Grafikkarten Testberichte

Sapphire Radeon RX 6800 XT Nitro+ im Test – Es geht auch leise, schnell und ganz schön durstig

Mittlerweile gibt es neben den bereits ausführlich getesteten Referenzkarten der RX-6000-Serie von AMD auch diverse Boardpartnerkarten nicht zu kaufen, von denen sich bereits zwei dieser begehrten Exemplare zumindest für einen öffentlichen Test im Labor befinden. Die anhaltende Nichtverfügbarkeit ist umso ärgerlicher, als dass es sich bei diesen Produkten um wirklich gute und konkurrenzfähige Grafikkarten handelt, die es verdient hätten, auch die breite Masse der Kaufwilligen zu beglücken. Doch immer schön der Reihe nach…

 

Mit der (Achtung! Offiziell vorgeschriebener Name) – SAPPHIRE NITRO+ AMD Radeon™ RX 6800 XT Gaming Graphics Card with 16GB GDDR6, AMD RDNA™ 2, die ich im Artikel der Einfachheit halber wieder Sapphire Radeon RX 6800 XT Nitro+“ nennen werde, da sonst die Charts und Legenden explodieren würden, liegt hier ein besonders schnelles (und damit auch etwas durstigeres) RDNA2-Exemplar auf meinen Tisch der guten Taten und wartete nur darauf, auch einmal eingehender betrachtet zu werden. Denn es lohnt sich, soviel kann ich schon einmal vorab spoilern.

Diese Grafikkarte kommt mit dem neuen Videocodec AV1 zurecht, sie unterstützen erstmals auch DirectX 12 Ultimate und damit eben auch DirectX Raytracing (DXR). Mit AMD FidelityFX bieten sie zudem ein Feature, das Entwicklern zudem mehr Spielraum bei der Auswahl der Effekte ermöglichen soll. Ebenfalls dabei ist Variable Rate Shading (VRS), was immens Rechenleistung sparen kann, wenn Bildbereiche, die ohnehin nicht im Auge des Spielers liegen, in der Darstellungsqualität smart reduziert werden. Soviel zum Feature-Set aller neuen Radeon-Karten.

Mit einer UVP für die Sapphire RX 6800 XT Nitro+ SE von  799 Euro (das ist die mit den RGB-Luftikussen), 769 Euro für die hier getestete „normale“ RX 6800 XT Nitro+ und 639 Euro für die RX 6800 Nitro+ liegt man nicht allzu weit von der UVP der Referenzkarten entfernt.

Optik und Haptik

Die Sapphire Radeon RX 6800 XT Nitro wiegt 1232 Gramm und ist damit deutlich leichter als die Referenzkarte! Sie ist mit ihren 31.3 cm auch länger, wie die Referenz satte 12 cm hoch (11,5 cm Einbauhöhe ab PEG) und ebenfalls 4.5 cm dick (2.5-Slot-Design), wobei noch eine Backplate und das PCB mit insgesamt vier weiteren Millimetern dazukommen. Der Korpus ist aus haptisch nicht sehr vorteilhaften Kunststoff, der Sapphire-Schriftzug auf der Oberseite hinter einer verspiegelten Fläche ist wenigstens aRGB-beleuchtet.

Die bunte Kraft erstreckt sich auch über die Oberkante als Lichtleiste und die Backplate als nette Hintergrundbeleuchtung. Versorgt wird das Ganze Pixelfeuerwerk samt Illumination über zwei standesübliche 8-Pin-Buchsen. 

Die Slot-Blende ist geschlossen, trägt 1x HDMI 2.1 und drei statt zwei DP-Anschlüsse. Dafür fehlt allerdings die USB Type C Buchse. Mehr zum Aufbau, dem Kühler und der Bestückung dann auch noch auf der nächsten Seite beim Teardown.

