Kühlung Testberichte Wärmeleitpaste und Pads

PC in Gefahr und ein zerstörter Mythos: Was Kupferpaste und Zinkcreme wirklich (nicht) leisten!

Nicht erst seit meinen Untersuchungen, dass simple Handcreme besser bei der Kühlung hilft als unsere SchlePaZ in Form der Computer Systems K4-Pro wurde und werde ich immer wieder gefragt, warum man keine Kupferpaste verwendet, weil Kupfer ja so viel besser die Wärme ableiteten würde als Aluminiumoxid. Oder warum ich nicht gleich eine Zinkoxidcreme aus der Apotheke nehmen würde, deren Zinkoxidanteil auch bereits bei stattlichen 30% und mehr liegen soll. Gute Frage, netter Mythos und heute gibt es auch endlich passende Antwort. Und ja, als Spoiler vorab: Ihr müsst heute wirklich tapfer sein!

Mythos Kupferpaste: Man muss schon genauer hinsehen

Kupferpaste klingt auf den ersten Blick vielversprechend als Wärmeleitmittel für den PC, da sie Temperaturen bis zu 1100°C aushält und Kupfer ja wirklich gut wärmeleitend ist. Nun kommt das fett(ig)e Aber: Sie basiert auf Mineralöl und enthält relativ grobe Kupferpartikel, was sie zwar extrem hitzebeständig und langlebig macht (Eigenschaften, die sie als Schmiermittel bei Bremsen und anderen stark beanspruchten Verbindungen ideal machen) aber für eine CPU oder GPU ist sie trotzdem absolut nicht geeignet.

Der Knackpunkt liegt nicht nur in der Mineralölbasis, die permanent ausgast ab etwa 200°C sogar verdampft und damit eine festere Rückstandsschicht hinterlässt, sondern auch in der Körnung und Viskosität. Diese Konsistenz kann die gleichmäßige Verteilung auf der empfindlichen CPU-Oberfläche erschweren, zumal sich Mineralöl nicht für das Erstellen guter heterogener Pasten eignet und der Vernetzung entgegenwirkt. Die Paste sieht unter dem Mikroskop dann schon nicht mehr so optimal aus:

Außerdem leitet Kupferpaste im Ernstfall sogar Strom, was in einem PC eher problematisch ist, weil dann die Gefahr besteht, dass sie Kurzschlüsse verursacht, wenn sie sich versehentlich verteilt​. Kurzum, auch wenn die Kupferpaste wie ein harter Typ schein, der alles in Grund und Boden kühlt, sollte sie lieber bei Bremsen und Schrauben bleiben. Der PC wird mit einer echten Wärmeleitpaste viel besser klarkommen, die gezielt für solche Anwendungen entwickelt wurde und keine elektrisch leitfähigen Metalle enthält. Und das mit der angeblich so hohen Wärmeleitfähigkeit ist ein mieser Mythos, den ich gleich noch genüsslich zerstören werde!

 

Zinkpaste als (All-)Heilmittel??

Eine Zinkoxid-Paste aus der Apotheke mag auf den ersten Blick mit ihrem 30%-igen Zinkoxid-Anteil und ihrer dickflüssigen Textur wie eine Wärmeleitpaste aussehen, aber das reicht bei weitem nicht für den Einsatz im PC. Das Problem liegt vor allem im Bindemittel: Apothekenpasten verwenden oft Paraffin, Vaseline oder Wachse, um die Paste weich und geschmeidig zu halten, was auf der Haut nützlich, aber im PC eine Katastrophe ist.

Diese Substanzen sind schlechte Wärmeleiter und können bei starker Erwärmung zu schmelzen oder sich gar zu verflüssigen beginnen. Die Hitzeübertragung von der CPU zum Kühlkörper würde durch die isolierenden Eigenschaften dieser Bindemittel deutlich gebremst – ein Desaster für die Kühlung​. Richtige Wärmeleitpasten sind hingegen so formuliert, dass sie speziell wärmeleitende Partikel (oft auch in feinerer Konsistenz als in Zinkoxidsalben) enthalten und Bindemittel einsetzen, die auf Temperaturstabilität und möglichst hohe Wärmeleitfähigkeit ausgelegt sind. Also noch so ein Mythos, dessen Zerstörung man sogar messtechnisch entspannt begleiten kann. Genau das machen wir nämlich gleich.

Romantik vs. Realität

Ich verstehe ja die gewisse Romantik und das heimliche Genie, das viele DIY-Experimentierer verspüren, wenn sie sich daran machen, die perfekte Wärmeleitpaste selbst zu entwickeln oder zumindest glauben, das zu können. Das ist wie die ewige Suche nach dem Stein der Weisen, aber im Technikformat. Warum auch an die Tests und jahrelange Forschung von Herstellern glauben, wenn man vielleicht mit ein paar Haushaltsmitteln wie Kupferpaste, Zinksalbe oder sogar „revolutionären“ Ideen wie Goldblättchen und Diamantstaub (kein Scherz!) das gleiche oder sogar bessere Ergebnis erzielen könnte?

