News

Siewert & Kau Computertechnik GmbH muss Insolvenz anmelden – Steht der große IT-Distributor vor dem Aus? (Update)

Am 5. Mai 2025 hat die Siewert & Kau Computertechnik GmbH mit Sitz in Bergheim beim Amtsgericht Köln einen Insolvenzantrag gestellt. Als vorläufige Insolvenzverwalterin wurde die Rechtsanwältin Marion Rodine bestellt. Bereits in der Woche vor der Insolvenzanmeldung waren der Online-Shop und der Cloud-Marketplace des Unternehmens nicht mehr erreichbar, was zu Spekulationen über finanzielle Schwierigkeiten führte. In einem Schreiben an Geschäftspartner informierte Siewert & Kau über die Kündigung einer Bankverbindung, die zu weiteren Kündigungen durch andere Banken führte. Trotz dieser Herausforderungen beabsichtigt das Unternehmen, den Geschäftsbetrieb fortzusetzen und arbeitet daran, die Handlungsfähigkeit wiederherzustellen.

Quelle: Frank Magdans – Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0

Siewert & Kau wurde 1994 von Björn Siewert sowie den Brüdern Holger und Oliver Kau gegründet und entwickelte sich zu einem bedeutenden IT-Distributor mit rund 400 Mitarbeitern. Das Unternehmen betreibt Niederlassungen in Deutschland, den Niederlanden und Spanien. Im Jahr 2021 erzielte Siewert & Kau noch einen Umsatz von etwa 700 Millionen Euro. Im Jahr 2024 wurde Claus Holzleitner als Chief Financial Officer in die Geschäftsführung berufen, um das Wachstum des Unternehmens gezielt zu steuern. Trotz dieser Maßnahmen sah sich Siewert & Kau mit den Herausforderungen eines sich wandelnden IT-Distributionsmarktes konfrontiert, in dem die Nachfrage nach Services und Beratung zunimmt, während das traditionelle Produktgeschäft rückläufig ist.

Die Insolvenz der Siewert & Kau Computertechnik GmbH im Mai 2025 ist am Ende das wohl das Ergebnis einer Kombination aus externen Marktveränderungen und internen strukturellen Herausforderungen. Ein wesentlicher Auslöser war die Kündigung einer Bankverbindung durch eine Geschäftsbank, die zu weiteren Kündigungen durch andere Banken führte. Diese Entwicklung führte zu erheblichen Liquiditätsengpässen, die das Unternehmen dazu zwangen, beim Amtsgericht Köln Insolvenz anzumelden.

Darüber hinaus stand Siewert & Kau vor strukturellen Herausforderungen. Das Unternehmen war traditionell stark im transaktionalen Produktgeschäft verankert, einem Segment, das in den letzten Jahren aufgrund sinkender Margen und veränderter Kundenbedürfnisse unter Druck geraten ist. Obwohl das Unternehmen versuchte, durch den Ausbau von Service- und Beratungsangeboten sowie durch die Einführung von Rollen wie dem Chief Financial Officer und dem Chief Sales Officer gegenzusteuern, konnten diese Maßnahmen die strukturellen Defizite nicht vollständig kompensieren,

Zusätzlich belasteten externe Faktoren wie die allgemeine Marktschwäche nach dem Ende der Corona-bedingten Sonderkonjunktur und der zunehmende Wettbewerbsdruck durch spezialisierte Value Added Distributoren das Unternehmen. Diese Entwicklungen führten zu einem Umsatzrückgang und erhöhten den Druck auf die Profitabilität. Die Insolvenz von Siewert & Kau zeigt einmal mehr, wie wichtig es für Unternehmen in der IT-Distribution ist, sich flexibel an veränderte Marktbedingungen anzupassen und rechtzeitig strukturelle Anpassungen vorzunehmen, um langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben.

