Grafikkarten Praxis Testberichte

Rettung einer Gainward RTX 2080 Ti Phoenix GS – Wärmeleit-Pads richtig ersetzen | Praxis

Wir haben ja schon gelernt, dass das alleinige Wissen um die Höhe der Pads nutzlos ist, wenn man den Härtegrad nicht kennt. Die Hersteller planen oft mit riesigen Toleranzbereichen, die schnell mal bis zu 1 mm gegen können! Mal abgesehen von der Wölbung des Die oder gleich des ganzen Packages, sind auch Kühler keine feinmechanischen Lehrstücke. Vor allem beim Speicher, aber auch bei den Spannungswandlern kann man die tatsächlichen Abstände der eigenen Karte sogar selbst ermitteln, die von den Höhenangaben des Herstellers deutlich abweichen können!

Abhilfe schafft so eine Fächer-Lehre, mit deren Hilfe man durch das Kombinieren verschiedenen Fächer so ziemlich jede Stärke genau abbilden kann. Und jetzt kommt der Trick 17. Wir kleben etwas normales Klebe- oder Isolierband in die Mitte der GPU auf den Die, da sind Schichtstärken von ca. 0,1 mm sicher am besten geeignet. Notfalls reicht auch ein Schnipsel Druckerpapier, den man dort dazwischen klemmt. Dann montieren wir den Kühler auf der Karte und schrauben alles mittelfest zusammen.

Dies kombinierte Zunge steckt man dann vorsichtig in die betreffenden Spalte und tastet sich ggf. durch das Tauschen einzelner Fächer an das gewünschte Ergebnis heran. Dann rechnet man 0,1 mm für einen besseren Anpressdruck drauf und rundet das alles auf den nächsten halben Millimeter auf, um in handelsübliche Bereiche für die Dicke der Pads zu gelangen.

Ich habe im konkreten Fall Pad mit „nur“ 3,5 W/mK verwendet und zwei blaue 3 mm Pads, sowie das graue 2,5 mm Pad des Anwenders wieder aufgelegt, da diese voll in das benötigte Raster fielen und zudem soft genug waren. Die blauen Pads mit einer Wärmeleitfähigkeit von 6 W/mK, aber einem Härtegrad von 25 habe ich bewusst aussortiert. Da diese Pads allesamt zu hart waren, ließen sie sich nicht weit genug zusammendrücken, so dass auf der GPU später der Anpressdruck fehlte.

Auch beim RAM muss man extrem vorsichtig sein. Wir kennen noch die gefürchteten „Space Invaders“ bei den RTX 2080 Ti, weil auf den unteren Modulen asymmetrische Drücke lasteten und ein Underfill fehlt. Das dann die Lötpillen cracken ist nur eine logische Folge. Wir sehen, dass ich auf den RAM sogar ultra-softe 2 mm Pads gelegt habe, jedoch zwischen den Modulen immer eine Lücke gelassen haben. Die gemessenen 1,48 mm lassen sich so auch ohne extremen Druck perfekt ausgleichen, das sich diese Pads bis auf 1,2 mm und weniger zusammenpressen lassen. Nur braucht man dafür auch etwas Freiraum. Lange Pad-Leisten zu verlegen ist zwar bequem, aber nicht optimal.

Rechts am Kühler sehen wir zwei 2-mm-Pads nebeneinander. Die SMD-Caps benötigen 1.8 mm, somit passt das also bestens. Bei den MOSFETs der Spannungswandler wären es 2.3 mm, so dass ich hier nicht extra noch ein 3 mm Pad gekauft habe. Die Pads des Anwenders waren leider allesamt zu hart. Pads lassen sich allerdings auch übereinander legen und recht einfach kombinieren und das klappt umso besser, je weicher sie sind (wenigstens eins von beiden). In diesem Fall kombiniere ich ein etwas härteres 1-mm-Pad von Arctic mit dem ultra-soften 2-mm-Pad, passt perfekt.

Und natürlich darf man auch die Wärmeleitpaste  nicht vergessen. In diesem Fall habe ich Alphacool SubZero verwendet, da sie nicht zu viskos ist, um sich nicht verteilen zu können, aber auch nicht so dünnflüssig ist, dass sie schnell wieder rausläuft oder ausblutet. Die Performance dieser Paste ist eh besser als die der Industriepaste von Gainward, also passt das auch gut ins Konzept.

