 200 Hz schlägt das erste Tal der Tränen, um dann im Gegenzug bei 2,6 KHz die Mitten gnadenlos bis zum hilflosen Aufschrei zu pushen. Bei 8 KHz ist akustisches Fasten angesagt, danach kommt  kaum noch was. Das ist eine klangliche Achterbahn, die selbst einen gut trainierten Magen an die Grenzen der Belastbarkeit bringt, von den Ohren mal ganz zu schweigen. Das ist wie Kurbeltelefon 2.0 mit viel Schmalz untenrum.  Das Mikrofon konnte ich in der Kammer aus technischen Gründen nicht messen, denn es war keine BT-Verbindung möglich.

Kumulative Spektren

Das kumulative Spektrum bezeichnet verschiedene Arten von Diagrammen, die Zeit-Frequenz-Eigenschaften des Signals zeigen. Sie werden durch die aufeinanderfolgende Anwendung der Fourier-Transformation und geeigneter Fenster auf überlappende Signalblöcke erzeugt. Diese Analysen basieren auf dem bereits oben dargestellten Frequenzgangdiagramm, enthalten aber zusätzlich noch das Element Zeit und zeigen nun als 3D-Grafik (“Wasserfall”) sehr anschaulich, wie sich der Frequenzgang über die Zeit hin entwickelt, nachdem das Eingangssignal gestoppt wurde. Umgangssprachlich wird so etwas auch “ausklingen” oder “ausschwingen” genannt.

Normalerweise sollte der Treiber nach dem Wegfall des Eingangssignals ebenfalls möglichst schnell anhalten. Einige Frequenzen (oder sogar ganze Frequenzbereiche) werden jedoch immer langsam(er) abklingen und dann in diesem Diagramm als länger anhaltende Frequenzen auf der Zeit- oder Perioden-Achse auch weiterhin erscheinen. Daran kann man gut erkennen, wo der Treiber eklatante Schwächen aufweist, vielleicht sogar besonders “scheppert” oder wo im ungünstigsten Fall Resonanzen auftreten und das Gesamtbild stören könnten.

Beim mittlerweile nicht mehr üblichen CSD wird der Plot im Zeitbereich (ms) erzeugt, während der hier verwendete Burst Decay Plot in Perioden (Cycles) dargestellt wird. Und während beide Methoden ihre Vor- und Nachteile (oder Einschränkungen) haben, kann man durchaus sagen, dass die Darstellung in Perioden durchaus sinnvoller sein kann, um das Abklingen eines Lautsprechers mit einer großen Bandbreite zu bestimmen.

Und genau da trötet es munter weiter. Wir sehen eine Resonanzschwingung im Oberbass bei ca. 90 Hz, ein paar kleine Nachhänger bei ca. 500 Hz und 3.5 kHz und im späteren Verlauf dann auch das brutale Mitten-Inferno. Das gesamte Spektrum wobbelt munter vor sich hin und tönt auch dann noch nach, wenn die Ausgabe schlagartig aussetzt wird..

Kommen wir nun zur subjektiven Beurteilung der Dinge und lassen die Messkurven einfach mal links liegen. Die Einschätzung basiert auf der Normaleinstellung mit den deaktivierten DSP-Spielereien, die eh nichts verbessern können.

Basswiedergabe

Den Tiefstbass in der Subkontraoktave (16,4 Hz bis 32,7 Hz) testen mit einer Aufnahme von Bachs Toccata und Fuge D-Moll (19 und 25 Hz) sowie der Festival-Ouvertüre 1812 von Tschaikowsky (10 Hz und 12,5 Hz). Das gleiche gilt auch für die unteren Bereiche der Kontraoktave (32,7 bis 65,4 Hz). Die große Basstrommel (Kick Drum), die in der U-Musik ein gern gesehener Begleiter und meist auf ca. 55 bis 60 Hz abgestimmt ist, wird diese Beurteilung dann abrunden.

Der Bass geht ab etwa 70 Hz abwärts in den steilen Sturzflug über, was bei der Gehäusegröße aber normal ist. Er besitzt durchaus eine gewisse Fülle, entbehrt aber jeglicher Klarheit und Differenzierung. Das ist tief, aber wabbelig und falsch wie ein Diabetiker-Schokopudding.

Der Oberbass bis 150 Hz, in dem auch die Große Oktave (65,4 bis 130,8 Hz) liegt, beherbergt die Sprachgrundfrequenz der männlichen Stimme und entscheidet sehr stark über die naturgetreue Wiedergabe männlicher Vocals.

Dieser Bereich geht in Ordnung, auch wenn die männlichen Vokal beim Grundton zu fett abgebildet werden. Der Rest ist anwesend, aber reichlich undifferenziert und dafür echt matschig.