Technik, Dual-BIOS und ein Software-Switch

Mit den 72 Compute Units (CU) besitzt die RX 6800 XT 4608 Shader. Während der Basistakt des Primary-BIOS mit 2110 MHz und der Boost-Takt mit 2360 MHz angegeben wird, muss das Secondary-BIOS mit 2045 bzw. 2285 MHz auskommen. Die Karte setzet auf 16 GB GDDR6 mit 16 Gbps, die sich aus jeweils 8 Modulen mit 2 GB Größe ergeben. Dazu gehört auch das 256-Bit Speicherinterface und der 128 MB große Infinity Cache, der das Bandbreitenproblem lösen soll. 

Die beiden Screenshots aus GPU-Z geben erst einmal Auskunft über die Eck-Daten der beiden BIOSe – links seht Ihr das Performance-BIOS (Primary), rechts das Silent BIOS (Secondary):

Doch wo liegen nun die weiteren, viel wichtigeren Unterschiede zwischen den beiden BIOS-Varianten? Die Details sehen wir, wenn man das BIOS ausliest. Beginnen wir zunächst bei der „Thermal Graphics Power“, denn hier begegnen sich 289 Watt und 264 Watt.

     

Das hat natürlich Einfluss auf die Lüfterdrehzahlen und die erreichten Temperaturen. Das Secondary-BIOS lässt hier schon einen deutlich leiseren Auftritt vermuten, wie es das „Fan Acoustic Limit“ veranschaulicht.

     

Raytracing / DXR

Spätestens seit der Präsentation der neuen Radeon-Karten ist klar, dass auch AMD Raytracing unterstützen wird. Hier geht man einen zu NVIDIA deutlich abweichenden Weg und implementiert einen sogenannten „Ray Accelerator“ pro Compute Unit (CU). Da die Radeon RX 6800 insgesamt 72 CUs besitzt, ergeben sich somit auch 72 solcher Beschleuniger für die Radeon RX 6800XT, bei der kleineren Radeon RX 6800 sind es noch 60. Eine GeForce RTX 3080 kommt auf 68 RT Cores, also nominell erst einmal weniger. Beim Vergleich der kleineren Karten steht es dann 62 für die RX 6800 und 46 für die GeForce RTX 3070. Allerdings sind die RT-Cores anders organisiert und man wird abwarten müssen, was hier Menge gegen Spezialisierung ausrichten kann. Es ist am Ende also erst einmal ein Äpfel und Birnen Vergleich.

Doch was hat sich AMD hier ausgedacht? Jeder dieser Beschleuniger ist erst einmal in der Lage, gleichzeitig bis zu 4 Strahl-/Box-Schnittpunkte oder einen einzigen Strahl-/Dreieckschnitt pro Takt zu berechnen. So berechnet man die Schnittpunkte der Strahlen mit der Szenengeometrie (analog zur Bounding Volume Hierarchy), sortiert sie zunächst vor und gibt diese Informationen dann an die Shader zur weiteren Bearbeitung innerhalb der Szene zurück bzw. gibt das finale Shading-Resultat aus. NVIDIAs RT-Cores scheinen da allerdings deutlich komplexer vorzugehen, wie ich es beim Turing-Launch bereits ausführlich erläutert habe. Was zählt, ist allein das Ergebnis und genau dafür haben wir auch passende Benchmarks.

Smart Access Memory (SAM)

AMD zeigte auf der Präsentation der neuen Radeon-Karten bereits SAM, also Smart Access Memory – ein Feature, das ich heute zusätzlich auch zu den normalen Benchmarks aktiviert habe, womit auch ein direkter Vergleich möglich wird. Doch eigentlich ist SAM nicht Neuers, nur verbal schöner verpackt. Dahinter verbirgt sich nämlich nichts anderes als der clevere Umgang mit dem Base Address Register (BAR) und genau dieser Support muss zwingend auch im Unterbau aktiviert sein. Bei moderner AMD-Grafikhardware spielen größenveränderbare PCI-Bars (siehe auch PCI SIG vom 24.0.4.2008) schon länger eine wichtige Rolle, da die eigentlichen PCI BARs normalerweise ja nur auf 256 MB begrenzt sind, während man bei den neuen Radeon Grafikkarten nun bis zu 16 GB VRAM vorfindet.

