Es ist selten geworden, dass NVIDIA-Chef Jensen Huang über Gaming spricht, ohne dabei sofort in KI-Sphären abzudriften. Umso bemerkenswerter war sein jüngster Auftritt auf dem Creator’s Voice-Event, wo er sich fast rührselig über die Nintendo Switch 2 äußerte. Der neue Chip, so Jensen, sei ein technologisches Wunder. Eine Aussage, die man bei einem CEO mit PR-Dauerbeschallung normalerweise unter „Pflichtprogramm“ abhaken würde – wäre da nicht die technische Tiefe, mit der der grüne Riese diesmal aufwartet.
Ampere im Handheld – oder: Wie man einen alten Hund neue Tricks lehrt
Der Chip in der Nintendo Switch 2, Codename T239, basiert auf der bekannten Ampere-Architektur – und das ist sowohl spannend als auch kalkuliertes Risiko. 1.536 CUDA-Kerne, dedizierte Tensor-Kerne für DLSS, Raytracing-Support in Hardware, HDR10 – das Ganze garniert mit einem Achtkern-ARM-Prozessor (Cortex-A78C) und bis zu 1.7 GHz Takt. Dazu kommen 12 GB LPDDR5X-RAM und 256 GB UFS 3.1 Speicher. Auf dem Papier liest sich das wie eine verkleinerte RTX 2050 mit Zusatzfunktionen. Doch Vorsicht, Papier ist geduldig. Der Chip läuft mobil mit 561 MHz und im Docked-Modus mit bis zu 1.007 MHz – was die Leistung zwar vervielfacht, aber eben auch weit unter dem liegt, was aktuelle AMD-Handheld-SoCs bieten. NVIDIA nennt das „ultra-low power“. Ich nenne das diplomatische Kapitulation vor der Akkulaufzeit.
KI als Retter in der Not?
Was die Switch 2 dennoch spannend macht, ist das, was NVIDIA traditionell am besten kann: clevere Software. DLSS – Deep Learning Super Sampling – soll es richten. Mit Tensor-Kernen und einem eigens abgestimmten Algorithmus will man das Unmögliche möglich machen: AAA-Titel in annehmbarer Qualität auf einem mobilen Gerät. Das Ganze wird ergänzt durch Raytracing und HDR – schöne Schlagwörter, aber mit einem Fragezeichen in puncto Realumsetzung. Ein Gerät, das Raytracing verspricht, aber im mobilen Modus mit unter 600 MHz läuft? Klingt nach einem zweischneidigen Schwert – und einer Menge Optimismus. Aber hey, wenn jemand es schafft, dann vermutlich die Leute, die schon RTX auf 75-Watt-GPUs gebracht haben.
Marketing trifft Mythos – Iwata als Joker
Emotional wurde es, als Jensen Huang Satoru Iwata ins Spiel brachte. Die Switch 2 sei eine Hommage an dessen Vision, so Huang. Mehr als 500 Ingenieursjahre habe man investiert. Das klingt romantisch, aber auch nach strategischem Pathos. NVIDIA inszeniert sich als Bewahrer des Nintendo-Erbes – und sichert sich so die emotionale Rückendeckung einer traditionsbewussten Fanbase.
Preis, Positionierung und Perspektive
Mit 449 US-Dollar UVP bewegt sich die Switch 2 gefährlich nah an der Grenze zu PS5 und Xbox Series X – bietet aber bewusst eine andere Nische: Mobilität, Hybridnutzung, KI-gestützte Effizienz. Das Ziel: die Brücke zwischen Core-Gamern und Casuals zu schlagen, ohne beide Seiten zu verschrecken. Ob das gelingt, hängt maßgeblich von der Spieleauswahl und der Unterstützung durch Drittentwickler ab. Ein Raytracing-fähiger Handheld nützt wenig, wenn niemand die Features nutzt. Der Erfolg steht und fällt also – wie immer – mit dem Content.
Fazit: Rückbesinnung oder kluge PR?
Dass Huang überhaupt wieder über Gaming spricht, zeigt, dass man bei NVIDIA erkannt hat: Gaming ist nicht tot, sondern einfach nur leise geworden unter dem Getöse der KI-Welle. Die Switch 2 ist nicht der schnellste Handheld – aber vielleicht der cleverste. Ein technologischer Spagat zwischen Markt und Machbarkeit, zwischen Tradition und Tensor-Kern. Und das ist mehr, als man von vielen anderen Konsolen sagen kann.
Source: Youtube
1 Antwort
Kommentar
Lade neue Kommentare
Urgestein
Alle Kommentare lesen unter igor´sLAB Community →