Da ich immer wieder nach der Thermalright T9 und TFX (also quasi TF10) gefragt worden bin, gibt es heute mal ein Thermalright-Special mit insgesamt fünf Pasten, von denen ich drei Pasten nur bedingt empfehlen würde. Auch wenn alle fünf Pasten vom Preis-/Leistungs-Verhältnis gut sind, halte ich einige davon für durchaus hochproblematisch. Drei von diesen Pasten hatte ich ja bereits schon etwas verstreut über andere Artikel getestet, die anderen beiden sind neu. Und eine Paste kann es fast mit den guten Industriepasten von Dow Chemical aufnehmen. Deshalb fasse ich das heute einmal zusammen und mache eine Art Thermalright-Roundup und einen echten Vergleich daraus, denn das findet man dann auch besser.
Wir hatten ja auch die Diskussionen im Forum über Skills bei viskosen Pasten und den Performance-Unterschieden von Nutzer zu Nutzer bzw. wechselndem Einsatzgebiet. Zwei der heute getesteten Pasten haben nämlich ein physikalisches Problem, auf das ich auch ausführlich eingehen werde. Denn meine Messung lässt dann auch all diejenigen wieder besser schlafen, die leise weinend an ihren eigenen Skills gezweifelt haben. Aber hier sind wirklich die Pasten schuld und nicht der Anwender. Doch dazu später mehr.
Thermalright TF4
Beginnen wir diesmal am unteren Ende der Thermalright-Nahrungskette mit der TF4, die den vier anderen Pasten in der Performance zwar zum Teil deutlich unterlegen ist, jedoch mit fast schon erschreckend niedrigen 3 Euro für 4 Gramm zeigt, dass man selbst dann noch eine fast vierstellige Marge erreichen kann. Es ist der günstigste Einstieg und doch keine echte Empfehlung wert, das kann ich schon einmal spoilern. Ja, kann man machen, wenn es einmal schnell gehen soll. Aber hohe Ansprüche sollte man besser keine stellen.
Thermalright TF 7
Die TF7 hatte auch bereits unlängst im Test die mit etwas über 4 Euro für 2 Gramm (über Amazon Prime versandfrei) auch zwar teurer als die TF4, aber aus meiner Sicht immer noch eine wirklich günstigste Paste ist. Hier liefert Thermalright schon eher wie bestellt, wobei der Preis ohne die ganzen Zwischenhändler natürlich unschlagbar ist. Das muss man zur Ehrenrettung der meisten Mitbewerber anmerken. Nur ändert das nichts am Umstand, dass die Paste sich auch in der Konsistenz noch anwenderfreundlich gibt. Skill-Level und so. Die TF7 ist normal nicht viskos und damit auch einfacher zu verarbeiten. Sie ist damit eigentlich genau der Kompromiss zwischen Haltbarkeit und Anwenderfreundlichkeit, den die alte GC-Extreme von Gelid seinerzeit mal berühmt gemacht hat.
Thermalright TF8
Die Thermalright TF8 ist eigentlich mehr als nur ein Geheimtipp, zumal diese hervorragend performende Paste für aktuell ab 5 Euro in der 2-Gramm-Packung fast genauso unschlagbar günstig ist wie die TF7. Wie und warum diese Paste aus meiner Sicht fast schon das Maximum des technisch Umsetzbaren und auch Anwendbaren ist, das erfahrt Ihr heute. Natürlich ist auch immer etwas Schatten, wo sehr viel Licht ist, denn man erreicht solche Werte nur, wenn man eine Paste auch sehr “hoch befüllt”, also mit sehr vielen wärmeleitenden Partikeln in der Matrix arbeitet. Das werde ich später bei der Materialanalyse noch erklären. Der Skill-Level steigt also gegenüber der TF7 noch weiter an. Soweit ich es in Erfahrung bringen konnte, könnte die Paste von T-Global stammen, wobei auch das ja nur ein Reseller ist.
Thermalright TF9
Diese Paste ist thermisch ein Brett, physikalisch leider auch. Diese Paste ist so hoch befüllt, dass sie zwar hervorragende Werte bei Wärmewiderstand und Wärmeleitfähigkeit besitzt, jedoch ungeahnte Probleme verursacht, die sich viele Anwender nicht erklären können, weil ihnen die Messmöglichkeiten fehlen. Es gibt einige Wenige, die mit der TF9 richtig glücklich sind, aber leider auch sehr viele, die an dieser Paste grandios scheitern. Darüber müssen wir heute mal reden. Haltbarkeit hin oder her, man kann es auch übertreiben. Skill-Level: Höchstnote. Soweit ich es in Erfahrung bringen konnte, soll auch diese Paste von T-Global stammen.
