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Roccat Khan Aimo im Test – besser als das Roccat Khan Pro oder nur anders und bunter?

Für aktuell knapp 100 Euro (Saturn im Angebot ab ca. 86 Euro) bietet Roccat mit dem Khan Aimo die Neuauflage bzw. Neuinterpretation des Khan Pro an und will mit RGB und einer aktiven USB-Soundkarte punkten. Genau dies ist aber ein Punkt, bei dem es sich schon lohnt, mal genauer hinzusehen und auch hinzuhören, sowie die Geschichte auch mal komplett zu zerlegen. Um in dieser Preisklasse ganz vorn mitspielen zu können, müsste man dann ja immerhin auch die üblichen Foren-Empfehlungen von QPad, Kingston & Co. schlagen können, die zudem mittlerweile sogar teilweise günstiger zu haben sind. Ob dem so ist und was das Headset kann (oder auch nicht), das kläre ich in diesem Test.

Lieferumfang

Der Lieferumfang ist  sehr überschaubar, denn man erhält das Headset und die Verpackung samt asiatischer Luft im Inneren. Das war es dann auch schon. Die USB-Soundlösung ist im Kopfhörer verbaut (ich zerlege das alles später noch) und was man tun könnte (aber nicht zwingend muss), wäre noch der manuelle Download der Software. Wobei man es vielleicht doch sollte, denn der Sound verbessert sich etwas, weil die voreingestellten Standard-Settings der USB-Lösung nicht wirklich schön sind. Doch dazu später mehr.

 

Was ist eigentlich „Hi-Res Audio“?

Zunächst vorab: es handelt sich nicht um HRA (High Resolution Audio), aber die Ähnlichkeit ist sicher nicht ganz unabsichtlich so gewählt worden. Die JAS (Japan Audio Society) als federführende Organisation hinter dem von Sony vor Jahren erstmals auf einem eigenen Plattenspieler genutzten Label schreibt z.B. für analoge Geräte vor, dass bei Kopfhörern (um die es ja geht) eine „Speaker and headphone performance of 40 kHz or above“ zu erreichen sei. Dieses Label wird auch nicht „verliehen“, sondern man muss dafür bezahlen.

Darüber hinaus sagt die JAS aber nichts zur eigentlichen Wiedergabequalität und den geforderten Parametern, sondern man schraubt lediglich die Obergrenze des Frequenzbereiches auf das Doppelte herkömmlicher Schallwandler nach oben, ohne jedoch irgendwelche Toleranzgrenzen vorzugeben. Was dann am Ende wirklich gut klingt, darf nämlich jede Firma ganz für sich allein entscheiden: „Listening evaluation process is added and final decision as Hi-Res Audio product to be proved according to each company’s sound evaluation standard„. Aber ich werde natürlich wie immer selbst probehören, nachmessen und objektiv urteilen.

 

Optik und Haptik

Optisch macht das schwarze Headset erst einmal keinen schlechten Ersteindruck, auch der zweite Blick findet nichts wirklich Negatives. Es sieht in seiner Aufmachung angenehm zeitlos und fast schon zurückhaltend aus. Damit kann und darf man getrost leben. Der haptische Zugriff offenbart allerdings schnell, dass es sich um eine reine Kunststofflösung handelt, denn bis auf das Headband mit dem Federstahl im Inneren fehlt Metall am Body komplett. In Anbetracht des Preises von immerhin fast 100 Euro ist dies dann aber schon etwas, nun ja, mutig.

Bis hierhin gehen wir schon einmal konform, dass auch schlichte Eleganz überzeugen kann und weniger oftmals sogar mehr ist. Nur die Materialanmutung wird dem aufgerufenen Preis nicht so ganz gerecht. Doch geschenkt, denn es gibt wahrlich Schlimmeres und man kann sich sogar an Kunststoff-Monokulturen gewöhnen. Und da man ja eine USB-Lösung nutzt, ist auch RGB nicht weit. Für die Steuerung der mit transluzenten Einsätzen am Rand eher zurückhaltend agierenden RGB-Beleuchtung dient der integrierte Multifunktions-Chip, der auch den Sound liefert. Doch auch dazu beim Tear Down gleich mehr.

