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Köpfen, Kühlen, Klotzen – Supercool Computers Direct-Die Wasserblock und Delid-Tool für Intel Alder Lake | Praxistest mit dem Intel Core i9-12900K

Konstruktion des Delid-Tools

Sehen wir uns nun noch das Delid-Tool an, mit der die CPU „geköpft“ werden soll. Dabei soll effektiv der verklebte und verlötete IHS mit einer präzisen Scherbewegung von Package und Die der CPU getrennt werden. Entsprechend präzise und exakt sollte so ein Delid-Tool also gefertigt sein, um die CPU nicht zu beschädigen oder gar zu zerstören. Denn oft bedeutet hier der kleinste Fehler den Silizium-Tod.

Im ersten Moment erinnert das Tool etwas an eine Frankenstein-artige Konstruktion, mit Bestandteilen aus Aluminium, Messing und Acryl, zusammengehalten von vier Innensechskantschrauben, diesmal M4 mit 3 mm Köpfen. Oben ist mittig noch ein schwarze Schraubklemme aus Kunststoff integriert, mit der der IHS bei einer späteren, erneuten Verklebung fixiert werden kann. 

Von der Seite lässt sich schön erkennen, wie das Messingteil effektiv als eine Art Schlitten in dem äußeren Aluminium-Teil liegt und zugleich von dem Acryl-Teil in der richtigen höhe gehalten wird. Leider ist die Fertigung für mein deutsches Verständnis nicht wirklich 100%-ig präzise mit etwa einem Millimeter Spiel an der Seite und einem halben Millimeter nach oben.

Für die eigentliche Scherbewegung sorgt eine kugelgelagerte M5-Schraube mit 4 mm Imbuskopf, welche von der Seite des Tools den Schlitten zu sich ziehen soll.

 

Nach dem Herausdrehen der Schraube kann der Schlitten aus Messing einfach herausgezogen werden. Dieser hat von oben eine zwei-stufige Fräsung, die zur Ausrichtung des IHS für eine Wieder-Verklebung dient. 

Wenn wir nun noch das Acryl-Element abnehmen zeigen sich die wirklich wichtigen Fräsungen zur Arretierung der CPU für den Delid-Prozess. Zunächst finden wir den Sitz für die CPU mit effektiv den selben Maßen wie ein LGA1700 Sockel. Die beiden inneren Ecken sind ausgebohrt, wahrscheinlich um dort Beschädigungen an der CPU vorzubeugen. Mittig im CPU-Sitz ist eine weitere Vertiefung integriert, in die die winzigen SMD-Bauteile auf der Unterseite der CPU hineinragen können, ohne Kontakt zum Tool.

Vor allem hier zeigen sich noch teilweise deutliche Spuren von der Fertigung, Späne und Schmierstoffe, die zuvor entfernt werden sollten. Ich habe mir also die paar Minuten genommen und das Teil einmal so gut wie möglich zunächst mit einer Bürste und anschließend 99%-igem Iso-Propanol gereinigt. Denn nichts wäre Ärgerlicher als sich einen Alu-Spahn beim Delidding ins Package zu bohren. Hier sollte Supercool Computers nach der Fertigung bitte noch etwas nachbessern, um unnötigen Ärger bei Kunden zu vermeiden. 

Von den Thailändischen Herstellern gibt es leider keine wirkliche Anleitung zur Verwendung des Delid-Tools oder Wasserblocks, zumindest nicht wie man es wahrscheinlich erwarten würde. Im oben verlinkten Youtube Livestream-VOD von Clock’em Up! hat der Hersteller aber zumindest einmal das Vorgehen an sich gezeigt, zwar mit Thailändischer Erklärung, aber immerhin lassen sich die Basics wie die Orientierung der Werkzeug-Teile so erkennen. Die ausschlaggebenden Feinheiten versuche ich dann im folgenden möglichst akkurat zu beschreiben. 