Zu den bedeutenden Herstellern, mit denen Siewert & Kau zusammenarbeitete, gehörten unter anderem Dell Technologies, Fujitsu und Ubiquiti. Das Unternehmen wurde mehrfach als Ubiquiti Elite Partner ausgezeichnet, was seine herausragende Leistung und enge Zusammenarbeit mit dem Netzwerkspezialisten unterstreicht. Darüber hinaus war Siewert & Kau ein wichtiger Vertriebspartner für Dell Technologies, insbesondere im Bereich der Serverlösungen. Fujitsu war ein weiterer zentraler Partner, wobei Siewert & Kau das gesamte Fujitsu-Sortiment unterstützte und zertifizierte Kollegen für Beratung und Projekte bereitstellte.

Im Bereich der Onlinehändler arbeitete Siewert & Kau eng mit großen Einzelhandelsketten wie MediaMarkt und Saturn zusammen. Ein Beispiel hierfür ist die Entwicklung eines Mitarbeiters, der 2015 als Account Manager begann und ab 2016 Verantwortung für die Betreuung der MediaMarkt- und Saturn-Märkte sowie die Abwicklung elektronischer Bestellungen übernahm. Diese Zusammenarbeit verdeutlicht die strategische Bedeutung, die Siewert & Kau dem Einzelhandel beimaß. Darüber hinaus engagierte sich Siewert & Kau in der Zusammenarbeit mit weiteren Herstellern wie Acer, LG Electronics und ZOTAC.

Diese Partnerschaften ermöglichten es dem Unternehmen, ein vielfältiges Produktportfolio anzubieten und auf die unterschiedlichen Anforderungen des Marktes flexibel zu reagieren. Die enge Kooperation mit diesen Herstellern und Händlern war ein wesentlicher Bestandteil der Geschäftsstrategie von Siewert & Kau und trug maßgeblich zum Erfolg des Unternehmens im IT-Distributionsmarkt in der Vergangenheit bei. Zum aktuellen Stand gibt es keine weiteren offiziellen Informationen über die Zukunft des Unternehmens. Brancheninsider berichten jedoch von ersten Abwerbeversuchen konkurrierender Unternehmen, die Interesse an den Fachkräften von Siewert & Kau zeigen.

Update vom 07.05.2025

Mittlerweile wurde eine offizielle Pressemitteilung verschickt, die ich vollständig und unkommentiert veröffentlichen möchte:

Siewert & Kau Computertechnik setzt auf Sanierung

 Geschäftsführer und vorläufige Insolvenzverwalterin Marion Rodine führen erste Gespräche mit Lieferanten und Kunden

Die Geschäftsführer der Siewert & Kau Computertechnik GmbH mit Sitz in Bergheim (Nordrhein-Westfalen) haben beim Amtsgericht Köln die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens beantragt. Das Amtsgericht Köln hat daraufhin am 5. Mai 2025 die sanierungserfahrene Rechtsanwältin Marion Rodine, Partnerin in der Kanzlei Runkel Rechtsanwälte, als vorläufige Insolvenzverwalterin bestellt und einen vorläufigen Gläubigerausschuss eingesetzt.

Die vorläufige Insolvenzverwalterin ist seit Montag mit ihrem Team vor Ort, um den Geschäftsbetrieb so schnell wie möglich zu stabilisieren. „Wichtigste Aufgabe ist es, die Finanzierung für die kommenden Monate sicherzustellen. Damit bliebe die unternehmerische Handlungsfähigkeit in vollem Umfang erhalten. Als Großhändler kauft Siewert & Kau Hard- und Softwareprodukte bei weltweit führenden IT-Herstellern ein, setzt kundenspezifische Anforderungen um und liefert die so mit einem Mehrwert versehenen Geräte innerhalb kürzester Zeit an seine namhaften Firmenkunden in Deutschland und den europäischen Nachbarländern aus. Es ist das Ziel, diesen ineinander verzahnten Einkaufs- und Lieferprozess im vorläufigen Insolvenzverfahren fortzuführen. Ob das gelingt, wird sich in den kommenden Tagen zeigen“, erklärt die vorläufige Insolvenzverwalterin Marion Rodine. Gespräche mit Kunden und Lieferanten hat sie bereits zusammen mit den Geschäftsführern von Siewert & Kau aufgenommen. „Die ersten Rückmeldungen sind positiv, darauf bauen wir gemeinsam mit den rund 130 hoch motivierten und langjährigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Siewert & Kau Computertechnik auf“, sagt Marion Rodine.