Dumm nur, dass es dafür die böse Wissenschaft gibt, die das Ganze nicht nur ein bisschen entzaubert. Das Problem bei diesen ganzen „innovativen“ Materialien ist ihre tatsächliche Struktur und Zusammensetzung. Goldblättchen zum Beispiel mögen zwar nach Luxus schreien, aber ihre Dicke und Konsistenz verhindern, dass sie sich gleichmäßig zwischen CPU und Kühlkörper verteilen. Gold hat zwar eine hohe Wärmeleitfähigkeit, aber das nützt nichts, wenn die Blättchen den Wärmekontakt durch Hohlräume eher mindern als verbessern. Auch Diamantstaub klingt toll – hohe thermische Leitfähigkeit und so – aber Diamantenpartikel sind nicht nur teuer, sondern auch abrasive kleine Übeltäter, die beim „Schmieren“ deinen CPU-Die ruckzuck zerkratzen würden. Und selbst wenn man feinstes Diamantpulver findet, das nicht wie Sandpapier wirkt, kann man sehr sicher sein, dass sich die Partikel nicht gleichmäßig verteilen und der gewünschte Wärmeübergang gestört wird​.

Also, nein – weder Gold noch Diamant. Kupfer oder Paraffin-haltige Heilmittelchen aus der Apotheke machen den Bastler schlauer als die Industrie. Die richtige Wärmeleitpaste ist nämlich mehr als nur ein Haufen cooler Materialien; sie ist ein aufwendiges, auf die Molekülebene optimiertes Produkt, das Hunderte von Tests und Laborstunden hinter sich hat. Aber wenn wir auf unseren inneren Monk hören: Die DIY-Romantik stirbt nie, oder? Wenden wir uns nun deshalb den harten Fakten zu und wer möchte, darf sich auch gern noch einmal vorab über die Grundlagen und das Testsetup informieren:

Test-Setup und Methoden Materialanalyse und Mikroskopie Grundlagenwissen
Hier erfahrt Ihr, warum effektive Wärmeleitfähigkeit und Bulk-Wärmeleitfähigkeit in der Praxis komplett unterschiedlich sein können, welche Rolle der Kontaktwiderstand zwischen den Flächen und der Paste spielt und wie man Wärmeleitpaste exakt messen kann. Dazu gibt es die genaue Beschreibung des Equipments, der Methodik und der Fehlertoleranzen. Ihr erfahrt hier, wie die Laser-induzierte Plasmaspektroskopie funktioniert und mit welchen Vorteilen und auch Einschränken man bei den Messungen leben muss. Dazu gibt es eine hochauflösende Digitalmikroskopie und die Analyse der Partikelgrößen. Diese Informationen dienen auch der Abschätzung der Langzeitkonstanz eine Paste. Wer schon immer einmal wissen wollte, was in so einer Paste drin ist bzw. was nicht und wie man diese Pasten herstellt, der wird hier noch einmal fündig. Der Grundlagenartikel dient zum besseren Verständnis dessen, was oft für viel zu viel Geld und mit manchmal auch abenteuerlichen Versprechen wirklich verkauft wird.

 

Kommentar

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Martin Gut

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8,285 Kommentare 3,948 Likes

Wenigstens gibt die Kupferpaste schöne Bilder. :cool:

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Igor Wallossek

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Schick schaut’s schon aus 😎

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echolot

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Und schon wieder ist ein Mythos gestorben. Das erste Diagramm (Thermal resistance) ist gleichzeitig der finale Sargnagel. Werden die beiden Pasten überhaupt in die Datenbank aufgenommen?

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eastcoast_pete

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2,044 Kommentare 1,295 Likes

Auch Dank dieser Messungen von @Igor Wallossek können Babys beruhigt schlafen - die Zinkoxid Salbe bleibt nach wie vor für ihre wunden Hintern reserviert. Wo sie ja auch gute Dienste leistet 😄.

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Igor Wallossek

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11,331 Kommentare 21,513 Likes

Ja, ich lass das aus Abschreckungsgründen für Romantiker mit drin.

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Legostein

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Die sind schon in der Datenbank vertreten; ganz am Ende, wo sich etwa auch die L'Oreal befindet.....

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echolot

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1,257 Kommentare 987 Likes

Die beiden zerstören alle Diagramme da extrem verzerrend.

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TheSmart

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Naja eine industrielle Wärmepaste für Bremsen und eine Hautcreme zu benutzen.. kommt für mich persönlich aus dem tiefsten Absurdistan.
Außerdem dürfte beides auch relativ teuer sein. Die Hautcreme kriegt man nur im alternativen KaDeWe namens Apotheke und das Kupfer im Fachhandel.
Dann lieber ein paar Euro für eine gute Wärmeleitpaste hinblättern..zumal wir jetzt auch wissen.. auch preiswerte Pasten können echt gut sein.

