Besonderheiten des Thermal Grizzly KryoSheet
Der Unterschied zwischen einem Graphen-Wärmeleitpad wie dem KryoSheet und einem einfachen Graphit-Wärmeleitpad liegt zunächst im verwendeten Material und dessen spezifischen Eigenschaften. Graphen ist eine einzelne Schicht von Kohlenstoffatomen, die in einem zweidimensionalen Honigwabenmuster angeordnet sind. Es ist bekannt für seine außergewöhnliche thermische Leitfähigkeit. In diesem speziellen Fall geht das KryoSheet aber noch einen Schritt weiter.
Während beide Materialien auf Kohlenstoff basieren und ähnliche Eigenschaften in Bezug auf die Wärmeleitung aufweisen, ist Graphen auf molekularer Ebene dünner und kann eine höhere Leistungsfähigkeit bieten. Grafit hingegen ist kostengünstiger und immer noch sehr effektiv, macht es zu einer häufigeren Wahl für viele industrielle Anwendungen. Trotzdem hat man sich bei Thermal Grizzly für Graphen entschieden. Richtig so. Nur das mit den technischen Daten klappt diesmal nicht so einfach, denn die gibt es so pauschal nämlich gar nicht.
Der Nachteil “nomaler” Graphit- oder Graphen-Pads liegt normalerweise in ihrer Struktur, die eine exorbitant hohe Wärmeleitfähigkeit in der Horizontalen besitzt, vertikal aber fast völlig versagt. Ergo wird die Abwärme zwar perfekt auf dem Heatspreader oder dem Die verteilt, aber der Wärmewiderstand nach oben hin zum Heatsink ist leider deutlich größer. Um hier eine Lösung zu finden, hat man bei SHT viele sehr dünne Graphitplättchen überlappend aufeinander angeordnet und die dann gewinkelt abgeschnitten. Das sieht man bereits hier an den Längsstreifen, die leider auch die Schwachstelle der Sheets darstellen, weil sie genau dort auch schnell reißen oder abbrechen können.
Ich habe die Struktur in der Mikroskopie jetzt noch einmal genauer (und anschaulicher) analysiert und dazu ein Höhenprofil erstellt. Wir sehen nun auch deutlich, warum man einen gewissen Anpressdruck benötigt, damit sich diese zerklüftete Oberfläche dann dem Interface richtig gut anschmiegt. Denn ohne Druck ist diese Fläche aus schräg an- und abgeschnittenen einzelnen Plättchen eher auf Krawall gebürstet:
Materialanalyse
Jetzt kann und will ich natürlich nicht das Herstellungsgeheimnis dieses Sheets lüften oder zumindest kommentieren, aber ein paar allgemeine Erklärungen, warum man neben dem Kohlestoff auch noch Silizium findet, scheinen mir durchaus angebracht, um das Sheet besser zu verstehen. Analog zum GT-TIM GT-90SPRO nutzen das KryoSheet (FrostSheet) synergistische Effekte, bei denen die beiden Materialien zusammen bessere Eigenschaften bieten als jedes Material für sich allein. Graphen kann die Wärmeleitfähigkeit verbessern, während Silizium mechanische Stabilität bietet. Graphen ist ein sehr flexibles Material, das sich gut in verschiedene Formen und Strukturen einfügen lässt. In Kombination mit der mechanischen Flexibilität von Silizium können dann solche Sheets hergestellt werden, die sich gut an unebene Oberflächen anpassen und einen besseren thermischen Kontakt bieten.
Das Dilemma mit dem Anpressdruck und der Diskrepanz zwischen Theorie und PC-Praxis
Das Kryosheet spielt zwar in einer anderen Liga als normale Pasten oder Pads, aber es lässt sich leider nur zwischen 100 und 175 µm wirklich effektiv nutzen. Und wenn man die Kräfte berücksichtigt, die auf der PC-Hardware wirklich wirken, ist bei 175 µm schon wieder Schluss, denn kein GPU- oder CPU-Kühler kann da ausreichend Anpressdruck erzeugen. Was wir im Kurvendiagramm sehen, ist meine Messung, die ich mit verschiedenen, auf diesen Quadratzentimeter wirkenden Kräften gemacht habe. Denn ab rund 150 N wird das Pad dann nicht mehr dünner und bei 300 N ist es dann hinüber.
Man kann das für sich gern einmal umrechnen, denn man muss die Fläche der GPU oder CPU im mm² einfach einmal durch diese 100 mm² des Prüfkörpers teilen, um den Multiplikator oder Dividenten (je nach gewünschter Berechnung) zu erhalten. Eine Grafikkarte mit knapp 400 mm² Chipfläche ergäbe also eine Ratio von 1:4. Für eine GeForce RTX 4080 nimmt man eine maximale Kraft von rund 40 N an (etwas weniger als 60 PSI), wobei in der Praxis wohl eher 30 N die Regel sein dürften. Aber egal, bleiben wir mal bei 40 N. Um das jetzt mit der Tabelle richtig einordnen zu können, liegen wir hier auf der X-Achse bei der angenommen Ratio von 4 bei der Marke von 10 N. Diese merken wir uns bitte für die nächsten Seiten.
Damit drückt sich das Pad von den originalen 180 µm auf rund 175 µm zusammen; nicht weiter. Damit erhöht sich aber auch der Interface-Widerstand, den wir im täglichen Umgang dann mit zu inkludieren haben. Und so werden aus den theoretischen >90 W/(m·K) Wärmeleitfähigleit schnell nur noch 3 bis 4 W/(m·K). Aber dazu komme ich auf den nächsten Seiten. Wichtig für uns ist die Frage, ob so ein Langzeit-stabiles Sheet zumindest ähnlich wie gute Pasten funktioniert, deren Haltbarkeit in der Langzeitnutzung ja deutlich überboten wird. Und genau deshalb messe ich jetzt sowohl in der Theorie, als auch mit der darauffolgenden Ableitung für die Praxis. Bitte umblättern!
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