Thermalright TFX
Die Thermalright TFX (X als römische 10) ist der dominierende Betonkopf unter den Pasten, also quasi das Kantinenschnitzel unter all den warmduschenden Wärmeleitfilets. Nein, das ist keine Paste mehr, das ist Spachtelmasse vom Feinsten. Wie auch die TF9, scheitert diese Paste an ihrer eigenen Fettleibigkeit. Und so gern ich die TF8 und auch die TF7 mag, das hier ist eine Paste, die sich Thermalright besser geschenkt hätte. Wobei man sie als Putty vielleicht noch verwenden könnte (bis 500 µm). Aber die Erklärung kommt ja noch, also keine Angst.
Ein wichtiges Vorwort zur “Bulk-Wärmeleitfähigkeit” und falschen Marketing-Versprechen
Ich stelle jetzt bewusst noch zwei Zitate dagegen, die mir nicht nur aus der Seele sprechen, sondern auch mit meinen Labormessungen absolut überein stimmen. Viel mehr als 4 bis 5 W/(m·K), meinetwegen auch noch 6 W/(m·K) bei sehr, sehr guten Pasten, gehen mit konventionellen Mitteln unter den üblichen Bedingungen auf einer GPU oder CPU in Bezug auf Schichtstärke, Temperatur und Druck nämlich überhaupt nicht. Weil diese Zitate ehrlich sind und leider der Realität entsprechen, werde ich diesen Part ab sofort als Standardzitat in allen Pasten-Tests aller Hersteller verwenden und voranstellen. Physik kann man nicht verbiegen.
Wer sich fragt, wie man überhaupt auf Angaben oberhalb dieser Grenze kommt, dem sei gesagt, dass man Testbedingungen durchaus so anpassen kann, dass man in die Nähe astronomisch hoher Zahlen gelangt. Nur hat das Testen im Eimer mit der Realität nichts zu tun, auch wenn man ein bekanntes Messverfahren nutzt. Ohne Kenntnis der genauen Umstände sind solche Wert komplett irreführend und sinnlos. Man könnte zwar vielen Anbietern zugutehalten, dass sie es einfach nicht besser wissen und nur die Datenblätter der OEM abschreiben, aber es macht eine Irreführung der Verbraucher auch nicht besser.
Thermal Grizzly
Die meist theoretisch bestimmten Wärmeleitwerte unterscheiden sich stark je nach Anwendung, da wichtige Faktoren wie Anpressdruck, Temperatur oder Oberfläche nicht einheitlich berücksichtigt werden können. All unsere Kühlprodukte geben daher seit dem 4ten Quartal 2020 keine konkreten Werte zur Wärmeleitfähigkeit mehr an. Wir setzen weiterhin auf die Testergebnisse unabhängiger Tests und Reviews, damit unsere Kunden einen realistischeren Eindruck unter vergleichbaren Umständen von der Leistungsfähigkeit unserer Produkte in der Praxis erhalten können.
Arctic
ARCTIC hat sich bewusst dafür entschieden, keine Werte zur Wärmeleitfähigkeit von Wärmeleitpasten und Wärmeleitpads anzugeben, da viele Hersteller diesen Wert erfinden, künstlich anheben oder beschönigen. Wärmeleitpaste hat eine Wärmeleitfähigkeit von 1 bis 4 W/mK. Werte außerhalb dieses Bereichs, wie zum Beispiel 12,5 W/mK, entsprechen nicht der Wahrheit. Viele Wettbewerber geben Werte über 4 W/mK an, um eine bessere Leistung zu suggerieren. Dies führt oft zu falschen Erwartungen und unzufriedenen Anwendern…
Echte Langzeitsimulationen (3000 Stunden in 1000 Zyklen bis 90°C ) sind vom Aufwand her nicht machbar. Deswegen kann ich nur Prognosen abgeben, die ich aber auch als solche verstanden wissen will. Es ist quasi unmöglich, wissenschaftlich fundierte Aussagen in nur wenigen Tagen zu treffen. Ja, man kann einen Trend feststellen und diesen anhand vorhandener Daten als Prognose skalieren, nur ist dies nichts, was wirklich belastbare Aussagen ermöglicht. Deshalb muss ich, so leid es mir tut, diesen eigentlich so wichtigen Punkt ausklammern. Allerdings werde ich, soweit es die Zeit zulässt, Community-Feedback mit berücksichtigen und die Äußerungen bzw. Langzeiterfahrungen Dritter zu gegebener Zeit als Anmerkung mit in die Datenbank einfügen, falls es nötig erscheint. Im positiven, aber auch negativen Sinne. Nur ist dies ein subjektiver Wert, der in einer Vergleichsdatenbank nichts zu suchen hat.
Die Datenblätter, soweit es sie gibt, sind reichlich nutzlos. Aber dafür gibt es ja auch die Messungen und genau die haben es durchaus in sich. Auf gehts!
Weiterführende Links und Grundlagen
94 Antworten
Kommentar
Lade neue Kommentare
Veteran
Urgestein
Urgestein
Mitglied
1
Mitglied
Urgestein
1
Urgestein
1
Veteran
1
Mitglied
Veteran
Veteran
Mitglied
Urgestein
Veteran
Veteran
Alle Kommentare lesen unter igor´sLAB Community →