Off with your head! – Delidding

Nun geht es an das eigentliche Delidding bzw. „Köpfen“ der CPU. Natürlich ist dieser Vorgang nicht wieder rückgängig zu machen und führt zum Erlöschen des Garantieanspruches. Die sämtlichen folgenden Schritte sollten also stets ausschließlich auf eigene Gefahr durchgeführt werden. Weder Intel, noch Supercool Computers haften im Zweifel für eine tote CPU. Im worst case muss es gar keine Beschädigung am Silizium-Die sein, damit die CPU das Zeitliche segnet. Selbst kleinste Beschädigungen am Package oder SMD-Komponenten können hierfür schon ausreichen. Beispiel:

Nun ist dies nicht meine erste geköpfte CPU und bisher ging bei mir auch immer alles gut (Klopf auf Holz!), aber mit Respekt und Vorsicht sollte man trotzdem immer an die Sache herangehen. Und selbst dann besteht immer ein gewisses Restrisiko, auf das man sich gefasst machen sollte. Jetzt habe ich euch aber genug Angst eingejagt – legen wir endlich los. Für das Delidding wird die Seite des Messing-Schlittens mit einer einzelnen Fräskante genutzt (nicht die mit zwei Fräskanten).

Vorher habe ich die CPU mit ihrem Heatspreader mal auf den Kopf gestellt in den Schlitten gesetzt, um die Passgenauigkeit zu prüfen. Und tatsächlich sitzt die CPU hier wie angegossen und schon fast saugend. Ein paar Wärmeleitpaste-Reste von vorherigen Installation, die anschließend an der inneren Kante des Messing-Schlittens hingen, waren dessen Zeuge.

Nun habe ich Schlitten und CPU effektiv einmal umgedreht, sodass uns die Seite mit zwei Kanten anguckt und die Seite mit einer Kante nach unten zeigt. So werden wir die Teile auch in das Aluminium-Teil einsetzen. Aber zuvor ist es noch extrem wichtig, auf die Richtige Orientierung der CPU zu achten. 

Diese hat nämlich auch SMD-Komponenten auf der Vorderseite, die bei falscher Positionierung ebenfalls abgeschert würden! Also darauf achten, dass die SMD Komponenten an der langen Seite der CPU auf der offenen Seite des Aluminium-Teils sind. Des weiteren natürlich darauf achten, dass die CPU richtig in ihrer Vertiefung sitzt und kein Spiel nach oben, unten oder rechts hat.

Nun wird der Messing-Schlitten einfach auf die CPU aufgesetzt. Dieser sollte nun links ziemlich bündig mit dem Aluminium-Rahmen sitzen und rechts eine Lücke haben. Genau um diese Lücke wird gleich der Heatspreader auf dem Package verschoben.

Nun ist es noch wichtig, den Deckel aus Acryl wieder einzusetzen und festzuschrauben. Dieser sorgt dafür, dass der Schlitten flach auf dem Heatspreader gehalten wird und sich nicht aufstellen kann.

Von der Seite lässt sich erkennen, wie der Messingschlitten genau auf der ILM-Nase des Heatspreaders aufliegt, aber bisher keinen Druck ausübt. Der Acryl-Deckel hält das Aluminium-Package-IHS-Messing-Sandwich nur vertikal in Position. Denkt euch bitte die schwarze Kunststoff-Schraubklemme oben einfach weg – die hatte ich bei diesem Foto noch nicht rausgedreht.

Nun fehlt nur noch das Einsetzen der großen M5 Schraube samt Kugellager und es kann schon fast losgehen mit der Köpfung. Hierbei auch auf die Orientierung der Laufflächen zum Kugellager hin achten, damit dieses korrekt funktioniert.