Die Folge ist, dass nur ein Bruchteil des VRAM für die CPU direkt zugänglich ist, was ohne SAM eine ganze Reihe von Umgehungslösungen im sogenannten Treiber-Stack erfordert. Das kostet natürlich stets Performance und sollte demzufolge vermieden werden. AMD setzt bei SAM also genau dort an. Neu ist das nicht, muss aber sauber im UEFI implementiert und später auch aktiviert werden. Das wiederum geht nur, wenn das System im UEFI Modus läuft und CSM/Legacy deaktiviert sind.

CSM steht dabei für das Compatibility Support Module. Das Compatibility Support Module gibt es ausschließlich unter UEFI und es sorgt dafür, dass ältere Hardware und Software auch mit UEFI funktioniert. Das CSM ist immer dann hilfreich, wenn nicht alle Hardware-Komponenten zu UEFI kompatibel sind. Einige ältere Betriebssysteme sowie die 32-Bit-Versionen von Windows lassen sich auch nicht auf UEFI-Hardware installieren. Genau diese Kompatibilitätseinstellung verhindert jedoch die saubere und für die neuen AMD-Komponenten benötigte Windows-Variante oft schon bei der Installation.

Zunächst muss man im BIOS nachsehen, ob UEFI oder CSM/Legacy aktiv ist und falls nicht, diesen Schritt unbedingt machen. Erst dann kann man die größenveränderbaren PCI-BARs überhaupt aktivieren und nutzen, doch Stopp – bootet Euer Windows dann überhaupt noch? Wie man einen (älteren) Datenträger von MBR zu GPT konvertiert, damit er unter UEFI sauber erkannt wird, könnte Ihr unter anderem auch im Forum nachlesen, falls es diesbezüglich Fragen gibt, das führt hier jetzt zu weit.
 
Fakt ist, dass AMD hier die Hürden für die Nutzung von SAM recht hoch anlegt und das bisher auch nur spärlich kommuniziert hat. Man setzt eine aktuelle Zen3-CPU voraus, dazu ein B550- oder X570-Motherboard samt aktualisiertem BIOS. Das mit dem UEFI ist dann wiederum eine kleine, aber ungemein wichtige Randnotiz. Man sollte auch anmerken, dass NVIDIA und Intel bereits eigene Lösungen angekündigt haben bzw. in Zukunft nutzen wollen. Einer legt vor, die anderen ziehen nach, wobei man es längst hätte tun können. Hat man aber nicht, warum auch immer. Über 12 Jahre Schublade sind reichlich vertane Zeit. Aber lieber spät als nie.
 

Benchmarks und Auswertung

Für die Benchmarks habe ich, analog zum Launchartikel, die gleichen 10 Spiele gewählt und dabei zwischen alt und neu, sowie AMD- oder NVIDIA-speziell gewichtet. Da sich alles sehr ähnlich zum Launchartikel der Radeon-Karten verhält, gibt es diesma nur leine kumulierte Zusammenfassung aller Spiele mit einer ausführlichen Erklärung für jede Auflösung. Die Leistungsaufnahme gibt es ebenfalls sehr ausführlich, so wie Ihr es ja auch gewohnt seid.