Die vorläufige Insolvenzverwalterin arbeitet daran, dass bestellte Ware kurzfristig vom Siewert & Kau Logistikzentrum in Bergheim aus an die Kunden geliefert wird und neue Bestellungen aufgenommen werden können. Um die Löhne und Gehälter der Mitarbeitenden in den kommenden Monaten zu zahlen, wird eine Insolvenzgeldvorfinanzierung in die Wege geleitet.

Investitionskrise in Deutschland trifft Projektgeschäft hart

„Als lizensierter IT-Distributor ist Siewert & Kau seit über 30 Jahren systemisch mit seinen Lieferanten und Kunden verbunden. Wir haben viele erfahrene IT-Experten im Unternehmen, die die Bedürfnisse der Kunden genau kennen und ihnen mit Rat und Tat zur Seite stehen. Das qualitativ hochwertige Zusammenspiel von Mensch und Technik zeichnet uns im hart umkämpften IT-Markt aus. Allerdings hat uns die seit mehr als einem Jahr andauernde Investitionskrise in Deutschland – sowohl in der Wirtschaft als auch bei der Öffentlichen Hand – insbesondere im wichtigen Projektgeschäft hart getroffen. Hinzu kommt die Volatilität des US-Dollars seit der Wahl der neuen US-Administration im November 2024, da wir einen Großteil unserer Einkäufe in US-Dollar tätigen“, sagt Siewert & Kau Geschäftsführer Claus Holzleitner. Er ist als versierter Handelsmanager und Chief Financial Officer an Bord. Claus Holzleitner agiert als Brückenbauer, der die Neuausrichtung auf dem bereits eingeschlagenen Sanierungsweg in klar gegliederte organisatorische Strukturen lenkt.

Angestrebt wird ein geordneter Investorenprozess. Ziel dieses Investorenprozesses ist die langfristige Sicherung der Arbeitsplätze und der eng verzahnten Kunden- und Lieferantenbeziehungen sowie die bestmögliche Gläubigerbefriedigung. „Als Familienunternehmer geht es uns um den Fortbestand dessen, was wir über 30 Jahre lang gemeinsam mit unserem Team mit viel Herzblut aufgebaut haben. Wir stehen einem möglichen Investorenprozess offen gegenüber und können uns gut vorstellen, Teil der Zukunftslösung zu werden“, blickt Björn Siewert, Geschäftsführer und Co-Gründer von Siewert & Kau, unternehmerisch nach vorn.

Bergheim, 7. Mai 2025

Quellen: Amtsgericht Köln, Wikipedia (Foto), S&K

 

Kommentar

Lade neue Kommentare

P
Pokerclock

Urgestein

758 Kommentare 734 Likes

Tja, bei Mindfactory explodiert das halbe deutsche Hardware-Internet und hier geht einer mit noch mehr Umsatz. Und keinen interessiert es.

Mal gucken, wer in diesem Jahr noch einen Insolvenzantrag stellen darf. Bei fast allen sieht es ziemlich düster aus mit der Liquidität.

Antwort 5 Likes

konkretor

Veteran

370 Kommentare 397 Likes

Das Distribution Geschäft ist hartes Brot.
In den 90 hatte ich schon Kontakt mit denen, da wurde Stellenweise noch per Telefon bestellt. Später per Shop.
Bye bye

Antwort 1 Like

Igor Wallossek

1

12,111 Kommentare 23,904 Likes

Tja, hier gehen ja auch nicht die Akneplantagen ihre Razer-Mäuse kaufen und Papas Grafikkarten-Sponsoring ausnutzen. Mitleid-Deals und Service-Löffel Gold gabs da nicht.

Allerdings sind angeblich auch die bei MF verlorenen Gelder 8-stellig, was zum Super-GAU geführt haben soll. Ganz so unschuldig ist da MF sicher auch nicht. Erzählt man sich so... :D

Antwort 2 Likes

e
eastcoast_pete

Urgestein

2,473 Kommentare 1,615 Likes

Scheint wohl doch ziemlich aus heiterem Himmel gekommen zu sein. Ist ziemlich schwerwiegend, wenn einem die Hausbank so (allem Anschein nach) Knall auf Fall kündigt, da das sofort alle anderen Banken und Geschäftspartner nervös macht und somit auch keine Zahlungen mehr getätigt und entgegenkommen werden können.