Nun wird es ernst – den mitgelieferten 5 mm Imbusschlüsseln einsetzen und vorsichtig, langsam, aber zwangsläufig kräftig die Schraube drehen, bis sich der Heatspreader langsam auf der CPU bewegt. Dabei stets von der Seite kontrollieren und darauf achten, dass die eben gezeigten Sandwich-Lagen innerhalb des Tools in Position bleiben. Ob die CPU überlebt hat, seht ihr auf der nächsten Seite!

 

Kommentar

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b
b_fiek

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Bald sind wir wieder auf Pentium 4-Niveau.. die waren doch damals Grund für BTX-Formfaktor..

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RedF

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4,664 Kommentare 2,553 Likes

Inbus nicht Imbus :geek:

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k
krelog

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173 Kommentare 53 Likes

Danke für die Test.

Wie verhält es sich hier mit durchbiegung der "Wasserblocks"

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Igor Wallossek

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10,198 Kommentare 18,813 Likes

Bitte einigen wir uns auf Innensechskant, das wäre dann wirklich korrekt :D

Weil, im Bus tragen wir Masken... *duckundweg*

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RedF

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4,664 Kommentare 2,553 Likes

Aber danke für den Artikel.
Meine letzte geköpfte CPU war glaube ein Core2Duo, die war noch nicht verlötet.

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Denn1s

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118 Kommentare 35 Likes

Wenn schon gendern dann richtig! Sechskant:innen!

🤡

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Triton

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35 Kommentare 20 Likes

Ja, darf dabei nicht fehlen, ansonsten fühlt sich 50% der Menschheit nicht angesprochen. 😁

@Igor: Wieviel Kilo hast Du bei der Aktion abgenommen? 😅

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Llares

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71 Kommentare 35 Likes

Bei so einer Aktion zuzuschauen, erzeugt bei mir die gleichen Gefühle, wie z.B. bei einer Zahnbehandlung zugegen zu sein: es stellen sich mir sämtliche Nackenhaare auf.

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Igor Wallossek

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10,198 Kommentare 18,813 Likes

Der Test ist von Xaver. Da ich nicht selber ran musste, habe ich zugenommen ;)

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skullbringer

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306 Kommentare 328 Likes

Da wir effektiv den IHS komplett direkt mit dem Wasserblock austauschen, gibt es das Problem der nicht zueinander passenden Flächen nicht mehr. Die Bodenplatte würde ja im selben Verhältnis verbogen wie Die und Package.

Davon abgesehen habe ich die Montage des Direct-Die Blocks mit und ohne "Washermod" getestet und die Ergebnisse waren praktisch identisch. ;)

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Alexander Brose

Moderator

819 Kommentare 573 Likes

Schöner Artikel und klasse Ergebnis, Xaver (y)

Schon irgendwie ein Bisschen bitter, dass man so einen Aufwand betreiben muss, um die CPUs optimal zu kühlen. Aber für uns "Nerds" ist das ja schon auch eine kleine Herausforderung und Teil der Faszination. Ich habe zu Sockel A Zeiten in einem Computerladen gearbeitet und gehöre somit noch zu der Generation, die ausschließlich Direct-Die Kühlung betrieben hat. Da hat man abgebrochene Ecken oder am Kühlerboden klebendes Silizium öfter mal zu sehen bekommen... gab ja auch damals schon minderwertige Wärmeleitpasten/-pads und Kevins 😁.

Grüße!

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RedF

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4,664 Kommentare 2,553 Likes

Mein erster Athlon 1200 hatte auch etwas Karies an der kante, ist aber gut gelaufen. 😅

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jo-82

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54 Kommentare 21 Likes

Als jemand der seinen 7820X auch geköpft hat um die miese Wärmeisolationspaste die Intel da reinspritzte gegen was vernünftiges zu tauschen (hab Kryonaut genommen) begrüße ich solche Artikel. Auch wenns mit den aktuell wieder verlöteten Heatspreader eigentlich nur noch was für die OC Nerds ist.:cool:
Was mich allerdings abschreckte war der Preis den der Bauer damals für das Tool aufgerufen hat, satte 80€ sollte das Kosten... Habs dann ein Jahr später für nen 10er aus China bekommen.
@skullbringer: Darf man fragen was das Tool in dem Fall einzeln kostet?

