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„RTX on“ aus der Sicht eines AMD-Users und „ist Turing jetzt wirklich tot?“

Zum Ende von Turings Lebenszyklus habe ich für mich persönlich noch einmal Revue passieren lassen, wie sich die RTX 2000 Serie geschlagen hat und welche Features wirklich punkten konnten. Mit der "kleinen" 2060 Super habe ich getestet, ob Raytracing schon für die breite Masse realisierbar ist, ob DLSS mittlerweile optisch vertretbar ist und wie viel 1440p Power man in dieser Preisklasse erwarten kann.

Raytracing – Framerate vs. Optische Qualität

Kommen wir nun zu Turings „Hauptattraktion“ und schalten RTX on. Es wurde als die Innovation der Computerspielegrafik vorgestellt und ist seitdem in aller Munde. Für viele Kaufwillige ist es sogar ein maßgebliches Kaufkriterium geworden. Die Liste der Spiele, die schon kurz nach Turing-Release Raytracing unterstützen sollten, sah sehr vielversprechend aus. Leider hat es dieses Feature zwei Jahre später aber erst in eine Handvoll Spiele geschafft und zu meinem Bedauern interessiert mich von diesen Spielen die Hälfte nicht einmal. Testen wollte ich es aber trotzdem und es galt die folgenden Fragen zu klären:

  • Bietet Raytracing eine optische Aufwertung?
  • Wie viel Leistung kostet Raytracing?
  • Braucht man das?

Für den Vergleich habe ich in mehreren Spielen die Raytracing-Effekte an- und ausgeschaltet, dabei die Framerate festgehalten und mir ein persönliches Urteil gebildet.

Hinweis: RTX on/off lässt sich leicht anhand der Framerate erkennen – mehr FPS = RTX off, weniger FPS = RTX on. Einige Spiele erfordern bei der (De)-aktierung von Raytracing einen Neustart, weshalb hier keine perfekt identische Perspektive zum Vergleich erreicht werden konnte.

In Fortnite gab es mit „RTX on“ (Beta) ohne den Einsatz von DLSS satte 17 FPS zu bestaunen – auf der niedrigsten Stufe wohlbemerkt. Das Spiel stürzt mit aktiviertem Raytracing auch häufig ab, weshalb ich eine nähere Betrachtung nach kurzer Zeit verworfen habe.

Battlefield 5

In Battlefield 5 kommen RTX-Reflections zum Einsatz, also korrekte Spiegelungen auf allen glatten Oberflächen wie absolut reinen Glasscheiben, perfekt polierten Marmorfußböden und – schon eher realistisch für einen Weltkriegs-Shooter – Dreckpfützen auf dem Schlachtfeld. In diesem konkreten Fall (und das trifft auf Tomb Raider ebenfalls zu) muss man unterscheiden zwischen „sieht gut aus“ und „sieht physikalisch korrekt aus“. Gerade das zweite Screenshot-Paar macht das deutlich: Der erste Screenshot mit den gewöhnlichen „screen space reflections“ sieht meiner Meinung nach besser aus (weil man es so gewohnt ist) als der zweite Screenshot mit den physikalisch korrekten Raytracing Reflektionen. In der realen Welt spiegelt eine Pfütze aber auch nicht aus jedem Blickwinkel! 
Settings: 1440p ultra, RTX = ultra

Oben RTX off (96 FPS), unten RTX on (43 FPS)

 

Oben RTX off (94 FPS), unten RTX on (41 FPS)

Deliver us the Moon

In Deliver us the Moon kommen ebenfalls die RTX-Reflections zum Einsatz. Hier machen diese aber richtig Spaß und stellen definitiv eine optische Aufwertung dar. Wenn man die Spiegelungen des Protagonisten in den Scheiben kennt und sie erwartet, dann fehlt ohne RTX tatsächlich etwas.
Settings: 1440p episch, RTX = hoch

Oben RTX off (106 FPS), unten RTX on (35 FPS) – mit DLSS „Quality“ sind es 61 FPS

 

Oben RTX off (68 FPS), unten RTX on (31 FPS) – mit DLSS „Quality“ sind es 48 FPS.