Antwort Gefällt mir

Igor Wallossek

1

12,111 Kommentare 23,904 Likes

Naja, ganz so aus heiterem Himmel kam es nicht. Das hatte sich mit dem MF-Desaster schon angekündigt. Aber diesmal habe ich brav gewartet, nicht dass wieder die Blase Zeter und Mordio schreit. Einige Mitarbeiter sind ja schon beim neuen Arbeitgeber... :D

Antwort 1 Like

ansleylara047

Mitglied

19 Kommentare 14 Likes

Jede große Firma die mehrere Briefkästen betreibt macht doch gerade alles richtig um ihr Geld in Luft und Liebe auf dem Papier zu verwandeln. Das man vorher das Geld verschwinden lässt und danach auf dem Papier fett ins Minus geht und wie durch Zauberhand dann nach der Insolvenz Schuldenfrei dar steht ohne einen Cent zurück gezahlt zu haben gehört doch zum kleinen 1x1 der Insolvenz. Je nach Motivation gehts danach in die Luxusrente mit dem Geld was man vorher in Luft und Liebe gewandelt hatte oder man reaktiviert einen der anderen Briefkästen wieder wenn man den Hals nicht voll bekommt. Taschenspielertricks sind das. Eine Privatinsolvenz ist heute die schnellste möglichkeit um sein Geld zu vervielfältigen wenn man auch nur den Hauch einer Ahnung hat und etwas vorplant. Eine Insolvenz bei einer GmbH ist keine Meldung Wert!
Bei einer Insolvenz verwechselt man ja gerne Täter und Opferrolle.

Antwort 2 Likes

8j0ern

Urgestein

3,665 Kommentare 1,184 Likes

Tatsache, wenn schon Schulden dann Richtig, bloß nichts Zurück Zahlen wollen.

Naja, so einfach ist das nicht, wenn juristisch die Kacke am Dampfen ist.

Antwort Gefällt mir

T
Tralien

Veteran

248 Kommentare 80 Likes

wer sind denn diese anderen "spezialisierte Value Added Distributoren" z.B.?

Und wenn die nicht schon finanzielle Probleme gehabt hätten, dann hätte eine simple Änderung der Bankverbindung nicht zu ner Insolvenz geführt

Antwort Gefällt mir

P
Pokerclock

Urgestein

758 Kommentare 734 Likes

Mit den Konten sind in der Regel entsprechende Kreditlinien verbunden. Kündigung des Kontos bedeutet sofortige Fälligkeit der Verbindlichkeiten. Ohne Kohle auf dem Konto (also einem anderem) bist du sofort insolvent, weil zahlungsunfähig.

Antwort 4 Likes

T
Tralien

Veteran

248 Kommentare 80 Likes

ok, wenn dir ein Kredit gekündigt wird und du das Geld nicht flüssig hast, klar, das ist was anderes. So klingt es aber nicht, es klingt so, als wäre eines der vielen Geschäftskonten weg gebrochen. I.d.R. hat man Konten bei mehreren Banken um nicht abhängig zu sein. Sollte kein großes Problem sein dann.

Antwort Gefällt mir

G
Groggy

Neuling

6 Kommentare 17 Likes

Sehe ich ebenso, nach MF ist das nicht verwunderlich zumal auch sicher andere Ausstände die S&K belasten.
Ich meine, kaum ist dort letzte Woche alles abgesoffen, stellen die Mädels aus München auf https://www.mifcom.de/invesdor die Geldbüchse auf. Ich meine bei den Konditionen kann man recht safe sein, das man das Geld nie wieder sieht.

Vor allem wenn man die "Rückstände" berücksichtigt die von denen bei der S&K sicher noch offen sind.
Damit ist ja nicht nur das eintreiben dieser Gelder alsbald an der Reihe, sondern auch deren wichtigster Lieferant AFK.