 

Kommentar

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Hans Yolo

Veteran

120 Kommentare 25 Likes

Vielen Dank für die Erfahrungen und den Bericht. Ich hab ein ähnliches Problem nach einem Umbau der rog strix oc 3090, unter Wasser habe ich neue Pads drin montiert, die von der Höhe stimmen sollten trotzdem habe ich 10-15 grad schlechtere temperaturen für den vram.
werde mir den Artikel in aller Ruhe wieder zu Genüte führen und versuchen für mich etwas abzuleiten. Ein erneutes Umbau erfordert ja jedesmal ein leeren des Kreislaufes, und befüllung zum testen…. 🤮🤮

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LEIV

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1,544 Kommentare 622 Likes

Hätte da grad mal ne allgemeine Frage:
Theoretisch reicht es ja aus, 0.5 und 1mm "Brösel" Pads zuhause zu haben, falls man mal an einer GPU rumbasteln will?

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Igor Wallossek

1

10,192 Kommentare 18,803 Likes

Im Prinzip ja. Oder noch ein paar Fujipoly wegen der bessen W/mK und den Brösel für den weicheren Abdruck auf der Platine in Kombination :)

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Megaone

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1,745 Kommentare 1,644 Likes

Nach dem Paddesaster der 3000er Serie hab ich meine 3090 auf Wasserkühlung umgebaut. Hab mich eisern an die Empfehlungen aus dem großen Pad Test gehalten. Allein die Pads haben über 40 Euro gekostet. Aber unterm Strich hat es sich gelohnt.

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ro///M3o

Veteran

342 Kommentare 239 Likes

Sehr gut, in solch verrückten Zeiten ist jede gerettete Karte ein großer Gewinn für Umwelt, Gamer und dessen Geldbeutel 😁✌🏼Super Aktion Igor.

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WeAre138

Mitglied

36 Kommentare 8 Likes

Bei Alphacool (die Pads habe ich noch unverbaut hier) wird die Härte mit/nach ASTM 2240 angegeben, wenn die Information überhaupt irgendwo geschrieben steht. Habe lange gebraucht um einige Infos in PDFs oder auf der Webseite zu finden und das lange nicht zu allen Pads.

Beim "Alphacool Apex Soft Wärmeleitpad 11W/mk 100x100x1mm" wird sie z.B. mit 72 Shore OO angegeben - und die sollten doch soft sein!
Also entweder ist das irgendwie 'ne andere Messmethode, die die anwenden oder ich bin zu doof... Aber du schreibst ja auch von SHORE A und nicht von SHORE OO. Verwirrend für den interessierten Nichttechniker. Kann man das vllt. umrechnen?
Leider fand ich zu meinen hier liegenden Pads "Eisschicht Wärmeleitpad - 11W/mK 120x20x1mm" keinerlei Angaben...

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KyoEvo

Neuling

5 Kommentare 0 Likes

Ich will meine 3080Ti mit dem Alphacool Eisblock Aurora Acryl GPX-N ausstatten. Ist auch mein erstes mal das ich eine Custom´s Wasserkühlung ein baue. An Stelle der mitgelieferten 3W/mk Pad´s habe ich auch vor die Alphacool Apex Soft / Eisschicht Wärmeleitpad 11W/mk zu nehmen.
Aber bei dem Härte-Thema müsste ich ja dann eher die Alphacool Rise Ultra Soft Wärmeleitpad 7W/mk. nehmen die einen Shore von 25 haben.
Die 11W/mk gegenüber den 7W/mk haben mich in Igor´sVideo „Wärmeleitpads im Test auf der NVIDIA GeForce RTX 3080 – GDDR6X-Temperaturen um bis zu 50% niedriger!“ aber von der Leistung mehr überzeugt. Was würdet ihr mir raten? Trotzdem die 11W/mk?

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thebagger

Veteran

104 Kommentare 77 Likes

Erst einmal Danke für den informativen Beitrag!

