Mikroskopie: Abriss-Test
Wenn man eine Paste mit einem Spatel auf einer glatten Oberfläche (Objektträger aus Glas) verstreicht und dann so weit dünn abzieht, bis die Schicht abreißt, dann kann man bereits auf zwei Dinge schließen. Man sieht, wie gut die Paste auf einer glatten Oberfläche wie z.B. einem GPU-Die haftet und man sieht an den entstehenden Kanten, wie sie abreißt. Entweder ist das ein sanfter Übergang und man sieht sogar noch unterschiedliche Körnungen, die weitergezogen werden, oder aber es pellt geradezu ab. Im Extremfall zieht man sogar das Silikon aus den Paste. Diese Paste aus den ersten Beispiel ist relativ “körnig”, lässt sich aber noch einigermaßen gut verstreichen. Der Kompromiss aus Handling und Performance ist ganz gut gelungen und die Paste wird auch nicht in ihre Bestandteile zerdrückt.
Man sieht aber bereits an den Inseln, dass die Paste nicht sehr gut fließt und man beim Auftragen zumindest aufmerksam auf eine homogene Fläche ohne Risse achten sollte. Aber das ist ein generelles Merkmal hoch befüllter Pasten. Man muss es nur wissen, um entsprechend zu handeln. Was man bereits bei dieser niedrigen Vergrößerung erkenn, sind die zum Teil recht großen Partikel.
Das genaue Gegenteil ist eine eher schlechte Paste und nein, das ist kein Himbeer-Eis, sondern eine bunte Wärmeleitpaste. Bereits in der kleinen Auflösung sehen wir die eher Creme-artige Konsistenz der Paste. Das lässt sich gut verstreichen, hinterlässt bei Anfängern natürlich ein schönes Gefühl der Sicherheit, aber das war es dann auch schon.
Unter der Vergrößerung sieht man dann schon das glänzende Bindemittel. Ja, es ist eine echte Anfängerpaste, aber haltbar sieht anders aus. Mit so einer Paste wird man nicht lange Freude haben. Leider.
Mikroskopie: Partikel-Größen
Hier komme ich jetzt an die Grenzen der Auflösung des Keyence VHX-7100, denn im Sub-Micron-Bereich und bei Nanopartikeln kann ich zwar sehen, dass da noch etwas ist, aber selbst bei 2000-facher Auflösung lassen sich so kleine Partikel nicht mehr sauber ermitteln oder gar messen. Ich gehe sogar zurück auf 1500-fache Vergrößerung, um mögliche Bildfehler (Schatten usw.) auszuschließen, die mir die Bildstabilisierung dann unter Umständen schon als Körnung verkauft. Die etwas gröberen Mahlgrade mancher Partikel lassen sich aber gut analysieren und auch bestimmen. In der Paste aus dem ersten Beispiel sind diese auch der Performance geschuldet und man kann das durchaus machen, wenn genügend kleinere Partikel für die Zwischenräume enthalten sind. Und das sind sie.
Es ist natürlich auch eine Kostenfrage, welche Mahlgrade ein Hersteller verwendet und vor allem, mit welcher Toleranzgrenze gearbeitet wird. Eine wirklich gleichmäßige Korngröße kann schon mal das 20-fache dessen kosten, was man eher als Mischung unterschiedlichster Größen günstig einkaufen kann. Womit wir wieder bei der Haltbarkeit so einer Paste angekommen wären. Die verwendeten Siloxane schwanken ebenfalls in Qualität und Preis und es ist durchaus so, dass wenn man eine Matrix mit wärmeleitenden Partikeln befüllt, diese dann in Abhängigkeit von ihrer Größe nur sehr unterschiedlich gut einbinden kann. Optimiert man z.B. eine Matrix auf den Bereich um einem Mikrometer, dass wird jeder deutlich größere (oder auch kleinere) Partikel den Aufbau und die Konsistenz sehr negativ beeinflussen. Die hier abgebildeten Partikel lassen auf eine mittelmäßig performante und auch nur mittelmäßig haltbare Paste schließen, die aber durchaus noch tut, was man erwartet.
Die Mahlgrade der Partikel aus der bunten Paste sind hingegen sehr fein, allerdings ist viel zu viel Silikon dazwischen. Man könnte vermuten, dass stattdessen in der Matrix auch fürs Mikroskop nicht mehr sichtbare Nanopartikel aus ZnO aufgeschlämmt wurden, aber sind die da wirklich drin? Auch das kann ich später noch beantworten. Es wäre aber in jedem Fall sinnvoll für die Performance gewesen, die Paste stattdessen einfach generell etwas höher zu befüllen. Gut, das hätte dann wiederum mehr Geld und wohl auch mehr Zeit für den Mischprozess gekostet, was am Ende aufs selbe rauskommt.