Aus dem Betrachtungswinkel kann gerne jeder selbst seine Schlüsse daraus ziehen. Man beachte das der Shop der S&K als auch der Marketplace am 1.5. Offline gegangen sind, ggf. bereits die Umstellung in Richtung Insolvenzverwalter o.ä., ansonsten ein doch eher merkwürdiger Zufall?!

Ebenso das die Münchener mit deren Investoren-Suche zu solchen ... Konditionen um diese Zeit live gingen, ist doch ein sonderlicher Zufall.

Es bewegt sich halt aktuell einiges in der Branche und man kann frei heraus sagen, das die wackeligen Geschäftsmodelle in Jahren wie diesen, "untergehen" und kaum Überlebenschancen haben.

Generell kann man es auch als Konsolidierung der Branche abtun, in den meisten anderen Ländern hat man was den Channel angeht eher weniger Auswahl, gibt ja auch jene Länder die nahezu bzw. keinen Channel haben.

My 50 Cents.

Antwort Gefällt mir

Klicke zum Ausklappem
P
Pokerclock

Urgestein

758 Kommentare 734 Likes

Junge ist das eine wilde Nummer. C---Anleihen ohne jede Einlagensicherung an den gemeinen Gaming-Nerd verticken.

Antwort 2 Likes

e
eastcoast_pete

Urgestein

2,473 Kommentare 1,615 Likes

Deshalb heißen solche Unternehmensanleihen ja auch treffend "junk bonds". Man kann mit solchen Risikoanleihen durchaus Geld machen, allerdings nicht als Kleinanleger (dh so Leute wie ich). Für sowas muss man ein großes Anlagevermögen haben, langfristig investieren können, und das Risiko, daß mindestens eine der Schuldnerfirmen zahlungsunfähig wird, durch sehr breite Streuung auf viele solcher Kredite auffangen.

Antwort Gefällt mir

e
eastcoast_pete

Urgestein

2,473 Kommentare 1,615 Likes

Es ist allerdings schon so, daß, wenn einem die Hausbank die Türe vor der Nase zuschlägt, die anderen Banken dann auch gleich das Weite suchen. Was da jetzt bei S&K gelaufen ist, weiß ich natürlich auch nicht. Bei der Wahl der Banken, mit denen man sich geschäftlich verbindet, muss man aber wirklich vorsichtig sein, und am besten zwei oder drei "Hausbanken" haben, wenn's irgend geht. Ich war mal vor über 20 Jahren an einer Firma beteiligt (nur mit ein paar Prozent), die dann durch eine der Banken in die Insolvenz gezwungen wurde. War in meinem Fall zwar ziemlich ärgerlich, aber der Verlust hielt sich in Grenzen, also zum Glück nicht existenzbedrohend. Aber wenn man finanziell voll in der eigenen Firma drin steckt, und die Firma stark an eine Bank gebunden ist, kann einem diese eine Bank viel kaputt machen.

Antwort 2 Likes

P
Pokerclock

Urgestein

758 Kommentare 734 Likes

Es wird dir hier nicht nur ein (langfristiger) Kredit gekündigt. Mit Kreditlinien kannst du ohne große Prüfung der Bank kurzfristig Geld abrufen bei hohem Lieferaufkommen. Zum Beispiel im Weihnachtsgeschäft. Funktioniert ähnlich wie ein Dispo, umfasst aber viel, viel mehr Geld, was da abgerufen werden kann. Das ist dann verbunden mit einem bestimmten Konto. Der News-Text ist halt so verfasst, dass das als Wissen vorausgesetzt wird. Wenn dir das eine Bank entzieht, bist du wirtschaftlich kalt gestellt. Dauert ein, zwei Tage, dann ziehen alle anderen Banken nach. Ein paar weitere Tage später stehst du auf Plattformen wie Creditreform mit einem Eintrag. Dann bist eigentlich schon lange in der Insolvenzverschleppung drin, wenn nichts angemeldet hast.