 

Tragekomfort und Funktionalität

Drei Achsen und alles passt alles wie angegossen, ohne zu drücken. Damit kann man wirklich leben, denn die gewählte Lösung mit den zwei Scharnieren ist nicht neu, aber man muss das Rad ja nicht neu erfinden, wenn es gerade so schön rund läuft. Die Anpassung an kleinere oder größere Köpfe und diverse Kopfformen gelingt damit jedenfalls störungsfrei, was man nach spätestens einer Stunde Trageleistung zu schätzen weiß. Aber auch an diesen zwei neuralgischen Stellen können wir anhand der Materialwahl nicht abschätzen, wie langzeitstabil das Ganze bleibt. Zumindest sollte man längere UV-Einstrahlung vermeiden, das kann schon helfen.

Das Kopfband ist innen ausreichend gepolstert und es drückt auch nach längerem Tragen des (ohne Kabel) 275 Gramm schweren Headsets eigentlich nichts. Hier hat man mittlerweile im Vergleich zum Erstlingswerk vor allem bei der Verarbeitung nachgebessert, auch wenn es noch das gleiche PU-Lederimitat zu sein scheint.

Die Ohrpolster sind zwar noch etwas weich und unkonturiert, aber auf alle Fälle besser als beim ersten Khan Pro, wo ich noch barocke Faltenwürfe wie in Omas Rock bewundern durfte. Das Ganze geht mittlerweile, zumal man auch die Befestigung geändert hat. Die Polster sitzen nun auf einem eigenen Rahmen, den man an der Ohrmuschel festdrücken kann. Das erfordert beim Lösen Vorsicht und Kraft in gleichem Maße, aber es geht.

Der kleine Lautstärkeregler tut was er soll, mehr aber auch nicht. Man wird ihn sicher auch intuitiv finden können, aber sonderlich griffig und treffsicher erreichbar ist er nicht wirklich. Auch der Gleichlauf ist kein Thema mehr, denn die Steuerung erfolgt jetzt anschlaglos und elektrisch über den Soundchip. Gleich daneben ist der Taster für den Start oder Abschuss der RGB-Nachtbeleuchtung platziert. Wenn man den Bogen raus hat, findet man ihn sogar, ohne das Headset abzusetzen.

Die Muscheln sind diesmal verschraubt und lassen uns auch verlustlosen Blick ins Innere werfen. Dazu komme ich aber gleich noch beim Tear Down. Zumindest sieht man jetzt schon durch die Bespannung sehr deutlich, dass der Treiber asymmetrisch angeordnet und zudem in einem leichten Winkel zum Ohr hin angestellt wurde. Das liegt gerade voll im Trend, muss sich allerdings in der breiten Masse so erst noch beweisen.

 

Mikrofon

Der drehbare Mikrofonarm ist in der verwendeten Flachbandform samt Memory-Funktion hingegen clever gelöst, die so umgesetzte Auto-Mute-Funktion beim Hochklappen sehr praktisch, denn man spürt und hört den Schaltpunkt schon recht deutlich. Allerdings hört auch der Gegenüber jede Bewegung überdeutlich mit und da es keinen Low-Cut gibt, klebt im Extremfall die Lausprechermembran der Gesprächspartner an der gegenüberliegenden Wand.

Software

Roccat Swarm muss man sich selbst herunterladen, was aber keine Hürde ist. Die Installation ist etwas tricky und gefährlich, weil man die optionalen (aber benötigten) Distributionsdateien von Microsoft (C++ Klassenbibliotheken, .NET Framework 4.5) im Stealth-Modus installiert. Hier kommt es schnell einmal zum automatischen Windows-Neustart, den die Distributions-Setups automatisch erzwingen und den man nicht abbrechen kann. Was nicht gespeichert wurde, ist dann weg. Das GUI der Software basiert auf den QT-Bibliotheken, skaliert gut und ist recht fix. Man kann alles einstellen, was man braucht, bis hin zur Farbe der LED.

Die Software prüft und installiert auch Firmware-Updates und sich selbst. löblich. Schön auch, dass dies alles ohne Zwangsregistrierung funktioniert, Danke dafür!

 

Tear-Down, Sound-Chip und Technik-Check

Die Stunde der Wahrheit zeigt sich erst nach dem Aufschrauben, zumindest zum Teil. Wir sehen links die aktive Muschel mit dem Kabelanschluss und der Hauptplatine, rechts die passive Muschel mit der Platine für die Lautstärkeregelung und den RGB-Taster. Die Lötqualität ist ok, die Platinen sind es auch. Die Klebebandstreifen wirken hingegen etwas improvisiert, sind aber immer noch besser, als Tonnen von Heißkleber.

