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NVIDIAs Rules und AMDs Protektionismus – Cleveres Qualitätsmanagement, Gewinnmaximierung und Nischenhersteller – Einblicke hinter die Kulissen


Ich schrieb es ja Eingangs schon, dass diverse asiatische Fertiger, die keinen Boardpartnerstatus bei AMD besitzen, wohl aber auch an Chips kommen, die eine oder andere Überraschung in den Markt entlassen. Dazu gehört auch die bereits erwähnte Radeon HD „7830“, die es durchaus zur Berühmtheit hätte bringen können, wenn man denn auf den Kunden und nicht die eigenen Geldnöte gehört hätte. Der eigentliche Grund war aber die unerwartet hohe Chipausbeute, die es erfordert hätte, gute Chips technisch völlig unnötig zur kleineren 7830 herunterzustufen. Hardwarestraps gab es damals noch keine, nur Laser-Cuts.

Mit nur 768 Shadern lag diese Pitcairn-Karte trotz allem noch leistungsmäßig über einer Radeon HD 7790 und machte auch so keinen schlechten Eindruck. Das 4+1 Phasen-Design wich bei dieser Asia-Karte, die sich heute noch in meinem „Museum“ befindet, sogar recht stark vom Referenzdesign ab und ignorierte so ziemlich alles, was man Standard nennen könnte.

Doch wo die wachenden Augen des Boardpartners fehlen, dürfen die Layouter und Controller schon mal die eine oder andere opulente Party feiern. Ich habe noch zwei weitere Beispiele, die zeigen, was Grafikkarten-Hersteller ohne kontrollierende Zügel so alles zusammenstöpseln und dabei vergessen, wo die so wichtigen Normen und Standards liegen. Spätestens bei diesen beiden AMD-Karten hier war nämlich Schluss mit lustig. Der Barts-Chip der Radeon HD 6850 war seinerzeit mit 127 Watt spezifiziert und er brauchte dies auch (meist sogar etwas mehr). Denn wenn wir uns nun die beiden Karten unten anschauen, dann wird der aufmerksame Betrachter sicher etwas sehr Wichtiges vermissen.

Bei der oberen Karte sieht man zumindest noch die Lötaugen für den weggelassenen 6-Pin-Anschluss. Elektrisch sind hier die drei Plus-Tracks elektrisch mit den drei 12-Volt-Pins des Slot-Anschlusses verbunden. Irrsinn in Tüten. Bei der Karte unten hat man dann gleich ganz darauf verzichtet:

Das letzte Beispiel ist schon regelrecht sportlich ausgelegt. Ein mickriges 3+1 Phasen-Design und satte 11 Ampere Power über den PEG, der nur 5.5 Ampere zulässt. Da freuen (und brennen) sich die Kollegen der PCI SIG natürlich ein Loch in den Bauch!

Wobei sich AMD beim Motherboard-Slot und den Normen auch nicht gerade mit Ruhm bekleckert hatte. Ich erinnere mich noch an den Launch der Radeon RX 480 und das was, dann vom AMD-Treiber-Team noch flink korrigiert werden musste. Um das zu verstehen muss man wissen, dass die Referenzplatine mit nur einem 6-Pin-Anschluss ausgestattet war. Das wiederum lag daran, dass man bei AMD diese Karte eigentlich komplett anders konzipiert hatte. Tja, und dann kam die GeForce GTX 1060.

Also hat man bei AMD schnell noch etwas mehr Power freigegeben, um die GTX 1060 wieder einzuholen, dabei aber das eigene Platinenlayout und die Anbindung der Phasen an die jeweiligen Versorgungsschienen komplett aus den Augen gelassen! Das Balancing war quasi mit 30 Watt mehr galant ausgehebelt worden und der Slot wurde deutlich über der Norm gefordert. Das zeigt auch, dass sogar die Chiphersteller selbst Fehler machen, wenn sie sich unter Druck gesetzt fühlen.

Nach einer längeren Diskussion zwischen dem Treiber-Team und mir gab es dann quasi über Nacht noch den „Kompatibilitäts-Modus“, der die Leistungsaufnahme so drosselte, dass die Norm wieder eingehalten wurde (und einen dementsprechenden Nachtest). Wobei allein schon die Bezeichnung des Menüeintrags eine kleine Frechheit war. Aber die gestigene Lernkurve zeigte sich dann später bei der RX 580 in Form eines soliden 8-Pin-Anschlusses. Geht doch.

Und was hat das jetzt mit den Kuriositäten zu tun? Es gab leider Boardpartner, denen war diese kleine Peitsche der PCI SIG wiederum schnurzegal. Wie HIS, deren RX 480 IceQ X2 Roaring Ihrem Namen wirklich alle Ehre machte.

Immerhin lag man auch hier, trotz der ganzen Warnungen mal locker über der Norm. Ärger gab es dafür von AMD übrigens genügend, denn HIS war ja ein Boardpartner. Heute ist HIS übrigens nur noch eine Marke (Brand) und kein Hersteller mehr. Ob man das schade findet, muss man mit sich selbst ausmachen.

 

Diese zwei Beispiele aus der Vergangenheit zeigen, dass sich auch AMD mittlerweile gezwungen sieht, etwas strikter beim Design der Boardpartner-Karten hinzuschauen. Doch der einsame Spitzenreiter beim Einhalten dessen, was man als richtig erachtet, ist und bleibt NVIDIA. Und genau das gibt es jetzt auf der nächsten Seite.

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About the author

Igor Wallossek

Chefredakteur und Namensgeber von igor'sLAB als inhaltlichem Nachfolger von Tom's Hardware Deutschland, deren Lizenz im Juni 2019 zurückgegeben wurde, um den qualitativen Ansprüchen der Webinhalte und Herausforderungen der neuen Medien wie z.B. YouTube mit einem eigenen Kanal besser gerecht werden zu können.

Computer-Nerd seit 1983, Audio-Freak seit 1979 und seit über 50 Jahren so ziemlich offen für alles, was einen Stecker oder einen Akku hat.

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