Antwort 5 Likes

G
Groggy

Neuling

6 Kommentare 17 Likes

Vergiss nicht das es mit dem Volumen im Gesamten und der Liquidität zu tun hat. Sprich -sagen wir du hast ein Stammkapital bzw. eher flüssige Mittel in Summe X, dann kannst Du bis Summe X ordern aber nicht darüber. Es gibt Unternehmen (Distributoren) wie die S&K die jetzt so einem Unternehmen noch ein eigenes Kreditlimit Einräumen müssen, da du nicht Vorkasse gehst, sondern bis das Geld deiner Kunden bei dir eingegangen ist (Übliche Zahlungsziele an den Distributor je nach Branche zwischen 30 und 90 Tage) und es dem Distributor bezahlen kannst.

In dem Fall "eine Freiwillige Leistung der S&K" gegenüber einem Kunden wie MF oder den Münchenern oder auch anderen. Die halten "wenn vorhanden" Ihre Flüssigen Mittel wiederum für Notfälle, als Sicherheit zurück um flüssig zu sein.
Damit hat die S&K aber ein Minus und das bei vielen Ihrer Kunden was kumuliert und die Liquidität negativ beeinträchtigt.

Wenn jetzt das Business größer wird, holen sich ordentliche Läden Kreditversicherer ins Boot, was auch spätestens der Fall ist wenn man von einem Hersteller über die S&K oder ohne die S&K direkt beim Hersteller Ware in Containermengen ordert. Das geht dort nur auf diese Weise oder du gehst in Vorkasse (kann kaum einer der Läden sich leisten), was dann dauert... Wochen und Monate Übersee Fracht und man ist die gesamte Zeit finanziell im Minus, also Kreditversicherer, Hermes, Zürich RE, usw. sind die Lösung.

Wenn dann das Geschäft gut Läuft kann man mehr absetzen, aber kann man mehr bestellen? eher nicht, das Geld ist ja noch beim Kunden auf der Bank, also erweitert man diese Kreditlinien immer mehr. Diese Linien lassen sich in Zeiten vor Corona usw. leicht anheben, heute in einem angespannten Umfeld, Strafzöllen, Konflikten usw. Inflation, Zinssatzänderungen und Währung- bzw. Marktinstabilität müssen Banken als auch Kreditversicherer kürzer Treten, da die operativer als Hochrisikofaktoren den eigenen Untergang bedeuten können.

Was passiert also, als erstes ziehen Kreditversicherer die Linien bzw. Volumina runter, du könntest, aber wirst nicht mehr Verkaufen können = wenn du jetzt nicht eigenes Kapital hast, gehts zur Bank, die merkt wie ein Kunde in Zeiten wo man haushalten soll aufdrehen will = Alarmglocken gehen an - ist unser Kapital sicher beim Kunden? > Kunde wird tiefgreifend geprüft und seine Liquidität neu bewertet im aktuell "schlechteren Marktumfeld" als Jahre zuvor (Andere Bewertungsgrundlage) = Volumen und Kreditlinie bei der Bank geht auch runter = an beiden Stellen verlierst Du bspw. 1Mio. Volumen = 2 Mio weniger Kaufkraft/Volumen auf einen Schlag.

Womit kannst du jetzt noch rechnen, wenn du keine eigenen Reserven hast?

Na klar, aktuell kommen wie üblich in solchen Zeiten Angebote die gut sind nur durch Volumina in hohen Mengen zustande, die du nicht mehr abnehmen kannst weil kein "virtuelles" Geld bzw. keine Deckung bereitsteht. Also geht die Konkurrenzfähigkeit und dein Absatz runter beim Endkunden.

Nun gehst du auf S&K als deinen Distributor zu und sagst was dein Problem ist. Was macht S&K? -hmm wir müssen gas geben, Risiko ok, Feuer Frei = interne freiwillige Kreditlinie erhöht = mehr Risiko und mehr minus. Das sieht natürlich auch die Bank der S&K, was macht die? -Neubewertung der Kundenliquidität. Da viel mehr Aktiva im Minus, kein gutes Marktumfeld, ggf. undurchsichtige Deals = Neubewertung verhauen, Vertrag auflösen. S&K = nicht genügend Mittel = Insolvent.

