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NVIDIAs Rules und AMDs Protektionismus – Cleveres Qualitätsmanagement, Gewinnmaximierung und Nischenhersteller – Einblicke hinter die Kulissen

Das Thema ist reichlich komplex und heiß sowie bestens geeignet, um auch ordentlich Emotionen zu provozieren. Deshalb möchte ich diesem Artikel eine Vorbemerkung voranstellen, die man bitte während des Lesens im Hinterkopf behalten möge. Ich habe nämlich lange überlegt, ob und und wie man das, was sich hier in den letzten Jahren in meinem Schreibtisch und dem Kopf angesammelt hat, einigermaßen emotionslos und verständlich in Artikelform pressen kann. Dass ich das heute trotzdem mache, liegt sicher auch am zeitlichen Abstand, den ich mir und den betroffenen Firmen gegönnt habe.

Worum es geht? Wir haben zum einen „NVIDIAs Rules“, also das mysteriöse „Green Light“ Program (ich nenne es einfach mal GLP), das jedes Produkt beim Boardpartner durchlaufen muss und werden anhand eines Beispiels sehen, dass diese oft als Gängelung bezeichnete Auslegung einer Qualitätsüberwachung gar nicht so abwegig ist. Man mag Jensen ja vieles unterstellen können, aber das, was NVIDIA jetzt so eisern durchzieht, hat einen nachvollziehbaren, technischen Hintergrund und damit durchaus auch zum Erfolg der Produkte beigetragen. Und wir erfahren später auch, wie es z.B. AMD schafft, Regionen aufzuteilen oder Nicht-Boardpartner (AIB) aus dem Markt zu drängen, um die eigenen Partner zu schützen.

Guter Partner, schlechter Partner? Wer hier mit zu vielen Emotionen oder Farb-Präferenzen herangeht, der verkennt geflissentlich, dass es sich bei allen Mitstreitern um Markt- und Profit-orientierte Unternehmen handelt, die ihren Anlegern verpflichtet sind und denen die Dividende näher steht, als irgendein glücklicher Klaus-Kevin, der die leeren Grafikkartenkartons zu einem religiösen Schrein umfunktioniert hat und an die Kirche der Heiligen 3 Pixel glaubt. Religiös-fanatisches Fanboytum ist stets der schlechteste Ratgeber, Meister Jensen nicht Jesus und Tante Lisa auch nicht die Mutter Theresa für notleidende eSportler.

Ältere Application Note für Pascal

Für alle Verschwörungstheoretiker, mit denen ich mich seinerzeit über NVIDIAs allumfassendes NDA gefetzt habe, und die sich selbst dann multimedial eine absolute Interpretationshoheit zugestanden hatten: ich bin bisher weder auf trocken Brot gesetzt noch anwaltlich ausgepeitscht worden. Man sollte Vieles mit einer gewissen Gelassenheit betrachten und trotzdem die Grenzen erkennen können. Das mal vorab und auch als Hinweis, dass es zur Argumentation auch reichen kann, nicht die allerneuesten Assets zu veröffentlichen bzw. allen Beteiligten den nötigen Abstand zu lassen.

Wenn man nämlich auch die Urheber solcher NDAs (die kommen ja nicht nur von NVIDIA) selbst fragt und nicht nur mutmaßt oder gar Dritte orakeln lässt, dann entspannt sich das Meiste nämlich von allein. Apropos Spannung: Genau da setze ich jetzt gleich auf der zweiten Seite mal an, auch um auch den Sinn gewisser Maßnahmen zu verdeutlichen. Denn aus purer Langeweile macht das sicher kein Hersteller. Dieses Beispiel auf der nächsten Seite steht da recht anschaulich für einige der technischen Kuriositäten, die mir in den letzten Jahren so über den Weg gelaufen sind.

Exemplarisch für Dinge, die der Endverbraucher nie sah oder sieht, steht zum Beispiel auch ein Engineering Sample einer Radeon HD 7830 von AMD. Diese Karte wurde seinerzeit von Vielen sehnsüchtig erwartet und erschien doch nie auf dem nordamerikanischen oder europäischen Markt. Stattdessen schickte AMD eine komplett überdrehte und aufgepumpte HD 7790 ins Rennen, die dann auch schneller starb als die Fliegen. Lustigerweise tauchten viele dieser 7830-Chips später in China auf speziellen Karten wieder auf – als HD 7850 (LE), durften aber nie exportiert werden. Das hat AMD recht gründlich und nachdrücklich zu verhindern gewusst.

AIB oder AIC – die Partnerwahl

Zunächst möchte ich noch eine kleine Begriffserklärung voranstellen, die zum Einordnen des Ausdrucks Boardpartner durchaus wichtig ist. Denn viele werden sich bereits gefragt haben, was AIC oder AIB bedeuten. Firmen wie AMD oder NVIDIA designen die GPUs, lassen diese Chips bei Firmen wie TSMC oder Globalfoundries herstellen und danach von Spezialisten wie z.B. ASE als Package auf dem BGA komplettieren. Diese Packages werden dann zusammen mit dem passenden Speichern nur als Bunde an die Boardpartner verkauft.

Diese nennt NVIDIA dann meist add-in card (AIC) partner,  bei AMD heißt dies meist add-in board (AIB) partner, die dann basierend auf den jeweiligen Vorgaben des Chipherstellers die eigenen Platinen und Karten entwerfen. Für die meisten Karten entwickeln die Chiphersteller auch ein sogenanntes Referenzdesign als Orientierung. Doch auch wenn es für den Endkunden nicht immer Referenzdesigns zu sehen gibt, für jeden Chip gibt es intern ein sogenanntes Base Design Kit, also eine sehr eng gefasste Vorgabe, wie die Karte technisch und elektrisch auszusehen hat. Platinenlayout, Bestückung, Firmware – nichts wird da dem Zufall überlassen. Doch dazu später mehr.

Doch neben den globalen Partnern gibt es auch noch regionale Anbieter und Markeninhaber, die Produkte lediglich lizensieren und gelabelt abverkaufen. Auch dazu habe ich später noch ein Beispiel. Doch kommen wir zunächst zu zwei kleinen Ausflügen in die Welt dessen, warum sowohl NVIDIA als auch AMD die Daumenschrauben so fest angezogen haben.

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About the author

Igor Wallossek

Chefredakteur und Namensgeber von igor'sLAB als inhaltlichem Nachfolger von Tom's Hardware Deutschland, deren Lizenz im Juni 2019 zurückgegeben wurde, um den qualitativen Ansprüchen der Webinhalte und Herausforderungen der neuen Medien wie z.B. YouTube mit einem eigenen Kanal besser gerecht werden zu können.

Computer-Nerd seit 1983, Audio-Freak seit 1979 und seit über 50 Jahren so ziemlich offen für alles, was einen Stecker oder einen Akku hat.

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