 

Der 50-mm-Neodym-Treiber sitzt noch einmal in einer abgeschlossenen Kapsel und ist nicht zugänglich, Auch wenn die Rückseite der Schale verschraubt ist, kommt noch unlösbarer Kleber zum Einsatz, der die Demontage komplett unmöglich macht. Hier komme ich also erst einmal nicht weiter, ohne alles komplett zerstören zu müssen.

Der Chip der verwendeten Soundlösung hingegen ist ein alter Bekannter: ein CM6533X1 von C-Media, der aber im Unterschied zum CM6533DH kein Dolby kann. Dafür vereint dieser Chip als All-in-One-Lösung DAC, Verstärker und die RGB-Steuerung in einem. Er enthält dafür einen 8051 Mikroprozessor, 256 KB SPI- und 32 KB Flash-Speicher für die Firmware, sowie einen Tri-Color LED-Treiber. Und nun kommen wir auch zum Analysieren der Fakten, die dieser Chip als Folgen in der Konsequenz mit sich bringt.

Man wirbt mit 32 Ohm und 99 dB SPL bei einem Milliwatt in den Specs. Das wiederum gilt natürlich nur für den Treiber, nicht aber die Gesamtlösung! Der CM6533X1 schafft insgesamt 15 mW Ausgangsleistung (30 mW für beide Kanäle in Summe) an 32 Ohm. Das heißt, der damit maximal erreichbare Schalldruckpegel (SPL = Sound Pressure Level) könnte im theoretischen Idealfall bei ca. 107 dB liegen. Das ist zwar nicht wenig, aber eben auch nicht  viel und liegt in der Praxis häufig niedriger.

Man geht in der Regel  von 85 bis 90 dB für einen angenehmen und kindersicheren Schalldruckpegel aus und interpretiert z.B. den Dynamikumfang für Klassik (HDR = High Dynamic Range) sogar mit 30 dB mehr, also dann insgesamt 115 dB! Fürs Gaming setzt man bei Shootern 16 bis 25 dB an, was am Ende wohl noch irgendwie ausreichend wäre, aber keine Reserven mehr bietet. Und selbst wenn der verbaute Treiber vielleicht sogar mehr könnte und deutlich pegelfester wäre, die eher preiswerte USB-Soundlösung wird hier stets das limitierende Glied sein.

Der DAC ist gutes Mittelmaß, aber akzeptabel. Man wird es als Durchschnittshörer im Allgemeinen kaum hören, ob nun dieser, oder ein deutlich höherwertiger DAC verbaut ist. Die 96 KHz Sampling-Rate mit 24 bit ist schon recht brauchbar. Der Amp schwächelt hingegen bei der Ausgangsleistung schon etwas. Das Xear-Soundprocessing von C-Media ist qualitativ recht durchwachsen. Während der 10-Band-Equalizer und die ganzen Pegel-Spielereien noch ganz brauchbar ist, wirkt die Surround-Implementierung nicht wirklich perfekt. Da gibt es deutlich bessere Umsetzungen.

 

Bevor wir aber nun zum eigentlichen Test in der Praxis kommen, noch schnell einmal alle Daten und Herstellerangaben in tabellarischer Form:

Kopfhörer
Frequenzbereich: 10 – 40000 Hz (Herstellerangabe ohne Angabe des Toleranzbereiches)
Impedanz: 32Ω (intern, am Sound-Chip)
Empfindlichkeit bei 1kHz: 99 dB (Treiber)
Lautsprecher Durchmesser: 50 mm Neodymium
Mikrofon
Gemessener Frequenzbereich: 100 – 10000 Hz
THD% @ 1kHz: 2%
Empfindlichkeit bei 1 kHz: -40dB
Signal-Rausch-Abstand: 60 dB
Impedanz: 2.2kΩ
Soundlösung
Chip CM6533X1 von C-Media
24-bit @ 96kHz (max)
USB 2.0

 

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About the author

Igor Wallossek

Chefredakteur und Namensgeber von igor'sLAB als inhaltlichem Nachfolger von Tom's Hardware Deutschland, deren Lizenz im Juni 2019 zurückgegeben wurde, um den qualitativen Ansprüchen der Webinhalte und Herausforderungen der neuen Medien wie z.B. YouTube mit einem eigenen Kanal besser gerecht werden zu können.

Computer-Nerd seit 1983, Audio-Freak seit 1979 und seit über 50 Jahren so ziemlich offen für alles, was einen Stecker oder einen Akku hat.

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