Das ist schon oft in dem Markt passiert da ist S&K nicht der Erste, nicht der Letzte. Wenn dort dann auch noch irgendwo undurchsichtig oder nicht konform der Compliance gearbeitet wurde, da sieht es dann zappenduster aus.

Was passiert mit den Kunden, also den Läden die an den Endkunden verkaufen?
Naja, die werden ebenfalls durchgereicht und geraten selber in Seenot und kommen dann auf Ideen wie oben bereits erwähnten Plan "Investoren bei den eigenen Kunden suchen, getreu dem Motto irgend jemand ist schon unvorsichtig und schiebt noch den einen oder anderen Taler nach in das Fass ohne Boden).

Was sagt das nun über die Unternehmen aus? erstmal nicht viel, da es viele so machen. Dadurch ergeben sich oft sehr viel bessere Deals für den Endkunden, aber auf Kosten der eigenen Mitarbeiter bzw. derer Zukunftssicherheit in Bezug auf Sozialverträgliche Entscheidungen.
Zeitgleich wird der Markt verfälscht und ordentliche Unternehmen geraten unter Druck, immer mehr, da diese nicht diese Praktiken eingehen.

Der Kunde bekommt einen völlig falschen Eindruck vom realen Marktwert da dieser nochmals um das X-mal verrissen wird. Keine Sorge diese Kette mit dem Überpreisen und Unterpreisen beginnt bereits bei den Rohstoffherstellern und geht die gesamte Kette bis zum Endkunden durch. Also nein, der Händler ist kein Opfer, wenn dann nur seiner eignen Gier, aber das soll nicht unser Problem sein.

Sorry, hab mich mitreissen lassen, jetzt ist es eine halbe Abhandlung geworden :)

Antwort 10 Likes

Klicke zum Ausklappem
P
Pokerclock

Urgestein

758 Kommentare 734 Likes

Es ist aber eine lesenswerte Abhandlung. ;)

Habe mich zu der Sachlage auch mal näher erkundigt. Die ersten Kreditversicherer haben da wohl schon Ende letzten Jahres die Reißleine gekappt. Atradius kam dann letzte Woche dazu. Spannend an der Sache ist, dass das überhaupt so lange gedauert hat...

Antwort 2 Likes

d
daddler

Mitglied

10 Kommentare 5 Likes

Interessant, wenn die veröffentlichten Bilanzdaten auf northdata stimmen hatte man 2023 noch eher das Problem das Geld im Unternehmen zu "verstecken" und hat fast 1Mio€ Gewinnvortrag in den Büchern verzeichnet. 2024 holt man einen neuen CFO und ist 2025 pleite...
Klingt schon etwas so, als hätte man da den Rahm noch brav abgeschöpft und beutelt sich auf Kosten der Allgemeinheit mal den Dreck von den Sohlen um dann schön weiterzumachen. Die Zeche zahlen dann alle Bankkunden am Ende. Danke!

Antwort Gefällt mir

S
SpotNic

Urgestein

1,373 Kommentare 630 Likes

Die haben während Corona noch ordentlich expandiert und ein riesiges Lagergebäude gebaut, augenscheinlich ist das allerdings heute in details noch nicht wirklich fertig.

Antwort Gefällt mir

Danke für die Spende



Du fandest, der Beitrag war interessant und möchtest uns unterstützen? Klasse!

Hier erfährst Du, wie: Hier spenden.

Hier kannst Du per PayPal spenden.

About the author

Igor Wallossek

Chefredakteur und Namensgeber von igor'sLAB als inhaltlichem Nachfolger von Tom's Hardware Deutschland, deren Lizenz im Juni 2019 zurückgegeben wurde, um den qualitativen Ansprüchen der Webinhalte und Herausforderungen der neuen Medien wie z.B. YouTube mit einem eigenen Kanal besser gerecht werden zu können.

Computer-Nerd seit 1983, Audio-Freak seit 1979 und seit über 50 Jahren so ziemlich offen für alles, was einen Stecker oder einen Akku hat.

Folge Igor auf:
YouTube   Facebook    Instagram Twitter

Werbung

Werbung