Shadow of the Tomb Raider

Passend zum Titel haben die Entwickler in Shadow of the Tomb Raider RTX Shadows integriert, die eine besonders realistische Darstellung der Schatten ermöglichen. Hier muss man wohl etwas umdenken, denn erst bei genauerem Hinsehen fällt auf, dass die dezenter wirkenden Raytracing-Schatten deutlich mehr Sinn ergeben. Wie bei Battlefield oben schon angemerkt, ist die „langweiliger“ aussehende Variante hier tatsächlich die physikalisch korrekte Variante.
Settings: 1440p Ultrahoch, RTX = Ultra

Oben RTX off (81 FPS), unten RTX on (47 FPS)

Beim nächsten Vergleich sieht man am Blumenstrauß auf dem Tisch sehr schön, dass RTX on hier viel mehr Sinn ergibt, als die von allen Seiten beleuchteten Blumen im RTX off Bild. 

Oben RTX off (90 FPS), unten RTX on (73 FPS)

Die nächsten beiden Spiele sind grafisch schon sehr altbacken und fordern selbst betagte Mittelklasse-Maschinen kaum. Deswegen kommen hier nicht nur „geraytracte“ Reflektionen oder Schatten zum Einsatz, sondern beides gleichzeitig und obendrein noch die Globale Beleuchtung. Den Unterschied der grafischen Qualität kann selbst ein Kleinkind erkennen. Quake 2 und Minecraft sind in ihrer Standardversion nun wirklich keine Hingucker mehr, mit Raytracing sieht das aber gleich ganz anders aus. Eine schöne Spielerei für Grafik-Nerds!

Quake 2 RTX 

Settings: 1440p max, RTX = niedrig (!)

 

 

In Quake 2 RTX limitiert offensichtlich die Engine bei rund 1000 FPS – in 1440p max, wohlbemerkt. Mit RTX on auf niedrig (!) bleiben noch knapp über 30 FPS übrig. Grafisch trennen RTX off und on natürlich Dimensionen, aber der Performance-Einbruch ist brutal.

Minecraft RTX

Setting: 1440 fancy, RTX = on (16 Chunks)

Oben RTX off (138 FPS), unten RTX on (77 FPS). In Außenarealen mit mehr Effekten gehen die FPS noch weiter nach unten…

Die Performance-Einbußen sind also in allen getesteten Spielen heftig und reduzieren die Framerate in der Regel um mindestens die Hälfte. Ob man das wirklich „braucht“, muss jeder selber entscheiden. In schnellen Spielen wie Battlefield habe ich gar keine Zeit, auf irgendwelche Reflektionen in Dreckpfützen zu achten und bevorzuge definitiv die höhere Framerate gegenüber den Reflektionen. In Shadow of the Tomb Raider sehen die RTX Schatten teilweise nicht so „gut“ aus wie die „gewöhnlichen“ Schatten, obwohl sie physikalisch gesehen viel mehr Sinn machen. In Quake und Minecraft sind die Effekte toll anzusehen, reduzieren die FPS aber auf quasi unspielbare Raten. Zumindest auf der hier getesteten 2060 Super.
Als Gegenbeispiel muss man aber auf jeden Fall auch Deliver us the Moon nennen. In Kombination mit einer gelungenen DLSS 2.0 Implementierung bleibt die Framerate trotz RTX on in einem akzeptablen Rahmen, denn das Spiel ist nicht so übermäßig schnell, dass man unbedingt dreistellige Framerates benötigen würde und die Spiegelungen haben stark zur tollen Atmosphäre des kurzen aber feinen Spiels beigetragen. 

Weitere Features

Zu RTX Voice und dem NvEnc Video Encoder haben Igor und mein Namensvetter Alexander Pozdnyshev schon ausgezeichnete Berichte verfasst. Statt hier alles noch einmal zu wiederholen, verlinke ich für Interessierte einfach die beiden sehr informativen Artikel und fasse für die Lesefaulen das Fazit der Kollegen am Ende dieses Reviews kurz zusammen.

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