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Sebden

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Ich wäre ja weder auf das Eine, noch auf das Andere gekommen, finde solche Mythbusters Beiträge aber sehr unterhaltsam! :cool:

Besten Dank an dieser Stelle (y)

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Igor Wallossek

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11,331 Kommentare 21,513 Likes

Da ich stets und ständig mit solch absurden Anfragen konfrontiert werde, mache ich das gern mal mit. Zumal die Zinkcreme mit 6 Euro für satte 50 ml echt ein Schapper war

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T
TheSmart

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474 Kommentare 238 Likes

Naja.. wenn man das als Wärmeleitpaste nehmen will.. kann man das als echten Schnapper bezeichnen.. im wahrsten Sinne des Wortes.. denn die CPU oder GPU werden damit kräftig nach Luft schnappen wollen :D
Aber für die Haut.. 6 Euro für 50 ml.. hmm joa naja^^

Aber das die Leute vorher nicht nachdenken.. wenn man sich das alles mal so logisch durch den Kopf gehen lässt und so.. oder sie meinen die Anfragen gar nicht ernst^^

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Cerebral_Amoebe

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136 Kommentare 67 Likes

Ich hatte mal für einen Test auf einer Grafikkarte Amasan T12 und Kupferpaste (LiquiMoly) gespendet, war auch sehr ernüchternd:
https://www.computerbase.de/forum/t...est-auch-mit-kaese-kartoffel-ketchup.2124066/

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eastcoast_pete

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2,044 Kommentare 1,295 Likes

Wenn man mal ein Baby mit Windelentzündung versorgen muß, sind die € 6 allemal das Geld wert. Zinksalbe (bitte immer nur äußerlich anwenden 😄) hilft da nämlich sehr gut. Zink (auch als Zinkoxid ist eben ein Schwermetall, und tödlich (antibiotisch) für Mikroorganismen. Uns Menschen (und anderen Säugetieren) macht's nicht viel aus, da wir eine Haut haben, die das allermeiste Zink daran hindert, in den Körper einzudringen.

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Tronado

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4,467 Kommentare 2,414 Likes

Nichts für ungut, aber diese Zeit hättest du doch vielleicht sinnvoller mit einem Ryzen 9000 Gaming-Nachtest mit optimierten BIOS-Einstellungen, flottem RAM und AGESA 1.2.0.2.a nutzen können.

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exi78

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Kommt denn aus diesem Test auch nochmal was auf den Testtisch?

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Igor Wallossek

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11,331 Kommentare 21,513 Likes

Dazu steht in der News doch was. Keine 2% und der Intel Test war bereits mit (fast) aktuellem AGESA. Nur der Game Mode ist neu und da büßt der 9000 bis auf Counter Strike sogar ein. Wenn AMD irgendwann den 9800X3D in den Laden bekommt oder mir ein Sample schickt, mache ich noch was. Ich habe noch nicht mal einen zu kaufen bekommen, weil die üblichen Shops und SI nichts haben. Paperlaunch, wie es ausschaut.

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Tronado

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4,467 Kommentare 2,414 Likes

Du hast aber schon gesehen was flotte RAM-Einstellungen, negativer CO und etwas oc ausmachen? Da braucht man nicht auf den X3D zu warten.

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Igor Wallossek

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11,331 Kommentare 21,513 Likes

Aktuell bin ich etws angepisst von AMD, das gebe ich ehrlich zu. Wenn die CPUs an Influencer gehen, aber nur wenige Webseiten was bekommen, in den Shops Flaute herrscht und man ansonsten beim Support eher hingehalten wird, dann kostet das auch Motivationspunke. Zumal es ja nicht Neues wäre, sondern nur das, was Dritte auch schon getan haben. Man merkt deutlich, dass es AMD recht gut zu gehen scheint. Das war vor Ryzen noch ganz anders. Dafür hat mich Intel wieder richtg lieb. Ich muss immer mit den Underdogs... :D

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F
Fab

Veteran

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Igor Wallossek wenn du magst, kann ich ja mal vorbeikommen und mein Gemisch vorbeibringen.​

Habe es damals nur angefertigt, weil ich einfach Lust hatte und die Preise für die Pasteten nicht so viel Geld ausgeben wollte.
Darinnen sollte ZinkOxid aus Pulverform sein Silikon und Vaseline.
Auch meinem 3700X hab ich es drauf aber wenn ich die Laptops für Familie und bekannt mache wird dann erstmal die MX6 verbraucht.

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About the author

Igor Wallossek

Chefredakteur und Namensgeber von igor'sLAB als inhaltlichem Nachfolger von Tom's Hardware Deutschland, deren Lizenz im Juni 2019 zurückgegeben wurde, um den qualitativen Ansprüchen der Webinhalte und Herausforderungen der neuen Medien wie z.B. YouTube mit einem eigenen Kanal besser gerecht werden zu können.

Computer-Nerd seit 1983, Audio-Freak seit 1979 und seit über 50 Jahren so ziemlich offen für alles, was einen Stecker oder einen Akku hat.

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