Wenn die PCI-SIG wieder mal ein PDF durch die Mailinglisten jagt, darf man als erfahrener Beobachter entweder Gähnen oder Staunen – je nachdem, wie viel Kaffee man schon intus hat. Diesmal geht es um Version 0.9 des PCI-Express-7.0-Standards. Klingt final, ist aber erst mal nur das letzte Entwurfsstadium vor der offiziellen Absegnung. Für die Mitglieder. Also diejenigen, die eh schon wissen, wie der Hase läuft – oder eben humpelt.

Was kann das Ding überhaupt?
PCIe 7.0 soll laut Datenblatt 128 Gigatransfers pro Sekunde liefern. Pro Lane. Das ergibt in Summe bis zu 512 GB/s bei einer vollbestückten x16-Verbindung. Das ist die vierfache Datenrate von PCIe 5.0, das man langsam – mit Betonung auf langsam – auch mal auf Retail-Boards findet, sofern der Hersteller sich nicht auf die sparsamere x4-Variante bei SSDs beschränkt hat. Und das Ganze bei gleichem Steckverbinder und rückwärtskompatibel bis zurück zur gefühlten Römerzeit. Die Magie hinter diesem Tempo? PAM4. Also Pulse Amplitude Modulation mit vier Pegelstufen, wie schon bei PCIe 6.0. Wer dachte, NRZ wäre schon schwierig sauber auf ein Board zu bringen, bekommt mit PAM4 ein schönes Geschenkpaket voller Reflexionen, Crosstalk und Designhürden, für die man nicht nur ein gutes PCB-Layout, sondern auch exzellente SerDes (Serializer/Deserializer) und vor allem sehr viel Geduld braucht. Und einen entsprechend gut gefüllten Geldbeutel.
Realität trifft Theorie: Wo bleibt PCIe 6.0 eigentlich?
Während also PCIe 7.0 nun fast fertig ist, darf man mal fragen: Wo ist eigentlich PCIe 6.0 geblieben? Die Antwort ist einfach: Im Labor oder in irgendwelchen PowerPoint-Folien. Ja, offiziell ist es seit 2022 ein Standard, aber real findet man es bestenfalls auf High-End-Server-Boards oder teuren Development-Plattformen, die sowieso keiner kaufen will, außer man betreibt ein Rechenzentrum in der Garage. Und PCIe 5.0? Nun ja, das hat es immerhin geschafft, sich auf Consumer-Mainboards zu schleichen, allerdings nur selektiv. Bei Grafikkarten ist es eher nice-to-have, weil selbst aktuelle Boliden kaum die Bandbreite von PCIe 4.0 ausreizen. SSDs hingegen zeigen, was möglich ist – wenn man die Wärmeentwicklung ignoriert und bereit ist, einen Kühlkörper in Ziegelstein-Größe auf den Speicher zu schnallen.
Was bringt PCIe 7.0 also konkret?
Zukunftssicherheit, sagt die Spezifikation. 800G-Ethernet, Quantum Computing und AI-Beschleuniger, die mehr Bandbreite brauchen als ein Airbus beim Start. Klingt spannend – aber alles eher Themen für das Rechenzentrum, nicht für Otto-Normal-User mit RTX 5080 und Luftkühlung. Das Ganze erinnert ein wenig an den SUV mit 800 PS, der nie aus dem Stadtverkehr rauskommt. Und selbst wenn PCIe 7.0 irgendwann in Consumer-Hardware ankommt, wird es eher das Problem der Stromversorgung, EMV und Signalstabilität sein als die Frage nach dem “ob”. Denn 128 GT/s auf einer Standard-Leiterplatte fehlerfrei zu fahren, ist kein Spaziergang. Die Anforderungen an das Board-Design steigen massiv – und damit auch die Kosten. Wer heute schon über teure Mainboards mit PCIe 5.0 jammert, wird bei PCIe 7.0 vermutlich das Weinen anfangen.

Spezifikationen altern nicht, sie reifen
PCIe 7.0 Version 0.9 ist da. Auf dem Papier. Für alle Mitglieder. Und das mit der gleichen Ernsthaftigkeit, mit der man sich auch neue Diätpläne vornimmt. Schön, dass es sowas gibt – brauchen tut es aktuell fast keiner. Aber man kann ja nie wissen, wann der nächste Hype ums Eck kommt und plötzlich alle Welt 400 GB/s Bandbreite braucht, nur um ChatGPT auf einem USB-Stick laufen zu lassen. Bis dahin bleibt es wie immer: Abwarten, Tee trinken und schauen, welche Teile der Spezifikation dann doch wieder gestrichen oder aufgeweicht werden, wenn die ersten Hersteller beim Tape-out schweißnass zusammenbrechen. Und bis PCIe 7.0 wirklich in den Alltag einzieht, darf man ruhig noch ein paar Mal über den Tellerrand schielen – und sich fragen, ob der Flaschenhals nicht woanders liegt.
Source: PCI-SIG
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