2. Von Winkeln, Biegeradien und der fiesen Hebelwirkung
Schauen wir uns nun einmal an, wie weit man das mit dem Biegen eigentlich treiben kann und darf. Im Bild unten sehen wir einen Abstand von rund 4 cm zwischen Steckerunterseite und Kabelbaum, wobei sich der 90°-Bogen ab ca. 2 cm erstreckt. Einen geringeren Biegeradius bekommt man nicht wirklich sicher hin, wenn man es nicht besonders geschickt (und mutig) anstellt. Deshalb ist diese hier auf dem Bild gezeigte Variante durchaus noch als sicher zu betrachten und es wird auch vom Hersteller wohl so empfohlen.
Allerdings gibt es auch hier (nennen wir sie einmal vorsichtig) Optimisten, die das mit dem Biegen eher nonchalant sehen. Um niemandem zu nahe zu treten oder ihm etwas zu unterstellen, habe ich aus einem größeren Forum mal ein Bild entlehnt und anonymisiert. Und ich verwende es auch nur als exemplarisches Was-passiert-Wenn-Beispiel. Hier hat es der Anwender nämlich geschafft, so einen gecrimpten Kontakt aus dem 12VHPWR herauszuziehen (herauszubrechen). Man kann das selbst mal testen: Man braucht wirklich Kraft, um die Widerhaken durch ein gerade Herausziehen so zu lösen, dass der Kontakt herausgezogen wird.
Das mit dem Biegen wäre also alles eher unproblematisch, wäre der Anschluss nicht „zweilagig“ und gäbe es dazu nicht die böse Hebelwirkung! Das Ganze lässt sich sehr einfach nachstellen und auch logisch erklären, zumal der Anwender das Kabel mindestens dreimal gebogen haben muss. Betrachten wir nun das Bild. Wenn man die Leitungen im 90°-Winkel kurz nach dem Stecker bereits nach unten biegen würde, entstünden bei beiden Lagen unterschiedlich große Biegeradien! Die 12V-Leitungen liegen hier oben, also ist auch der Radius größer! Die Kabellänge bleibt jedoch gleich, da der Sleeve und die einzelnen Leitungen am Ende mit einem Kabelbinder fest verzurrt wurden. Ich habe dazu mal ein Schema gezeichnet das zeigt, was passieren könnte, wenn man das mehrmals biegen würde.
Hier kann kein Kabel nachträglich nachgeführt werden. Da man aber einen größeren Radius nutzen muss, wird es den Kontakt unweigerlich nach außen ziehen. Und zwar umso stärker, wie man sich dem Stecker nähert, weil sich die Kabel nicht mehr leicht versetzt nebeneinander bewegen lassen. Man erkennt auch sehr deutlich, dass im Forums-Bild oben viel zu nah am Stecker und dazu auch noch mehrmals hin und her gebogen wurde. Man kann das durchaus machen, muss aber dann die zwei Lagen schon etwas auflösen und sowohl Masse als auch die 12-Volt-Leitungen eher versetzt untereinander positionieren. Man kann sich durchaus auch helfen, indem man einen dicken Kabelbinder hinterm Stecker bei ca. 2 cm fest verschließt und dann erst biegt. Diese Biegehilfe lässt sich auf wieder entfernen, nachdem der Stecker eingesetzt wurde.
Fazit und Zusammenfassung
Ich hatte es ja gestern auch noch im Video thematisiert, dass man das Biegen stets im NICHT EINGESTECKTEN ZUSTAND vornehmen MUSS, damit die starren Stifte der fest auf der Karte verlöteten Buchse beim Herumbiegen nicht die Federhülsen als Gegenstück im Stecker aufbiegen. Denn dann sinkt deren Anpressdruck, der Kontakt wird deutlich schlechter und der Widerstand steigt extrem an. Wenn dieser jedoch deutlich steigt, dann wird es nicht nur warm, sondern richtig heiß im Stecker. Da sich die beiden äußeren Leitungen am ehesten bewegen und verdrehen lassen, ist auch die Chance am größten, dass diese Kontakte als erstes betroffen sind.
Ergo sollte man (a) generell auf gelötete Lösungen verzichten, wenn es keine Platinen-basierten 90°-Winkelstücke sind (die aber andere Probleme mit sich bringen können) und (b) beim Biegen die empfohlenen Mindest-Radien einhalten. Wer das gedankenlos übersieht oder gewissenlos ausblendet, der wird mit Sicherheit verlieren. Einschließlich seiner Hardware. Gecrimpte Kabel mit einem ordentlichen Durchmesser und 12 Leitungen (6x 12 Volt und 6x Masse) bieten genau ein Kabel pro Pin des 12VHPWR-Steckers, was optimal ist. Alles andere ist und bleibt ein gefährliches Provisorium mit einer eingebauten Mussbruchstelle. Die Netzteilhersteller wissen das schon länger und man hätte wohl besser die gefragt.
Der mitgelieferte Adapter gehört aus dem Verkehr gezogen, in jedem Fall. Denn durch eine Verkettung vieler Umstände (Brechen von Lötpads und Lötstellen, mechanische Verformungen, vergrößerte Übergangswiderstände usw.) ist der Einsatz solcher Lösungen nur sehr schwer auch sicher zu kalkulieren. Kann gutgehen, muss aber nicht. Und wie lange, das weiß am Ende dann auch nur der liebe Gott. Außerdem ist auch das Fehlerbild bei den verschmorten Steckern noch eine weitere Untersuchung wert. Ob da wirklich Nylon 66 genutzt wurde oder irgend etwas Günstigerers – auch das werden wir hoffentlich bald wissen.
WICHTIG: Ich suche für genaue Untersuchungen (wohl auch mal ein CT!) noch einen defekten, aber nicht geöffneten Adapter (leihweise), der auch gern verschmort sein darf (aber nicht muss). Kontaktaufnahme mit mir bitte so schnell wie möglich per Mail oder Telefon (steht beides im Impressum). Danke!
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