Materialanalyse
Die erste Paste setzt auf deutlich mehr Aluminium als viele anderen Pasten, so dass das Verhältnis zum Zink ungefähr im Verhältnis von 5:1 ausfällt. Aber ich muss auch noch etwas voranstellen, was dem besseren Verständnis dieser ermittelten Mengengewichte dient, denn mit LIBS ermittle ich ja die Mengengewichte einzelner chemischer Elemente und keine Verbindungen. Das gefundene Aluminium ist ja Bestandteil des enthaltenen Al2O3 und bindet damit, genauso wie das Zinkoxid ZnO einen Großteil des aufgelisteten Sauerstoffs. Dazu kommt die Matrix, in diesem Fall Siloxane, wo man Molekülketten aus Silizium, wiederum Sauerstoff und auch Wasserstoff findet. Nur das, was dann laut Taschenrechner ungefähr übrig bleibt, wäre wirklich ein Einschluss von untergehobener Luft und wie z.B. noch enthaltenes Wasser beim Herstellungsprozess in der Unterdruckkammer nicht ausgegast worden. Bei der Paste aus dem Beispiel kann man davon ausgehen, dass keine Luft- oder Wassereinschlüsse in nennenswertem Umfang vorliegen. Es ist also auch eine Art Qualitätstest.
Beri der zweiten Paste sehen wir aber, wie man es NICHT machen sollte. Da sollte der Anbieter mal ein erstes Wörtchen mit dem OEM reden, denn mit weit unter 40% Metallanteilen und über 60% Rest (über 20% Silikonöl zuzüglich des gebundenen Sauerstoff in den Oxiden) sieht man schon überdeutlich, dass die Paste nur sehr, sehr niedrig befüllt wurde, was ich ja bereits in der Mikroskopie vermutet hatte. Und es widerlegt auch eine mögliche Befüllung mit vielen Nanopartikeln, denn dann wäre der Zinkanteil deutlich höher. Er ist einen Tick höher als bei der ersten Paste, aber eben auch nicht hoch genug, um die Performance auch nur ansatzweise zu sichern. Und haltbar ist das Ganze auch nicht, denn die Paste wird als Suppe in dieser Konsistenz einfach ausbluten. Da muss man noch nicht einmal ein Orakel sein.
Zusammenfassung und Fazit
Man kann, im direkten Zusammenspiel mit meiner Messung nach ASTM D5470-17 eigentlich jede Paste so ziemlich genau einschätzten. Mehr ginge eigentlich nur noch in den Laboren der ganz großen Hersteller, aber diesen Schuh werde ich mir, natürlich auch aus finanziellen Gründen, wohl kaum anziehen. Denn allein die Anschaffungen der letzten 12 Monate entsprechen dem Wert eines Reihenhauses und irgendwann setzen dann der auch Verstand und die Vernunft harte Grenzen. Aber wenn man etwas macht, und das habe ich aus dem Desaster mit dem verkorksten Lüftertest durch Dritte gelernt, dann sollte man es wirklich selbst und vor allem auch richtig machen. Natürlich immer vom Standpunkt des eigenen Anspruchs heraus. Da habe ich ordentlich Lehrgeld gezahlt, auch finanziell.
Nur plane ich hier jetzt schon in die Zukunft (auch die meiner Kinder als mögliche Nachfolger) und setze auf die Tatsache, dass Wärmeleitmaterialen (TIM) beim Einsatz in der Leistungselektronik immer wichtiger werden. Es sind alles langlebige Laborgeräte, verbunden mit Wartungsverträgen und langen Garantiefristen bis hin zur gewährleisteten Ersatzteilverfügbarkeit, mit denen man viele Dinge machen kann, also nicht nur die Tests von Wärmeleitpasten oder Pads. Das schon mal als Spoiler für kommende Dinge, die nicht minder spannend werden dürften. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass ein gewisser Informationsbedarf für solch tiefergehenden Dinge sogar außerhalb der TikTok-Blase auch in Zukunft noch existieren wird. Nur muss man, um so eine Lücke füllen zu können, schon etwas Verlässliches bieten, um sich von der Masse der Angebote abzuheben.
Man kann natürlich über die aktuell scheinbar irreversible Schwerpunktverschiebung vom aufwendig geschriebenen Wort zum seichten Unterhaltungs-Kurzfilm jammern, oder aber sich eine Nische suchen und auch ausfüllen, die solche Medien nie ausfüllen können und werden. Genau das ist der Plan und bisher kann ich da auch nichts Negatives berichten. Wenn ich mir die Trends in der Community und die Altersstruktur betrachte, sind es eben nicht nur lauter alte, weiße Männer, die sich aktiv einbringen, was durchaus Hoffnung macht. Das nur mal als persönliche Anmerkung und Schlusswort zum heutigen zweiten Artikel. Den anderen gibt es hier:
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