Testsystem und Auswertungssoftware

Das Benchmarksystem ist neu und setzt nun komplett auf AMD. PCIe 4.0 ist natürlich Pflicht. Dazu gehören das passende X570 Motherboard in Form eines MSI MEG X570 Godlike und der Ryzen 9 5950X, der wassergekühlt betrieben und leicht übertaktet wird. Dazu kommen der passende DDR4 4000 RAM von Corsair in Form des Vengeance RGB, sowie mehrere schnelle NVMe SSDs. Für das direkte Loggen während aller Spiele und Anwendungen nutze ich sowohl NVIDIAs PCAT, als auch mein eigenes Shunt-Mess-System, was den Komfort ungemein erhöht. Die Messung der detaillierten Leistungsaufnahme und anderer etwas komplizierterer Dinge erfolgt im Speziallabor zweigleisig mittels hochauflösender Oszillographen-Technik…

…und dem selbst erschaffenen, MCU-basierten Messaufbau für Motherboards Grafikkarten (Bilder unten), wo am Ende im klimatisierten Raum auch die thermografischen Infrarot-Aufnahmen mit einer hochauflösenden Industrie-Kamera erstellt werden. Die Audio-Messungen erfolgen dann außerhalb in meiner Chamber (Raum-im-Raum).

Die verwendete Software setzt auf meinen eigenen Interpreter samt Auswertungssoftware sowie ein sehr umfangreiches und flexibles Excel-Sheet für die grafische Umsetzung. Die einzelnen Komponenten des Testsystems habe ich auch noch einmal tabellarisch zusammengefasst:

Test System and Equipment
Hardware:
AMD Ryzen 9 5950X OC
MSI MEG X570 Godlike
2x 16 GB Corsair DDR4 4000 Vengeance RGB Pro
1x 2 TByte Aorus (NVMe System SSD, PCIe Gen. 4)
1x 2 TB Corsair MP400 (Data)
1x Seagate FastSSD Portable USB-C
Be Quiet! Dark Power Pro 12 1200 Watt
Cooling:
Alphacool Eisblock XPX Pro
Alphacool Eiswolf (modified)
Thermal Grizzly Kryonaut
Case:
Raijintek Paean
Monitor: BenQ PD3220U
Power Consumption:
Oscilloscope-based system:
Non-contact direct current measurement on PCIe slot (riser card)
Non-contact direct current measurement at the external PCIe power supply
Direct voltage measurement at the respective connectors and at the power supply unit
2x Rohde & Schwarz HMO 3054, 500 MHz multichannel oscilloscope with memory function
4x Rohde & Schwarz HZO50, current clamp adapter (1 mA to 30 A, 100 KHz, DC)
4x Rohde & Schwarz HZ355, probe (10:1, 500 MHz)
1x Rohde & Schwarz HMC 8012, HiRes digital multimeter with memory function

MCU-based shunt measuring (own build, Powenetics software)
Up to 10 channels (max. 100 values per second)
Special riser card with shunts for the PCIe x16 Slot (PEG)

NVIDIA PCAT and FrameView 1.1

Thermal Imager:
1x Optris PI640 + 2x Xi400 Thermal Imagers
Pix Connect Software
Type K Class 1 thermal sensors (up to 4 channels)
Acoustics:
NTI Audio M2211 (with calibration file)
Steinberg UR12 (with phantom power for the microphones)
Creative X7, Smaart v.7
Own anechoic chamber, 3.5 x 1.8 x 2.2 m (LxTxH)
Axial measurements, perpendicular to the centre of the sound source(s), measuring distance 50 cm
Noise emission in dBA (slow) as RTA measurement
Frequency spectrum as graphic
OS: Windows 10 Pro (all updates, current certified or press drivers)

 

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About the author

Igor Wallossek

Chefredakteur und Namensgeber von igor'sLAB als inhaltlichem Nachfolger von Tom's Hardware Deutschland, deren Lizenz im Juni 2019 zurückgegeben wurde, um den qualitativen Ansprüchen der Webinhalte und Herausforderungen der neuen Medien wie z.B. YouTube mit einem eigenen Kanal besser gerecht werden zu können.

Computer-Nerd seit 1983, Audio-Freak seit 1979 und seit über 50 Jahren so ziemlich offen für alles, was einen Stecker oder einen Akku hat.

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