Mitteltonbereich

Die unteren Mitten (auch Grundtonbereich) liegen bei ca. 150 bis 400 Hz. Zusammen mit dem bereits erwähnten Oberbass spielt dieser Bereich eine sehr wichtige Rolle für die subjektiv empfundene Wärme bzw. Fülle des Klangbildes. Die Sprachgrundfrequenz weiblicher Stimmen ist in diesem Bereich zu finden.

Es schrammelt und knödelt zunächst etwas, um dann bei ca. 250 Hz komplett abzustürzen. Weibliche Vocals verkommen zu Statistinnen und gehen glatt unter. Die Klangfarbe der Stimmen und eingespielten Instrumente wirken komplett fehlinterpretiert und blass. Der weitere Verlauf nach oben hin ist hingegen wieder schön ausgeglichen. Was aber fehlt, ist jegliche Räumlichkeit.

Die oberen Mitten zwischen 400 Hz bis etwa zwei KHz beinhalten bei einem KHz eine Marke, die immer noch als Referenz für viele Messungen gilt. Das merkt man leider auch oft bei günstigeren Geräten, da die Hersteller oft versuchen, gerade diese Frequenz etwas überzubetonen. Auch beim Gaming spielt dieser Bereich keine unbedeutende Rolle und eine ausgewogene Wiedergabe trägt nicht unwesentlich zu einer guten räumlichen Auflösung bei.

Die Bühne geht, auch bauartbedingt, gegen null. Die subjektiv empfundene Qualität der räumlichen Auflösung ist also ein erneuter Reinfall. Die Sprachwiedergabe erfährt in diesem Bereich zumindest kaum Einbußen, immerhin. Nur dass bei den weiblichen Vokals der Grundtonbereich abhandengekommen ist. Aber das hatte ich ja schon.

Hochtonbereich

Zwischen zwei bis etwa 3,5 KHz ist das menschliche Gehör am empfindlichsten, zumal dieser Bereich der unteren Höhen für die gute Oberton-Wiedergabe der menschlichen Stimme zuständig ist. Dieser Frequenzbereich ist nämlich entscheidend für die Wiedererkennung einer Stimme oder eines Instrumentes; man spricht in diesem Zusammenhang auch von der jeweiligen Klangfarbe.

Welche Farbe eigentlich? Schrill Orange? Genau hier ist das Gehör ja am empfindlichsten und dann legt der Hersteller noch dieses fiese Sounding obendrauf? Die extreme Überbetonung zwischen 2 und 4 KHz ist nicht nur komplett überflüssig, sie kling tauch richtig schräg und schrottig. Wer das da abgestimmt hat, ist entweder senil und über 90, benutzt alternativ ein scheintotes Hörgerät oder beides. So etwas kann man einfach nicht machen, bei aller Liebe zu asiatischen Soundverballhornungen via DSP.

Die mittleren Höhen (3,5 bis sechs KHz) entscheiden über das Ge- oder Misslingen der Sprachwiedergabe als Gesamtbild, denn die S- und Zischlaute (Sibilanten) fallen in diesen Bereich. Die oberen Höhen reichen dann bis ca. zehn KHz, um in den Superhochton überzugehen.

Die Höhen sind hier echt der Tiefpunkt. Ab ca. 7 bis 8 KHz geht fast nichts mehr und wir sind wieder beim kaiserlichen Kurbeltelefon.  Mehr kann ich dazu nicht schreiben, weil einfach nichts ankommt.

Zusammenfassung und Fazit

Man kann bei solch kleinen Gehäusen durchaus Vieles tolerieren, solange der Preis stimmt. Er stimmt aber nicht. Der Tronsmart Element T6 Plus ist nämlich mit seinen 66 Euro (99 Euro UVP) nicht zu tolerierten, maximal noch zu ignorieren. Und zwar aktiv. Es gibt seit Langem mal wieder eine eindrückliche Nichtkaufempfehlung von mir und wer nicht wirklich einen Gehörschaden hat, sollte hier besser einen weiten Bogen ums Produkt machen. Das ist ein akustisches Abführmittel allererster Güte und mindestens Apotheken-pflichtig.

Mehr will ich jetzt dazu gar nicht mehr schreiben, denn es lohnt einfach den Aufwand nicht.

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About the author

Igor Wallossek

Chefredakteur und Namensgeber von igor'sLAB als inhaltlichem Nachfolger von Tom's Hardware Deutschland, deren Lizenz im Juni 2019 zurückgegeben wurde, um den qualitativen Ansprüchen der Webinhalte und Herausforderungen der neuen Medien wie z.B. YouTube mit einem eigenen Kanal besser gerecht werden zu können.

Computer-Nerd seit 1983, Audio-Freak seit 1979 und seit über 50 Jahren so ziemlich offen für alles, was einen Stecker oder einen Akku hat.

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