Auftragen und Viskosität
Das Auftragen dieser Wärmeleitpaste erfordert aufgrund ihrer mittelviskosen, thixotrop eingestellten Konsistenz eine gezielte Vorgehensweise, um eine gleichmäßige, blasenfreie Schicht mit definierter Dicke zu erzielen. Die Paste zeigt unter mechanischer Belastung ein typisches Fließverhalten: Sie reagiert auf Scherkräfte mit einer vorübergehenden Viskositätsreduktion, kehrt aber im Ruhezustand rasch in eine strukturviskose Form zurück. Daraus ergeben sich konkrete Anforderungen an den Applikationsprozess.
Im Gegensatz zu niederviskosen, stark fließfähigen Materialien verteilt sich diese Paste nicht selbstständig über die Kontaktfläche, sondern muss mechanisch in die Spalte eingepresst werden. Der Auftrag mittels Spatel, Rakel oder Druckapplikator sollte daher in einer möglichst gleichmäßigen Bewegung erfolgen, um lokale Einschlüsse oder Füllstoffverdrängung zu vermeiden. Die relativ hohe innere Kohäsion der Matrix sorgt zwar für Formstabilität nach dem Auftrag, erschwert aber gleichzeitig die vollständige Entlüftung bei unzureichendem Kontaktdruck.
Besonders bei größeren Flächen – etwa einem Heatspreader mit mehreren Quadratzentimetern – empfiehlt sich ein kreuzweises Verstreichen mit moderatem Andruck, gefolgt von einer kontrollierten Verpressung. Dabei sollte die finale Schichtdicke in einem Bereich gehalten werden, der die vertikale Kompression der sphärischen Füllstoffe noch zulässt, ohne diese zu mechanisch zu stauen. Ein BLT von etwa 20–30 µm stellt hier erfahrungsgemäß den besten Kompromiss zwischen thermischer Leitfähigkeit und mechanischer Entspannung dar.
Zusätzlich ist zu beachten, dass die thixotrope Struktur der Paste temperaturabhängig reagiert: Bei Raumtemperatur zeigt sie ein ausgewogenes Gleichgewicht zwischen Fließfähigkeit und Formstabilität, während bei niedrigeren Temperaturen ein erhöhter Widerstand gegen Scherung auftreten kann. Dies sollte insbesondere bei Applikation in ungeheizter Umgebung oder bei Lagerung unterhalb von 20 °C berücksichtigt werden. Unterm Strich verlangt die mittelviskose Konsistenz dieser Paste eine kontrollierte Applikation mit definiertem Druck und Flächenführung. Ihre Struktur erlaubt eine stabile Positionierung auch in vertikalen oder vibrationsbelasteten Einbaulagen, sofern sie fachgerecht verarbeitet wird.
Chartsvergleiche
Die Paste lässt sich zumindest bis rund 16 µm zusammendrücken, was wichtig ist. Die Gründe habe ich ja bereits erklärt. Denn eine Wärmeleitpaste kann bessere Ergebnisse auf einer CPU liefern, wenn sie aufgrund ihrer Konsistenz leichter in die Mikrorauigkeiten der Kontaktflächen zwischen CPU und Kühlkörper eindringen kann. Dies führt zu einem besseren initialen Kontakt und verringert den thermischen Widerstand an der Schnittstelle. Schichtstärken unter 25 µm sind hierfür zielführend, wenn die Oberflächen nicht zu gewölbt oder rau sind. Allerdings gilt es auch, vernünftige Untergrenzen zu beachten.
Die effektiven Wärmewiderstände Rth, eff
Jetzt vergleichen wir die Pasten und betrachten nur den effektiven Wärmewiderstand. Natürlich sehen wir auch hier, wie sich die Paste unter Druck und bei den technisch überhaupt möglichen BLT verhält. Die Shin Etsu MicroSi X-23-8195-4 positioniert sich unterhalb von 50 µm im oberen Mittelfeld, verfehlt die Top 10 aber deutlich. Die Paste bleibt aber auch bei höheren Schichtstärken noch recht performant und ist stets vorn mit dabei.
Ich habe nun noch einmal die relevanten Schichtstärken von 25 bis 400 µm als Balkendiagramm für Rth im Vergleich. Auch hier liegt die Shin Etsu MicroSi X-23-8195-4 gut im Rennen:
Interface Resistance
Was ich schon erwähnte, ist der Kontaktwiderstand, also in unserem Fall der Interface-Widerstand. Hier sieht man nämlich, wie gut sich die Oberfläche des Materials an die Kontaktflächen (IHS, Heatsink) “anschmiegt”. Auch diese Werte sind gut vergleichbar und aussagefähig, da es immer dieselben, kalibrierten Referenzblöcke sind. Mit rund 5.2 mm²K/W liegt die Paste im sehr guten Mittelfeld und zeigt, was sie kann.
