Bulk-Widerstand und Bulk-Wärmeleitfähigkeit
Um die tatsächliche Bulk-Wärmeleitfähigkeit eines Mediums zu bestimmen, nachdem der Interface-Widerstand Rinterface ermittelt wurde, kann man den gemessenen Wärmewiderstand korrigieren, um den Einfluss des Interface-Widerstands auszuschließen. Wir erinnern uns an die vorige Seite: Er stellt den Widerstand dar, der durch die thermische Grenzfläche zwischen zwei Materialien entsteht und muss nun von der Gesamtmessung subtrahiert werden, um die reine Wärmeleitfähigkeit des Materials selbst zu berechnen.
Zunächst haben wir den bereits bekannten Gesamtwärmewiderstand Rth, total. Er setzt sich aus dem Interface-Widerstand Rinterface und dem Widerstand des Bulk-Materials Rbulk zusammen:Der Bulk-Widerstand Rbulk hängt von der Wärmeleitfähigkeit λbulk, der BLT und der Querschnittsfläche A des Mediums ab:Um die tatsächliche Wärmeleitfähigkeit des Bulk-Materials λbulk zu bestimmen, muss man zuerst den Interface-Widerstand vom Gesamtwärmewiderstand abziehen. Daraus kannst man jetzt Rbulk bestimmen:Anschließend stellt man die Gleichung einfach für Rbulk um, um λbulk zu berechnen:Wenn man Wärmewiderstände für viele verschiedene BLT gemessen hast und den Interface-Widerstand bereits durch Extrapolation auf BLT=0 ermittelt hat, kann man den korrigierten Wärmewiderstand Rbulk verwenden, um die tatsächliche Wärmeleitfähigkeit des Materials zu bestimmen. Dies ist besonders wichtig in Experimenten oder Anwendungen, bei denen genaue thermische Eigenschaften eines Materials ohne den Einfluss von Grenzflächenwiderständen erforderlich sind. Oder aber für das liebe Marketing, das ohne große Zahlen nicht überlebensfähig ist.
Allerdings ist auch dieser deutlich höhere Wert immer noch nicht in den sphärischen Bereichen der Marketing-Heinis, die man uns glauben machen will. Betrachten wir einmal die einzelne Kurve der ausgezeichneten DOWSIL TC-5888, deren Wärmeleitfähigkeit der Hersteller Dow Chemical mit 5.2 W/m·K angibt. Und jetzt werfen wir einen Blick auf meine Messung und sehen, was zu beweisen war. Es stimmt bis auf die Nachkommastelle überein!
Und nun vergleichen wir noch einmal diesen Bulk-Wert mit den tatsächlichen, effektiven Werten für die relevanten Schichtdicken BLT aus der Praxis. Das ist immer noch gut, aber eben doch etwas weniger und steigt auch hier mit zunehmender BLT an:
Die Nachteile der ASTM Hotwire Messung (oder wie man es nicht machen sollte)
Der eigentlich recht preisgünstig zu realisierende ASTM Hotwire Test zur Messung der Wärmeleitfähigkeit von Wärmeleitpasten hat gravierende Nachteile, die die Genauigkeit der Ergebnisse ziemlich schnell beeinträchtigen können. Ein Hauptproblem bei diesem Verfahren ist die potenzielle Fehleinschätzung der tatsächlichen Wärmeleitfähigkeit der getesteten Materialien, was oft zu viel zu hohen Werten führt. Einer der wesentlichen Nachteile des ASTM Hotwire Tests ist dabei die Sensibilität des Tests gegenüber den Kontaktwiderständen zwischen der Wärmeleitpaste und den metallischen Platten.
Diese Kontaktwiderstände entstehen durch Unebenheiten auf den Oberflächen der Platten und durch die nicht perfekte Verteilung der Paste. Selbst kleine Luftblasen oder ungleichmäßige Schichten können den Wärmefluss beeinträchtigen und somit die Messergebnisse verfälschen. Da der Test auf der Annahme basiert, dass die Paste den Wärmestrom gleichmäßig leitet, können solche Ungleichmäßigkeiten schnell zu systematischen Fehlern führen und tun dies in der Regel bei Materialien oberhalb 1 W/m·K auch.
Dazu kommt unzureichende Berücksichtigung des Einflusses von Temperaturgradienten entlang der metallischen Platten. Wenn die Temperaturverteilung nicht gleichmäßig ist, beeinflusst dies die Temperaturmessungen und führt zu einer ungenauen Berechnung der Wärmeleitfähigkeit. Darüber hinaus kann der Hotwire Test bei hohen Temperaturen durch die thermische Ausdehnung der Materialien zusätzlich verzerrt werden, was ebenfalls zu fehlerhaften Ergebnissen führen kann.
Die oft zu hohen gemessenen Werte resultieren auch aus dem sogenannten “Guarded Hot Plate”-Design des Tests, bei dem die Erwärmung des Drahtes zu einer Überbewertung der Wärmeleitfähigkeit führen kann. In der Praxis bedeutet dies, dass der Test die Wärmeleitfähigkeit der Wärmeleitpaste überschätzt, weil die Methode empfindlich auf die lokale Überhitzung des Drahtes reagiert. Der Draht erzeugt eine punktuelle Wärmequelle, die nicht unbedingt repräsentativ für die gleichmäßige Wärmeübertragung in realen Anwendungen ist. Die Unzulänglichkeiten sind also auf eine Kombination aus Kontaktwiderständen, ungleichmäßiger Temperaturverteilung, und der spezifischen Testanordnung zurückzuführen, die nicht immer die realen Einsatzbedingungen der Wärmeleitpasten korrekt nachbilden. Daher sind diese Messungen bei besser leitenden Pasten weniger zuverlässig und können die tatsächliche Leistung der Wärmeleitmaterialien gehörig überschätzen. Aber sie sind günstig, denn so eine Anlage kostet am Ende nur ein Zehntel eines ordentlichen Testers.
Aber lassen wir das, wir wollen es ja ordentlich machen. Deshalb stelle ich Euch auf der nächsten Seite noch das genutzte Equipment vor.
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