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T
Tombal

Veteran

109 Kommentare 28 Likes

Ich frage mich gerade, ob es nicht schonender für die CPU wäre, den IHS auf 150°C zu erhitzen, bis das Indium-Lot schmilzt, und einfach auszulöten. Der Kleber am Rand dürfte bei diesen Temperaturen auch schon etwas weicher werden und schnell nachgeben. Das halte ich für besser, als mit brachialer Gewalt den IHS abzuscheren. Und warum lötet man den neuen Kühlblock nicht einfach wieder drauf, das wäre doch besser als eine Wärmeleitpaste. 150°C sind für Halbleiter eigentlich kein Problem, besonders dann nicht, wenn sie stromlos sind.

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ArcusX

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867 Kommentare 501 Likes

War auch meine erste Idee. Backofen z.B. Das Silikon ist wahrscheinlich sogar bis mehr als 150° Hitzefest und dürfte nicht verbrennen.

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geist4711

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274 Kommentare 127 Likes

eigentlich eine gute idee, ABER:
überlege dir mal wie du den wasserkühlblock auf die 150°C bringen willst,
damit der sauber angelötet wird ;-)
und, der hat ja kunststoff mit dran, bis wieviel grad hält das aus?

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RedF

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4,664 Kommentare 2,553 Likes

Heißluft Föhn, kunststoff musst natürlich vorher abmachen.

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Martin Gut

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7,780 Kommentare 3,576 Likes

Leider nein. Bei der aktuellen Generation ist es soweit mir bekannt nicht schlecht gelöst. Als Intel bei der 9. Generation mit den verlöten wieder angefangen hat, war es aber auch nicht so toll wie angepriesen. Weil der Chip grösser war, hat man die Dicke des Silizium verdoppelt und dann 0.3 mm Lot darauf gebracht. Durch so dicke Schichten war der 9900K teilweise schlechter als die Generation davor mit Wärmeleitpaste. Dazu waren manche Prozessoren über 20 Grad wärmer als andere gleiche Prozessoren. Wenn man Pech hatte, war ein 9900K somit nicht vernünftig kühlbar. Schlecht verlötet ist auch nicht besser als die miserable Paste. Paste kann man wenigstens problemlos dünn auftragen. Naja, Intel schafft nicht mal das. Bei den neueren Generationen hat man aber glücklicherweise die Schichten dünner gemacht.

Man könnte die CPU auch im Backofen auf etwa 120 Grad aufwärmen und dann mit den Delide-Tool köpfen. Wenn Silikon und Lot warm sind, geht es schon leichter.

Verlöten einer so grossen Fläche ist sehr schwierig. Die Prozessorhersteller tragen auf den Heatspreader meist mehrere Schichten auf und vergolden die Fläche. Ohne das würde man das Lot nicht zum halten bringen. Mit einem Heissluftföhn kann man die Temperatur nicht so genau kontrollieren, dass das Lot auf der ganzen Fläche flüssig ist aber sonst nichts so heiss wird, dass es Schaden nehmen kann. Man weiss ja auch nicht, mit welcher Temperatur die CPU und die anderen Bauteile auf die Platine gelötet wurden. Man müsste ja unter dieser Temperatur, die man nicht kennt, bleiben. Am ehesten müsste man Niedrigtemperatur-Lotpaste dünn auftragen und dann im Backofen so weit erhitzen bis der Kühler verlötet ist.

Vor den Auftragen von Flüssigmetall hätte ich die Bauteile rund herum mit irgend einem Lack abgedeckt.

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RedF

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4,664 Kommentare 2,553 Likes

Damit müsste das doch gehen

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Xaver Amberger (skullbringer)

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