Wie man diesen Wert ermittelt, habe ich ja in den verlinkten Grundlagen bereits sehr ausführlich erklärt, das spare ich mir an dieser Stelle. Aber es ist der Wert, der bei sehr geringen BLT einen großen Einfluss nehmen kann.
Effektive Wärmeleitfähigkeit
Wir sehen erneut, wie sich die Werte über die BLT ändern, wobei man hier wegen der inkludierten Fläche und BLT keine lineare Kurve mehr erwarten kann. Das Ganze korrespondiert dann aber positionsmäßig gut mit den Werten für den thermischen Widerstand, wo die Shin Etsu MicroSi X-23-8195-4 gut mitmischen kann.
Das Ganze natürlich auch noch einmal als Balkendiagramm für die wichtigsten Schichtstärken. Einfach mal durchklicken und sehen, wo sich die Paste dann positioniert:
Mal abgesehen davon, dass ich auch die Temperaturen des Heaters und des Wassers habe, die uns aber nichts nützen, weil sie sich entweder den Widerständen anpassen oder immer konstant bleiben, habe ich ja meinen Messaufbau mit den Temperaturfühlern 1 bis 6 (siehe Grundlagenartikel). Mit diesen Werten kann man jetzt auch noch ganz nette Überlegungen anstellen.
GPU-Simulation
Nehmen wir zunächst die Werte, die die beiden Temperaturen an den jeweiligen Kontaktflächen ausweisen, zwischen denen sich die Paste befindet und bilden ein Delta. Diese Kurven sind nicht mehr ganz linear, denn auch der Interface-Widerstand ändert sich ein wenig. Und wir rechnen ja nicht mehr mit 6 Punkten, sondern nur mit 2 absoluten Werten für die Temperaturdifferenz statt eines Gradienten wie bei TTim, wobei die Sample-Temperatur ja konstant bleibt. Und wozu nun das Ganze? Das Verhalten ist so ähnlich wie bei einer Grafikkarte, die ja ohne einen IHS auskommen muss und wo man das Delta meist zwischen dem Substrat und der Wassertemperatur misst.
CPU-Simulation
Wenn man die Werte für den Heater normalisiert, haben wir hier bereits einen ausreichenden Wärmewiderstand im Referenzblock aus Kupfer, um die CPU-Temperatur und deren Unterschiede mit verschiedenen Pads im Vergleich untereinander und in Abhängigkeit zur Schichtstärke Pasten-Ersatz zu simulieren. Denn genau diese variable Bewertung kann kein Test auf einer CPU bieten, weil die jeweiligen CPUs anders gebogen sind und es damit nicht wirklich reproduzierbar bleibt. Im TIMA5-Test aber schon, denn ich kann alle Abstände messen, was auf nur einer einzelnen CPU einfach nicht geht.
Zwischenfazit
Die Shin Etsu MicroSi X-23-8195-4 hinterlässt insgesamt einen soliden Eindruck und zeigt sich als leistungsfähige Wärmeleitpaste im oberen Mittelfeld. Zwar erreicht sie nicht mal im Ansatz das Niveau der DOWSIL TC-5888, die hinsichtlich ihrer Wärmeleitfähigkeit und Konsistenz in einer eigenen Liga spielt, allerdings bereits EOL ist. Dennoch bietet die Shin Etsu MicroSi X-23-8195-4 eine wirklich überzeugende Performance, die sie für viele Anwendungen richtig attraktiv macht. Besonders im direkten Vergleich zur DOWSIL TC-5550 zeigt sich die Stärke der Shin Etsu MicroSi X-23-8195-4 deutlich, denn sie übertrifft auch die DOWSIL TC-5550 deutlich.
Für Anwender, die primär auf eine gute Wärmeabfuhr und stabile Temperaturen bei hoher Last Wert legen, jedoch auch auf die Haltbarkeit achten wollen, bietet die Shin Etsu MicroSi X-23-8195-4 eine ausgewogene Lösung als guten Kompromiss. Sie verbindet eine solide thermische Performance mit Beständigkeit, ohne die Kompromisse in der Wärmeleitfähigkeit, die bei der TC-5550 zu beobachten sind. Damit stellt sie eine interessante Alternative dar, besonders für Nutzer, die eine Balance zwischen Leistung und Langlebigkeit suchen,
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