Ist zwar ein kleines bisschen Offtopic aber, ich hab vor ~2,5 Jahren eine 2080 TI auf Wasser umgerüstet und vor ein paar Wochen wieder zurück mit den original Pads (meiner Meinung nach Sauber abgezogen und schön in Folie weggepackt.) Verlieren die Teile auch mit den Jahren ihre Wirkung? Sollte ich da neue draufschrauben?

Ist ne EVGA XC Black Edition / Furmark ~80°C und ~101°C HotSpot.

Fairerweise muss ich anmerken, ich habe den Luftkühler nie getestet vorher.
Falls der Beitrag hier falsch ist gerne verschieben/löschen :)

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feris

Mitglied

43 Kommentare 19 Likes

Spannendes Thema. Ich verschlinge immer mehr Artikel hier, denn es macht Lust auf mehr!
Kleiner Vertipper beim Fazit:

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KyoEvo

Neuling

5 Kommentare 0 Likes

Danke für den Link. Das hilft sehr viel einen besseren Überblick zu bekommen.

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Case39

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2,502 Kommentare 928 Likes

@Igor Wallossek Danke für den Artikel und die enthaltenden Tipps.

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i
istherelifeonmars

Mitglied

69 Kommentare 13 Likes

Ich hatte mal das Problem, daß die Schrauben mit den Federn alleine nicht ausreichten, um die Wärmeleitpaste gleichmäßig zu verteilen.
Nach zwei Monaten hatte ich dann immer freezes in Spielen.
Das ganze hatte dann zur Folge, daß ich alles nochmal machen mußte.
Diesmal habe ich aber mit einem Druck mit den Fingern nachgeholfen, damit die Paste sich besser verteilen konnte und hab jetzt seit einem halben Jahr Ruhe bei besseren Temperaturen und ruhigeren Lüftern.

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WeAre138

Mitglied

36 Kommentare 8 Likes

Ja, hilft. Danke Dir!
Ok, ist offtopic: Aber weiß zufällig jemand, wieviel Pads (cm²) ich circa für eine RTX 3080 benötige? Also nur ungefähr, damit ich einen Anhaltspunkt habe, denn die sind ja teilweise doch arg teuer. Wollte eine Gigabyte Gaming OC mit niedrigeren Temparaturen entlasten...

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LEIV

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1,544 Kommentare 622 Likes

Eine generelle Auflistung für alle gängigen GPUs wäre schön

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h4rp00n33r

Mitglied

46 Kommentare 11 Likes

Im Artikel steht: "Es ist generell wichtig, nicht zu viel Druck anzuwenden, um nichts zu zerstören oder kleine Komponenten abzureißen. Das geht oft schneller, als man glauben mag!"

Nun bekomme ich ein wenig Schweißperlen auf der Stirn, da ich die Reste zwischen den Kerkos neben dem Die doch recht "beherzt" gereinigt habe. @Igor Wallossek Soll ich sicherheitshalber nochmal mit der Lupe kontrollieren, ob da Lötstellen angerissen sind oder gibt es nur die beiden Zustände "Dran" und "Ab"? Bin da ein wenig paranoid... :confused:

Beim Zusammenbauen waren alle Bauteile dran und die Karte funktioniert auch einwandfrei.

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Martin Gut

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7,774 Kommentare 3,572 Likes

Wenn es läuft, würde ich es sein lassen. Mehrmals aufschrauben macht es auch nicht besser. Dazu sieht man auch mit einer Lupe nicht jede Beschädigung. Man ist also nicht viel schlauer, wenn man es nochmals öffnet und prüft.

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h4rp00n33r

Mitglied

46 Kommentare 11 Likes

Das hatte ich befürchtet, trotzdem Danke für die Rückmeldung. Wie gesagt: Läuft seit einem Monat (Wärmeleitpadwechsel) problemlos.

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Danke für die Spende



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About the author

Igor Wallossek

Chefredakteur und Namensgeber von igor'sLAB als inhaltlichem Nachfolger von Tom's Hardware Deutschland, deren Lizenz im Juni 2019 zurückgegeben wurde, um den qualitativen Ansprüchen der Webinhalte und Herausforderungen der neuen Medien wie z.B. YouTube mit einem eigenen Kanal besser gerecht werden zu können.

Computer-Nerd seit 1983, Audio-Freak seit 1979 und seit über 50 Jahren so ziemlich offen für alles, was einen Stecker oder einen Akku hat.

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